Wie mündliche Mitarbeit benotet wird, ist von Schule zu Schule unterschiedlich (manchmal von Lehrer zu Lehrer)

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MÜNSTER. Eine Eins oder Zwei auf dem Zeugnis lässt darauf schließen, dass ein Schüler den Stoff gut verstanden hat – oder? Sollte so sein, ist aber keineswegs sicher. Es sei alles andere als trivial für Lehrkräfte, objektiv nach allgemeingültigen Kriterien zu bewerten – schon deshalb, weil in die Noten auch die mündliche Mitarbeit einfließt. Zu diesem Fazit kommt Dr. Carolin Krüll vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Münster, die in ihrer Dissertation untersucht hat, wie Lehrkräfte die mündliche Mitarbeit erfassen und bewerten. Ein Interview über die möglichen Implikationen für die pädagogische Praxis.

Lehrkräfte tun sich nach eigenem Bekunden mitunter schwer, die mündliche Mitarbeit zu bewerten. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Gute Noten gleich gute Schüler. Schlechte Noten gleich schlechte Schüler. Kann man diese Aussagen so pauschal treffen?

Carolin Krüll: Sicher nicht. Vor allem wenn sich die Note zum Teil aus der mündlichen Mitarbeit der Schüler zusammensetzt. Lehrkräfte können nicht automatisch aufgrund einer fehlenden oder geringen mündlichen Mitarbeit auf fehlende Kompetenzen schließen. Dann würde ein Großteil der Schüler schlechter bewertet werden.

Und das wäre unfair?

Carolin Krüll: Ja, denn gerade mündliche Beiträge im Unterrichtsgespräch, die wesentlichste Leistungsart mündlicher Mitarbeit, können nicht von allen Schülern gleichermaßen erbracht werden. Zum Beispiel ist es üblich, dass Fragen weitergereicht werden, wenn sie noch nicht so beantwortet wurden, wie die Lehrkraft es erwartet hat, oder nach der ersten ,richtigen‘ Antwort keine weiteren Antworten mehr gehört werden. Einige Schüler beteiligen sich nicht von selbst im Unterricht. Die Gründe dafür sind vielfältig: Einige sind eher introvertiert oder ängstlich, manche haben sprachliche Probleme oder brauchen länger, um eine Antwort zu formulieren. Auch kann die Beziehung zur Lehrkraft oder den anderen Schülern schlecht sein, sodass sich die Schüler nicht in der Klasse äußern wollen.

Existieren denn keine klaren Vorgaben, wie die mündliche Mitarbeit zu bewerten ist?

Carolin Krüll: Es gibt kaum schulrechtliche Vorgaben zur Leistungsmessung und Bewertung der mündlichen Mitarbeit, weder auf Bundes- noch auf Länderebene. Nordrhein-Westfalen ist zudem das einzige Bundesland, das die mündliche Mitarbeit nicht als eigenständige Leistungskategorie aufführt, sondern in die sogenannten sonstigen Leistungen integriert. Ohne eine Standardisierung von mündlichen Leistungen – wie es im Schriftlichen der Fall ist – haben die Lehrkräfte einen großen pädagogischen Spielraum und bewerten daher unterschiedlich.

Was zählt denn zur mündlichen Mitarbeit?

Carolin Krüll: Dazu gehören unter anderem Beiträge im Unterricht, Abfragen, Vorlesen, Rollenspiele und Podiumsdiskussionen, Partner- und Gruppenarbeiten, Tafelarbeiten sowie das Präsentieren von Arbeitsergebnissen und Hausaufgaben. Eine grundsätzliche Herausforderung ist, dass es keine einheitliche Definition oder ein allgemeingültiges Verständnis von mündlicher Mitarbeit und ihrer Abgrenzung zu anderen Kategorien wie zum Beispiel den sonstigen Leistungen gibt. Das ist für die Transparenz und das Verständnis der Notenvergabe für die Schüler ein relevantes Problem …

… weil jeder Lehrer es dann so macht, wie er meint?

Carolin Krüll: Das denken zumindest viele, wenn sie auf ihre eigene Schulzeit zurückblicken. Daher habe ich mir für meine Dissertation genauer angeschaut, wie Lehrkräfte die mündliche Mitarbeit erfassen und bewerten. Dabei habe ich mich auf die Fächer Mathematik und Deutsch der Sekundarstufe I an Gymnasien in NRW fokussiert. Neben einer ausführlichen Dokumentenanalyse habe ich 15 Experteninterviews mit sogenannten Fachvorsitzenden der Fächer Mathematik und Deutsch von acht Schulen geführt. Sie haben Auskunft darüber gegeben, ob es an ihrer Schule schul- und gegebenenfalls fachspezifische Vorgaben zur Bewertung mündlicher Mitarbeit gibt und zu welchen Aspekten konkret Vorgaben gemacht werden. Zudem sollten sie beantworten, wie sie die mündliche Mitarbeit bewerten.

Haben Sie die Rückmeldungen überrascht?

Carolin Krüll: Zum Teil ja. Demnach haben zwar die meisten Schulen schulinterne und fachspezifische Vorgaben zur Leistungsbewertung. Aber sie sind sehr unterschiedlich. Während manche Schulen seitenlange Vorgaben zur Bewertung oder zumindest Bewertungsvorschläge für die mündliche Mitarbeit formulieren, schreiben andere Schulen nur die wenigen und schwammigen Vorgaben aus dem Schulgesetz und den Kernlehrplänen ab und belassen es dabei.

Und wie fielen die Antworten in Bezug auf die Bewertung aus?

Carolin Krüll: Die Antworten der Experten habe ich dazu genutzt, einen Fragebogen zu entwickeln, den 272 Lehrkräfte beantwortet haben. Sowohl die Interviews als auch die Fragebögen machen deutlich, dass sich die Lehrer bei der Bewertung in einem ständigen Spagat zwischen Vergleichbarkeit und Individualisierung befinden. Einerseits ist die Vergleichbarkeit der Bewertung notwendig, um eine Grundlage beispielsweise für Versetzungen zu haben. Andererseits will man der Verschiedenheit der Schüler Rechnung tragen, damit bestimmte Schüler oder Schülergruppen keine Nachteile haben.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Carolin Krüll: Ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung ist, ob die Schüler selbst verantwortlich für ihre geringe Beteiligung sind – etwa aufgrund von Problemen im Elternhaus oder einer längeren Krankheit. Uneinigkeit besteht unter den Befragten darin, was zu tun ist, wenn es sich um sogenannte stille Schüler handelt.

Was sind denn die Gründe für die Uneinigkeit?

Carolin Krüll: Viele Lehrkräfte sehen Introversion als legitimen Grund für eine fehlende mündliche Beteiligung und gewichten für entsprechende Schüler dafür Leistungen in anderen Bereichen höher. Einige Lehrkräfte geben jedoch an, dass die aktive Beteiligung am Unterricht eine zu erwerbende Kompetenz darstellt, welche bewertet werden darf. Wobei unklar ist, ab wann Lehrkräfte erwarten, dass diese Kompetenz voll ausgeprägt ist, und wie während dieses Kompetenzerwerbs die fachlichen Kompetenzen innerhalb der mündlichen Mitarbeit bewertet werden sollen.

Was sind weitere Herausforderungen bei der Bewertung?

Carolin Krüll: Die meisten Lehrkräfte geben die ständige Bewertung der mündlichen Mitarbeit als problematisch an. Während die dauerhafte Bewertung für Lehrkräfte zeitintensiv ist, führt sie für die Schüler zu einer permanenten Leistungssituation, in der das Fehlermachen vermieden wird. Dadurch finden reine Lernsituationen de facto nicht statt.

Welchen Einfluss hat die mündliche Mitarbeit auf die Zeugnisnote?

Carolin Krüll: Deutschland ist eines der wenigen Länder, das die mündliche Beteiligung der Schüler mit in die Leistungsbewertung und damit auch die Zeugnisnoten einfließen lässt. Aber es gibt keine gesetzlichen Vorgaben, wie aus den Einzelleistungen die Zeugnisnote gebildet werden soll. Meine Datenauswertung hat ergeben, dass der Anteil der mündlichen Mitarbeit an der Zeugnisnote bei durchschnittlich 33 Prozent liegt – die Angaben variieren jedoch erheblich sowohl zwischen den Lehrkräften als auch zwischen verschiedenen Lerngruppen oder Schülern, die von einer Lehrkraft unterrichtet werden. 22 Prozent der Lehrer gaben an, die Note ,nach Gefühl‘ oder ,aus dem Bauch heraus‘ zu bilden. Damit sind bei über einem Fünftel aller Schüler die mündlichen Noten nicht vergleichbar. Dass diese Lehrkräfte ihre Benotung nicht transparent machen und sie damit für die Schüler nicht nachvollziehbar ist, liegt auf der Hand.

Haben Sie Empfehlungen für Lehrkräfte, wie der Umgang mit der mündlichen Mitarbeit und Bewertung verbessert werden kann?

Carolin Krüll: Grundsätzlich sollten sie sich intensiver darüber austauschen, vor allem innerhalb derselben Schule. Zudem kann eine stärkere Vereinheitlichung der Bewertungskriterien innerhalb der Stufen und Fächer oder zumindest eine Verständigung über etwaige Kernkriterien hilfreich sein. Zudem sollte ihnen klar sein, was genau zu bewerten ist: die Kompetenz – und diese kann über verschiedene Maßnahmen erhoben werden.

Und in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Schülern?

Carolin Krüll: Gerade weil kaum schulrechtliche oder allgemeingültige Vorgaben zu Bewertungskriterien mündlicher Mitarbeit existieren, ist die Transparenz zwischen dem Lehrer und den Schülern eines der wichtigsten Kriterien für eine faire Bewertung. Nur wenn Lehrkräfte bekannt geben, nach welchen Maßstäben sie bewerten, und sie die Schüler konsequent in das Verfahren der Leistungsbewertung einbinden, schaffen sie Vertrauen und stärken das Gerechtigkeitsempfinden der Schüler. Dadurch können wiederum Anreize gesetzt werden, dass Schüler eher bereit sind, sich am Unterricht mündlich zu beteiligen. Kathrin Kottke führte das Interview

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers heiß diskutiert.

Elternverband: „Noten sind ungerecht – wie das Schulsystem selbst“

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55 Kommentare
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Hmm...
8 Monate zuvor

„Zudem sollte ihnen klar sein, was genau zu bewerten ist: die Kompetenz – und diese kann über verschiedene Maßnahmen erhoben werden.“

Diese Maßnahmen zu benennen und eine genaue Erläuterung, wie man zu rechtssicheren mündlichen kommt, wäre mal einen Artikel wert.

Die Probleme waren uns schon bewusst, Frau Krüll. Dafür brauchen wir keine erziehungswissenschaftliche Forschung.

Georg
7 Monate zuvor
Antwortet  Hmm...

Rechtssicher wird bestenfalls eine schriftlich abgegebene Leistung sein. Ich war mal an einer Schule, die das genau so gemacht hat, um Diskussionen mit Eltern vorzubeugen. Als Konsequenz gab es streng genommen keinen Grund, sich in irgendeiner Form mündlich zu beteiligen, was allerdings die ehrgeizigen Schüler trotzdem nicht von der aktiven Beteiligung abgehalten hat. Die „Nervbacken“ konnten aber ohne Konsequenzen nerven, weil das Argument „während Du nervst, zeigst Du keine Leistung, also ungenügend“ wegfiel. Meist waren die aber in den schriftlichen Leistungen auch schlecht genug für eine angemessene Bewertung.

MB aus NRW
8 Monate zuvor

…als ob schriftliche Leistungen von Schule zu Schule oder Lehrer zu Lehrer vergleichbar wären…da habe ich im Familien- und Bekanntenkreis je nach Schulform die wildesten Dinge erlebt…

GriasDi
7 Monate zuvor
Antwortet  MB aus NRW

Selbst KultusministerInnen schenken ihren AbiturientInnen Punkte, wenn der Schnitt nicht passt. „Nicht-Vergleichbarkeit“ auf „höchstem“ Niveau.

Hornveilchen
8 Monate zuvor

Ich möchte, dass es so bleibt, wie es ist. Ich möchte nicht, dass alles bis ins letzte Detail durchdeklniert und geregelt wird. Eben das lässt dem Lehrer den pädagogisch-fachlichen Spielraum, den Kindern individuell gerecht zu werden. Ein guter Lehrer geht damit verantwortungsbewusst um. Er ist die Fachkraft auf diesem Gebiet. Er kennt seine Schüler und ihr Leistungsvermögen!

Monika, BY
7 Monate zuvor
Antwortet  Hornveilchen

Ein sinnvolles Argument. Aber das funktioniert, wenn der gleiche Lehrer wenigstens ein Jahr lang die gleichen Schüler unterrichtet.

Monika, BY
7 Monate zuvor
Antwortet  Hornveilchen

Dieses Jahr, 7. Klasse hat unsere Klasse in 6 Fächer, 6 Lehrer gewechselt. In Mathe sogar drei Lehrer.

kazoo
7 Monate zuvor
Antwortet  Monika, BY

Wieso „unsere Klasse“?
Waren Sie in der Schule oder Ihre Kinder?

mama51
7 Monate zuvor
Antwortet  kazoo

🙁 „Heiliger Sankt Korinthus, Schutzpatron aller Erbsenzähler, Besserwisser, Rechthaber und Klugschei….!“
Menno!

Katinka
7 Monate zuvor
Antwortet  mama51

Na ja, das klingt halt genauso wie: „Aber wir haben doch gelernt, warum haben wir nur eine 4 geschrieben“…

Ironic
7 Monate zuvor
Antwortet  Monika, BY

Im Fach Deutsch ist es wohl besonders schlimm?!

Monika, BY
7 Monate zuvor
Antwortet  Ironic

Und dann fragt man sich noch warum Inklusion in Deutschland scheitert.
 
Man kann nicht einmal hochqualifizierte Einwanderer mit deutscher Bürgerschaft aber mit gewissen Defiziten im Hochdeutsch richtig akzeptieren. Am besten sieht und hört man sie nicht. Höchst als Steuerpflichtiger nimmt man sie wahr.
 
Ein Glück für dieses Land und für Europa allgemein ist es aber trotzdem, dass solche immer noch eine Minderheit bilden – mein persönlicher Eindruck jedenfalls.

Einheimische Oktoberfest-Kneipen fans zähle ich nicht dazu, natürlich.

Monika, BY
7 Monate zuvor
Antwortet  Ironic

Mit anderen Worten – genau wie in der Schule hängt die Bewertung von Lehrer zu Lehrer. Einige bewerten die Arbeit genau nach dem Buch, die andere nach der Lebenserfahrung.
 
Einige Lehrer verlangen nach genau vorgeschriebenes Hausaufgabenheft, die andere ist das Heft egal, solange das Kind diese z.B. Mathe richtig kann. Und auf dieser Stelle muss sich man immer wieder an Einstein erinnern.:)

Mika
8 Monate zuvor

Dann ist es doch die fairste Lösung, landesweit halbjährliche Tests zu schreiben. Die dort erzielte Leistung wird auf dem Zeugnis dokumentiert: bestanden, sehr gut bestanden, nicht bestanden. Landesweit vergleichbar. Fertig. Sparen wir uns die ganze Notengeberei zwischendurch und gut. Wäre ich sofort dabei.

Georg
7 Monate zuvor
Antwortet  Mika

Nur dass diese landesweiten Tests mit großer Wahrscheinlichkeit so einfach sein werden, dass sich ein durchschnittlicher Schüler bei „bestanden“ schon schämen muss.

Schlaubi
7 Monate zuvor
Antwortet  Mika

Die Idee finde ich auch sehr gut.
Die Lehrkraft wäre dann nicht gleichzeitig wissensvermittelnde und richtende Person. Das Verhältnis zwischen allen Akteuren (Lehrkraft, Kinder und Personensorgeberechtigten) könnte somit entlasstet werden. Die stattfindenden Kommunikationen können wegen der Ergebnisevaluation auf einem ganz anderen Niveau geführt werden (in jede Richtung).
Ich sehe natürlich auch ein Problem: die Lernbereiche im Lehrplan müssen nicht chronologisch abgearbeitet werden, es können einzelne Klassen oder auch nur Kinder wegen besonderer äußerer Umstände nicht den Stoff bis zum zentralen Testtermin geschafft haben. Wie geht man dann damit um? Immerhin will man ja Vergleichbarkeit, was ich sehr begrüße.

potschemutschka
7 Monate zuvor
Antwortet  Schlaubi

Chronologie der Lernbereiche lässt sich machen. War in der DDR üblich, dadurch hatten Eltern und Schüler bei einem evtl. Orts- und Schulwechsel nie Probleme! Die Kinder konnten nahtlos an den Stoff anschließen und das Bildungssystem war zentral, kein Föderalismus.

potschemutschka
7 Monate zuvor
Antwortet  Schlaubi

… auch die Lehrbücher und Lernmaterialien waren einheitlich. Dadurch keine neuen Kosten für die Eltern bei einem Umzug.

potschemutschka
7 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Ach ja, die Lehrerausbildung war in der DDR auch einheitlich, daher keine Probleme der Anerkennung bei Ortswechsel (das machte es auch einfacher Personalüberhang und -mangel an der einen oder anderen Stelle auszugleichen).

Mika
7 Monate zuvor
Antwortet  Schlaubi

Wenn man mit Hilfe von Noten die Vergleichbarkeit von Wissen/Können sichern möchte, ist es unerheblich, auf welchem Weg das Wissen angeeignet wurde bzw. welche Hürden zu überwinden waren. Es geht dann nur um: „kann es“ oder „kann es nicht“ in der entsprechenden Abstufung. Anderenfalls sind Noten hinsichtlich des Wissens eben nicht vergleichbar, sondern beinhalten eine soziale Komponente, die jedoch nicht näher ausgewiesen ist und damit Noten als Beschreibung der Ausprägung von Wissen bzw. einer Fähigkeit ad absurdum führen. Man kann natürlich schreiben: „hat den Test mit 45% nicht bestanden, hat aber auch fünf Monate wegen Krankheit gefehlt.“

Canishine
8 Monate zuvor

Gibt es eigentlich genormte Kriterien, um die Gerechtigkeit einschließlich des pädagogischen Werts der Notenvergabe von Lehrerinnen und Lehrern zu beurteilen?

Georg
7 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Nein. Daher schauen Richter im Falle von Notenüberprüfungen auch nie auf die Inhalte, sondern nur auf die formale Einhaltung der Dokumentation.

Pauker_In
7 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Es gibt Testgütekriterien. Diesbezüglich können Sie die Bewertung mündlicher Mitarbeit aber gepflegt in die Tonne treten – mündliche Mitarbeit ist nicht objektiv, valide oder reliabel zu bewerten.

Ironic
7 Monate zuvor
Antwortet  Pauker_In

Deswegen heißt es ja auch „sonstige Leistungen“ und die Vorgabe ist, eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungen zu erheben und damit diverse Möglichkeiten und Formate der Leistungsmessung zu nutzen.

Canishine
8 Monate zuvor

Wurde schon mal der Einfluss des politischen, gesellschaftlichen und elterlichen Erwartungsdrucks auf die Notenfindung untersucht?

Georg
7 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Was ist mit dem schulleiterlichen oder fachleiterlichen Druck auf nicht auf Lebenszeit verbeamtete Lehrer?

Lisa
7 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Ist da. Selbst im Kollegium erlebt “ Der Vater von XZ ist Anwalt, das tu ich mir nicht an“ Und das Schlimmste: Kann den Kollegen verstehen. Wer möchte verklagt werden? Schriftliche Noten kann ich beweisen.

Finagle
7 Monate zuvor

Die direkte Unvergleichbarkeit ist im System und Schulgesetz angelegt und wurde im Referendariat freidestrahlend und im Brustton der Überzeugung als Gewinn des pädagogischen Handelns gefeiert. Daher finde ich es ausgesprochen irritierend, um nicht zu sagen befremdlich, wenn nun ausgerechnet der akademischen Seite es so dargestellt wird, als wäre dies nun eine erschreckende, gar überraschende Erkenntnis.

Als Quereinsteiger aus der Physik-Forschung habe ich mich wiederholt und nachhaltig zu meinem Nachtteil, wenn bezüglich konkreter kriteriengestützter offizieller Notengebung nachgehakt habe. Wenn ich in meiner Forschungsarbeit von Stöchiometrie geredet habe, dann war allen klar, auf welches Verhältnis bei welchen Abweichungen ich mich bezog. Aber hier existiert nur eine undurchdringlicher Nebel von wabrigen Worthülsen… auch und gerade in der Lehrerbildung. Und jeder Referendar lernt früh in diese Gewässer nicht weit vorzustoßen, „there be dragons“ und wird sein Schiff dadurch versenkt, kräht anders als bei SuS kein Hahn danach. Auch keine Kollegen und auch keine Kolleginnen, die sich nur bekreuzigen und schweigend auf ihrem Kurs weitergleiten, um den Seminarklabautermann nicht zu verärgern.

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge ist das einzige, was man als Lehrer und Schule machen kann, Transparenz zu gewährleisten.

Dazu habe wir uns – angefangen und bemerkenswerter von diesen „pädagogisch-didaktischen“ nahezu inkompetenten, aber vom Status Quo hochgeradig gebervten Discountlehrern der Quereinsteiger gegen den teils aktiven Widerstand der älteren Lehrkräfte eine Fachbereich übergreifendes Kompetenzraster mit 3-5 Aspekten und jeweils 3 Facetten zu implementieren.. und Vorgaben, an welchen Stellen und im welchem Maße eine pädagogische Abweichung bzw. Konkretisierung vom arithmetischen Wert zulässig ist. Dieses Kompetenzraster inklusive der persönlichen Gewichtung des individuellen Unterrichts macht jede Lehrkraft seiner Lerngruppe zugänglich, zusammen mit einem Selbsteimschätzungsbogen, der jederzeit abgegeben werden kann, um Feedback einzufordern.

Endeffekt: Die Noten sind deutlich vergleichbarer und ähnlicher geworden. SuS – und Elterngespräche wegen der Notenvergabe stressfreier und meist deckt sich die Einschätzung der SuS mit denen der Lehrkräfte. Und wenn nicht, so ergeben sich daraus sofort Ziele.

Um die Verwaltungsarbeit zu minimieren, habe ich eine Exceltabelle zur deskriptorgestützten Bewertung geschreiben – das heisst, da werden keine Plus oder Minus ausgewertet, da stehen für jede Facette jedes Aspektes ein charakteristische Aussage.

Auch wenn ich zugegebenermaßen durchaus stolz bin, dass wird zusammem teilweise gegen den Widerstand der SL (die hatte ernsthaft durchaus berechtigte Angst, dass die Noten dadurch leiden würden!) eingeführt haben, bin ich nicht so vermessen zu glauben, wir hätten damit den heiligen Gral der Leistungsbemessung gefunden.

Im Gegenteil, ich behaupte blind und beweislos, dass wir damit nur einen Missstand an unserer Schule beseitigt haben und dass die meisten Schulen längst ähnlich vorgehen. Und wenn nicht, dann schlage ich der wissbegierigen Forscherin mal vor, derlei Vorstösse zu eruiieren, wie denen in einem kürzlich erschienenen Artikel hier zu „unfairen Noten“ und was sie als „Progression“ beinhalten sollen. Vielleicht dämmert dann, was für einem Spannungsfeld Noten erwachsen… oder eben wuchern.

vhh
7 Monate zuvor
Antwortet  Finagle

Intro-/extrovertierte SuS, LRS, Dyskakulie, längere Krankheit, familiäre Probleme, Anpassungsprobleme in der Klasse… Das wird dann alles über „persönliche Gewichtung “ des Rasters erfasst? Wohl kaum, denn die soll ja den individuellen Unterricht erfassen. Also „pädagogische Abweichung“? Aber für die wurde doch das erlaubte Maß der Abweichung vom arithmetischen Mittel auch schon festgesetzt!
Wenn die ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufgezählten Faktoren alle berücksichtigt werden, muss das Raster bis zur Beliebigkeit variabel sein. Oder es schränkt pädagogische Entscheidungen so ein, dass ich die Haltung der älteren Lehrkräfte verstehen kann.
Aber das wichtigste Ziel ist erreicht: die Pseudoobjektivität eines Rasters erleichtert den Umgang mit den ‚Kunden‘. Verständlich, denn als Quereinsteiger sucht man klare Regeln (die es selten gibt, aber umso mehr ungeschriebene).
Auch als NW-Lehrer diskutiere ich am Sprechtag lieber mit Eltern und SuS, ob und wo meine Sichtweise des Kindes und seiner Leistungen falsch sein könnte, als ‚objektive, unumstößliche Fakten‘ zu präsentieren. Die Noten sind immer begründet und bedacht und diese Gründe kann ich jederzeit erläutern, übrigens auch ohne vorherige Selbsteinschätzung. Der Versuch, dem empfundenen Rechtfertigungsdruck formal zu begegnen, gefährdet m.E. das partnerschaftliche Verhältnis zu den Eltern, das gemeinsame ‚Projekt Schulerfolg‘.

Finagle
7 Monate zuvor
Antwortet  vhh

„Intro-/extrovertierte SuS, …familiäre Probleme, Anpassungsprobleme in der Klasse… “ – Wir sprachen von Leistungsbewertung im Unterricht oder? Dies kann ggf. in die Aufgabenstellung, aber nicht in die grundsätzliche Bewertung der an der Aufgabenstellung zu bewertenden Leistung gekoppelt werden.

„LRS, Dyskakulie,“
Dafür gibt es Förderkonferenzen zur Festlegung von Nachteilsausgleich, sowie zieldifferenter oder zielgleicher Beschulung.

„längere Krankheit“
dafür gibt es wahlweise die Option einer alternativ angepassten Leistungserbringung oder der ohne Bewertung.

Bei Benotung von „unumstösslichen Fakten“ zu sprechen dürfte immer mehr als gewagt sein, aber ich denke doch, dass man von der Lehrkraft erwarten können sollte, seine Notengebung transparent und nachvollziehbar zu machen und den nebulösen Schleier des „aber das aus Berücksichtigung der Umstände gebe ich dem Kind mal 5 statt 3 Punkten“. Es geht hier um Noten, an die schlussendlich eine Kompetenzerwartung gekoppelt ist. Diesen kann meines Erachtens der Bereich „Besser als erwartet“ nicht dominieren. Sonst können wir uns die Benotung gänzlich sparen.

Nebenbei, das würde ich sehr begrüßen! Ich würde gern der Coach der Kids sein und sie dann von anderen auf ihren Kompetenzstand prüfen lassen. Gern gebe ich dann auch meine Bewertung der persönlichen. Progression ab. Wie dass dann verrechnet wird, möge dann jemand anderes verantworten. Aber solange man von mir verlangt, dass ich eine Fachkompetenznote nach Standardkonkretisierungen zu verantworten, werde ich sehr gern differenziert und individualisiert unterrichten, aber auf klare Kriterien gestützt benoten. Wenn ich damit der Arsch der Gesellschaft sein sollte, halte ich das aus… oder ich gehe ebenso leicht, wie ich vor 10 Jahren gekommen bin. Das ist das Schöne, wenn man das Mantra der Flexibilität verinnerlicht hat. Angebote hätte ich…

vhh
7 Monate zuvor
Antwortet  Finagle

Dann sind wir wohl etwas unterschiedlicher Meinung. Ich sprach nie von Notengebung pi mal Daumen, aber ausschließlich Fachkompetenz zu bewerten halte ich doch für reichlich gewagt. Die Kompetenzerwartungen umfassen, jedenfalls in NRW, mehr als nur Fachkompetenz und mit Fragen wie Kommunikations- und Bewertungskompetenz wird das Problem deutlich komplexer.
Ich habe nichts gegen Bewertungsraster für Referate oder andere Teilaufgaben, natürlich vorher kommuniziert, aber die Halbjahresnote ist mir zu wichtig, um die Bewertung in ein festes Schema zu zwingen. Eine verbale Begründung schliesst Transparenz nicht aus. Das heißt nicht, dass jemand der die gleichförmige Bewegung nicht verstanden hat, fünf Gnadenpunkte aus nebulösen Gründen bekommt. Aber soll in der Sek I im Extremfall der Teilaspekt ‚Ordnung und Methodik‘ über den Schulabschluss entscheiden (HA/FOR/Q-Vermerk)?
Jede/r soll seine/ihre bestmögliche Leistung zeigen können, doch gibt das berühmte Wettklettern von Affe und Fisch zu streng genormten Bedingungen wirklich allen diese Chance? Ihr kanntet doch alle das Bewertungsraster…Die Hauptaufgabe von Schule ist in meinen Augen nicht rechtssicheres Aussortieren, da würden wir uns die Aufgabe zu leicht machen.
S.o., das sehen wir wohl unterschiedlich. Interessant, dass wir gleich lange dabei sind.

Finagle
7 Monate zuvor
Antwortet  vhh

könnte sein, dass wir das unterschiedlich sehen… aber allein, dass wir das beide tun könnten und dennoch im vorhandenen System abgesichert agieren können, finde ich unmöglich. An und für sich erwarte ich eine klare Vorgabe von meinem Arbeitgeber, aber genau um das drückt man sich egal, an wen ich die Frage stelle.. von Seminarleitern, Schulleitungen, Fachleitungen bis hin zu Regionalkonferenzen… haltloses blabla… wäre ja kein Problem, wenn man dann nicht von mir im Zweifelsfall eine „lückenlose Darlegung und Begründung meiner Noten“ verlangen würde. Aber ich schätze fast, dass wir im Detail gar nicht so weit auseinander liegen. Nur, dass ich meine Differenzierung und Berücksichtigung der Umstände nicht in der Benotung selbst einfließen lasse, sondern in den konkreten Arbeitsaufträgen. Um das nur mal kurz anzureißen:

Wenn wir nicht von einem zieldifferent unterrichteten Kind, dass eh nach einem individuellen Förderplan unterrichtet und benotet wird ausgehen, sondern einfach sehen, dass da ein Kind mit LRS (um mal ein konkretes Beispiel zu nehmen), sich der erwähnten gleichförmigen Bewegung annehmen soll, dann bekommt es unter zum Beispiel nicht einen Basaltext vorgesetzt, wo es die Kernelemente entnehmen soll, sondern vielleicht vielmehr eine Bildfolge…. entsprechend muss es vielleicht auch eher vorhandene Passagen sinnstiftend den Bildern zuordnen als sie selber verfassen…. ebenso kann ich es in einer Gruppenarbeit experimentieren lassen und spezielle Teile des Protokolls wie die Diagramme oder Situationsskizze mit Beschriftungen zuweisen… Bewertet nach dem Raster werden dann solche Dinge wie: Selbständigkeit (überwindet es Schwierigkeiten selbstständig, nutzt es Hilfematerialien oder fragt es), Vollständigkeit (ist es eine oberflächliche Bearbeitung voller offensichtlicher Fehler, wurde auf die Korrektheit der Details geachtet), etc.

Will sagen… die Aufgabenstellung ist individuell differenziert, die Bewertung erfolgt im Unterricht nach klaren Vorgaben, die unabhängig von der Aufgabenstellung selbst beantwortbar sind. Die schlussendliche Fachkompetenz insgesamt, wird ja eh in einer ausgewiesenen Leistungskontrolle, z.B. in einer LEK abgefragt, die – bis auf die zieldifferenten SuS – für alle gleich ist und dort hat ein LRS Kind Anrecht auf Nachteilsausgleiche wie – bis zu 25% mehr Bearbeitungszeit, Wörterbuch und dass man ihm die Aufgaben vorliest und erklärt. Das ist ja alles möglich im Rahmen des Nachteilsausgleichs…. wenn das Kind es nutzt.

laromir
7 Monate zuvor

War das jetzt nützlich oder stützt das wieder nur die Auffassung einer großen Masse, dass Noten eh gewürfelt werden? Jeder weiß, dass Noten nicht völlig objektiv sind, für was die Forschung? Und dann das Ende: was Lehrkräfte tun müssten… sorry, tun das viele nicht? Wir haben die Anweisung, zu Beginn des Jahres mit den SuS die Kriterien der Leistungsbewertung durchzugehen. SuS bekommen immer Zwischenstand mitgeteilt, jeder soll ich erstmal selbst einschätzen (klappt erstaunlich gut) und bei dem, was da aufgelistet ist an Möglichkeiten, ist auch Introvertiertheit kein Thema, denn HA oder Texte, die im Unterricht verfasst wurden, kann ich schließlich lesen und einbeziehen. Außerdem kommt es auf das Fach an. In manchen Fächern ist die Fähigkeit, Gespräche führen zu können und in die Austausch zu gehen, wichtiger als in anderen. Und man kennt ja irgendwann auch die Eigenheiten seiner SuS. Extrovertierte „Labertaschen“ bekommen auch keine guten Noten, wenn nur heiße Luft kommt.
Vielleicht sollte ich auch mal was erforschen, ist interessant, wozu man Studien machen kann. Nehme noch Vorschläge an.

Georg
7 Monate zuvor

Die Sonstige Mitarbeit unterscheidet sich selbstverständlich von Lehrer zu Lehrer. Allerdings nur selten so, dass sie sich um mehr als 1-2 Noten auf das ganze Halbjahr gesehen unterscheiden. Dazu spielen schon die Klassenzusammensetzung, die Haltung der Schülerinnen und Schüler zum Bereich Schule im Allgemeinen und jeweiligen Fach (und ihre eventuelle Veränderung im Laufe des Halbjahres), die Unterrichtsinhalte des jeweiligen Fachs im Vergleich zu anderen Halbjahren usw. eine viel zu wichtige Rolle. Wichtig ist nur, dass die Lehrer das innerhalb ihrer Lerngruppen konsequent vergleichbar machen.

Monika, BY
7 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Unsere Erfahrung bzw. meines Kindes ist ganz anders. Laut Ex-en sollte sie in Informatik/Physik eine 3 haben. Nun hat sie doch fast eine 1. Ein Punkt fällte es. Die Einzige in der Klasse, also es handelt sich nicht um die lockeren Notenvergebung. Die Kinder sind unterschiedlich, wie die Lehrer/Erwachsene selbst. Wenn das Kind kein Streber „genau nach dem Buch“ ist, nur um die richtigen Noten zu bekommen, sondern dürstet nach dem Wissen, manche Lehrer erkennen das richtig. Manche eben nicht. So ist das Leben.
 
Persönlich beklage mich nie über die Noten. Selbst habe ich Erfahrung als Kind gemacht, dass ich mit einer Note 1 kaum die Fremdsprache konnte, ich war Lieblingsschülerin unserer Lehrerin. Bei einem anderen Lehrer hatte ich kaum eine 3, aber dafür habe ich in zwei Jahren mehr gelernt, als Lieblingsschülerin in vier Jahren.

A Mzyk
7 Monate zuvor

Ich bin 50 Jahre Lehrer, aktuell also noch im Dienst. Ich habe viele Beispiele, wie mit mündlichen Zensuren auch nicht so begabte Schüler meinen Unterricht ohne Angst verfolgten (Mathematik und Physik). Damit ist ja nicht gesagt, dass sie am Ende alle eine Eins auf dem Zeugnis hatten. Eine mündliche Zensur muss auch ein pädagogisches Ziel haben! Der scheinbare Kompetenzgedanke ist für die Schulpädagogik schädlich, weil er den Schüler zum Objekt macht (wie ein Stück Metall, das geschliffen wird). Außerdem, der Begriff Kompetenz, jeder ahnt irgendwie den Inhalt des Begriffs, ist für die Schulpädagogik gar nicht klar definiert.

Monika, BY
7 Monate zuvor
Antwortet  A Mzyk

Eingeborene Begabung ist überbewertet. Die bestimmte Begabung oder sogar Hochbegabung kann jeder durch richtige Förderung entwickeln, auch geistig behinderten Kinder oder Menschen in Spätalter. Wenn das Gehirn wenig oder nichts tut, dann es verfault, genau wie jeder untätige Muskelgruppe im Körper. Gerade ist das Phänomen in westlicher Gesellschaft sehr ausgeprägt.
 
Eingeborene Hochbegabung passiert nicht auch dem nichts. Man gewinnt nur schwierig den Einblick in den Tagesablauf einer Familie der offiziell begabten Kinder.
 
Und die Verfolgung des Unterrichts und weder mündliche oder schriftliche Prüfung ohne Angst und Frust sollte per se ein pädagogisches Ziel sein.

Pauker_In
7 Monate zuvor

Mir geht die Bewertung der mündlichen Mitarbeit (NRW) derbe gegen den Strich. „Ich hab doch gaaaanz viel gesagt! Nur ne Vier?!“ Ja, dass ganz viel Blech dabei war, will man nicht akzeptieren.
Ich hatte mal eine Migrantin aus dem Fränkischen im Unterricht, die ganz erstaunt wegen des „Gelabers“ ihrer neuen Mitschüler war.
In Bayern wurde die mündliche Mitarbeit nämlich nicht bewertet, es gab keine Logorrhoe – aber AM WICHTIGSTEN: Jeder traute sich, seine Fragen zu stellen – keine Angst vor einer schlechten Bewertung der Fragen wegen!
Das hätte ich auch gern.

GriasDi
7 Monate zuvor
Antwortet  Pauker_In

In Bayern gibt es mündliche Noten. Die Schülerin scheint gute Lehrkräfte gehabt zu haben.

Monika, BY
7 Monate zuvor
Antwortet  GriasDi

Ja, es gibt und die Schüler, besonderes in etwas fortgeschrittenen Klassen (lies: geförderten, egal wie und von wem) bewerten automatisch mit. Sie reagieren sofort aktiv auf Etwas was plausibel oder als „Gelaber“ klingt.

Pauker_In
7 Monate zuvor
Antwortet  GriasDi

Die sonstige Mitarbeit wurde vor allem durch „Exen“ (Extemporale) erbracht. Wunderbarer Begriff übrigens.
Ist mittlerweile etwa 10 Jahre her.

Katinka
7 Monate zuvor
Antwortet  Pauker_In

Den Begriff „sonstige Mitarbeit“ gibt es in BY nicht. Es gibt Unterrichtsbeiträge, Rechenschaftsablagen, Referate (alles mündlich), Extemporalen und Kurzarbeiten; in den Schulaufgabenfächern eben die Schulaufgaben.

potschemutschka
7 Monate zuvor
Antwortet  Pauker_In

Fragen stellen ist doch eine gute Form der Mitarbeit, denn es zeigt, dass der Schüler mitdenkt und versucht den Stoff zu verstehen. Ich habe meine Schüler immer ermuntert (sinnvolle) Fragen zu stellen.

Pauker_In
7 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Das mache ich auch, aber die Angst steckt tief drin!

Lisa
7 Monate zuvor

Richtig, mündliche Mitarbeit zählt 60 Prozent an manchen Schulen.. Ich halte diese starke Gewichtung nicht für pädagogische Freiheit, sondern für etwas, das stark und nicht bewusst von Sympathie, Status, eloquentem Auftreten und sogar Aussehen beeinflusst wird . Keiner ist gefeit davor, das haben Studien ergeben. Manchmal werden Schüler sogar verwechselt, und die haben keine Chance, das Gegenteil zu beweisen. Mir ist das als Kind passiert mit einer Freundin. Wir sahen uns nicht nur ähnlich, wir hatten auch den gleichen Vornamen. Das ist eine Anekdote, ich weiß, doch was geschieht in diesem Fall? Alles sehr schwammig und unsicher.

Clara
7 Monate zuvor

Solange Menschen andere Menschen unterrichten und man eine humane Dimension im Bildungsprozess wünscht, wird es bei der Bewertung mündlicher Leistungen Abweichungen zwischen Lehrkräften geben, da eine konsequente „Standardisierung“ nur im industriellen Fertigungsprozess möglich ist, wo ein einheitlicher Output erzeugt wird. Nach meiner Erfahrung ergeben Unterrichtsbeiträge – die von der Mitarbeit, welche in meinem Bundesland als solche nicht bewertet werden, sondern nur in der Zeugnisbemerkung eingeschätzt werden darf – oft eher „weiche“ Noten, weil Lehrkräfte Schüler ermutigen und fördern wollen. Das finde ich OK und bin froh, dass es hier noch eine Sphäre gibt, in die vom besserwisserischen Außen nicht hineingefunkt werden kann.

Mo3
7 Monate zuvor

Bei der mündlichen Mitarbeit spielt auch die Klassengröße eine Rolle. In kleinen Klassen werden Schüler mehr wahrgenommen und können häufiger Beiträge bringen, was ja auch zur Motivation beitragen kann. In großen Klassen kommt man seltener zu Wort und wird dadurch demotiviert und beteiligt sich dann ggf. seltener, obwohl man es könnte – so zumindest meine Erfahrungen aus der Schulzeit. Die Leistung in kleinen gegenüber großen Klassen ist also auch nicht unbedingt vergleichbar.

Andreas Schäfer-Gorgs
7 Monate zuvor

Zu unterscheiden wäre zuerst zwischen der ‚mündlichen Note‘ und der ‚mündlichen Mitarbeit‘. Letzteres wird auch schlicht ‚Mitarbeit‘ genannt und wird nicht in die fachinterne Note aufgenommen, sondern über die Fächer gemittelt. In der Mitarbeitsnote misst man die Quantität des Gesagten bzw. des Meldens, in der mündlichen Note misst man (nach besten Möglichkeiten) die fachliche Qualität des Gesagten. So ist das auch juristisch vorgesehen, damit Schüchternheit nicht in die Fachnote eingeht. – Meldet sich ein Schüler nicht von sich aus, so muss er vom Lehrer hin und wieder auch ohne Meldung aufgerufen werden, damit eine mündliche Note überhaupt erteilt werden kann. Allenfalls indirekt fließt so die Mitarbeit auch ins Mündliche ein, da ein Schüler der sich selbst meldet, sich die Stellen des Meldens natürlich gezielt aussuchen kann. Außerdem wird man schon aus pädagogischen Gründen nicht geneigt sein, Schüler, die sich häufig melden, im Mündlichen allzu schlecht zu bewerten, zumal die Verwechslung von Mündlichem und Mitarbeit (wie auch der Artikel zeigt) ohnehin verbreitet ist.

Jan
7 Monate zuvor

Als wenn man alles bis ins Letzte regeln könnte. Ich finde, man muss den Lehrkräften zutrauen, das mit dem nötigen Fingerspitzengefühl zu bewerten. In meiner Schulzeit hatte ich eine Mitschülerin, die immer eine 1 hatte und auch das Abi mit 1,0 gemacht hat. Sie hat nie etwas gesagt oder beigetragen, außer sie wurde gefragt. Dennoch war auch die mündliche Note eine 1 und das finde ich völlig korrekt.

Ilker
7 Monate zuvor
Antwortet  Jan

Tut mir Leid, aber das finde ich überhaupt nicht korrekt. Eine 2 wäre in dem Fall sogar mehr als fair gewesen, wenn sie wirklich nur bei Ansprache etwas gesagt und sonst nie etwas zum Unterrichtsgeschehen beigetragen hat.
Ich denke, dass man als Lehrkraft immer das Gesamtbild der Beteiligung in der Klasse betrachten muss, um allen SuS gerecht zu werden. Ein Schüler, der mündlich immer gute Beiträge im Unterricht leistet und somit auch den Unterricht voranbringt, aber z.B. immer eine 4 oder gar schlechter in den Klassenarbeiten und Tests schreibt, bekommt ja auch keine 4 oder schlechter. Soll heißen, dass man sich nicht ausschließlich an den schriftlichen Noten orientiert.

Jan
7 Monate zuvor
Antwortet  Ilker

„Ein Schüler, der mündlich immer gute Beiträge im Unterricht leistet und somit auch den Unterricht voranbringt, aber z.B. immer eine 4 oder gar schlechter in den Klassenarbeiten und Tests schreibt, bekommt ja auch keine 4 oder schlechter.“

Wer immer Note 4 oder schlechter bekommt, wird kaum durchweg Sinnvolles beitragen.

Ilker
7 Monate zuvor
Antwortet  Jan

Warum denn nicht? Es gibt SuS, die Prüfungsangst haben und bei schriftlichen Tests eine Blockade entwickeln. Jedoch mündlich durchaus sehr gut sind.
Tut mir Leid, vielleicht habe ich mich auch missverständlich ausgedrückt, oder hätte es genauer deklinieren sollen.

Ogg
7 Monate zuvor

Ich werfe noch ein Argument in die Runde: chatGPT und weitere zukünftige Möglichkeiten, zusammenhängende Texte zu erzeugen. Es ist zwar auch nur ein Instrument unter weiteren, wird aber bestimmt die Arbeitsweise der Schüler verändern.

Ich hörte schon Uni-Professoren darüber lamentieren, dass sie deswegen wahrscheinlich zur mündlichen Prüfungen zurückkehren werden müssen, obwohl diese doch sehr von Persönlichkeiten der Profs und Studenten geprägt sind.

mama51
7 Monate zuvor

Gerne mal zu dem Thema nachlesen bei Günter Hoegg. Eine gute Empfehlung zur Information über allgemeines Schulrecht. Der Mann ist Lehrer und Schuljurist.

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Ilker
7 Monate zuvor

Für das Ergebnis der Dissertation hätte es für mich keine einer solchen gebraucht. Eine Umfrage im Kollegium bzw. an einer einzelnen, etwas größeren Schule reicht da nämlich völlig aus und ist keine neue Erkenntnis.