Krankgeschriebener Lehrer in Kochshows – gibt es doch ein “systemisches Problem”?

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DÜSSELDORF. Ein Lehrer nimmt trotz Krankschreibung an Kochshows teil – und gewinnt sogar. Die Schulministerin warnt vor einem Generalverdacht gegen krankgeschriebene Lehrer. Die Opposition will Aufklärung darüber, ob er die Einkünfte angegeben hat. Die große Frage dahinter lautet aber: Gibt es womöglich doch ein systemisches Problem in der Schulaufsicht des Landes Nordrhein-Westfalen? Die Ministerin will die Abläufe dort nun «optimieren». 

Ab wann wird aus Einzelfällen ein “systemisches Problem”? Illustration: Shutterstock

Im Fall um einen krankgeschriebenen Lehrer, der an zwei Kochshows teilgenommen haben soll, will die Opposition im Landtag NRW Details zu seinem Preisgeld wissen. Der Mann hatte eine der Shows gewonnen und müsste damit laut der FDP-Abgeordneten Franziska Müller-Rech 3.000 Euro kassiert haben. Die Liberalen wollen wissen, ob der Beamte das als Einkunft aus einer Nebentätigkeit angemeldet hat.

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) ging am Mittwoch im Schulausschuss des Landtags auf die konkrete Frage nicht ein und verwies auf das laufende Disziplinarverfahren gegen den Lehrer. Dort werde von der Bezirksregierung Köln alles geklärt. Die Schulministerin betonte mehrfach, dass man aus Einzelfällen keinen Generalverdacht ableiten dürfe: «Dadurch entstehen Misstrauen und Denunziantentum.»

Dienstordnung soll «im Hinblick auf Amtsarzt-Untersuchungen» geändert werden

Feller sagte aber auch, dass die Landesregierung aktuell mit den zuständigen Bezirksregierungen überprüfe, wie man die Arbeitsabläufe optimieren könne. Unter anderem werde man «in Kürze» die allgemeine Dienstordnung im Hinblick auf Amtsarzt-Untersuchungen um eine «Klarstellung zum Verfahren ergänzen, damit alle Bezirksregierungen nach den gleichen Maßstäben handeln».

Die SPD forderte, Feller müsse diese Maßnahmen nun «mit Nachdruck» verfolgen: «Natürlich lassen sich Einzelfälle nie vollständig verhindern. Aber die Ministerin muss proaktiv damit umgehen und gegensteuern, um so das Ansehen der Vielen dadurch nicht in Misskredit geraten zu lassen», sagte die Abgeordnete Dilek Engin.

Claudia Schlottmann von der CDU mahnte: «Auch wir haben keine Akzeptanz dafür, wenn einzelne ihre Privilegien als Beamte ausnutzen – aber ein einzelner Vorfall darf nicht dazu führen, dass ganze Berufsgruppen unter Generalverdacht geraten.»

«Im Moment unterrichte ich mehr Englisch, weil es mehr gebraucht wird»

Der Lehrer aus Köln soll während einer mehr als ein Jahr andauernden Krankschreibung bei insgesamt zwei Kochshows mitgewirkt haben: laut Nachrichtenportal t-online.de bei «Das perfekte Dinner» im Sender Vox und in der ZDF-Sendung «Die Küchenschlacht». Bei Vox servierte er ein Menü unter dem Motto: «Eine romantische Reise durch Eurasien». Serviert wurden unter anderem Rinderfilet und die libanesische Speise «Baba Ghanoush». Die Lehrkraft damals: «Sieht aus wie ein Blutbad.» Dennoch reichte es zum Sieg.

«Ich bin Lehrer am Gymnasium, unterrichte Englisch und Geografie. Im Moment unterrichte ich mehr Englisch, weil es mehr gebraucht wird», sagte der Lehrer bei seinem Vox-Auftritt im Vorjahr. Das Problem: Laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) war der Mann damals krankgeschrieben. Die zuständige Bezirksregierung Köln hatte der dpa bestätigt, dass sie ein Disziplinarverfahren gegen den Mann eingeleitet hat. Details nannte die Behörde aus personalrechtlichen Gründen nicht.

Der Fall des kochenden Lehrers sorgte auch deshalb für Aufsehen, weil er kurz nach der 16-jährigen Krankschreibung einer Lehrerin aus dem Ruhrgebiet publik wurde. Die Frau hatte sich vor Gericht gegen einen Besuch beim Amtsarzt gewehrt, wodurch die Sache überhaupt bekannt wurde. Feller erklärte mit Blick auf diesen Fall, es handele sich um das Fehlverhalten einzelner Personen. Ein «systemisches Problem» könne sie aber nicht erkennen.

Kurz darauf wurde der Fall eines Schulleiters bekannt, der seit fünf Jahren krankgeschrieben ist – und in dieser Zeit auch noch an eine weitere Schule abgeordnet wurde, sodass er trotz Abwesenheit offiziell gleich zwei Leistungsposten besetzte. News4teachers / mit Material der dpa

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Nanu
2 Stunden zuvor

Ja, es ist ein systemisches Problem. Das liegt an dieser unbegrenzten Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle bei Beamten. Und das sind sogenannte Mitnahmeeffekte, wie es sie überall gibt – auch beim Bürgergeld, auch bei den Coronahilfen seinerzeit… überall… deshalb muss man das aber nicht schönreden oder kleinreden, sondern etwas dagegen tun.