Boetius: Druck von Trump auf US-Forschung schwächt die Wissenschaft insgesamt

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BREMERHAVEN. Der Angriff der Trump-Regierung auf die freie Wissenschaft könnte auch Folgen über die USA hinaus haben: Tiefseeforscherin Antje Boetius fürchtet Konsequenzen für internationale Projekte.

Hat das Forschungsklima in den USA verändert: US-Präsident Donald Trump. Foto: Shutterstock / Chip Somodevilla

Die Meeresbiologin Antje Boetius sorgt sich um die Zukunft der internationalen Forschung. Der Angriff von US-Präsident Donald Trump auf die Wissenschaft wirke weit über die USA hinaus, sagte die scheidende Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Boetius verlässt Deutschland, um im Mai auf den Posten der Präsidentin des renommierten Monterey Bay Aquarium Research Institute in Kalifornien zu wechseln.

Die Tiefseeforscherin sagte, das deutsche Wissenschaftssystem kooperiere seit vielen Jahrzehnten sehr eng mit dem der USA. In der Polar- und Meeresforschung etwa würden gemeinsame Expeditionen, Programme und Infrastruktur-Netzwerke geplant. «In allen Karrierephasen ist der Austausch hoch. Eine Schwächung der amerikanischen Forschung ist so gesehen also auch eine Schwächung der internationalen Wissenschaft», betonte Boetius.

Nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine seien bereits gemeinsame Projekte mit russischen Forschenden eingefroren worden, auch die Zusammenarbeit mit chinesischen Institutionen stehe ständig auf dem Prüfstand. Nun komme die aktuelle Situation in den USA dazu. Sie mache die Welt der Wissenschaft noch einmal «kleiner und unberechenbarer».

«Weniger Mittel für die Bildung verändern das System»

Boetius ist seit Ende 2017 Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven. Für ihre künftige Forschungsarbeit an dem Institut in den USA fürchte sie keine Einschränkungen, da es ausschließlich durch eine private Stiftung finanziert werde, sagte sie. Auch die Arbeit der Universitäten, mit denen das Institut kooperiere, werde überwiegend privat finanziert.

«Aber natürlich machen sich alle Sorgen um Angriffe auf die Wissenschaft und ihre Strukturen», betonte Boetius. «Auch weniger Mittel für Bildung und für den wissenschaftlichen Nachwuchs verändern das System.»

Gerade der Druck auf die Gesundheits- und Klimaforschung führe möglicherweise direkt zu Nachteilen für Unternehmen und für die Bürgerinnen und Bürger.

Von ihrer neuen Aufgabe in Kalifornien verspricht sich die 58-Jährige mehr Zeit für eigene Forschung. «Dort gelten viel schlankere Prozesse für die Institutsleitung», sagte sie. Von ihrem neuen Einsatzgebiet aus könne sie Tagesfahrten auf dem Gebiet der Tiefseeforschung machen. «Wenige Meilen vor der Küste liegt ein steiler Canyon und drumherum faszinierende Ökosysteme der Tiefsee.»

Bundesforschungsminister wirbt um Wissenschaftler aus den USA

Angesichts der neuen Situation unter der Trump-Regierung hatte Bundesforschungsminister Cem Özdemir in den vergangenen Tagen mehrfach um besorgte Wissenschaftler aus den USA geworben (News4teachers berichtete). Die neue Führung in den USA wolle die Wissenschaft an die enge Kette legen, nehme massiv Entlassungen vor und stelle die Forschungsfreiheit per se infrage, sagte der Grünen-Politiker etwa beim Besuch mehrerer Forschungseinrichtungen im niedersächsischen Braunschweig.

Nach den Schilderungen Özdemirs geht es mittlerweile so weit, dass manche Wissenschaftler sich nicht mehr trauten, von ihrer Arbeitsstelle aus mit ihren Kollegen in der freien Welt zu konferieren. Man könne sich das gar nicht vorstellen, aber das geschehe manchmal von zu Hause aus. In dieser Lage müsse Deutschland ein attraktives Zielland werden, sagte Özdemir. Wenn die besten Hochschulen in den USA bedroht seien, müsse Deutschland deutlich machen, dass die Wissenschaftsfreiheit hier geachtet werde und die klügsten Köpfe herzlich willkommen seien.

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5 Kommentare
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Spirale
1 Monat zuvor

Dann kann sich Cem ja drei Sachen auf seine “Erfolgsliste” schreiben:
Irgendeine Waldreform
Das “wir machen dann doch mal 50% beim Digitalpakt”
Wir werben um Wissenschaftler.

Ganz ehrlich, warum sollten Forscherinnen in ein Land, bei dem Rechtsextreme eine viel zu große Stimme haben und was auch ansonsten durch schlechte Rhetorik eher Ausländerfeindlich wirkt? Klar, in einigen Bereichen sind unsere Universitäten tatsächlich spitze. Aber das wird wohl kaum reichen.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Spirale

Der Cem macht dies ja nur als KV, dafür finde ich die Leistung für einen Bildungsminister nicht gerade dürftig 😉

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

Viellicheicht wäre ja ein kleies Austauschprogramm möglich: Die Forscher*innen kommen nach Europa, dafür schicken wir denen Querdenker*innen. Letztere dürften von Trump und Kennedy Junior begeistert sein 😉

AvL
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Es wird noch sehr viel schlimmer kommen , für die US-Amerikaner.
Donald Trump: “Es ist vorbei!” Folgenschwerer Absturz binnen Wochen nicht mehr aufzuhalten

AvL
1 Monat zuvor
Antwortet  AvL