MÜNCHEN. Bayern will mit flächendeckenden Tests und anschließenden Sprachkursen dafür sorgen, dass jeder Erstklässler ausreichend gut Deutsch spricht. Nun bringen die ersten landesweiten Testergebnisse Klarheit: Rund 24.000 Kinder im Vorschulalter haben so große Deutsch-Defizite, dass sie nun verpflichtend an Förderkursen teilnehmen müssen. Die sollen für mehr Chancengerechtigkeit sorgen – Kritik an der Umsetzung bleibt.

Fast jedes fünfte angehende Vorschulkind in Bayern benötigt vor seiner Einschulung im September 2026 wegen nicht ausreichender Deutschkenntnisse zwingend zusätzliche Sprachkurse. Insgesamt sind die Kurse damit für rund 24.000 Kinder verpflichtend. Das teilte das Kultusministerium nach Auswertung der ersten landesweiten Sprachtests mit. Die Pflicht gilt damit aber für deutlich weniger Kinder als die Zahl derer, die zuletzt aufgrund Empfehlungen von Kitas schon derartige Kurse besuchten.
Rund 42.300 Kinder nahmen laut Ministerium in den vergangenen Wochen und Monaten an den neu eingeführten sogenannten Sprachstandserhebungen in Bayern teil. Das entspreche in etwa einem Drittel der insgesamt rund 130.000 Kinder, die zum Schuljahr 2026/2027 schulpflichtig werden.
Bei rund 23.800 dieser Kinder habe der Test einen deutlichen Sprachförderbedarf aufgezeigt. Diese müssten nun «in jedem Fall» die zusätzliche Sprachförderung besuchen. Für die betroffenen Kinder sind die Kurse verpflichtend – und umgekehrt haben diese laut Ministerium auch ein Anrecht auf einen Platz.
Kultusministerin: Sprache ist Schlüssel zu Bildungserfolg
«Unser Anspruch muss sein, allen Kindern in Bayern die bestmöglichen Startchancen zu Beginn ihrer Schullaufbahn zu ermöglichen», sagte Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler). Dabei sei die Sprache der Schlüssel zu Bildungserfolg und sozialer Teilhabe. Die neu eingeführten Sprachstandserhebungen seien ein ganz wesentlicher Baustein.
«Aber nicht auf die Erhebungen, sondern auf die Förderung kommt es an. Nachdem wir nun genau wissen, wer unsere Unterstützung benötigt, können wir die Förderung jetzt auch zielgerichtet angehen», kündigte die Kultusministerin an.
Zuletzt schon Kurse für 39.000 Kinder
Das Ministerium geht davon aus, dass ausreichend Kurse angeboten werden können – auch deshalb, weil bislang schon deutlich mehr Kinder die bisherigen «Vorkurse Deutsch 240» besuchten. Zuletzt seien dies 39.000 Kinder gewesen. Denn schon bisher mussten alle staatlich geförderten Kindertagesstätten im vorletzten Kindergartenjahr den Sprachstand der Kleinen erheben und bei Bedarf eine Fördermaßnahme wie den Deutsch-Vorkurs empfehlen. Die 24.000 bei den neuen Tests ermittelten Kinder, für die die Kurse nunmehr verpflichtend sind, sind deshalb so etwas wie die Mindestzahl, mit der geplant werden muss.
CSU und Freie Wähler hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Einführung der verpflichtenden Sprachtests verständigt. Der Landtag hatte das entsprechende Gesetz im vergangenen November beschlossen (News4teachers berichtete). Demnach müssen grundsätzlich alle Kinder rund eineinhalb Jahre vor der Einschulung einen verpflichtenden Sprachtest ablegen – und falls nötig anschließend Deutsch-Vorkurse besuchen. Die Teilnahme am «Sprachscreening» ist auch für Kinder verpflichtend, die nicht in einer Kita sind. Die Pflicht entfällt etwa, wenn eine Kita attestiert, dass ein Kind definitiv keinen Sprachförderbedarf hat.
Stolz räumt anfängliches «Ruckeln» ein
Stolz räumte gewisse Anlaufschwierigkeiten bei den Tests ein. «Wie bei jedem neuen Verfahren hat es bei der Einführung der Sprachstandserhebungen zunächst ein wenig geruckelt», sagte sie und versprach: «Hier analysieren wir gerade ganz intensiv und werden dann entsprechend nachbessern.» News4teachers / mit Material der dpa
Sprachtest-Chaos belastet Lehrkräfte und Sprachförderung (Land zeigt, wie es nicht geht)
Warum hat nur 1/3 der Kinder teilgenommen?
Wer macht die Tests? Wie wird das entlastet?
Warum hat das bisherige Urteil der Erzieher:innen nicht ausgereicht?
Warum sind es nun weniger Kinder als zuvor?
Wer macht den Vorkurs? Wer hat es bisher gemacht?
Warum ändert man etwas, wenn man ein breites Screening und eine Förderung für mehr Kinder hat?
Zur ersten Frage: “Die Pflicht entfällt etwa, wenn eine Kita attestiert, dass ein Kind definitiv keinen Sprachförderbedarf hat.” (s.o.)
Ist doch aber merkwürdig, dass es dann zusätzlich einen Test braucht, bei dem am Ende herauskommt, dass weniger Kinder Förderung benötigen, weil die Einschätzung der Erzieher:innen plötzlich nicht mehr ausreicht.
Außerdem haben danach 2/3 keinen Bedarf, von dem verbleibenden Drittel fällt nur noch jedes 5. Kind auf.
Welche Förderung bekommen die anderen 4/5, die von den Erzieher:innen nicht vom Test befreit wurden, aber auch nicht zu denen gehören, die zur Sprachförderung verpflichtet werden?
In Hamburg führen Lehrer*innen die Tests an einem Samstagvormittag durch. Dafür gibt es einen entsprechenden Freizeitausgleich. Oder bezieht sich die Frage darauf, wer den Test konzipiert ?
Was ist der Freizeitausgleich?
Die Lehrkräfte bekommen einen freien Unterrichtstag oder sie müssen ohne Arbeitszeiterhebung selbst sehen, wie sie auf die 40h-Woche kommen?
Freier Unterrichtstag.
Nicht alle 4,5 jährigen besuchen eine Kita, Vorschule oder ähnliches, so gesehen gibts kein bisheriges Urteil von Erzieher*innen. Bisher lag mir auch kein entsprechendes Urteil vor bzw. wusste ich bis eben nicht, dass es sowas gibt.
Im Vergleich zum Schönreden jahrzehntelanger Versäumnisse ist “Ruckeln” doch fast erfreulich.
Bitte weiter so und mehr davon!