MÜNCHEN. Kinder sollen vor der Einschulung besser Deutsch lernen. Darauf zielt ein neues Gesetz der bayerischen Staatsregierung, das verpflichtende Sprachtests in den Kitas vorsieht. Die GEW kritisiert, dass mehr Tests allein nichts bringen – und wundert sich, dass das Verfahren noch gar nicht entwickelt ist. Dabei sollen die Verfahren schon im nächsten Jahr anlaufen. Womöglich würde ein Blick in andere Bundesländer helfen. Nordrhein-Westfalen zum Beispiel ist da schon weiter.
Nun ist es fix: In Bayern müssen künftig grundsätzlich alle Kinder vor der Einschulung einen verpflichtenden Sprachtest ablegen – und falls nötig anschließend Deutsch-Vorkurse besuchen. Das hat der Landtag nun mit der Koalitionsmehrheit von CSU und Freien Wählern beschlossen und damit einen Gesetzentwurf der Staatsregierung gebilligt. Eine Pflicht zur Teilnahme an den Sprachtests besteht dem neuen Gesetz zufolge nur dann nicht, wenn eine Kita attestiert, dass ein Kind keinen Sprachförderbedarf hat.
CSU und Freie Wähler hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Einführung der verpflichtenden Sprachtests verständigt. Die «Sprachstandserhebungen» sollen erstmals bei den Kindern in Bayern angewendet werden, die im September 2026 in die Schule kommen.
Zu Beginn des kommenden Jahres sollen die Eltern der betreffenden Kinder ein Schreiben mit allen wesentlichen Informationen bekommen. Alle Kinder im vorletzten Kita-Jahr sollen dann auf ihre Sprachkenntnisse getestet werden – und bei Defiziten anschließend eine Kita mit einem integriertem Vorkurs Deutsch besuchen. Kinder, deren Deutschkenntnisse dann am Ende dennoch nicht ausreichend sind, sollen von der Einschulung zurückgestellt werden.
„Es fehlt an allen Ecken und Enden qualifiziertes Fachpersonal, um die Kinder entsprechend zu fördern“
Um die geplanten Sprachtests vor der Einschulung hatte es in den vergangenen Monaten viel Streit gegeben. Die Opposition kritisierte das Vorhaben als nicht ausgereift, zudem gebe es für die Deutsch-Kurse zu wenig Geld und Personal. Die Staatsregierung wies dies zurück.
Kein Kind werde mit dem Gesetz besser Deutsch lernen, kritisierte die Opposition auch in der abschließenden Landtagsdebatte. Völlig unklar bleibe dagegen, wie die zusätzliche Förderung aussehen solle – es gebe keine zusätzlichen personellen Ressourcen für Kitas und Schulen. Schon in den vergangenen Jahren seien viele Deutsch-Vorkurse ausgefallen.
In die gleiche Kerbe schlug die GEW bereits vor der Verabschiedung des Gesetzes. „Es ist absurd und viel zu überhastet, dass man jetzt ein Gesetz verabschieden möchte, mit dem man bereits Anfang 2025 die Sprache kleiner Kinder testen will, obwohl das Testverfahren noch nicht einmal entwickelt und evaluiert wurde. So kann man nicht vorgehen, das lässt jede Professionalität vermissen“, erklärte Florian Kohl, stellvertretender Vorsitzender der GEW in Bayern, vor vier Wochen.
Tatsächlich verwundert es, dass es diesbezüglich offenbar keine Kommunikation zwischen den Bundesländern gibt: Nordrhein-Westfalen zum Beispiel hat mit Schuljahresbeginn einen großangelegten Testlauf mit einem Screening-Verfahren gestartet, das Grundschulen nutzen sollen, um bei Kindern bei den ohnehin fälligen Vorstellungsterminen Monate vor der Einschulung unter anderem den Sprachstand zu erheben. Dem Testlauf war ein offensichtlich erfolgreiches Modellprojekt in der Stadt Hagen vorausgegangen (News4teachers berichtete).
Die GEW Bayern habe in der Anhörung zum Gesetzentwurf bereits fachlich detailliert ihre Ablehnung begründet. Hilger Uhlenbrock, Sprecher der Landesfachgruppe Sozialpädagogische Berufe und Landesvorstandsmitglied, stellte klar: „Man will mit diesem Gesetz die Kinder “erwischen”, die eben keine Kita besuchen, weil klar ist, dass das darauffolgende Schulsystem mit Heterogenität nicht umgehen kann. Selektion statt Inklusion, das ist der Tenor. Aus welchen Gründen die Kinder keine Kita besuchen, fragt man sich nicht. Vielleicht liegt es auch daran, dass in Bayern 70.000 Kitaplätze fehlen? Anstatt jetzt Symbolpolitik zu betreiben, sollte man sich schnellstmöglich darum kümmern, dass die Erfassungssysteme wie beispielweise die U-Untersuchungen funktionieren und Familien möglichst frühzeitig notwendige Unterstützungen bekommen, das Recht auf den Kitaplatz auch realisierbar wird und Kitas frühkindliche Bildungsstätten mit attraktiven Arbeitsbedingungen werden – denn das sind sie derzeit nicht.“
Dazu kommt, so Florian Kohl, der Fachkräftemangel in den Einrichtungen. Er betonte: „Wir haben in den Kitas kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Personalproblem. Es fehlt an allen Ecken und Enden qualifiziertes Fachpersonal, um die Kinder entsprechend zu fördern.“ News4teachers / mit Material der dpa
Land testet Verfahren, um Sprachstand von Kindern systematisch digital zu erheben
In anderen Bundesländern (z.B. Berlin) gibt’s doch soIche Sprachtests, wieso muss jedes Land eigene “entwickeln” ?
… wegen des Föderalismus? … oder Beschäftigungstherapie für Bildungswissenschaftler? Ich verstehe es auch nicht. Da wird wieder einmal unnötig Geld und Potential verschwendet, weil jeder das Rad neu erfinden will.
Das ist die Krux am Föderalismus. Jedes Ministerium braucht seine Daseinsberechtigung – sie sehen sich eher als Konkurrenz. Daher erfindet jedes Bundesland das Rad immer neu….das sollte echt mal reguliert werden, das ist echt Steuerverschwendung, wo doch alle jammern, dass kein Geld da sei (Kopfschütteln)
Ein altbekannter politischer Move. Taucht ein Problem auf: Testen. Und dann? Weiß keine Sau. Irgendwas halt. Natürlich unausgegoren. Eklig finde ich hier den rechten Drall. Für mich wird immer auch suggeriert: Die Migranten überlasten unser Bildungssystem. Tun sie gar nicht. Ist eh schon überbelastet. Mit tausend anderen Problemen,die verleugnet und nicht angegangen werden. Im Übrigen fällt mir auf,dass die Sprachkompetenz der Deutsch-Muttersprachler in unseren Schulen immer weiter abnimmt. Und am schädlichsten für Schule sind immer die politischen Ideologen. Leute,die in Parteibüchern und Boulevardmedien nachschauen,was gute Bildung ist. Anstatt die Pädagogik zu fragen…
„Für mich wird immer auch suggeriert: Die Migranten überlasten unser Bildungssystem.“
Helfen Sie mir: Wo steht das im Artikel oder wo wird das durch das beschriebene Verfahren suggeriert?
Bei rechten Populisten wie Söder.und seiner CDU muss man bloß zwischen den Zeilen lesen. Oder anders gesagt: Alles,was auch eine AFD beklatschen würde, ist verdächtig. 😉
Ist in Baden Württemberg nicht so ziemlich die gleiche Verfahrensweise geplant wie in Bayern? Was halten von Aussagen wie in SH oder ST, dass z.B. der steigende Migrantenanteil Schuld an den übermäßig hohen Quoten der Schüler ohne Abschluss wären?
Ich hatte beim Durchlesen den Eindruck, dass vorgesehen ist, dass alle Kinder die Sprache unseres Bildungssystems, also Deutsch, verstehen können müssen.
Es gibt auch Kinder ohne ausländische Wurzeln, die Sprach- und Hörprobleme haben und die nicht in der Lage sind, einer altersgemäßen Anleitung zu folgen.
Ich finde es gut, wenn alle Kinder spätestens ein Jahr vor der Einschulung getestet werden, damit herausgefunden werden kann, ob eine bestimmte Förderung vorher notwendig ist. Die Kinder werden sonst schon in der ersten Klasse frustriert, weil sie nicht erfolgreich am Unterricht teilnehmen können.
Es sollten alle Kinder, nicht nur die mit Kita- Platz, getestet werden.
Das ist nicht „rassistisch“, das ist kindgerecht.
Es ist auch ohne rassistische Hintergedanken klar, dass Kinder, die aus anderen Ländern mit anderen Sprachen zu uns gekommen sind und die noch nicht lange bei uns wohnen, mit ihrer neuen Sprache Deutsch im Unterricht der ersten Klasse überfordert sein können, auch wenn sie sehr intelligent sind. Das würde jedem von uns im sprachlich weit entfernten Ausland genauso gehen.
Woher allerdings die Teststellen, die Tests an sich und die sprachliche, medizinische und/oder sozial- emotionale Förderung für die Fünfjährigen herkommen soll, weiss ich leider auch nicht.
“Kinder sollen vor der Einschulung besser Deutsch lernen.” Was ist mit denen, die im Alter von 10 bis 14 Jahren ganz ohne Deutsch-Kenntnisse nach Deutschland kommen? Eine Stunde DaZ pro Woche und Stuhl dazustellen?
Bei uns gibts nur den Stuhl, DaZ fällt aus, weil die Kollegin permanent in Vertretungsunterricht ist.
.. und dann gibt es Kinder, die NIE beschult wurden und altersgerecht in die 7 (oder so) kommen. Woher sollen die Grundvoraussetzungen lesen, schreiben, rechnen herkommen?
Auf FöStatus testen, obwohl der offensichtlich vorliegt? Fehlanzeige. Erst Deutsch lernen (ein FöKind?) und dann ist die Altersgrenze überschritten.
Hausgemacht: Produktion von Sozialfällen.
Ganz schwieriges Thema! Niemand weiß, wie man diese Kinder beschulen soll, kann, muss. Es greift die Schulpflicht sobald diese Kinder in Deutschland leben und dann interessiert es niemanden mehr, wie man das bewerkstelligen kann….
Manche meinen, diese Kinder müssten in die Grundschule, verkennen aber, dass diese Altersgefälle den Schulfrieden sprengt. Grundschulen sind darauf nicht eingerichtet.
Vermutlich liegt die Lösung in der Mitte. IK-Klassen an allen Schulen, die auf solche Kinder eingerichtet sind…..
Das Problem würde organisatorisch behoben,
wenn man fachliches Sitzen bleiben über die Schulformen hinweg, die Studiengänge der Unis und HAWen einschließend, einführt.
Will sagen: Wenn Kompetenzen oder (nur) Fachwissen zum Erlangen eines Abschlusses nötig sind, dann solle man die Möglichkeit schaffen, unabhängig von anderen Fachlichkeiten die fehlende ggf etwas später nachzuholen.
Natürlicherweise kann man einen 14 Jährigen weder unterrichten noch erziehen wie eine halb so alte Person.
Aber ein Konzept der selbstbestimmten Erwachsenenbildung für Minderjährige,
die aus beliebigen Gründen grundlegende Kompetenzen oder Fachwissen nicht erworben haben, aus zurollen – scheint auch nicht sinnvoll.
Test => Test-Ergebnis
=> Ressourcen-Bindung zur Behandlung der “durchgefallenen Personen”.
1) Einschulungstest => Ressourcen zum Erreichen einer “Start-Linie” (Vorschule)
2) Studien-/Ausbildungsvortest => Ressourcen zum Erreichen der nächsten “Start-Linie” (Berufskolleg bzw Studienkolleg)
Das ganze Rumgesteste bringt nur die Information, dass es viele Personen gibt,
die leider in unserem Bildungssystem abgehängt werden; aber es liefert nicht die Ressourcen, die es bräuchte um der Ursache oder zumindest “der Auswirkungen Herr” zu werden.
Konsequentes Handeln, wird’s vermutlich demnächst in allen Bundesländern geben: Wer Inklusionsklassen aufmacht und Förderschulen schließt, ohne Konzepte und Personal für die Umsetzung bereitzustellen, der verordnet auch Sprachstandstestung und Sprachförderung für Vorschulkinder, ohne Konzepte und Personal für die Umsetzung bereitzustellen.
Ich halte sowohl Inklusion als auch Sprachstandstestung/Sprachförderung für absolut sinnvoll, aber durch die politisch vorgesehene/realisierte Ausgestaltung von vornherein für zum Scheitern verurteilt.
Ja, es gibt kreative Lösungen einzelner Schulen. Wir haben alles zusammengekratzt und bieten seit letztem Jahr vorschulisches Schulkindtraining an. Wir erhoffen uns davon, dass Kinder Vorläuferfähigkeiten so trainieren, dass sie zumindest eine kleine Chance haben, im ersten Schuljahr mitzuhalten. Wir weiten unseren Versuch nun zeitlich aus….und Gott sei Dank sind wir jetzt auch im Startchancenprogramm dabei, sodass wir Personal einkaufen können….also demnächst….also hoffentlich….
Wenn ich etwas teste, muss ich auch einen Plan haben, was danach geschieht.
In NRW gibt es seit ewig vielen Jahren den Delfin-Sprachtest zwei Jahre vor Einschulung. Getestet werden Kinder, die in keine Kita gehen, für die anderen Kinder entscheiden die Erzieherinnen.
Kinder werden kann zu Sprachförderung verpflichtet, Personal wird dafür bereitgestellt. Das Problem ist, es wird nicht nachgehalten. Wenn Eltern ihre Kinder von der Sprachförderung fernhalten, hat das überhaupt keine Konsequenzen….und genau an dieser Stelle muss sich etwas ändern!
Das gab es in NDS, die Sprachförderung war verpflichtend, das Schulgesetz so verändert, dass es als Schulpflichtverletzung galt, wenn Kinder unentschuldigt fehlten – mit entsprechenden Konsequenzen.
Aber NDS hat die Sprachförderung durch Lehrkräfte gestrichen, jetzt sollen es Erzieher:innen leisten.
Und damit ist leider auch die verpflichtende Seite gestrichen….tja….
Aber in NDS gibt es immerhin noch Vorschulkindergärten, die wirklich was bringen….wir haben ein Kind, dass dieses Jahr genossen hat und sind schwer angetan….
„Alle Kinder im vorletzten Kita-Jahr sollen dann auf ihre Sprachkenntnisse getestet werden – und bei Defiziten anschließend eine Kita mit einem integriertem Vorkurs Deutsch besuchen.“ Ernsthaft? Die Zwerge müssen zwangsweise die KiTa wechseln? Wie wäre es mal, jede KiTa personell so auszustatten, dass in jeder entsprechende Kurse angeboten werden können?
Das gab es doch alles schon. Dann wurde festgestellt, dass Förderbedarf da ist, und dann gab es niemanden, der die Förderung übernehmen konnte. In den Kitas ist das momentan sicher nicht zu leisten.
Ich frag mich wofür. Fragt doch einfach die Erzieher*innen… aber ist ja zu einfach.