Prozess um Tod von Schülerin vor Ende: Plädoyers und Urteil erwartet

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Aktuell: Lehrerinnen wegen fahrlässiger Tötung verurteilt – hier geht es zum Bericht.

MÖNCHENGLADBACH. Der Prozess um den Tod einer zuckerkranken Schülerin könnte zu Ende gehen. Angeklagt sind zwei Lehrerinnen. Sie sollen vor einer Studienfahrt nicht schriftlich nach Vorerkrankungen gefragt haben.

Das Gericht hat zu urteilen. Foto: Shutterstock

Einen Monat nach dem Beginn könnte am Donnerstag (ab 9.15 Uhr) der Prozess um den Tod einer Schülerin vor dem Landgericht Mönchengladbach enden. Angeklagt sind zwei Lehrerinnen wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen. Die Anklage wirft den 34 und 60 Jahre alten Frauen vor, dass sie sich vor Beginn einer Studienfahrt im Juni 2019 nach London nicht schriftlich über Vorerkrankungen der teilnehmenden Schüler erkundigt hatten. Dann hätten sie gewusst, dass die 13-Jährige eine Diabetikerin war, die regelmäßig Insulin spitzen musste.

Mit dem Wissen, so die Anklage, hätten die Lehrerinnen bei dem Mädchen die Symptome einer akuten Überzuckerung erkennen und früher reagieren können und nicht erst kurz vor der Abreise einen Notarzt gerufen. Die 13-Jährige starb im Krankenhaus nach extremer Überzuckerung wegen Insulinmangels an einem Herzinfarkt.

Die Angeklagten hatten zugegeben, dass sie vor der Fahrt nicht schriftlich nach gesundheitlichen Problemen der mitfahrenden Schülerinnen und Schüler gefragt hätten. Auch das Mädchen und ihre Familie sollen die Lehrer nicht informiert haben. Die 13-Jährige soll während der Fahrt zur Verschlechterung ihres Zustands beigetragen haben, indem sie nicht auf ihre Blutzuckerwerte geachtet und nicht genug Insulin gespritzt haben soll.

Da die Pädagoginnen bei einem Infoabend zumindest eine mündliche Abfrage zu Vorerkrankungen der Schüler getätigt und somit etwas unternommen hätten «was in die richtige Richtung geht», so der Vorsitzende Richter, könne sich das positiv auf das zu erwartende Strafmaß auswirken. Bei einer Verurteilung müssen die Frauen mit Geldstrafen und im schlimmsten Fall sogar mit Freiheitsstrafen rechnen. News4teachers / mit Material der dpa

Tod auf Studienfahrt: Aussagen der angeklagten Lehrerinnen gegen Schüler-Aussagen

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8 Kommentare
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dickebank
3 Monate zuvor

Erstmalig wurde jetzt zu Ende der Beweisaufnahme in den Medien erwähnt, dass auf dem Elternabend nach gesundheitlichen Problemen der mitfahrenden SuS gefragt worden war. Selbst wenn Eltern nicht vor der versammelten Mannschaft über die gesundheitlichen Probleme ihres Kindes Informationen preisgeben wollten, war somit doch der Anlass gegeben, diese Informationen der Schule/den verantwortlichen Lehrkräften im Nachgang zukommen zu lassen.

Wo ist die Dienstanweisung in der BASS zu finden, dass diese Informationen und weitere schriftlich abgefragt werden müssen. Auch der Wanderfahrtenerlass gibt diesbezüglich meines Wissens nach nichts her.

Wenn es diese konkrete Vorschrift seitens der Schulbürokratie nicht gibt und auch keine diesbezügliche Weisung der Schulleitung erfolgt ist, kann die mündlich erfolgte Abfrage ja weder ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht noch gegen die ADO gewesen sein. Ich bin auf den Tenor des Urteiles gespannt. Ob mit dem heutigen Urteil die Rechtssache beendet sein dürfte, wage ich zu bezweifeln. Eine der prozessbeteiligten Parteien wird das Urteil vermutlich anfechten wollen.

A.M.
3 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

Bevor Sie hier 85 Likes für den ersten Kommentar bekommen, muss ich widersprechen. Es stimmt definitiv nicht, was Sie in Ihrem ersten Satz behaupten. Diesen Link https://www.medical-tribune.de/meinung-und-dialog/artikel/wer-hat-schuld-am-tod-der-jungen-diabetikerin-emily-auf-klassenfahrt habe ich bereits mindestens einmal gesetzt. Und gemerkt, dass Sachinformationen gegen ausuferndes „pro reo“ nicht ankommen, sofern sie nicht von der Redaktion stammen.

„Daneben bemängelt der Anwalt, dass im Vorfeld – anders als bei Klassenfahrten sonst üblich – keine schriftlichen Erklärungen zu Vorerkrankungen, Allergien etc. von den Eltern eingeholt wurden. Es habe lediglich einen Elternabend gegeben, bei dem als eines von 19 Themen auch „gesundheitliche Besonderheiten“ der mitreisenden Kinder auf der Tagesordnung standen.“

Dieser Abend soll übrigens Monate vor der Reise stattgefunden haben und es wurde nicht festgehalten, wer anwesend war. Dass alle Eltern minderjähriger Schüler an ihm teilnehmen können oder wollen ist unrealistisch, oder?

Kaffeetasse
3 Monate zuvor
Antwortet  A.M.

Relevant dürfte doch sein, ob diese Eltern anwesend waren oder nicht!

Ich hoffe auf eine Anfechtung des Urteils.

dickebank
3 Monate zuvor
Antwortet  Kaffeetasse

Das alleinige Sorgerecht lag bei der Mutter, der Vater hätte nicht einmal an dem Info-Abend in der Schule teilnehmen dürfen, bzw. zu diesem eine Einladung erhalten dürfen.

dickebank
3 Monate zuvor
Antwortet  A.M.

… sonst üblich … und hier liegt doch meine Kritik. Das Einholen dieser Informationen ist nirgends vorgeschrieben. Dass das Einholen in schriftlicher Form zu erfolgen hat, erst recht nicht. Hinzu kommt, dass solche Sprachexkursionen keine Pflichtveranstaltungen sondern optionale Veranstaltungen sind. Die Teilnahme daran ist freiwillig. Die Teilnahme an Klassenfahrten hingegen ist verpflichtend.
Während Klassenfahrten von Klassenleitungen betreut werden, die die mitreisenden Kinder bzw. Jugendlichen der Klasse recht gut und schon einen längeren Zeitraum kennen, werden Exkursionen von Lehrkräften betreut, die von der SL dafür abgestellt werden bzw. die sich freiwillig dafür melden. Diese kennen viele der mitreisenden SuS meist gar nicht aus ihrem eigenen Unterricht und sehen die am Abreisetag zum ersten Mal.

Aus meiner Sicht wäre es die Pflicht der SL die Lehrkräfte, die zur Betreuung der Exkursion abstellt, entsprechend zu informieren. Meiner Meinung nach ist es Aufgabe der Schule den Lehrkräften die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen bzw. die Abfrage der Gesundheits- sowie anderer notwendiger Daten zu organisieren. Solche Exkursionen/Sprachangebote finden ja auf der Grundlage eines von der Schulkonferenz beschlossenen Fahrtenprogrammes statt, für dessen Umsetzung die SL die Verantwortung trägt. Die erforderlichen Maßnahmen muss sie nicht eigenständig durchführen, sie kann die notwendigen Aufgaben selbstverständlich als laufendes Dienstgeschäft auf andere Lehrkräfte übertragen.
Diese arbeiten dann aber wie auch sonst immer weisungsgebunden und nicht im luftleeren Raum.

In 2019 gab es keine verbindliche Regelung in NRW, die die Lehrkräfte zum Einholen der notwendigen Informationen in schriftlicher Form verpflichtet.

dickebank
3 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Danke liebe Redaktion,
das habe ich auch schon bemerkt und den Artikel gelesen.

Schaun wir mal, ob der Prozess mit dem Urteil auch wirklich seinen Abschluss findet oder ob eine der Parteien gegen das Urteil vorgeht. Interessant finde ich ja, dass es das Gericht trotz des Tatvorwurfes bei einer – wenn auch im Fall der älteren Kollegin bei einer höheren – Geldstrafe belässt. Vor allem aber würden mich die disziplinarrechtlichen Folgen für die betroffenen interessieren. Letztere dürften nämlich Auswirkungen auf das Handeln von vielen Lehrkräften, die Exkursionen betreuen müssen, haben.

Christiane
3 Monate zuvor

Unabhängig davon, dass die Lehrerinnen nicht wussten, dass das Mädchen Diabetes hat:
Ich verstehe nicht, warum einer Schülerin der es derart schlecht ging, kein Arzt gerufen wurde. Selbst wenn es nur ein Magen-Darm-Infekt gewesen wäre, sollte apathisches Verhalten doch alarmierend sein.