Nur jede siebte Junglehrkraft fühlt sich gut auf den Schuldienst vorbereitet

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BERLIN. Die Qualität ihrer Ausbildung an der Uni und im Referendariat sehen viele Berliner Lehrkräfte skeptisch. Sie fühlen sich nicht gut genug vorbereitet auf den Job im Klassenzimmer.

Ungut. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Viele junge Lehrerinnen und Lehrer sind mit Studium und Referendariat unzufrieden. Bei einer Studie in Berlin gaben nur 15 Prozent der 132 befragten Lehrkräfte an, sich «gut» oder «eher gut» auf ihre Arbeit in der Schule vorbereitet zu fühlen. Das berichtet der «Spiegel» unter Berufung auf eine Erhebung des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) im Auftrag der Berliner Wissenschaftsverwaltung.

Befragt wurden unter anderem Referendarinnen und Referendare sowie Lehrkräfte im Berufseinstieg. «Dass sich nur etwa jeder siebte Junglehrer gut vorbereitet fühlt, muss man schon als Desaster bezeichnen», sagte der Direktor des Instituts, Dieter Dohmen. Die Themen, in denen sich die Befragten besonders unsicher fühlten, seien Aufgaben wie die Klassenführung, die inhaltliche Jahresplanung oder die Gestaltung von Elterngesprächen.

«Die Hälfte der befragten Berufseinsteigerinnen und -einsteiger hat bereits an Abbruch gedacht», sagte Dohmen. Angesichts des Lehrkräftemangels sei das dramatisch. Er forderte einen Umbau des Lehramtsstudiums zu einem dualen Modell, bei dem Studium und Unterrichten stärker verzahnt werden: «Angehende Lehrkräfte müssen schon während des Studiums Praxiserfahrungen sammeln und dies mit ihrem theoretischen Wissen verknüpfen können.»

Auch die Wissenschaftssenatorin will mehr Praxis im Studium

Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra hat zu der Studie bei der jüngsten Sitzung des Wissenschaftsausschusses im Abgeordnetenhaus Stellung genommen. «Wir wollten der Frage auf den Grund gehen, wie können wir junge Menschen für das Lehramtsstudium gewinnen, sie dann im Studium halten und im Beruf halten», sagte sie zum Ziel der Datenerhebung.

Die Überlegung, Lehramtsstudierenden mehr Praxiserfahrung vor dem an das Studium anschließende Referendariat zu ermöglichen, teilt Czyborra ebenfalls: «Je besser Menschen darauf vorbereitet sind, der Realität, insbesondere der Realität in Berliner Schulen, gegenüberzutreten und damit umzugehen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie diesen Beruf gerne ausüben», sagte sie im Ausschuss.

Unter anderem haben Wissenschafts- und Bildungsverwaltung bereits einen sogenannten Flex-Master für Lehramtsstudierende, die parallel zum Studium an einer Schule arbeiten, angekündigt. Er soll zum Wintersemester 2026/2027 starten. Studium und Unterrichten an der Schule sollen sich damit besser vereinbaren lassen. News4teachers / mit Material der dpa

Lehrkräftemangel hausgemacht? Viele Studierende (besonders in Berlin) brechen ihr Studium ab

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PaPo
3 Monate zuvor

“Angehende Lehrkräfte müssen schon während des Studiums Praxiserfahrungen sammeln und dies mit ihrem theoretischen Wissen verknüpfen können.”

Schön, dann denkt nicht die Hälfte der Berufseinsteiger an Abbruch, sondern bereits der entsprechende Teil der Lehramtstudenten (die das Studium ansonsten bis zum Examen vollzogen hätten). Prima für die Stidenten, die soaren Lebenszeit und können sich frühzeitig umorientieren. Mehr “Junglehrer” bek9mmen wir danit wohl eher nicht…

… gewagter Vorschlag: Arbeitsbedingungen verbessern (s. https://www.news4teachers.de/2022/12/nie-wieder-burnout-der-lehrerberuf-muss-zurueck-zu-seinen-wurzeln-dem-unterrichten-ein-news4teachers-leser-kommentiert/) anyone?!

Unfassbar
3 Monate zuvor
Antwortet  PaPo

Und wenn nicht die Arbeitsbedingungen, die ja absehbar eher noch schlechter als besser werden, dann wenigstens das Geld. Aber das ist auch so eine Sache…

Rainer Zufall
3 Monate zuvor

Ist nur ein unrepräsentativer Ausschnitt einer riesigen Masse, aber mit wurde fortwährend erzählt, dass das Ref schlimm würde – nur übertroffen vom ersten Jahr danach – was in keinem Verhältnis zu dem Folgenden stehen würde…

Ich nahm an, Schulamt wäre so wie das Buch “Löcher” ^^

Ale
3 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Im Vergleich zum Ref war das erste Jahr (21h Unterricht) ein Witz. Das Problem war während des Refs: nur halbe Fahrtkosten zum Seminar wurden übernommen (2 mal die Woche zum Seminar und zurück mit der Bahn, 2h einfach weil nur Nahverkehr => da kam etwas zusammen => Zeit und Geld). Dazu noch teilweise weltfremde Anforderungen von den Fachleitern (und Widerspruch war nicht erwünscht). Wobei ich auch das Gegenteil kennen lernen durfte, eine Fachleiterin die aufgebaut hat wenn etwas nicht wie geplant lief, die uns alles mögliche probieren hat lassen und selbst sich nicht als das Maß aller Dinge gesehen hat. Leider 1 Person von 5 Ausbildern am Seminar.

Unfassbar
3 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Bei Ihnen war nur das erste Jahr hart? Bei mir waren es die ersten drei bis vier. Erst danach hatte ich genug Erfahrung, Routine und Material, damit das Lehrerleben entspannter werden konnte.

Rainer Zufall
3 Monate zuvor
Antwortet  Unfassbar

Da hat jemand Löcher nicht lesen müssen. Ich beneide Sie ein wenig ^^

447
3 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Man kann auch Glück haben mit dem Ref – das dürften allerdings die wenigsten sein, wenn man sich in Lehrerzimmern so umhört.

Irgendwie auch logisch, da die “Seminare” ja die gewollte (herbeifantasierte) Schulwelt und nicht die wirkliche lehren sollen.

Den richtigen Aufprall erleiden wohl eher die, die sich “richtig gut” vorbereitet fühlen.

unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  447

Sind Sie “man” ? Mir bekannte Seminare bezogen sich alle und zwar ausnahmslos auf das, was in der jeweiligen schulinternen Praxis passierte, es gab diesbezüglich regelmäßige Reflektionen insbesondere von sog. Fallbeispielen.

Wundert mich schon sehr, dass Sie da so ganz andere Erfahrungen gemacht zu haben scheinen.

Bla
3 Monate zuvor
Antwortet  unverzagte

Echt? Kenne ich ebenfalls als Ausnahme von Seminaren.
Ansonsten oft absolute Katastrophe.

Unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Bla

Nun ja, vielleicht hab ich Glück gehabt und/oder verkläre in der Rückschau nach dem Motto früher war mehr Lametta… aber nein, schulfremd waren weder Fach noch Hauptseminar… in Echt.

Unverzagte
3 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Anstrengend war es in der Tat, aber bei Weitem nicht so schlimm, wie sein Ruf.
Gruselig erscheint mir eher weiterhin die schonungslose Ausnutzung billiger Fachkräfte unter dem Namen “bedarfsdeckender Unterricht”.

unfassbar
3 Monate zuvor
Antwortet  Unverzagte

Ich fand den bdu ab dem dritten Halbjahr des Referendariats viel besser als die Hospitationen, weil ich keine Lust mehr auf hinten drin sitzen hatte.

Katze
3 Monate zuvor

«Je besser Menschen darauf vorbereitet sind, der Realität, insbesondere der Realität in Berliner Schulen, gegenüberzutreten und damit umzugehen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie diesen Beruf gerne ausüben»
Wie soll den “insbesondere auf die Realität in Berliner Schulen” vorbereitet werden und was heißt damit umzugehen? Wie nennt sich der neue Abschluss zum “damit umgehen und gerne ausüben” – “Master of Desaster Management”?
Der MDisMgt konzentriert sich auf die wichtigsten Fragen der Katastrophenresilienz und der Risikominderung und vermittelt dir die erforderlichen Fähigkeiten, um komplexe Probleme in einem Umfeld mit hohem Druck zu lösen. (Druck ausgehend vom Master – das geht gar nicht an Berliner Schulen – 1. Lektion)
Wer schafft es denn als Lehrer der Realität in Berliner Schulen gegenüberzutreten, ohne dass die eigene physische und psychische Gesundheit zeitnah zertreten wird? Wahrscheinlich das ultimative, fachlich perfekt abgespeckte, von den Segnungen des neuen Normal überzeugte Survival-Animationstalent – dasjenige, welches mit einem Lächeln durch den Unterricht (Nennt man das in Berlin noch so?) stolpert, während es gleichzeitig die Fähigkeit besitzt, in jeder Situation gerne eine beeindruckende für die SuS stressfreie Show zu inszenieren und nicht mit Bekenntnissen zu seiner religiöse Überzeugung sowie zu seiner Geschlechtsidentität zum Stein des Anstoßes wird. Ein echtes Multitalent, das mit einem Augenzwinkern den chaotischen Alltag in baulich maroden Gebäuden mit der heterogenen, z.T. immer verhaltensoriginelleren Schülerschaft und renitenten Eltern meistert, nicht mehr daran glaubt in Schule fachliche Inhalte vermitteln zu müssen und dabei so tut, als wäre alles ganz normal.

DumDiDum
3 Monate zuvor

Es hieß noch vor 10 Jahren im Pädagogikseminar, dass man hier zwar keine Praxis bespreche, aber dafür die lebenswichtige Theorie lernt, um damit die Praxis adäquat reflektieren zu können … ja … also von diesen Bildungstheorien profitiert man noch heute.

dickebank
3 Monate zuvor
Antwortet  DumDiDum

Beißende Realsatire solltest du aber für die Ahnungslosen dazu schreiben:)

Pete
3 Monate zuvor

Wer hätte es gedacht? Zunächst ein theorielastiges Studium und im Anschluss ein Vorbereitungsdienst, der auch Ausbeutungsdienst heißen könnte, bereiten also nicht adäquat auf den Lehrberuf vor?
Ich bin schockiert.

Schrankwand
3 Monate zuvor

Ich glaube, das ist das ewig gleiche Gejammer. Alle Jahre wieder liest man von der angeblich mangelnden Praxis. 2 Jahre Referendariat sind aber viel Praxis !!! Man nutze sie. Lehrjahre sind keine Herrenjahre.

Ich erlebe junge Praxisstudenten/innen, Referendare/innen und Kollegen/innen anders. Kaum, dass sie grüßen, wenn man ihnen im Schulgebäude begegnet, erklären sie uns in Versammlungen, wie sie es gerade an der Uni gelernt haben, wie es richtig gemacht wird. Wir schweigen dann meistens alle betreten oder weil wir nach Hause und nicht lange herumlabern wollen.

Dann kommen sie, sitzen heulend im Lehrerzimmer und wollen unsere Hilfe, weil sie mit schwierigen Kindern nicht klarkommen oder es in ihrem Unterricht drunter und drüber geht. Die Uni-Theorien helfen dann doch nicht so. Praxis ist Kriterium der Wahrheit, sagten schon die großen Philosophen.

dickebank
3 Monate zuvor
Antwortet  Schrankwand

Das haben wir schon immer so gemacht, da kann ja jeder kommen und wo soll das nur enden – die Leitmotive des Berufbeamtentums ab A14.

Siebenfüßler
3 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

Klischee hoch 10. Anders gesagt: Erfahrung ist der beste Koch! Erfahrung sollte man auch mal wertschätzen! Ich stimme der Schrankwand in diesem Sinne gerne zu.

Kolumbus
3 Monate zuvor
Antwortet  Schrankwand

Genau, die Jungen sind oft schneller, aber die Alten kennen die Abkürzung!