KÖLN. Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist nicht nur eine Frage des individuellen Wohlbefindens – sie hat auch eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die Kölner Forscherinnen und Forscher schlagen Alarm: Immer mehr Schülerinnen und Schüler leiden unter Ängsten, Depressionen und psychosomatischen Beschwerden – mit gravierenden Folgen für Bildung, Arbeitsmarkt und öffentliche Haushalte.

„Psychische Belastungen während der Schulzeit stellen einen bislang noch wenig beachteten Risikofaktor dar“, schreiben die Autorinnen und Autoren Dr. Christina Anger, Julia Betz und Dr. Wido Geis-Thöne. Sie fordern eine nationale Strategie, die Bildung, Gesundheit und Familienpolitik miteinander verzahnt, um die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu stärken.
Mehr Ängste, mehr Einsamkeit, mehr Krisen
Nach Analysen des IW hat die Corona-Pandemie die psychische Gesundheit junger Menschen massiv beeinträchtigt – und viele Belastungen sind bis heute nicht abgeklungen. In der repräsentativen CoPsy-Längsschnittstudie (UKE Hamburg-Eppendorf) zeigen aktuelle Daten: Noch immer fühlen sich 21 Prozent der Kinder und Jugendlichen „manchmal“, „oft“ oder „immer“ einsam – vor der Pandemie waren es 14 Prozent. Besonders betroffen seien Mädchen. „Mit dem Ende der Pandemie sorgen sich die Kinder und Jugendlichen vermehrt um andere globale Krisen“, heißt es in der IW-Studie. Die Sorgen um Kriege, Klimakrise und wirtschaftliche Unsicherheit nähmen stetig zu.
Auch das Deutsche Schulbarometer der Robert Bosch Stiftung, auf das sich die IW-Forscher berufen, zeigt ein besorgniserregendes Bild: 21 Prozent der 8- bis 17-Jährigen schätzen sich selbst als psychisch auffällig ein, mehr als ein Viertel bewertet die eigene Lebensqualität als gering. Fast 40 Prozent sorgen sich „oft“ oder „sehr oft“ über Kriege auf der Welt – und viele auch um ihre schulischen Leistungen oder ihre Zukunft.
Hinzu kommen laut dem DAK-Präventionsradar (Schuljahr 2024/25) psychosomatische Beschwerden, Schlafstörungen und Erschöpfung: „Ein Drittel aller Befragten leidet unter Einsamkeit, 17 Prozent zeigen depressive Symptome – Mädchen deutlich häufiger als Jungen“, heißt es in der Studie. Besonders stark betroffen seien Kinder aus sozial schwachen Familien.
Familie, Mobbing, Medien: Die größten Risikofaktoren
Die IW-Autorinnen und -Autoren haben untersucht, woher diese psychischen Belastungen kommen – und benennen vor allem drei Risikofaktoren: familiäre Konflikte, Mobbing und übermäßiger Medienkonsum.
„Die größte Bedeutung maßen Psychotherapeutinnen und -therapeuten familiären Konflikten und psychischen Krankheiten in der Familie bei“, so das Ergebnis des Monitors Bildung und Psychische Gesundheit (BiPsy) aus dem Jahr 2024. Diese Befunde decken sich mit älteren Daten aus der BELLA-Studie: Konflikte in der Familie, elterliche Belastungen und beengter Wohnraum erhöhen das Risiko psychischer Auffälligkeiten deutlich. Finanzielle Armut allein spiele dagegen eine geringere Rolle – entscheidender sei das „stärker konfliktbelastete Zusammenleben in den Familien“.
Auch Mobbing gilt als wachsendes Problem: Laut DAK wird inzwischen jedes siebte Kind regelmäßig gemobbt, bei Jugendlichen aus sozial schwachen Familien sogar jeder fünfte. „Besonders problematisch ist es, wenn sowohl im familiären als auch im schulischen Umfeld Konflikte auftreten“, warnt die IW-Studie – dann fehlten „Räume, um sich zu erholen“.
Der digitale Medienkonsum sei ein weiterer Risikofaktor. „Dabei handelt es sich um ein relativ neues Phänomen“, heißt es im IW-Bericht. Smartphones, Social Media und Video-Streaming seien heute allgegenwärtig – „es gibt noch keine Erwachsenengeneration, bei der sich die Folgen eines übermäßigen Konsums des heutigen Medienangebots von (früher) Kindheit an beobachten ließe“. Fast 70 Prozent der 12- bis 13-Jährigen nehmen laut KIM-Studie ihr Smartphone mit ins Bett, und mehr als die Hälfte der Eltern kontrolliert die Bildschirmzeit ihrer Kinder nicht. Das könne gefährlich werden, mahnt das IW, verweist aber auch auf Chancen: So könnten digitale Medien Jugendlichen in besonderen Lebenssituationen, etwa bei Fragen der Identität, auch sozialen Halt bieten.
Wenn Schule krank macht – und Krankheit zum Schulabbruch führt
Besonders eindrücklich zeigt der Bericht die langfristigen Folgen psychischer Belastungen. „Wie sich die psychische Gesundheit in Kindheit und Jugend entwickelt, kann langfristig sehr weitreichende ökonomische Folgen haben“, schreiben die IW-Forscher. Bereits heute verursachten psychische Erkrankungen direkte Gesundheitskosten von 56,4 Milliarden Euro jährlich – die Gesamtkosten lägen bei rund 147 Milliarden Euro, fast fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Psychische Auffälligkeiten haben laut IW einen klaren Zusammenhang mit Schulabbruch, Ausbildungsabbruch und späteren Erwerbsausfällen. Zahlreiche internationale Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche mit Depressionen oder Angststörungen häufiger fehlen, schlechtere Leistungen erzielen und die Schule häufiger abbrechen. Schülerinnen und Schüler, die unter psychischen Problemen leiden, haben ein bis zu dreimal höheres Risiko, die Schule abzubrechen, so die Studie unter Verweis auf internationale Meta-Analysen.
In Deutschland fehle es bislang an vergleichbaren Untersuchungen – doch die Zusammenhänge seien offenkundig. „Psychische Belastungen bei Schülerinnen und Schülern können gravierende Auswirkungen auf ihre weitere Bildungskarriere sowie für den Übergang in den Arbeitsmarkt haben“, heißt es im Report.
„Zwei Drittel der jungen Erwerbsminderungsrenten beruhen auf psychischen Beeinträchtigungen“
Auch nach dem Schulabschluss wirken psychische Probleme fort. „Gelingt es jungen Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen nicht, eine Ausbildung aufzunehmen oder abzuschließen, geraten sie leicht in einen Teufelskreis aus Arbeitslosigkeit, Transferabhängigkeit und sozialer Isolation“, warnt das IW.
Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung entfallen 43,3 Prozent aller Erwerbsminderungsrenten auf psychische Erkrankungen – bei den unter 30-Jährigen sogar 65,7 Prozent. Das sei, so das IW, „ein alarmierendes Bild“: „Damit sind psychische Störungen im Kindesalter Schrittmacher für Störungen im Erwachsenenalter.“ Rund die Hälfte aller psychischen Erkrankungen trete vor dem 15. Lebensjahr auf, drei Viertel vor dem 25. Geburtstag.
IW fordert: Nationale Strategie und mehr Prävention an Schulen
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IW ziehen ein klares Fazit: „Es ist dringend geboten, die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stärker in den Blick zu nehmen – nicht nur aus medizinischer und sozialer, sondern auch aus ökonomischer Perspektive.“
Sie fordern ein regelmäßiges Monitoring der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, vergleichbar mit dem Gesundheitsbarometer für Erwachsene, um Trends zu erkennen und Kapazitäten besser zu planen. Die Ausbildung von Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen müsse ausgebaut werden – ebenso wie die Schulsozialarbeit. Schulen sollten, so das IW, stärker als bisher „auch Sozialisationsinstanzen“ sein.
Besonders wichtig sei die Stärkung von Familien: „Wichtig sind evidenzbasierte Präventionsprogramme, die niedrigschwellig Unterstützung anbieten“, heißt es im Bericht. Studien zeigten, dass Programme wie „Gesund und Glücklich Aufwachsen“ (GuG-Auf) die Häufigkeit psychischer Erkrankungen bei Kindern von depressiven Eltern signifikant senken könnten. Doch viele Familien scheuten sich aus Scham, an solchen Angeboten teilzunehmen.
Am Ende steht eine politische Forderung: „Deutschland braucht eine nationale Strategie zur Stärkung der mentalen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“, schreiben die IW-Forscher. Gesundheit und Bildung müssten verknüpft, Prävention gestärkt und die Politik ressortübergreifend denken. „Die Bemühungen und gezielten Investitionen sollten in einer nationalen Strategie zur Förderung der mentalen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen eingebettet werden.“ News4teachers
Hier lässt sich die vollständige Studie herunterladen.









Bitte die Überschrift nochmal überdenken:”krank im Kopf” klingt für mich doch recht abwertend
Die Überschrift soll aufrütteln – weil es tatsächlich auch darum geht: psychische Erkrankungen. Herzliche Grüße Die Redaktion
Psychische Erkrankungen manifestieren, entstehen im Kopf?
Ich dachte immer, sie entstünden in der Seele …..
Es ist dennoch eine fragwürdig gewählte Formulierung in Anbetracht der Tatsache, dass psychische Erkrankungen heute weiterhin, im Vergleich zu somatischen Erkrankungen, stigmatisiert werden. Das hat nichts mit “aufrütteln” zu tun.
Ich kann die Redaktion und auch Sie völlig verstehen und nachvollziehen in der Argumentation. Es ist auf der anderen Seite jedoch ein Fakt, dass es immer mehr SuS gibt, die das eine oder andere oder sogar mehrere psychologische Probleme mit sich herumtragen. Diese Probleme sind behandlungswürdig keine Frage, ABER wie so muss die Schule schon wieder die Welt retten?
Evtl. wäre es mal angebracht an der gesamtgesellschaftlichen Situation etwas zu ändern und nicht immer alle Probleme der Gesellschaft in der Schule lösen zu lassen. Die Lehrkräfte sind in den wenigsten Fällen ausgebildete Psychotherapeuten (nur die dürfen Therapien durchführen), das sollte der Club der Vergoldeten Elfenbeintürme doch wohl inzwischen Begriffen haben (Wunschdenken, aber hoffen/träumen darf man ja mal).
Ich mache seit gut 4 Jahren regelmäßig in meinem Unterricht der Religionslehre einen kleinen Abschnitt zum “Umgang mit belastenden Situationen” (6 oder 9 Klasse und bei Bedarf in jeder anderen Jahrgangsstufe) entsprechend der SuS angepasst. Das wichtige psychosoziale Netz wird von vielen Seiten her angegriffen und zerlegt, insbesondere von den Verpflichtungen im Job, die bei vielen Erwachsenen mit einer Angst des Ersetzt-werdens durch KI einhergeht. Vereine, die sonst eine recht große Rolle gespielt haben, werden immer weniger von den SuS oder ihren Eltern besucht.
Sollte es zu einem entsprechenden Fall kommen, sollten wir unsere Psychotherapeuten hegen und pflegen, damit sie nicht selbst zu einem Fall für die Kollegen werden, weit weg scheinen wir ja nicht davon zu sein.
Ist das jetzt als Anerkennung bestehender Probleme zu werten oder wieder ungerechtfertigte Pathologisierung?
Zum Einen wird seitens einzelner Bildungsforscher behauptet, dass die Zunahme sonderpädagogischer Förderungsbedarfe (emotional-soziale Probleme gehören in dieses Spektrum) lediglich dem Pathologisierungswahn inklusionsablehnenender Lehrkräfte geschuldet wäre, andererseits lesen wir solche Artikel.
Vielleicht sollten sich die einzelnen Forschungszweige mal diesbezüglich austauschen?
Weniger freie Zeit durch Ganztag und unsichere Zukunftsaussichten durch KI und Lohndrückerei belasten natürlich.
„Zahlreiche internationale Studien zeigen, dass Kinder und Jugendliche mit Depressionen oder Angststörungen häufiger fehlen, schlechtere Leistungen erzielen und die Schule häufiger abzubrechen“
Ja selbstverständlich. Sie sind krank. Auch Erwachsene mit Depressionen und Angststörungen fehlen an ihren Arbeitsplätzen. Von jungen Menschen wird erwartet, dass sie, egal woran sie erkrankt oder womit sie behindert sind, zur Schule gehen.
Viele können erst am Ende der Schulpflicht und ihrem ständigen Druck, egal in welchem Zustand in der Schule Leistung bringen zu müssen, sich endlich um ihre Gesundheit kümmern und krank sein.
Depression und Angst bei Jugendlichen wird beinahe nirgends ernst genug genommen, um sie so lange krank zu schreiben und aus allen Pflichten herauszunehmen, dass sie frühzeitig echte Chancen haben, Traumata und andere Auslöser zu heilen. Selbst die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -therapie besteht vormittags aus Schulunterricht und schon das Erstgespräch dreht sich um die Frage, wie Schule und Ausbildung weitergehen können trotz der psychischen Not.
Erst im Erwachsenenalter ist es möglich, in eine Klinik oder Therapie zu gehen, ohne parallel in irgendeiner Form weiterarbeiten oder-leisten zu müssen.
Kinder und Jugendliche, die oft über Jahre unter dieser Belastung gelebt haben, sind als junge Erwachsene damit schon so kaputt und überfordert, dass sie in keiner Ausbildung und in keinem Studium klarkommen.
Mit Depressionen und Angst zur Schule gehen zu müssen ist für betroffene Schülerinnen und Schüler genauso eine Qual wie für betroffene Lehrkräfte. Nur können die Erwachsenen damit in den Krankenstand gehen und die jungen Leute nicht.
Es ist mir unbegreiflich, wie Lehrerinnen und Lehrer trotz dem hohen psychischen Krankenstand unter ihnen selbst so unwissend den Kindern und Jugendlichen gegenüber sein können, die überhaupt keine Chance haben, ohne Leistungsdruck gesund werden oder sich zumindest vom Druck erholen zu dürfen. Wahrscheinlich sind es allerdings gar nicht die Lehrkräfte, sondern das System, das hier mit zweierlei Maß misst.
Keine Ahnung welche Lehrkräfte Sie kennen.
Aber weder ich noch irgendeine mir bekannte Lehrkraft erwartet von psychisch kranken SuS irgendwas – ausser sich um Gesundheit zu bemühen.
Nein, die LuL sind nicht das Problem, sondern das Schulsystem verunmöglicht oft, dass Kinder und Jugendliche ganz in Ruhe und ohne Druck gesunden können.
Ist was dran.
Ja, da ist was dran…..!
Wie gesagt, sind wir einer Meinung.
Wozu tatsächlich kranke SuS quasi “auf Zwang” in Schule rumhängen sollen weiß ich nicht. Das kann allen Beteiligten nur schaden.
Allerdings kenne ich diesen “systemischen Druck” von meinen bisherigen Schulen garnicht. (Womit ich nicht sagen will, dass es das nicht gibt)
Danke hier an Fräulein Rottenmeier, Sie hat Ihnen eben in meinem Sinne geantwortet. Ich hatte ja auch das System angesprochen, das mittlerweile zweierlei Maß misst.
Aus der Erfahrung mit zwei psychisch erkrankten Schülerinnen, die ich in der Oberstufe begleite, weiß ich aber, dass einige Schulen sich schwertun beim Nachteilsausgleich, vor allem, wenn es um Abiturprüfungen geht, aber auch bei den schriftlichen Arbeiten, die für das Abitur zählen.
„ Aus der Erfahrung mit zwei psychisch erkrankten Schülerinnen, die ich in der Oberstufe begleite, weiß ich aber, dass einige Schulen sich schwertun beim Nachteilsausgleich, vor allem, wenn es um Abiturprüfungen geht, aber auch bei den schriftlichen Arbeiten, die für das Abitur zählen.“
Das können die Schulen, zumindest in meinem Bundesland, auch nur tun, wenn es ein fachärztliches Gutachten mit entsprechenden Empfehlungen gibt. Wir sind i.A. weder Psychiater noch Psychologen und können deshalb nicht einfach sagen: Depression, klar, bekommt 20% mehr Zeit im Abi.
Nachteilsausgleiche für die Abiturprüfungen müssen vom Schüler bzw. den Eltern gesondert beantragt werden.
Es geht eigentlich nicht um Nachteilsausgleiche, sondern um die Zeit zu gesunden….bei psychischen Erkrankungen kann das auch länger dauern und da sollte das Schulsystem Wege offen halten, es diesen Kindern zu ermöglichen…..
Das geht ja bei neuzugewanderten Kindern auch….da trägt man in die Schülerdatenbank „befindet sich in einer Deutschfördergruppe“ ein und das Kind befindet sich dann außerhalb des Ausbildungssystems…..und hat länger Zeit….
Sorry: TaMu ging es um nicht gewährte Nachteilsausgleiche – und ich antwortete TaMu.
Danke. Das hatte uns in beiden Fällen die Schule nicht gesagt und wir werden uns umgehend darum kümmern. Es war für zwei Schülerinnen sehr hilfreich, dass Sie das geschrieben haben und natürlich für alle, von denen ich noch höre.
Depression und Angst bei Jugendlichen wird beinahe nirgends ernst genug genommen, um sie so lange krank zu schreiben und aus allen Pflichten herauszunehmen, dass sie frühzeitig echte Chancen haben, Traumata und andere Auslöser zu heilen. Selbst die Kinder- und Jugendpsychiatrie und -therapie besteht vormittags aus Schulunterricht und schon das Erstgespräch dreht sich um die Frage, wie Schule und Ausbildung weitergehen können trotz der psychischen Not.
Erst im Erwachsenenalter ist es möglich, in eine Klinik oder Therapie zu gehen, ohne parallel in irgendeiner Form weiterarbeiten oder-leisten zu müssen.
Ein Schüler mit gebrochenem Bein geht erstmal ins Krankenhaus und wird versorgt.
Ein Schüler mit psychischen Problemen sollte auch in die Kinder- und Jugendpsychiatrie und erstmal wieder fit gemacht werden.
Wir hatten schon mehrfach Fälle, wo Schüler dann monatelang nicht in der Schule waren, sondern zumindest in der Tagesklinik oder komplett in der Kinder- und Jugend-Psychiatrie waren. Nur muss man sagen, dass sie dann ggf. nicht mehr dem Unterricht folgen können und ggf. ein Schuljahr wiederholen.
Wer sagt, dass das grundsätzlich nicht möglich sein soll?
Wenn es mal so einfach wäre….klar kann man ein Schuljahr wiederholen, das ist auch sicherlich nicht das Problem, aber oft geht es es ja um mehr Zeit, um Unregelmäßigkeit…..da sind schnell Schulabschlüsse in Gefahr….
Genau das ist das Problem. Weder vor noch nach der Klinik sind diese jungen Menschen voll leistungsfähig. Sie haben immer wieder schwere Episoden.
Dann muss evtl. der Schulabschluss verschoben werden, bis derjenige gesundheitlich in der Lage ist, diesen zu absolvieren.
Nein, das kann nicht die Lösung sein….da muss es mehr Möglichkeiten geben….!
Wenn jemand so schwer erkrankt ist, dass der Besuch der Schule nicht möglich ist und die Leistungsfähigkeit auch nach Klinikaufenthalt nicht wiederhergestellt ist, KANN derjenige sein Potential garnicht ausschöpfen. Bedeutet für mich: Krankenunterricht bis zur Wiederherstellung der Schulfähigkeit. In den seltensten Fällen wird ein so Beschulter den Regelschulabschluss in der Regelschulzeit schaffen, da Krankenunterricht sich an der Leistungsfähigkeit des Patienten orientiert und deshalb in der Regel deutlich weniger Inhalt vermittelt als in der Schule.
Warum wollen Sie ein krankes Kind zwingen, den Schulabschluss zeitgleich mit seinen gesunden Mitschülern abzulegen? Das Wichtigste ist doch die Gesundung, alles andere kommt danach.
Die Schulpflicht besteht trotzdem, auch bei schweren gesundheitlichen Einschränkungen. Lang anhaltende oder dauerhafte Erkrankungen sind nicht vorgesehen. Darauf hat das System keine Antworten.
Deshalb gibt es den Kranken (oder Klinik)unterricht, gerade für lang anhaltende Erkrankungen.
Jau, in enger Abstimmung mit der Stammschule. Heterogenere Gruppen als in den Schulstationen der Kliniken bieten nicht einmal die integrierten Gesamtschulen, die auch die Stammakten der dauererkrankten SuS führen und am Ende des Schuljahres die Zeugnisse ausfertigen. Wichtig ist nur der standardisierte Bemerkungssatz, der darüber informiert, dass die Benotung ausgesetzt wurde – aus Gründen. Und so endet dann irgendwann die Vollzeitschulpflicht. Und da gilt dann plötzlich KAoA nicht mehr und die Stammakte kann ins Archiv., der Vorgang ist abgeschlossen.
Ja.
Dann müssen entsprechende Gesetze/Verordnungen erlassen werden.
Mit welchem Ziel?
Jep, in der Theorie…..in der Praxis sieht das leider anders aus….
So ist es….
Ich sehe es genau wie Mika. Wenn jemand noch nicht wieder völlig schulfähig ist, dann muss man die Person dabei eben unterstützen.
Wir hatten bspw. einen Schüler mit einer Krebserkrankung, entsprechende Fehlzeiten, Bestrahlung und Chemo. Als er wieder kam, hatte er unter den Spätfolgen der Chemo zu leiden. Das lies sich mit NTAs zumindest teilweise abfangen.
Niemand hätte gesagt, er müsse mit der Krebserkrankung halt leben, abwarten und erstmal den Abschluss fertig machen.
Warum soll das bei psychiatrischen Krankheiten anders sein?
Eben unterstützen…..wer macht das? Verantwortlich ist die Schule, die Lehrerstunden für Z.b. Hausunterricht hergeben muss….und genau an diesem Punkt wird es sehr schwierig….
Mit “unterstützen” meine ich, die Person medizinisch unterstützen, dass sie wieder gesund wird.
Nehmen Sie mal unseren damaligen Schüler:
Der Junge hat eine Krebserkrankung, ist gerade zu Hause, hat durch die Chemo massive Nebenwirkungen, fühlt sich schummerich, ihm ist übel, er erbricht sich.
Das letzte, was wir wollen, ist doch einen Lehrer im Hausbesuch, der den Jungen nun mit Besonderheiten der lat. Grammatik oder des chemischen Gleichgewichts vollquatscht. Der Junge braucht Ruhe, soll gesund werden, Schule ist gerade einfach mal nicht wichtig!
Genau das sollte m.E. auch für Kinder mit psychischen Problemen gelten.
Für unsere Kinder in der Tagesklinik der Kinder- und Jugendpsychiatrie sollten wir in den Hauptfächern tatsächlich Aufgabenpakete erstellen, aber nur das absolut Nötigste. Die hatten Unterricht mit Lehrkräften dort, aber nur einzelne Stunden am Tag.
Wenn das für die Gesundung hilft, um z.B. am Lernen zu bleiben, ist das in Ordnung. Aber primär gehen die Schüler ja nicht in die TK, um dort normal alle Aufgaben zu machen. Die sollen medizinisch versorgt werden und wieder gesund werden…
Das ist aus meiner Sicht vollkommen richtig. Allerdings fürchten psychisch erkrankte Menschen oft, später mit einem neuen, unbekannten Umfeld wie neue Klasse, andere Lehrer, noch schlechter klarzukommen. Die bisherige Klasse ist immerhin an einige „seltsame Verhaltensweisen“ gewöhnt und auch die Lehrkräfte müssen nicht mehr einzeln mit dem Fall vertraut gemacht werden. Es hat die Erkrankten viel Energie gekostet, sich diesen Platz in der Klasse zu schaffen.
In den mir bekannten Fällen haben beide Betroffenen sich aus diesem Grund dagegen verwehrt. Beide halten lieber in ihren Klassen mühsam durch, als sich später noch einmal den sozialen Schutz aufzubauen zu müssen.
Positiv kann man darüber sagen, dass der Zusammenhalt in einer Klasse sowie informierte Lehrkräfte für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche ein wichtiger und stabilisierender Faktor sind.
Natürlich gibt es psychischen Probleme, in denen ein anderes soziales Umfeld, der Wegfall gewohnter Bindungen, nicht angebracht ist.
Es gibt aber auch Fälle, in denen es nach einer erfolgreichen Psycho-Therapie nach kurzer Zeit zum Rückfall in “alte Verhaltensmuster” kommt, da die Mitschüler entsprechend “triggern” (bei 2 ESE-Schülern selbst erlebt). Gerade bei psychischen Problemen muss da mMn. sehr genau hingeschaut werden.
Es gibt kurz und es gibt sehr lang….kurz ist kein Problem, lang schon….
Altershomogenität – ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.
Ich kann Ihre Ausführungen in jeder Zeile nur unterstreichen.
Wir haben es mit unserem Kind erlebt, das in jungen Jahren an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung erkrankt ist und bis weit nach der Pubertät immer wieder durch schwere Schübe gebeutelt war. Dadurch konnte es zunächst phasenweise und dann ein gutes Jahr durch einen dauerhaften Schub nicht mehr in die Schule gehen. Dazu oft vollgepumpt mit Cortison und entsprechender optischer Erscheinung manifestierten sich depressiven Phasen, in denen es das Haus nicht mehr verlassen wollte. Eine Psychtherapie vollbringt da auch keine Wunder….die Fortschritte (ich verlasse mal kurz das Haus….gehe spazieren) waren marginal.
Und dann dieser riesige Druck von Seiten der Schule (es muss aber in die Schule gehen). Eine Hausbeschulung war wirklich schwierig (wenn auch von der Bezirksregierung übergangsweise genehmigt).
Gerettet hat uns Corona (Onlineunterricht)….da ging es ein wenig aufwärts,….die Versetzung wurde jedem (also auch unserem Kind) geschenkt und danach ging es langsam aufwärts…..auch weil endlich das passende Medikament gefunden war, mit dem man besser leben kann….
Dennoch, der Rest der Schulzeit war ein ewiger morgendlicher Kampf. Das Betreten des Schulgebäudes war eine immense Überwindung und für Kind und Eltern extrem herausfordernd. Das blieb bis zum Schluss so…..bis der Schulabschluss erfolgreich geschafft war.
Danach hat unser Kind eine Paus gemacht, hat einfach mal Zeit gehabt zu sich zu finden, hat Zeit gehabt sich intensiv mit ihrem Körper auseinanderzusetzen, hat angefangen Sport zu treiben, ihre Ernährung umzustellen und gesunde Gerichte zu kochen, sich mit Freunden zu treffen, viel zu schlafen. Von außen hat das so ausgesehen, als lebe unser Kind in den Tag hinein…..aber es war eine ganz wichtige Zeit zu gesunden und Zukunftspläne zu schmieden.
Heute ist unser Kind sicherlich nicht ganz gesund (psychisch), aber es ist selbstbewusst und zuversichtlich geworden, geht mit Eifer und ganz freiwillig in die Uni und hat offenbar wieder Spaß an seinem Leben….
Liebes Fräulein Rottenmeier, ich meine gerade, ich lese die Geschichte eines meiner Kinder. Nach viel Leid wie oben beschrieben macht es jetzt mit Mitte 20 am Abendgymnasium Abitur. Wegen schwerer Zwangserkrankung ist es vollerwerbsgemindert und schwerbehindert. Es hat immer gerne gejobbt, bis die Erkrankung wieder zu heftig wurde und auch eine Ausbildung angefangen und vorzeitig abgebrochen. Eines Tages möchte es arbeiten und ich bin sicher, dass es klappt. Es ist eine sehr starke Persönlichkeit und wird seinen Weg finden. Dafür braucht es sehr viel Hilfe, letztendlich nach dem Krankengeld und Arbeitslosengeld dann Grundsicherung und die Rückendeckung von zu Hause.
Am meisten gebracht hat die Entspannung nach der Schulpflicht und die Ruhe zu Hause, die Arbeitsversuche, die Freude gemacht haben und die Möglichkeit, ohne Stress Therapie zu machen, Medikamente auszuprobieren und ohne Druck die Nebenwirkungen zu auszuhalten. Mit guten Erfahrungen, auch mit der Gelassenheit des Abendgymnasiums, das Fehlzeiten mit GDB etc toleriert, ist der Blick in die Zukunft eher hoffnungsvoll mit „alles kann, nichts muss“.
Die Erkrankung hat mit 16 richtig angefangen und damit hatten wir Glück, denn das rettende Ende der Schulpflicht war greifbar. Je länger es hätte in die Schule gehen müssen, umso schlimmer wäre es geworden. Diese ständige Anforderung und Überforderung, auch in der Kinder- und Jugentherapie, trotz schwerer Zwänge am Schulunterricht teilnehmen zu müssen, war vorbei. Ich war damals bis zu den Tränen erleichtert.
Alles Gute Ihnen und Ihrem (großen) Kind!
Danke, Ihnen und Ihrem Kind auch alles erdenklich Gute!
Ich denke, wir wissen beide sehr gut, was es bedeutet ein Kind mit einem solchen Handicap zu haben…..da helfen auch solche Ratschläge wie „ist ja nicht so schlimm…macht den Schulabschluss halt später…..oder wiederholt…..oder, oder“ nichts, denn das ist Eltern natürlich nicht egal…..und der zweite Bildungsweg ist immer auch schwieriger….
Alles Gute für Ihre Tochter auf dem Abendgymnasium (mein Mann war auch dort und fand das großartig).
Danke
Bei mir hat es mit zwölf Jahren angefangen. Ich wußte lange nicht, dass es sich um eine Krankheit handelt, für die es einen Namen gibt.
Mein Problem waren Zahlen. Es gab “gute” Zahlen und “schlechte” Zahlen. Beim Einräumen meiner Kleidung in den Schrank mußte ich z.B. immer darauf achten, dass die “richtige” Anzahl von Kleidungsstücken auf einem Stapel lag. War es eine “schlechte” Zahl, mußte ich umschichten. Dann lag auf dem anderen Stapel aber vielleicht eine falsche Anzahl.
Es raubte mir unendlich viel Zeit und Energie, weil sich das ja auf alle Lebensbereiche erstreckte.
Ich war immerzu am Zählen und wenn irgendwo eine “falsche” Anzahl rauskam, machte mir das Probleme.
Dazu kamen noch andere Zwänge. Gedankenzwänge und später noch ein Waschzwang.
Immer wenn ich etwas “falsch” machte, kam ich erst wieder zur Ruhe, wenn ich meinen “Fehler” korrigieren konnte.
Weil aber niemand etwas merken durfte, war das oft nicht möglich. Dann quälte mich stundenlang der Gedanke daran.
Obwohl mein Verstand ganz genau wußte, dass das alles völlig irre ist, war da immer dieser Zwang es genau so machen zu müssen.
Erst nach einigen Jahren stieß ich in irgendeiner Zeitschrift auf einen Artikel über Zwangserkrankungen. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass das etwas ist, worunter auch andere Menschen leiden und wofür es einen Namen gibt.
Später entdeckte ich noch ein Buch von einem amerikanischen Arzt und Psychotherapeuten, der die Problematiken sehr anschaulich beschrieb. Das war das erste mal, dass ich das Gefühl hatte, jemand versteht wirklich, was in mir vorgeht.
Ich ging in die Hauptschule. Den Lehrern kann ich keinen Vorwurf machen. Ich tat ja alles, um meine vermeintliche “Verrücktheit” zu verstecken.
Außerdem legte ich eine ziemliche “Schule und Lehrer sind doof” – Attitüde an den Tag.
Pupertär halt. Ich glaube nicht, dass da irgendjemand auch nur den Hauch einer Ahnung hatte, was wirklich mit mir los war.
Nach außen hin steckte ich halt gerade in einer schwierigen, pupertären Phase. Was ja auch stimmte. Die Pupertät kam zu dem ganzen Elend ja noch dazu.
Ich kann auch nicht mit Sicherheit sagen, ob meine z.T. sehr schlechten schulischen Leistungen allein in meiner psychischdn Erkrankung begründet lagen. Klar kostete die mich sehr viel Energie, aber ich war an vielen Fächern auch einfach nicht interessiert zu dieser Zeit. Vielleicht hätte ich mich ohne die Zwänge besser konzentrieren können und hätte dadurch mehr und besser gelernt.
Meine Mutter merkte schon, dass etwas nicht stimmte, und ich deutete stark verklausuliert an, das ich Probleme hätte. Aber ich brachte es nicht über mich klar und deutlich zu artikulieren, was mich quält. Ich verstand es ja selber nicht.
Trotzdem machte sie einen Termin bei einem Psychologen aus. Zu dem ging ich dann ein paar mal. Aber ich konnte mit dem nicht reden. Ich saß stumm da und sagte nichts, weil das, was mich belastete mir unaussprechlich schien. Niemand war so. Niemand machte so merkwürdige Dinge. Jeder würde mich für verrückt halten, mich auslachen. Ich wäre lieber im Boden versunken, als mit irgendjemandem darüber zu reden. Darüber reden war für mich damals absolut keine Option.
Im Grunde kann ich heute nicht mehr sagen, wie ich eigentlich damit fertig geworden bin.
Die Zwänge wandelten sich von den anfänglichen Zähl- und Gedankenzwängen später in Wasch- und Kontrollzwänge.
Mit so um die Anfang Zwanzig wurden sie schwächer und verschwanden schließlich fast ganz. Einen leichten Hang zum zwanghaften Handeln hatte ich aber noch lange. Vor allem in Stressituationen oder Lebenslagen, die vom Gewohnten abwichen, hatte ich immer wieder zu kämpfen.
Aber auch das ließ mit der Zeit nach. Heute befällt mich ab und zu das Übliche, was wohl jeder kennt, z.B. wenn er aus dem Haus geht: “Hab ich den Herd auch wirklich ausgeschaltet?”
Obwohl ich eigentlich genau weiß, dass er aus ist und andere kleinere “Macken”.
Aber ansonsten kommt mein innerer “Mr.Monk” kaum noch zum Vorschein.
Ich denke, dass es heute schon ein viel stärkeres Bewußtsein für die psychischen Probleme von Kindern und Jugendlichen gibt.
Das war zu meiner Kinder- und Jugendzeit noch nicht so ausgeprägt.
Dennoch ist das ein sehr schwieriges, außerst sensibles und kompliziertes Feld.
Im Rückblick frage ich mich manchmal, was ich damals gebraucht hätte. Mir hat schlicht das Wissen gefehlt, dass das, was mich so quält, was mir soviel Zeit und Energie raubt, was nahezu jede Sekunde meines Alltags bestimmte, eine Krankheit ist, die auch andere betrifft. Dass ich kein einzigartig-absonderliches Kuriosum bin.
Dass es da andere gibt, denen es ähnlich geht. Dann hätte ich mich vielleicht getraut, mich jemandem anzuvertrauen.
Und vielleicht hätte ich dann die Hilfe bekommen, die ich gebraucht hätte und vielleicht wäre es mir danach besser gelungen, meine schulischen Aufgaben zu bewältigen.
Viele “Vielleichts”.
Manche würden sagen “Hätte, hätte, Fahrradkette.” 😉
Heute sind wir insofern weiter, dass psychische Erkrankungen viel ernster genommen werden und dass es kein Tabu mehr ist zuzugeben, an Depressionen, Ängsten oder Zwängen zu leiden. Das halte ich für einen Riesenfortschritt und es ist wichtig Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass man sich für ein psychisches Leiden genauso wenig schämen muss wie für eine körperliche Erkrankung.
“Krank im Kopf” – da bin ich zunächst erst mal zusammengezuckt. Aber im Grunde trifft das genau auf meine Situation damals zu: Ich war tatsächlich “krank im Kopf”.
Genauso fühlte sich das an.
„dieser riesige Druck von Seiten der Schule“
Ich denke, dass dieser Druck gesamtgesellschaftlich entsteht, denn befürchtet werden die Konsequenzen einer lückenhaften oder nicht abgeschlossenen Schulausbildung.
Nein, der Druck entsteht, wenn man ein begabtes Kind hat, welches psychisch einfach nicht in der Lage ist, im Schulsystem zu schwimmen…..
Und nein, eine nicht abgeschlossene Schulausbildung wäre für uns nicht in Frage gekommen….das wäre worst case gewesen….
Das war jetzt für uns nicht so schlimm. Wir haben es wie eine Erprobung gesehen. Da unser Kind zuvor dort gejobbt und von seiner Erkrankung berichtet hatte und der Ausbildungsplatz aufgrund der sehr guten Leistungen vom Betrieb angeboten worden war, war das eine große Chance. Es war bedauerlich, dass es nicht funktioniert hatte, weil der nächste Krankheitsschub zu lange gedauert hat, aber durch die Arbeit war die soziale Absicherung mit Krankengeld und Arbeitslosengeld gegeben. Außerdem hat unser erwachsenes Kind ein gutes Gefühl für Erwerbsarbeit entwickelt und möchte wieder arbeiten. Diese Entwicklung sehe ich sehr positiv. Es geht in kleinen Schritten voran.
Ich verstehe das Problem nicht. Wer übt denn Druck aus?
In meinem Bundesland müssen Kids mit einer solchen Krankengeschichte nicht permanent in der Schule sein. Das wird in NRW doch nicht anders sein.
Der Druck kommt von ganz alleine, denn wie oben schon gesagt, das Schulsystem nicht auf längere oder/und unregelmäßige Fehlzeiten ausgerichtet ist. Da kommt dann ganz schnell der Punkt, dass das Kind in einigen / vielen Föcherm nicht bewertet werden kann. Dann geht es um die Versetzung, um den Q-Vermerk,…..und dann wird es unschön…..vor allem, wenn es dann um einen guten Schulabschluss geht. Ja, da machen sich Eltern schon sehr große Sorgen….also wir (ich besonders) hatte neben der Sorge um körperliche und psychische Gesundheit meines Kindes auch Ängste um die schulische /berufliche Zukunft und ziemlich viele schlaflose Nächte….
Wenn ich mich mit dem Smartphone durch (a)soziale Medien bewege, bekomme ich immer wieder “zwischendurch” erschütternde Bilder aus Gaza, gerne mit Spendenaufrufen.
Ich sehe Kurzvideos zum Klimawandel. Eine (gefallene) Klima-Ikone mit der Aussage: “I want you to panic!”.
Kinder und Jugendliche trainieren sich systematisch die Aufmerksamkeit weg mit Kurzvideos, die im Sekundentakt weggewischt werden.
Sie verfallen einer digitalen Kommunikation, statt Freunde draußen zu treffen – und vereinsamen.
Natürlich führt dieses Suchtverhaten auch zu familiären Problemen. Und die Eltern? – Möchten keine Eltern mehr sein, sondern beste Freunde der Kleinen.
Natürlich ist all das pures Gift für die Psyche der Kinder und Jugendlichen!
“Ja, ich möchte mich gerne noch viel mehr aufkommender Probleme annehmen, denn ich bin noch nicht ausgelastet.//” (Forumsteilnehmer:in)
Bin mir nicht sicher, wie weit die Lehrkräfte noch aktiviert werden können, die derzeitige Belastung ist bereits an der Grenze – auch wenn viele nicht nach besserer Unterstützung, sondern nach weniger (heterogenen) Schüler:innen rufen, als würde der Ruf die Realität ändern… 🙁
Oben steht, dass die Familie ein Hauptknackpunkt ist. Warum also die Familie nicht stärken, finanziell und zeitlich. Schule kann so etwas nicht auffangen. Aber wenn beide Elternteile arbeiten müssen, daheim noch mit den Kindern gepaukt wird, dann fehlt es dem Soziokosmos Familie an Familienzeit. Und der Bedarf es massiv.
Familien mit erkrankten Kindern brauchen genau das, Zeit zu Hause, um geborgen und in Ruhe gesund werden zu können. Ich bin Mitglied im VDK und lese häufig von den Schwierigkeiten bei der Unterstützung, die pflegende Elternteile haben.
Ein Kind heute unbeschadet durch dieses verrückte Schulsystem zu bringen mit all den schrägen Persönlichkeiten, die man dort unter Lehrern und Schülern trifft ist ohnehin schon eine beachtliche Leistung.
Noch nie zuvor in der Geschichte wurde der Lehrerberuf so wenig geschätzt wie heute, von den Lehrern selbst. Viele Lehrkräfte scheinen keine wirklichen Lehrer mehr zu sein: Sie kommen, um ihre Stunden abzuleisten, holen am Monatsende ihr Gehalt ab und gehen wieder, ungefähr so, wie es auch die Schülerinnen und Schüler von ihnen lernen – die Zeit in der Schule abzusitzen.
Ich sehe Lehrerinnen und Lehrer sehr engagiert, gerade auch bei erkrankten Kindern. Manchmal ist zu viel „komm, du schaffst es“ dabei, was bei psychischen Erkrankungen eher überfordernd und nicht wahrnehmend wahrgenommen wird, aber sie haben eine ganze Klasse und nicht nur das erkrankte Kind.
Grundsätzlich sehe ich Lehrkräfte positiv.
Also bitte, “schräge Persönlichkeiten”!
Das nennt sich Diversität! Und mal ehrlich, an welche Lehrer oder Mitschüler erinnert man sich noch nach 40 Jahren? An die schrägsten!
Und: Wir holen unser Geld nicht ab, es wird uns online ins Haus geliefert.
Uns Beamten sogar zu Beginn des Monats! Eigentlich müssten wir also gar nicht mehr raus morgens!
Und diese Entwicklung ist keineswegs verwunderlich.
Meine Meinung: das größte Problem ist, dass gemeinsam oder alleinerziehend, Eltern habwn keine Zeit mehr für gemeinsame Qualitätszeit. Eltern müssen vollzeit arbeiten. Die Zeit die bleibt brauchen Eltern zum abschalten. Familien gehen häufig kaputt, weil sich um die Auftwilzng der carearbeit gestritten wird. Das ist die Arbeit, die oft unsichtbar ist und für die es kein Gehalt aufs Konto gibt. Carearbeit: z.B. mit dem Ki d für die Mathearbeit üben, das Kind beteiligen, mitnehmen, sixh Zeit nehmen…Haushalt..u.s.w.
Kinder brauchen Zeit, Vorbilder, einen positiven Blick auf Partnerschaft. Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Stresslevel von Eltern und der Medienzeit von Kindern…Handy an= Ruhe.
Man sollte bei den Eltern anfangen. Mütter sind überlaster mit Job und carearbeit. Unser System liebt Wirtschaftswachstum… Zeit für Familie? Für Kinder? Oder gar für sich selbst?
Das Schulsystem fängt die Schwachen nicht auf, es hängt sie ab und sortiert sie aus.
Mobbing durch sozial Media, falsche Vorbilder und Körperbilder, Gehirne, die nur noch schnelle Belohnung können, tun ihren Rest dazu.
Schulessen, Kitaessen ist grottenschlecht. Gesunde Psyche braucht auch gesunde Nahrung. Wie viel Prozent der Kinder bekommt noch ein frisch und mit Liebe gekochtes Mittagessen? Ach ja, keine Zeit.
Was mal wieder “vergessen” wird – auch Schule macht krank. Spreche aus eigener Erfahrung. Damit meine ich nicht Mobbing unter Schülern, sondern Lehrer, die den Kindern Sachen an den Kopf knallen, die bestraft gehören. Zum Beispiel “solch eine (intellektuell) blöde Klasse wie euch habe ich noch nie erlebt.” Wenn Kinder in der fragilsten Zeit ihres Lebens, der Pubertät, ständig so etwas oder ähnliches hören, kann man psychisch nicht gesund bleiben. Eltern haben keine Handhabe, wenn sie etwas sagen, wird das Kind gleich nochmal bestraft. Und keiner macht was dagegen. Lehrer scheinen unantastbar zu sein.