„Kleine Paschas“? Wüst und Günther widersprechen Merz: „Das sind unsere Kinder!“

18

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst sieht Integrationsprobleme in Deutschland nicht auf Menschen mit Migrationshintergrund beschränkt. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther mag der pauschalen Abwertung von Bevölkerungsgruppen nichts abzugewinnen.

Erntet Widerspruch aus den eigenen Reihen: CDU-Chef Friedrich Merz. Foto: Shutterstock / photocosmos1

Das Phänomen der Respektlosigkeit von Kindern gegenüber Lehrkräften sei zum Beispiel nicht nur auf einen Personenkreis begrenzt, sagte Wüst am Dienstag in Düsseldorf. Integrations- und Sozialisationsprobleme bezögen sich auf ganz unterschiedliche Gruppen, betonte der CDU-Politiker Wüst. Das gelte für alle Gewaltphänomene. Die Lösung etwa für Gewalt in der Silvesternacht sei nicht ein Böllerverbot. Es sei auch nicht richtig, nun eine Ausländer- oder Integrationsdebatte zu führen, sagte der CDU-Politiker. Vielmehr müsse die Polizei so ausgestattet werden, dass sie in der Lage sei, Straftäter aus einer größeren Gruppe heraus dingfest zu machen – etwa mit Hilfe von Drohnen- oder Bodycam-Aufnahmen.

Dennoch gebe es auch Integrationsaufgaben. Dass Kinder in der Grundschule nicht in der Lage seien, Deutsch zu verstehen, habe auch damit zu tun, dass sie schon vorher nicht ausreichend gefördert worden seien, so Wüst. Es bringe überhaupt nichts zu sagen, Kinder hätten «diesen oder jenen Hintergrund», sagte er. «Das sind unsere Kinder», betonte Wüst. «Diese Kinder sind unsere Zukunft, eine andere haben wir nicht.»

»Wir müssen in Deutschland weltoffen sein – schon allein, um das riesige Arbeits- und Fachkräfteproblem in den Griff zu bekommen und massive Wohlstandsverluste abzuwenden«

Zuvor hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther beim Thema Migration und Integration von der eigenen Partei eine offenere Haltung gefordert. »Die CDU ist gut beraten, wenn sie Zuwanderung als etwas Positives begreift«, sagte Günther dem »Tagesspiegel«. Es gehe nicht darum, Schwierigkeiten auszublenden. »Aber wir müssen in Deutschland weltoffen sein – schon allein, um das riesige Arbeits- und Fachkräfteproblem in den Griff zu bekommen und massive Wohlstandsverluste abzuwenden.«

Man müsse etwa mit Blick auf die Krawalle an Silvester Klartext sprechen, sich aber gleichzeitig sensibel genug ausdrücken, damit niemand verletzt werde, betonte der Ministerpräsident. »Das gilt auch für die Debatte um die Silvesternacht – da fühlten sich Menschen mit Migrationshintergrund in denselben Topf geworfen, obwohl sie in großer Mehrheit die Krawalle selbst verurteilen.«

CDU-Fraktionschef Friedrich Merz hatte Schüler mit Migrationshintergrund als »kleine Paschas« bezeichnet – dadurch hätten sich viele persönlich angegriffen gefühlt, die der Parteivorsitzende gar nicht adressieren wollte, meinte Günther. Er hätte den Begriff daher »nicht verwendet«. News4teachers / mit Material der dpa

Migrantenkinder als „Paschas“: Merz bekommt Gegenwind – „Dieser Mechanismus der Skandalisierung ist nicht neu“

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

18 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

„Das Phänomen der Respektlosigkeit […] gegenüber Lehrkräften sei zum Beispiel nicht nur auf einen Personenkreis begrenzt“, sondern soll auch in gewissen Berufskreisen vorkommen.

PS: Bodycam und Drohen, äh Drohne nehme ich bitte je einmal. Würde ich gerne mal probieren, man soll ja Digitalisierung und so. Das stell ich mir ganz gut vor, wie die Drohne so in der KA rumfliegt und von hinten oder unter den Tischen mitliest und Übertreter*innen sofort dingfest macht. Ein Risiko könnte sein, dass sie dabei vorsagt, je nach aufgespieltem KI-Level und je nach pauschaler Sym- und Antipathie mit der Berufsgruppe der Lehrkräfte. So eine KI ist halt auch nur ein Mensch mit Schwächen und Vorurteilen. Aber dafür hab ich die Bodycam, mit der ich berufliche Verfehlungen der Drohne dann dokumentieren und gegen sie in einem Verfahren vorbringen könnte. Drohnen drohen immerhin zeitweises Flugverbot oder Stromentzug, wenn sie allzu hoch über ihr vorgesehenes Einsatzziel hinausstreben. Nun zurück zum Thema: wieder sprechen.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

So eine Drohne wäre vor allem deswegen sehr gefährlich, weil ihre (dann unwiderlegbaren) Filme so manche Dinge zeigen würden, die nicht gezeigt werden sollen, da die Bevölkerung verunsichert werden könnte. 🙂

DerDip
1 Jahr zuvor

Es ist unsinnig, wenn Politiker sagen: Immigration ist per se etwas Positives. Genauso ist es unsinnig zu sagen, dass Immigration etwas per se Negatives ist.

Immigration hat sowohl positive als auch negative Aspekte. Im Sinne dieser Transparenz gehört es dazu alle positiven und negativen Aspekte zu benennen um entsprechende Schlüsse für die Migrationspolitik zu ziehen.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Passiert nur nicht. Es werden immer nur die Vorteile der Migration mit den Nachteilen der fehlenden Migration verglichen.

Hoffnung
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Sehe ich auch do wie Georg, sobald man sich öffentlich negativ zu Migration äußert, wird man kritisiert und in eine bestimmte Ecke gestellt.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hoffnung

Ja, so ist es sehr oft. Es kommen reflexartige Gegenreaktionen, teilweise sehr plump. Ich schrieb nur, wie es meiner Meinung nach sein sollte. Wir sehen ja am Beispiel Merz, wie sich nun alle möglichen Leute an seiner Wortwahl abarbeiten, anstatt die Probleme zu thematisieren.

Ron
1 Jahr zuvor

„Deutschland weltoffen sein – schon allein, um das riesige Arbeits- und Fachkräfteproblem in den Griff zu bekommen und massive Wohlstandsverluste abzuwenden“

Ich bin ausdrücklich für Einwanderung und positive Integration. Genau das gelingt uns hier in Deutschland aber eher schlecht. Wir locken systematisch nicht zukünftige Arbeitnehmer, sondern vorwiegend Menschen an, die unsere Sozialsysteme fluten. Wir bemühen uns nicht um die Intelligenz dieser Welt, sondern nehmen diejenigen auf, die oft wenig Bildung und viele Probleme mitbringen. Wir fordern nicht Integration (wobei gerne jeder seine kulturellen Eigenarten erhalten darf), sondern fördern Parallelgesellschaften mit all ihren Problemen. Wir schieben integrierte Migranten ab, führen aber einen Eiertanz auf, wenn nicht integrierbare Straftäter in ihre Heimat zurückgeführt werden sollen. Was soll das? Ist das Absicht oder nur Inkompetenz? Ich werde daraus nicht mehr schlau, höre aber vielfach, dass auch qualifizierte Zuwanderer dadurch die Lust an Deutschland verlieren.

Sissi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/medieninformationen/2021/bildungsgrad-potenzieller-migranten-mit-ziel-deutschland-steigt/

Tja lieber Ron, da widerspricht Ihnen jemand sehr.
Die Intelligenz wandert bereits ein. – z.B. aus Afrika mehr als aus Resteuropa.
Ich möchte nicht weiter auf Ihre – nicht zutreffenden – Worte eingehen; sie überzeugten ja bereits 🙂 ??
In 10 Jahren lasse ich mich gerne eines anderen belehren.
Doch ich glaube, die Intelligenz wird uns schnell wieder verlassen, wenn sie hier so! verkannt und missachtet wird.
Wie @ Riesenzwerg schreibt: der Schlüssel sind die Sprachkenntnisse.
( mittlerweile auch bei vielen deutschsprachigen Jugendlichen).
Auch intelligente Sätze brauchen Sprache.

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sissi

Die von Ihnen genannte Studie verweist auf „potentielle Migranten“. Haben die auch eine Studie, die sich auf die tatsächlichen Migranten seit 2015 bezieht parat?
Wenn es zwischen der potentiellen Migration und der tatsächlichen Migration im Hinblick auf die Bildung Unterschiede geben sollte, so wäre die Schlussfolgerung, die Migrationspolitik anzupassen.

Sissi
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerDip

Meensch, @ DerDip, ich stimme Ihnen zu, da passt was nicht: Der Schlüssel ist der Spracherwerb – ‚man‘ müsste umstrukturieren,……damit die Intellenz nutzbar wird – nicht nur für die Wirtschaft/Industrie, sondern vor allem für die Jungs und Mädels selbst.
Die sind nämlich viel gewohnt, durch viel durch und haben mehr erlebt als so mancher hier.

Mit Migrationspolitik an sich hat das zunächst nix zu tun – außer Sie wollen nur noch äußerst Intelligente reinlassen 🙂
Ich stelle immer wieder fest, sobald ein auf sprachlicher Basis fussendes Grundverständnis da ist, kanns richtig schnell gehen – mit dem Lernen……und mit dem Zusammenleben.

Wegen der Studie: DrGoogle fragen oder iwf/ Kiel anemailieren/ phonen?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sissi

In Ihrem Link steht, dass der Anteil von höher gebildeten Zuwanderern aus der EU niedriger ist als aus dem Bereich außerhalb der EU. Tja, wer hat uns denn die EU-Freizügigkeit immer als ganz großartig empfohlen? Eine zu hohe Intelligenz als Problem kann es natürlich auch geben, aber dieses Problem müsste sich eigentlich in unseren Schulen auf andere Weise bemerkbar machen als es jetzt den Anschein hat. Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften ist sicher ein Gewinn (auch im Hinblick auf deren Kinder), aber wie viele dieser Art sind denn tatsächlich zugewandert, und wie viel davon ist reine Rhetorik? Darüber schweigt die Statistik.

Old school
1 Jahr zuvor

Na da bringen sich zwei potentielle Kanzlerkandidaten in Stellung.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Bei uns gibt es sie auch .. Man nennt sie Prinzen und Prinzessinnen. 😉

Mich stört der Begriff sehr.

Inregration gehr immer nur von beiden Seiten aus – man kann es auch vorübergehend als Annäherung bezeichnen.

Das geht überwiegend über – man ahnt es schon – die Sprache.

Hilfreich wären Dolmetscherys, schnell und unbürokratisch. Zumindest für den Anfang und vor allem bei Elterngesprächen.

Die Integration der ukrainischen Kinder klappt auch nicht besonders gut. Da wird kein Deutsch gelernt, DAZ fünf Stunden die Woche…

Mir scheint – ist so, bleibt so.

Was sind das für Unsicherheiten, wenn es keine gemeinsame Sprache gibt! Selbst beim Drive-in eines Fastfood-Konzerns!

Da k a n n kein Selbstwertgefühl entstehen. Das Geigentiel ist der Fall .

Absicht? Geplant? Ein Schelm, wer … 😉

Bellabolli
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

wo wir grade über gemeinsame Sprache und ihre Vermittlung reden…

Vielleicht wäre es auch hilfreich, sich auf das zu einigen, was der Duden und der Rat der deutschen Rechtschreibung festlegen?

Sorry, aber „Dolmetscherys“ – sowas macht mich echt kirre.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bellabolli

Da bin ich ganz bei Ihnen.
„Wo wir gerade über gemeinsame Sprache und ihre Vermittlung reden:“

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Bei der aktuellen Diskursentwicklung in manchen Akademikerkreisen wird bald eher die Frage gestellt werden, welche Sprache die gemeinsame Sprache werden soll. Muss es deutsch sein? Grundsätzlich kann eine Integration verschiedener Gruppen kann auch in anderen Sprachen erfolgen.

Bellabolli
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

… gerade erst gesehen.

1:0 für Sie, lieber Dil Uhlenspiegel…

Ron
1 Jahr zuvor

Gestern bei Lanz:

Über Friedrich Merz‘ „Pascha“-Äußerungen sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes trocken: „Regt euch ab mit den Paschas! Ich hab damals auch die Stirn gerunzelt, aber ich bezweifle, ob wir die Diskussion jetzt führen würden, wenn er einen anderen Begriff benutzt hätte. Jetzt muss der zweite Schritt folgen. Wir müssen über die Ursachen und Lösungen reden.“