„Cybermobbing ist bei Kindern und Jugendlichen zum Dauerproblem geworden“

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DRESDEN. Mobbing – ob direkt oder über das Internet – gehört leider auch in Schulen zum Alltag. Das seelische Leiden Betroffener kann zu schwerwiegenden Erkrankungen führen. Eine Krankenkasse will im Verbund mit Behörden nun gegensteuern. Ort des Geschehens: der Freistaat Sachsen.

Cybermobbing ist in Schulen Alltag. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Sachsen rüstet im Kampf gegen Mobbing an Schulen auf. Mit Beginn des neuen Schuljahres wird ein spezielles Programm dazu aufgelegt. Es steht unter dem Motto «Gemeinsam Klasse sein» und soll einerseits präventiv gegen Mobbing und Cybermobbing wirken, aber auch Schulen besser auf solche Fälle einstellen.

«Es gibt beim Mobbing keine Unbeteiligten. Wir wollen Schülerinnen und Schüler mit dem Programm für das Thema Mobbing sensibilisieren, dass es überhaupt nicht erst dazu kommt. Dafür ist ein gutes Klassenklima wichtig», sagte Alexander Krauß, Chef der Techniker Krankenkasse (TK) in Sachsen, am Montag in Dresden. Neben der TK ist das Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) beteiligt.

Mobbing gilt als die häufigste Form von Gewalt an Schulen. Die Techniker Krankenkasse hatte dazu im Vorjahr eine bundesweite Studie aufgelegt (News4teachers berichtete). Demnach war die Zahl Betroffener auch nach mehr als zwei Jahren Pandemie unverändert hoch. «Cybermobbing ist bei Kindern und Jugendlichen zwischen acht und 21 Jahren zum Dauerproblem geworden. 16,7 Prozent der Schülerinnen und Schüler sind davon betroffen», teilte die TK mit. Am häufigsten werden Opfer von Cybermobbing beschimpft oder beleidigt (79 Prozent). Je 59 Prozent sind Opfer von Lügen und Gerüchten oder von Ausgrenzungen geworden. 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler wurden online erpresst oder bedroht. Jeder fünfte Täter war selbst von Cybermobbing betroffen.

«In einem Klima des Ausgrenzens und Schikanierens wird schlechter gelernt»

«Viele Kinder bringen Vorerfahrungen des Mobbings aus der Grundschule schon mit», sagte Aaron Winges, Lehrer an einer Leipziger Oberschule. Die Lebenswelt der Schüler verlege sich zunehmend in den digitalen Raum. Vieles spielt sich hinter den Kulissen auf den Smartphones ab. Die Anonymität lasse die Hemmschwelle für Mobbing sinken.

«In einem Klima des Ausgrenzens und Schikanierens wird schlechter gelernt. Für Kinder ist das Gefühl dazuzugehören sehr wichtig, jegliche Form von Ausgrenzung empfinden sie als sehr belastend», erklärte Krauß. Die Langzeitfolgen von Mobbing könnten schwere Krankheiten, Unstetigkeit im Berufsleben und reduzierte Sozialkontakte sein. Das Programm sei langfristig angelegt, die TK habe kein Interesse an einem Strohfeuer.

«Mobbing ist seelische Gewalt, vor der wir Kinder und Jugendliche schützen müssen (…). Mit einer Kultur des Hinschauens senden Sie ein Signal, dass Mobbing nicht geduldet wird», betonte LaSuB-Präsident Ralf Berger mit Blick auf Lehrkräfte.

Kernelement des Programmes ist eine Online-Plattform, auf der Lehrer nach einer Fortbildung mit einem Zugangscode zugreifen können. Die digitalen Materialien führen mit Leitfäden, Filmen, Tutorials, Arbeitsblättern und Übungen durch das Thema, hieß es. Das Anti-Mobbing-Programm richtet sich vor allen Dingen an Schülerinnen und Schüler der Klassen fünf bis sieben. Erklärvideos, Rollenspiele und gruppendynamische Übungen sollen deutlich machen, welche Folgen Mobbing für die Betroffenen hat und was man selbst dagegen tun kann.

Die «Sächsische Zeitung» hatte am Montag über eine steigende Zahl von Straftaten an den Schulen des Freistaates berichtet. Laut Polizei wurden im vergangenen Jahr 1976 Fälle registriert, knapp 700 mehr als im Jahr 2021. Die meisten Straftaten waren Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit. Die Polizei registrierte 467 Fälle von Körperverletzung und 702 Fälle von Sachbeschädigung. News4teachers / mit Material der dpa

Reizgas, Schläge, Drohungen: Gewalt an Schulen nimmt drastisch zu – VBE fordert Ombudsmann für Lehrkräfte

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Rainer Zufall
8 Monate zuvor

Spannend und ansprechend, dem Problem auf Augenhöhe begegnen zu wollen.
Zuletzt las ich mehr davon, Handys als Problem der Kinder und Elternhäuser aus dem Schulbetrieb zu verbannen