COTTBUS. Die Polizei hat im Zusammenhang mit Bedrohungen zweier Burger Lehrkräfte in sozialen Netzwerken einen 16-jährigen Tatverdächtigen ermittelt. Es soll sich um den mutmaßlichen Ersteller eines Instagram-Accounts handeln, der zur «Jagd» auf die beiden Lehrer Max Teske und Laura Nickel aus Burg (Spree-Neiße) aufgerufen hatte. Die beiden Lehrkräfte hatten rechtsradikale Umtriebe an ihrer Schule öffentlich gemacht. Unterdessen meldete sich SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zu dem Fall zu Wort: Er sieht die Grundfesten der Demokratie erschüttert.
Max Teske und Laura Nickel hatten im April in einem Brandbrief tägliche rechtsextremistische Vorfälle an ihrer Schule in Burg im Spreewald öffentlich gemacht – und damit eine bundesweite Diskussion ausgelöst (News4teachers berichtete). Sie waren danach zunehmend Anfeindungen ausgesetzt und wurden auch auf Instagram bedroht. Dazu wurde nach Angaben eines Polizeisprechers das Bild der beiden Lehrkräfte gepostet. Beide Lehrer wechseln nun die Schule – nachdem darüber hinaus Aufkleber im Umfeld der Schule mit ihren Konterfeis aufgetaucht waren (“‘piss euch”).
Nach Polizeiangaben stammt der Inhaber des Instagram-Accounts und Urheber des bedrohenden Posts aus der Region. Er sei bisher polizeilich nicht in Erscheinung getreten, hieß es weiter. Der Jugendliche sei bereits befragt worden und habe zugegeben, dass er den Account erstellt habe, so der Polizeisprecher. Zuvor hatte der Rundfunk Berlin-Brandenburg berichtet. Der Account ist mittlerweile nicht mehr erreichbar. Die Staatsanwaltschaft Cottbus führt das Ermittlungsverfahren weiter.
«Die Wut der Minderheit darf nicht zum Ohrwurm der Mehrheit werden»
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sieht angesichts rechter Anfeindungen gegen die beiden Lehrkräfte die Grundfesten der Demokratie erschüttert. «Wir erreichen nun mancherorts den Kipppunkt, ab dem antidemokratische Positionen offen und selbstbewusst in den öffentlichen Raum getragen werden», sagte Kühnert der Mediengruppe Bayern. «Es geht jetzt um die Deutungshoheit in unseren Nachbarschaften. Deshalb müssen die demokratischen Kräfte vor Ort – von denen ich überzeugt bin, dass sie immer noch klar in der Mehrheit sind – lauter werden.»
«Wer auf rechtsradikale Umtriebe aufmerksam macht, der ist kein Nestbeschmutzer, sondern hat umfassende Rückendeckung verdient», so Kühnert. Viel zu viele blieben «noch unsichtbar, ergreifen nicht Partei, beziehen nicht Stellung. Es ist zu leise in Deutschland», so Kühnert. Auf die AfD angesprochen sagte er: «Die Wut der Minderheit darf nicht zum Ohrwurm der Mehrheit werden.» Die schweigende Mehrheit müsse ihr Schweigen beenden. «Deswegen: Rein in die demokratischen Parteien, Gewerkschaften und Vereine – Farbe bekennen!» News4teachers / mit Material der dpa
“ Er sieht die Grundfesten der Demokratie erschüttert.” Das ist natürlich Unsinn. Die Reaktion hier auf n4t und in der Öffentlichkeit zeigen vielmehr, dass unsere Gesellschaft wach ist, dass die Polizei ihre Arbeit macht und dass 16jährige Idiot*innen bzw. Rechtsradikale nicht im dunkeln bleiben, sondern gefunden werden. Ob sie dann auch bestraft werden, wird sich zeigen.
Ich kann Ihnen nur teilweise zustimmen. Wo war die „wache Gesellschaft“, bevor die beiden Lehrer die Schule verließen? Wo waren die Eltern, die scheinbar auch einigen Einfluss auf ihre Kinder haben, nachdem klar war, dass diese sich derart benehmen?
Da ist sehr vieles (!) nicht so gelaufen, wie es sollte.
In unseren Schulen läuft vieles nicht, wie es sollte. Ob die Jagd auf demokratische Lehrkräfte dazu gehört und ein besonders großes Problem darstellt, kann ich nicht beurteilen, weil ich es nicht aus Erfahrung an der eigenen Schule kenne.
Hier bei news4teachers ist sehr viel die Rede von Politik und der Frage, zu welchen höheren Werten unsere SuS erzogen werden müssten.
Ehrlich gesagt stört mich das, weil ganz andere Missstände unseren Schulalltag bestimmen und mehr Aufmerksamkeit benötigen. Z.B. die katastrophale Arbeitshaltung vieler Kinder, massive Probleme im allgemeinen Sozialverhalten, die wachsenden Schwierigkeiten durch zu unterschiedliche Schüler, eine planlos verordnete Inklusion, die alle nur reizüberflutet und stresst…etc.
Dass ich mich da noch für die Jagd einzelner Schüler auf demokratische Lehrkräfte in einer fernen Schule interessieren soll, überfordert mich einfach und ist zu viel verlangt.
Verschiedenste “Jagden” auf Lehrkräfte und Mitschüler durch verrohte Kinder und Jugendliche gehören heutzutage leider oft zum Schulalltag. Allein gegen sie vorzugehen, überfordert oftmals schon die Kräfte.
Auch sie “erschüttern die Grundfesten der Demokratie” und nicht nur spezielle Jagden auf demokratische Lehrkräfte. Ich verstehe die Einengung des Problems auf den politischen Standort der Opfer nicht.
… “demokratisch” ist kein politischer Standort, sondern sollte für Lehrkräfte die Regel sein. In diesem Fall steht das Attribut für den Kontext, in dem die Bedrohung erfolgt ist. Und der ist deshalb besonders krass, weil vom gesellschaftlichen Umfeld des mutmaßlichen Täters kein Unrechtsbewusstsein zu erwarten ist – sondern, im Gegenteil, die Opfer noch öffentlich mit Häme überschüttet werden. Darüber haben wir bereits ausführlich berichtet. Gerne hier nachlesen: https://www.news4teachers.de/2023/07/nach-hetzjagd-aufrufen-lehrkraefte-die-gegen-rechtsextreme-aufbegehrten-verlassen-die-schule-die-afd-triumphiert/
Herzliche Grüße
Die Redaktion
Nicht nur die Regel- das Bekenntnis zur FDO ist Voraussetzung für die Aufnahme in den Schuldienst (siehe Schulgesetz), in den Beamt:innenstand (siehe Dienstrecht). Die Formulierung “demokratische Lehrkräfte” stört mich deshalb schon die ganze Zeit in der Überschrift. Andere DARF ES AN EINER SCHULE NICHT GEBEN! Und wenn doch, dann MÜSSEN sie da WEG!!!
An Brennpunktschulen müsste man demokratische Mitbestimmung der Schüler vielleicht doch runterfahren, damit ein Hauch von Bildung bei ihnen ankommt.
Damit unterstellen Sie, dass in Brennpunktschulen- was immer Sie darunter verstehen, denn wirklich geschärft ist der Begriff nicht- keine demokratische Schulkultur möglich ist, sondern nur Vorgaben, Anordnungen, Frontalsettings (nicht nur im Unterricht)?! Das lässt auf ein besonderes Bildungsverständnis und Menschenbild schließen…..
Der Standorttyp ist maßgeblich. Der Standorttyp spiegelt das sozio-ökonomische Umfeld des Schuleinzuggebietes wieder. Schulen, die in gebieten mit geringen sozio-ökonomischen Indizes liegen, werden umgangssprachlich als Brennpunktschulen beszeichent.
In NRW gibt es fünf verschieden Standorttypen, der schlechteste Typ trägt die Kennziffer 5.
Funfact: Es gibt keine GY mit dem Index 5. Es gibt folglich keine Brennpunktgymnasien – ja, wie kommt denn datt jetzt wieder?
Nein, das ist nicht ganz richtig, denn in diesem Kontext geht es um Sozialindexe, die sich bis zur Stufe 8 einteilen. Jede Schule in NRW ist dort gelistet. Schulen mit einem Sozialindex ab 6 sind Brennpunktschulen und da gibt vereinzelt tatsächlich auch Gymnasien mit Index 4…..
Die Lernstandorttypen gehen bis 5, die werden u.a. bei Vera zur fairen Bewertung herangezogen.
Was Sie meinen, sind Indizes.
Erwischt, ich war tatsächlich noch bei der alten Klassifizierung, die nur bis Stufe 5 ging. Die Sozialindezes hängen aber kausal vom sozio-ökonomischen Schulumfeld/Einzugsgebiet ab. Daran hat sich ja nichts geändert.
Sieht die zuständige Behörde anders und untersagt den Lehkräften per Dienstanweisung und Androhung des Statusverlustes sich nestbeschmutzend aka im Sinne der Demokratie zu äußern.
«Wer auf rechtsradikale Umtriebe aufmerksam macht, der ist kein Nestbeschmutzer, sondern hat umfassende Rückendeckung verdient», so Kühnert.
Ziemlich verlogen, ist es doch ein SPD-Minister, der die Lehrkräfte mit Maulkorb belegt und nicht unterstützt.
Wieso verlogen? Er hat sie doch nicht mit Maulkorb belegt, und soweit ich weiß, sind auch SPD-Politiker noch eigenständige Wesen und nicht alle gleich, wie afd gerne postuliert. So viel Differenzierung werden sie doch wohl auch noch aufbringen können, oder?
Und zwischen den Zeilen kritisiert er damit doch seinen eigenen Parteifreund. Aber nein, alles muss dramatisiert und populistisch interpretiert werden, schließlich passt das so toll in unsere Zeit.
Ok, wenn beide als unabhängig voneinander gesehen werden sollen, wieso kritisiert Kühnert dann nicht seinen Parteikollegen direkt und bietet den Lehrkräften Unterstützung an?
Die Radikalisierung über Smartphones halte ich mittlerweile für eine hochproblematische Entwicklung. Es gibt eben Jugendliche, die hier von ihren Eltern keine Grenzen (wie Bildschirmzeit, gesperrte Webseiten, Altersgrenzen für Apps wie Instagram/TikTok/WhatsApp) aufgezeigt bekommen.
Eine besorgniserregende Entwicklung, die sich bei immer mehr Schülern/Schülerinnen zu diversen Themen einstellt. Am Ende vor allem wieder eins: Viel Arbeit für die Klassenleitung.
Die Smartphones sind hier wohl das kleinste Problem.
Das Problem ist doch eher die rechtsextreme Einstellung vieler Eltern im Osten.
Kein Wunder, dass die Kinder sich das abschauen.
Grenzen sind die eine Seite, ein oft völlig fehlendes Unrechtsbewusstsein die andere. Manche Dinge tut man nicht, sehr einfach, weil man andere Menschen nicht so behandelt. Der Zugang Internetinhalten lässt sich nicht einfach ausschließen, da helfen Verbote wenig, also sehen nahezu alle ihre Vorbilder mit fragwürdigem Verhalten: Gewaltaffine und sexistische Musikvideos, dämliche und gefährliche Tiktok-Challenges, Herabwürdigung von Minderheiten oder Demütigung Schwächerer. Teilweise strafbar, teilweise ‘nur’ inakzeptabel. Gerade das sind oft große Erfolge, weil Regel- und Tabubruch ‘cool’ (ja, ich bin so alt) ist. Das war bei Jugendlichen vermutlich in der Steinzeit schon nicht anders. Mir fehlt es oft etwas an Einsicht bei den Eltern, dass ‘in dem Alter machen sie das’ nicht alles entschuldigen kann. Je weniger es die Eltern kümmert, desto härter fallen die Reaktionen in der Schule aus, müssen sie schon zum Schutz der anderen. Folge: kleine Machos setzen noch einen drauf, denn Einsicht als Reaktion auf Krisengespräche würde das Image zerstören. Das passiert nicht immer, aber zu oft und nur manchmal erreicht man diese Kinder nach Monaten Beziehungs- und Vertrauensarbeit, unter Vernachlässigung von 29 anderen. Vermittlung von Werten, von richtig und falsch, kann nicht die Schule allein leisten, da sind Eltern und Gesellschaft auch gefragt. Die haben aber leider keine Zeit mehr oder wollen im schlimmsten Fall, dass sich ihre Helden durchsetzen, sie sollen ja später Erfolg haben.
In NRW bietet der §53 des Schulgesetzes neben der Möglichkeit des Verweises von der Schule auch die Möglichkeit des Verweises von allen Schulen des Landes NRW. Neulich haben mich meine eigenen Schüler gefragt, ob ein solcher Fall schon mal aufgetreten wäre bzw. was man dafür machen müsste. Für mein Verständnis ist ein Verweis von der konkreten Schule definitiv gerechtfertigt. Einen solchen Schüler, der zur Jagd auf Kollegen aufruft, würde ich nicht mehr unterrichten wollen. Und mit 16 Jahren ist er alt genug um die Folgen eines solchen Aufrufes zu verstehen.
Mit 16 Jahren greift aber noch die Schulpflicht…..ein Verweis von allen Schulen…..mhhhh….wahrscheinlich nicht möglich….
… “ein Verweis von allen Schulen” – steht so aber nicht im Schulgesetz.
Ein Verweis gem. §53 Abs. 3 Ziffer 7 “von allen öffentlichen (staatlichen) Schulen durch die obere Schulaufsichtsbehörde” hingegen ist möglich.
D.h. über diese Maßnahme kann die Teilkonferenz für Ordnungs- und Erziehungsmaßnahmen gar nicht befinden, deren Kompetenz endet bei Ziffer 5 “Entlassung von der Schule”. Hierdurch wird die Schulpflicht nicht tangiert, dem entlassenen Schüler muss ein Angebot an einer Schule der gleichen Schulform in zumutbarer Entfernung angeboten werden. Letzteres geschieht in der regel im Ringtausch. – “Nimmst du meinen Entlassenen, übernehme ich einen von dir.”:)
So wird es bestimmt sein….
Btw die Entlassung von der Schule darf nur ausgesprochen werden, wenn bereits die Androhung der Entlassung von der Schule ausgesprochen worden ist. Die Androhung ist bei unterschiedlichen Sachverhalten, die zur Durchführung der Teilkonferenzen für Ordnungs- und Erziehungsmaßnahmen geführt haben, mehrfach auszusprechen. (Ergebnis des Widerspruchverfahrens bei der zuständigen Bez.-Reg. in NRW gegen einen Beschluss einer Teilkonferenz, deren Mitglied ich gewesen bin.)
Das muss ich mir merken, wenn ich mal wieder einen renitenten Viertklässler loswerden möchte 🙂
Und wenn das mal nicht möglich ist, weil der Schüler bereits überall im Bezirk war und keine andere Schule ihn aufnehmen möchte, dann bleibt der “entlassene” mit einem Freifahrtsschein der Bezirksregierung an der Schule. (sic!)
Ich habe keine Ahnung wie Düsseldorf diesen Punkt lösen würde, aber der Verweis von der konkreten Schule MUSS in meinem Augen ausgesprochen werden.
Wen meinen Sie denn in D’dorf? Das MSB ist fein raus, die Arbeit mus nämlich die SchulAbt. der Bez.-Reg. D’dorf machen, die ist nämlich als Mittelbehörde die obere Schulbehörde. Das MSB ist allenfalls im Widerspruchsverfahren involviert
Vor allem wss soll dann folgen? Kein Schulabschluss? Wer fängt ihn dann wohl auf? Anstatt Leute und Kids in die Arme von Extremisten zu treiben, indem man sie ausschließt, sollte man eventuell versuchen ihn zurück zu holen
Versuchen Sie es.
Zu Ihrer Frage: ohne Abschluss geht er dann nach Wanderschaft durch wohl mehrere Schulen ( wer will ihn denn haben? ) in eine Klasse mit Jugendlichen ohne Abschluss an der BS. Wenn seine Karriere, die wohl zT schon vorgeprägt ist, nicht den Jugendknast inkludiert. Dann ist für Schulen die Möglichkeit da, ihn abzulehnen; in Bayern schon, wenn er straffällig wurde.
Es ist davon auszugehen, dass gute Anwälte aus der braunen Branche
( z.B. mit psychologischem Gutachten ) den ” Dummen-Jungen-Status ” anstreben und dann konnten die Weicheier ( LuL, Gericht….) nichts ausrichten.
Lieber Marc, er ist schon in extremistischen Händen; überlegen Sie lieber, wie man ihn zurückholt.
Im äußersten Fall muss das Land die Kosten für eine Beschulung in einer staatlichen Ersatzschule oder sogar einer Privatschule finanzieren. Die Kostenübernahme erstreckt sich aber nur auf den Zeitraum, für den die Vollzeitschulpflicht (Ende der SekI) gilt.
Wenn das so ist, dann steht der Entlassung nach dem Ende der Vollzeitschulpflicht nichts entgegen.