Schüler vermeiden Essen und Trinken morgens – wegen der ekligen Schultoiletten

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BERLIN. Schultoiletten haben schon lange einen schlechten Ruf. Wie schlimm ist die Situation wirklich und was lässt sich zur Verbesserung der Lage tun? Eine Studie ist in Berlin den Fragen nachgegangen. Die Antworten sind zum Teil bestürzend.

Auch die aufwändigste Sanierung hilft nur wenig, wenn die Schüler sich nicht für die Sauberkeit ihrer Schultoiletten verantwortlich fühlen. Foto: timbo / pixabay (CC0)
So oder ähnlich sieht es in manchem Schulklo in Deutschland aus. Foto: timbo / pixabay (CC0)

Für viele Schülerinnen und Schüler sind die Schultoiletten eine große Problemzone. Knapp die Hälfte der Befragten nutzt die Klos demnach nicht einmal zum Pinkeln oder versucht, es zu vermeiden. Rund ein Viertel der Teilnehmer gab sogar an, immer oder oft weniger zu essen und zu trinken, um nicht aufs Klo gehen zu müssen. „Gestank, fehlende Privatsphäre und das Fehlen von Klopapier sind die meistgenannten Gründe für die Meidung“, heißt es.

Diese Ergebnisse – die als alarmierend zu werten seien – gehen aus einer Studie der German Toilet Organization (GTO) und des Instituts für Hygiene und Public Health der Universität Bonn hervor, die am Freitag vorgestellt wurde. Die Befragten gaben ihren Toiletten demnach durchschnittlich die Schulnote 4,4. Untersucht wurde die Situation in Berlin; die Ergebnisse dürften aber auch auf andere Städte übertragbar sein.

In der Studie geht es unter anderem um Beschädigungen wie nasses Toilettenpapier an der Decke, von Schülern beklagten Seifenmangel und gefühlt mangelnde Privatsphäre in den Toilettenräumen. Deutlich wird auch, dass zahlreiche Schülerinnen es als stressig empfinden, in der Schule die Periode zu haben. Auf die Frage, was die Schülerinnen und Schüler an ihren Schultoiletten schön finden, kam am häufigsten die Antwort: nichts. Rund 60 Prozent der teilnehmenden Schulleitungen berichtete darüber hinaus von nicht vollständig funktionsfähigen Sanitäranlagen.

Rund 60 Prozent der Schulleitungen berichten, dass in ihrem Schulhaus nicht alle Sanitäranlagen vollständig funktionsfähig sind. Ein Problem dabei ist Vandalismus. „In mehr als der Hälfte der begutachteten Sanitäranlagen waren sichtbare Zerstörung, Schäden oder Vandalismus vorhanden, beispielsweise Löcher in den Kabinenwänden und Türen, nasse Papierhandtücher oder Wasserflecken an der Decke.“

Die Studienautoren empfehlen für eine Verbesserung der Situation unter anderem mindestens zwei Reinigungszyklen pro Tag, Strukturen für das Melden von Mängeln und schnelles Handeln bei deren Behebung. „Die Studie zeigt, dass genau hier ein Schlüssel für eine Verbesserung liegt“, sagt Dr. Andrea Rechenburg von der Universität Bonn. Die Analyse der Daten belegte signifikante Zusammenhänge zwischen Messgrößen, die den Zustand sowie die Wahrnehmung der Schultoiletten beschreiben, und konkreten Maßnahmen der Schulen.

„Ist Klopapier häufiger vorhanden oder die Reinigungsfrequenz an den Schulen höher, gibt es tendenziell weniger Verschmutzung und Vandalismus“

Rechenburg: „Werden Schüler*innen in die Entscheidungsfindung und Gestaltung der Schultoiletten einbezogen oder ist ein Meldeverfahren für Mängel vorhanden, sind Verschmutzung und Vandalismus geringer und die Schüler*innen bewerten ihre Schultoiletten besser. Ist Klopapier häufiger vorhanden oder die Reinigungsfrequenz an den Schulen höher, gibt es tendenziell weniger Verschmutzung und Vandalismus sowie mehr vollständig funktionelle Schultoiletten.“

Den Angaben zufolge handelt es sich um die erste wissenschaftliche Erhebung zu Schultoiletten in Berliner Schulen. Es nahmen 17 Einrichtungen teil, darunter sechs Gymnasien, zwei Gemeinschaftsschulen und neun Integrierte Sekundarschulen. Die Befragten waren rund 950 Schülerinnen und Schüler zwischen 14 und 16 Jahren. Weitere Fragebögen wurden von Schulpersonal ausgefüllt. Die Schulen kämen zwar aus elf der zwölf Bezirke, könnten aber nicht für alle Schulen in ihren Bezirken repräsentativ sein, hieß es. Die GTO weist seit Jahren auf den schlechten Zustand vieler Schultoiletten hin und setzt sich nach eigenen Angaben weltweit für einen menschrechtskonformen Zugang zu nachhaltiger und sicherer Sanitärversorgung ein. News4teachers / mit Material der dpa

Es stinkt zum Himmel: Kinder und Jugendliche demonstrieren für bessere Schulklos

 

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Gelbe Tulpe
8 Monate zuvor

Ja, die Schultoiletten habe ich auch als Schülerin in den 1990ern vermieden. Es hat sich ja nichts verändert, obwohl die ganzen wirtschaftspolitischen Projekte der letzten 30 Jahre so viel Wohlstand hätten erzeugen sollen. Das Resultat: Nicht mehr Wohlstand, dafür immer noch versiffte Klos.

Rainer Zufall
8 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Ich finde, versifften Toiletten muss pädagogisch, nicht finanziell entgegen gewirkt werden. Die Kinder müssen die Schule als einen Ort erleben, der ihnen wichtig ist und den sie sauber halten wollen.
Unter Lehrkräftemangel nicht unbedingt einfach, aber mir fällt nichts besseres ein.
Gibts Vorschläge? 😀

TaMu
8 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Sobald wegen Papiermangels nichts mehr sauber gehalten werden kann, saut das Ganze ein und zwar innerhalb kürzester Zeit. Da versucht jeder, so schadlos und so schnell wie möglich wieder raus zu kommen.

GriasDi
8 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Wer die wohl so einsaut?

Lanayah
8 Monate zuvor

Das Problem gibt es überall, und es liegt nicht am mangelnden Putzem, sondern daran, dass sich an jeder Schule Kinder oder Jugendliche finden, die Toiletten bewusst verschmutzen und überschwemmen. Ist Toilettenpapier vorhanden, findet sich immer jemand, der es zum Verstopfen oder an die Decke werfen missbraucht. Hinterlassenschaften landen nicht immer dort, wo sie hingehören, sondern auch gerne mal auf dem Fußboden oder an der Wand.
Dieses Phänomen gibt es nicht nur an Schulen, man findet es auch auf öffentlichen Toiletten, die überwiegend von Erwachsenen benutzt werden. Es ist eine Frage, die vielleicht ein Psychologe beantworten muss: Was motiviert Menschen (und zwar viele)regelmäßig dazu, öffentliche Toiletten derart zu verdrecken.

447
8 Monate zuvor
Antwortet  Lanayah

Da braucht es keine hohe Psychologie: Es ist schlicht ein Mangwl an Konsequenz.

Die Toilette (Bahnhof/ÖPNV/usw. usf.) ist nur das Symptom.

kazoo
8 Monate zuvor
Antwortet  447

Völlig richtig!
Das Herumschmieren mit Ausscheidungen gehört auf jeden Fall schon mal in die Tiefenpsychologie!

Tim Bullerbü
8 Monate zuvor
Antwortet  Lanayah

Ja, das ist ein Problem, aber wenn Toiletten aussehen wie Scheiße, dann werden sie auch so behandelt.
Keine Rechtfertigung, bleibt asoziales Verhalten.

Lanayah
8 Monate zuvor
Antwortet  Tim Bullerbü

Unsere waren frisch renoviert, und die Hoffnung war genau die, dass sie jetzt besser behandelt werden. Leider ist mittletweile der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt.

Indra Rupp
8 Monate zuvor
Antwortet  Lanayah

Borderline und narzistische Persönlichkeitsstörung.

Indra Rupp
8 Monate zuvor
Antwortet  Lanayah

… plus darauf aufmerksam machen wollen , dass etwas (Schule, Zuhause, Freunde,…) nicht in Ordnung ist.

… plus die Verlockung in der Anonymität konsequenzlos Straftaten begehen zu können und das Macht – Gefühl damit allen nach belieben schaden zu können.

Aber btw: Ist die Toilette alt und schrottreif, dann tropfen Ablagerungen zB unten am Ausgangsrohr heraus und es sieht aus, als pinkeln ständig welche daneben, stimmt aber gar nicht. Der Geruch entsteht dann entsprechend auch.

kazoo
8 Monate zuvor

„Schüler vermeiden Essen und Trinken morgens – wegen der ekligen Schultoiletten“ – Lehrer/innen auch weil sie vor lauter Aufsichtspflicht überhaupt keine Gelegenheit haben, zur Toilette zu gehen.

Tim Bullerbü
8 Monate zuvor
Antwortet  kazoo

Eine Aufsicht dürfen Sie immer verlassen, um auf Toilette zu gehen.
Sollte etwas passieren, haben Sie zig Zeugen, dass Sie sonst immer da waren.
Der Gesetzgeber verlangt nicht, dass Sie sich in die Hose machen.

Marie
8 Monate zuvor
Antwortet  Tim Bullerbü

Eine Aufsicht dürfen Sie immer verlassen, um auf Toilette zu gehen.“ Dafür hätte ich aber gern mal eine rechtsverbindliche Quelle. Was glauben Sie, was passiert, wenn sich ein Kind während meiner Aufsichtszeit schwer verletzt, während ich auf Toilette war??

potschemutschka
8 Monate zuvor
Antwortet  Marie

Also wir mussten immer einen anderen Kollegen finden, der für diese Zeit die Aufsicht übernimmt, was nicht immer einfach ist, also verkneift man es sich, wenn möglich oder hofft, dass in der Zeit nichts passiert.

Tim Bullerbü
8 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Ja, aber wer verlangt so einen Quatsch?
Man muss Ihnen Fahrlässigkeit nachweisen. Das geht dann, wenn Sie in Ihrer Aufsicht immer(!) im Lehrerzimmer rumlungern und Kaffee trinken.

Lisa
8 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Kann das bestätigen. Es ist schier unmöglich. Man verblutet sich Kleidung. In die Hosen gemacht habe ich noch nicht. Ich kenne viele Schülerinnen, die anscheinend noch mehr leiden als die Jungen, die ihre Blase so trainiert haben, keinesfalls auf die Toilette gehen zu müssen.Einzige Lösung: weniger Toiletten dafür mit Aufsicht. Uni- Toiletten sehen übrigens besser aus als Schul- oder öffentliche Klos. Zumindest FU und HU Berlin. Ist wohl auch ein Bildungsproblem.

Tim Bullerbü
8 Monate zuvor
Antwortet  Marie

Dann beziehen Sie sich auf Artikel 1 des Grundgesetzes. Auch Ihre Würde ist schützenswert. Und deshalb ist es nicht zumutbar, dass Sie sich einnässen oder durchbluten oder was auch immer.

Tim Bullerbü
8 Monate zuvor
Antwortet  Marie

https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__229.html

Es muss Fahrlässigkeit festgestellt und bewiesen werden.
Beispiel:
Sie lassen die Kinder mit Baseballschlägern und Klappmessern alleine.
Oder gehen jede Woche während ihrer Aufsicht eine rauchen. Und die Schüler wissen, dass sie eh nicht kommen
= Fahrlässigkeit

gehtsnoch
8 Monate zuvor

Wie bei den öffentlichen Toiletten auch: Vergnügen vs Zumutung

Alx
8 Monate zuvor

Schüler:
ekeln sich vor schmutzigen Toiletten

Auch Schüler:
pinkeln permanent daneben, verteilen Klopapier und Exkremente überall und wollen trotzdem pro Unterrichtsstunde 3 mal auf Klo.

Tim Bullerbü
8 Monate zuvor
Antwortet  Alx

Nein, drei A…Löcher benehmen sich daneben. 850 verhalten sich in den Toiletten korrekt.

Uwe
8 Monate zuvor
Antwortet  Alx

Wenn ich im Urlaub in Hotels der gehobenen oder mittleren Preisklasse nächtige sind die Toiletten im öffentlichen Bereich IMMER tadellos in Ordnung. Und das obwohl nachgewiesenermaßen einige Gäste in Hotels ähnlich destruktiv agieren wie einige Schüler*innen. Das Geheimnis dieses Wunders wurde weiter unten geklärt, die Toiletten werden stündlich inspiziert (mit Unterschrift) und wenn nötig gereinigt.

Fakten sind Hate
8 Monate zuvor

Die effektive Lösung einer Bezahltoilette (50c, für die davorsitzende Putzkraft) haben einige Schulen bereits erfolgreich ausgetestet. In dem mir bekannten Fall wurde auch kostenlose Toilette angeboten. Ergebnis: Es wurde geklagt und anschließend das Bezahlsystem abgeschafft. Übriggeblieben sind defekte und verdreckte Toiletten.

Maggi
8 Monate zuvor

An meiner alten Schule gab es einen Altbau mit heruntergekommen Toiletten und einen Neubau mit entsprechend schönen.
Die Schüler*innen haben im Altbau ständig die Brillen beschädigt und und und, im Neubau haben die Schüler*innen penibel darauf geachtet, dass alles in Ordnung bleibt und auch kein Papier oder ähnliches genutzt um die Toiletten zu verstopfen.
Die alten Toiletten hatten Schimmel an den Wänden, die Fliesen waren aus den 80igern und nach der Zeit stank es einfach. Das Mobiliar wurde zwar mal erneuert, aber die Fliesen nicht. Das macht den Unterschied.

Realist
8 Monate zuvor

Toiletten in anderen „öffentlichen“ Gebäuden, z.B. Einkaufszentren, werden stündlich gereinigt. Toiletten in Parlamenten und anderen Repräsentativbauten wahrscheinlich auch.

Schultoiletten werden höchstens einmal am Tag gereinigt, aber auch nur, wenn die Reinigungskraft nicht krankgeschrieben ist. Denn es wird / muss immer die „wirtschaftslichste“ (i.d.R. also die billigste) Firma vom Schulträger beauftragt werden, die hat dann logischerweise keine Reserven…

Aber ist auch zwangsläufig: Deutschland „investiert“ ca. 4,7% des BIP pro Jahr in Bildung und Forschung, dann fehlen eben 80 Milliarden Euro PRO JAHR im Vergleich zum hochgelobten Schweden (7% des BIP pro Jahr). Dann bleibt halt die eine oder andere Schultoilette jahrzehntelang ein Stinkloch und man kann sagen: „Hätte da nicht einer vor 10 Jahren danebengesch… hättet ich jetzt auch ein sauberes Klo“.

Käslaugen
8 Monate zuvor

Da habe ich aber ganz andere Schülers. Die Kleinen hängen alle zwei Minuten an der Wasserflasche und müssen daher auch mehrmals pro Stunde aufs Klo. Dazu noch die 8er aufwärts, die sich verabreden und dann während der Stunde auf der Toilette treffen. Die Toiletten werden ebenfalls gerne direkt nach der großen Pause aufgesucht, weil die Aufsicht dann weg ist und sich bis ca. 10 Minuten nach Unterrichtsbeginn dort prima Geschäfte verrichten lassen, die nichts mit dem Stoffwechsel zu tun haben und in der Regel illegal sind. Die stoffwechselbedingten Geschäfte holt man dann während des Unterrichts nach. Neben den illegalen Geschäften kann man auf der Toilette auch super TickTock-Challenges umsetzen, mit der Folge, dass das Toilettenpapier in den Schlüsseln für Überschwemmungen sorgt und sogar gezündelt wird. Aus den Fenstern kann man die Dichtungen rauszerren, was einer Anstrengung Bedarf, die normalerweise sonst keiner der Schülers in der Schule aufbringen will. Schmierereien und Fäkalien neben den Toiletten sind selbstverständlich auch dabei.

Nein, das Problem ist ganz sicher nicht die tägliche Reinigung sondern eine Verrohung vieler Kinder, die ja auch in anderen Bereichen gewaltige Probleme verursacht und trotzdem immer wieder verdrängt wird.