Bildungssenatorin unter Druck: Woher Kita-Fachkräfte nehmen – wenn nicht stehlen…?

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Mit 4000 zusätzlichen Kita-Plätzen will die Stadt Bremen das Recht auf eine Kinderbetreuung umsetzen. Bis 2028/29 sollten 40 weitere weiteres Kitas mit 250 Gruppen eingerichtet werden, kündigte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) am Dienstag an. Die Kosten bezifferte er auf 300 Millionen Euro.

Hatte beruflich bislang nichts mit Kitas und Schulen zu tun: Sascha Karolin Aulepp (SPD). Foto: Foto-AG Melle / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Schon in der zu Ende gehenden Wahlperiode seien in Bremen 5000 neue Kitaplätze eingerichtet worden, was aber immer noch nicht reiche, sagte Bovenschulte. Insofern sei er froh, dass Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp (SPD) sich «ehrlich gemacht» habe. Der Senat habe die aufgestockte Planung der Senatorin beschlossen.

«Es reicht nicht, die Gebäude zu errichten», sagte Aulepp. Schwieriger sei es, Erzieherinnen und Erzieher zu gewinnen. Schon jetzt fehle es für 600 fertig gebaute Kita-Plätze an Personal. Sie setzte darauf, mehr Personal durch Quer- und Seiteneinsteiger und durch erhöhte Ausbildungskapazitäten zu gewinnen.

Zweieinhalb Wochen vor der Bürgerschaftswahl am 14. Mai ist die SPD unter Druck wegen der Mängel am Bremer Schulsystem und der fehlenden Kleinkinderbetreuung. Bovenschulte nutzte die Gelegenheit aber, um Aulepp den Rücken zu stärken. Er dementierte Überlegungen, dass die SPD das Ressort für Kinder und Bildung nach der Wahl abgeben wolle. «Die SPD ist nicht dafür bekannt, dass sie sich wegduckt.» Er wolle, dass Aulepp weitermache. Sie sagte dazu: «Bildungssenatorin zu sein ist nichts für feige Hühner.» News4teachers / mit Material der dpa

Fachkräfte-Mangel in Kitas spitzt sich zu: Städte wollen Unqualifizierte einstellen

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Maika
1 Jahr zuvor

Ich eröffne mal mit Zündstoff. Bin Kitaerzieherin in Sachsen. Wir haben in unserer Kita 8 ukrainische Kinder und eine tolle ukrainische Fachkraft. Selbige berichtete aus ihrem Berufsalltag in der Heimat, dort sei eine Erzieherin für 30 Kinder allein zuständig und das sei völlig normal. Ich weiß auch nicht, ob wir 8 besonders „händelbare“ Exemplare abgegriffen haben, aber mir ist aufgefallen.:
– unsere Ukrainer sind sicher gebundene Kinder, die Eltern sind sehr präsent, aber nicht als Kumpel, sondern als Eltern
– unsere Ukrainer sind regelfest: Ansagen wie Aufräumen, Händewaschen, Mattelegen etc werden widerspruchslos umgesetzt, egal welche pädagogische Fachkraft sie ausspricht, während die restlichen noch durchs Nirwana trällern.
– unsere Ukrainer sind schon sehr früh sehr selbständig, z.B. beim Anziehen. Und die Klamotten sind sogar richtig herum ! Fingerhandschuhe! Die sind mit 4 J. zackig drin, während wir unseren völlig passiven Vorschülern die Finger sortieren müssen
– unsere Ukrainer können spielen, die sind den ganzen Tag beschäftigt, auch Mal laut, aber Langeweile scheinen die nicht zu kennen.
– unsere Ukrainer haben eine ganz andere Tischkultur, die sitzen kerzengerade am Tisch und können Besteck sicher nutzen.
Lange Rede, kurzer Sinn: unter solchen Bedingungen kann ich mir auch gut vorstellen, mit 30 Kindern allein zu sein.

Aber wir haben in D jetzt drei Generationen pädagogischer Experimente durch und ernten, was wir gesät haben:
– egozentrierte unreife Eltern, die in ihrer Erzieherrolle durch zig Ratgeber, Trends und Hypes völlig verunsichert sind
– Kinder, die unselbständig sind und Erwachsene als – wie bezeichne ich das jetzt richtig: Regeldurchsetzer, Tagesablaufüberwacher? – überhaupt nicht mehr ernst nehmen
– Kinder, die mit ihren Gefühlen altersentsprechend gar nicht mehr klarkommen und die, was ihre Strategie der Bedürfnisbefriedigung anbelangt, sich ab 2 Jahren nicht weiterentwickeln
– Kinder, die noch nicht einmal grundlegende soziale, kognitive und motorische Kompetenzen für den Schulbesuch entwickeln und vielfach noch nicht einmal Motivation erkennen lassen, diese Defizite zu überwinden. Wozu auch, Mama und Papa machen das doch für mich. So viel zum Thema: Kinder sind ihre eigenen Lehrer.

Ich weiß nicht, vielleicht sollten wir nach drei Generationen unsere pädagogischen Konzepte mal hinterfragen und an die aktuelle Situation anpassen: offene Arbeit, Familiengruppen, freiwillige Bildungsangebote, passt das alles noch so bei wenig Personal?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maika

Sind diese 8 Ukrainer wohl typisch für die Ukraine schlechthin oder vielleicht doch nur für eine bestimmte (höhere) soziale Schicht? Denn warum geht das bei uns nicht, was dort geht?

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maika

Jetzt kommen bestimmt gleich jede Menge böse Kommentare von wegen: „schwarze Pädagogik, Drill, Zwang usw.. Diese armen Kinder können sich doch nicht so frei und individuell entfalten, wie unsere gepamperten deutschen Kinder. Lasst die Kinder doch Kinder sein und Ihre Kindheit genießen …“
– Ich finde Ihren Erfahrungsbericht sehr interessant. Leider werden viele nicht darüber nachdenken, sondern rote Daumen verteilen. (fürchte ich jedenfalls.) 🙁

Mary-Ellen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maika

1978 war ich als Einjahrespraktikantin in einem Kindergarten tätig.
Wir hatten 3 Gruppen mit 25 Kindern und eine Gruppe mit 30 Kindern, jeweils mit einer Erzieherin besetzt, ich als Springerin. War in dieser Form problemlos möglich, nach kurzer Zeit überließ man mir stundenweise als Krankheitsvertretung eine der kleineren Gruppen in Alleinverantwortung, später auch die Dreißigergruppe.
Was Sie so schön über „Ihre“ ukrainischen Kinder beschreiben, erinnert mich an diese Zeit!
Lang, lang ist’s her!

BeWa
1 Jahr zuvor
Antwortet  Maika

In diesem Forum ist das sicherlich kein Zündstoff. Vielleicht einmal abgesehen vom „ukrainischen Beispiel“, weil hier LuL schon anderes zum Thema berichtet haben.

Grundsätzlich aber stimme ich Ihnen zu!

Allerdings denke ich, dass die Misere auch an uns „Leuten an der Front“ liegt.

Wir alle wissen, dass die Kinder kaum noch von Haus aus etwas in Richtung Selbstregulation, Frustrationstoleranz oder (Bewahre!) Sekundärtugenden mitbekommen. Wenn wir das aber vermitteln sollen und in den Kitas ein gedeihliches Klima auch für die ruhigen und grundmotivierten Kinder haben möchten, dann müssen wir uns eben Respekt verschaffen. Deren Eltern danken es uns. Und ein Großteil der anderen Eltern letztlich auch, weil die nämlich angesichts des Verhaltens ihrer Brut oft genug peinlich berührt sind.
Der Rest soll sich dann beschweren – meinethalben auch mit Dolmetscher.

Wenn wir in unserer Kita sagen: „Alle gehen noch einmal zur Toilette, nehmen sich die Sportschuhe und gehen zum Turnen in den Gemeindesaal!“, dann gilt das für ALLE. Und es freuen sich übrigens auch immer ALLE.
Wenn das Thema „Meer“ ist, dann basteln ALLE einen Delfin und ein Segelboot und und und. Auch die Einjährigen bekleben einen Fisch. All das ist für einige Wochen Raumdeko und später kann jedes Kind stolz etwas mit nach Hause nehmen. Und die Ü3 kennen zumindest die Unterschiede zwischen Süß- und Salzwasser und zwischen Fisch und Meeressäuger.

Ab 3 Jahren sitzen ALLE im Stuhlkreis. Verhalten sich ruhig. Hören zu. Klatschen Silben. Singen. Machen Fingerspiele. Lernen an kleinen Experimenten.
Es geht auch kein Kind weg. Stattdessen schieben die Ein-/Zweijährigen Stühle ran, weil sie dabei sein wollen. Kinder sind so. Die wollen dazugehören und nicht in Einzelförderung von Erwachsenen zugequakt werden.

ALLE 5/6jährigen machen Vorschule. ALLE haben sich auf dem Bahnsteig diszipliniert zu verhalten. Und darüber sind ALLE Eltern froh! Denn Ausflüge sollen gemacht werden und die Premiumkinder sollen auch sicher dabei sein
– und sich nicht gegenseitig auf die Schienen schubsen.

Wir dokumentieren lediglich, wenn sich Entwicklungsverzögerungen abzeichnen und auch nur dann gibt es Einzelförderung. Ansonsten spielen die Kinder frei und können sich aussuchen, ob sie dabei drinnen oder draußen sein möchten.

Ich wage zu behaupten:
Weil wir als Respektspersonen auftreten, brauchen wir keine Methoden der „Schwarzen Pädagogik“.
Weil wir als Repektspersonen auftreten, verhalten sich unsere Kinder eher wie Ihre Ukrainer.
Weil wir als Respektspersonen auftreten, können wir Ausflüge mit ÖPNV machen, sind unsere Kinder freundlich zueinander und mit 6 Jahren rundum schulreif.
Weil wir als Respektspersonen auftreten,
… werden wir als pädagogisch unmodern und streng abgetan.

Ich habe gelernt, das mit Schulterzucken hinzunehmen.

Unbekannt08
1 Jahr zuvor

Ich bin seit 3 Jahren Erzieherin. Ich liebe diesen Beruf und möchte ihn auch noch lange ausüben können. Mein Alltag im letzten halben Jahr sah folgender Maßen so aus:

-Meine Kollegin die ich neu im April 2022 bekommen habe, verließ die Einrichtung nach nur einem halben Jahr
-Es wurde eine neue Kollegin vom Träger reingesteckt, die eher (trotz der längeren Berufsjahre) als Praktikantin fungiert hat (bzw. man sie so behandeln musste
-11 neuaufnahmen (die ich überwiegend alleine machen musste), 3 davon gleichzeitig
-Elterngespräche? Nicht möglich
– 1 Inklusionskind ohne i- Kraft (inklusive Zusammenarbeit mit anderen Institutionen für die best mögliche Entwicklung)
– Eltern die Beratungsressistent sind

Struktur und Ordnung in die Gruppe zu bekommen war schwer umzusetzen, trotz den Hilferufen nach Unterstützung. Ende vom Lied Eltern die sich an den Träger gewendet haben. Jetzt ist man der Buhmann, der gebeten wurde die Einrichtung zu verlassen bzw. Versetzt wird wenn er bis Juni keine neue Einrichtung gefunden hat. Es wird einem vorgeworfen man sei unmotiviert und faul, obwohl man alles versucht. Irgendwann verlässt einen nunmal die Motivation, wenn man sieht dass sich nichts in der Einrichtung verändert und man immer wieder um Hilfe bittet.