BERLIN. Sollten Akademiker, die später ins Berufsleben einsteigen – also auch die rund eine Million Lehrkräfte in Deutschland – länger arbeiten als andere Arbeitnehmer? Keine schlechte Idee, findet Bundessozialministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas, die ohnehin Beamte gerne in das Rentensystem einbeziehen möchte. Unter Ökonomen ist die Idee allerdings umstritten. Widerspruch kommt aus Reihen der Wirtschaftsweisen.

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hat Sympathie für die Idee, den Renteneintritt nicht mehr an das Alter zu koppeln – sondern an die Zahl von Beitragsjahren. Bas sagte im ARD-„Bericht aus Berlin“: „Ich finde die Idee grundsätzlich ganz gut.“ Es gebe zwei unterschiedliche Modelle. Zum einen könne man das Renteneintrittsalter nach der Lebenserwartung formulieren oder danach, wer eine bestimmte „Strecke“ eingezahlt habe.
Bas nannte ein Beispiel: Wenn jemand mit 16 schon angefangen habe mit einer Ausbildung und dann eine gewisse Strecke in die Sozialversicherungssysteme einbezahle, der könne dann auch früher aussteigen. „Und wer später anfängt, vielleicht erst ein Studium macht und dann später erst in die Kassen einzahlt, der muss dann auch länger arbeiten.“ In der Rentenkommission, die noch im Dezember ihre Arbeit aufnehmen soll, um eine umfassende Reform vorzubereiten, würden sicherlich beide Modelle diskutiert werden.
„Die Lebensarbeitszeit ist eine Stellschraube, an die wir ‘ranmüssen, um die gesetzliche Rente zu sichern“
Der Düsseldorfer Wirtschaftsprofessor Jens Südekum hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, den Renteneintritt nicht mehr an das Alter, sondern an die Zahl von Beitragsjahren zu koppeln. „Die Lebensarbeitszeit ist eine Stellschraube, an die wir ‘ranmüssen, um die gesetzliche Rente zu sichern“, sagte Südekum gegenüber der „Bild“-Zeitung. „Rente für alle mit 70 ist falsch. Besser ist es, den Renteneintritt nicht an eine starre Alterszahl zu koppeln, sondern an eine Mindestanzahl von Beitragsjahren.“
Er sagte weiter: „Wir müssen auf die tatsächlichen Lebensarbeitszeiten gucken. Akademiker zahlen deutlich später in die Rentenkasse ein als jemand, der mit 16 oder 18 Jahren eine Lehre beginnt und dann durcharbeitet. Den Rentenbeginn an die Beitragsjahre zu binden, ist gerechter.“ Südekum ist persönlicher Berater von Finanzminister Lars Klingbeil, Co-SPD-Chef neben BAs.
Bas hatte bereits der „Rheinischen Post“ gesagt: „Wer früh angefangen hat, einzuzahlen, z. B. zum Lehrbeginn mit 16, könnte früher in Rente gehen als andere, die nach einem Studium erst später begonnen haben.“ Weil das Eintrittsalter in die Pension (trotz mancher Sonderregelungen) an das allgemeine Rentenalter gekoppelt ist, würden die Altersgrenzen von Beamtinnen und Beamte dann wohl angeglichen werden.
Die SPD-Vorsitzende hatte in den vergangenen Monaten ohnehin keinen Hehl daraus gemacht, dass sie Beamtinnen und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen will. Bereits im Mai sagte sie: „Wir müssen mehr Leute an der Finanzierung der Rentenversicherung beteiligen. In die Rentenversicherung sollten auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. Wir müssen die Einnahmen verbessern.“ Der Schritt würde die Mehrheit der Lehrkräfte betreffen; rund zwei Drittel der etwa eine Million Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen sind verbeamtet.
Widerspruch kommt vom Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft, den sogenannten Wirtschaftsweisen, Martin Werding. Der Professor für Sozialpolitik und Öffentliche Finanzen an der Ruhr-Universität Bochum erklärt in einem Interview mit dem Spiegel: „Ich frage mich: Wo soll diese Gerechtigkeitslücke denn sein, die dieser Vorstoß zu schließen vorgibt? Ja, Akademiker starten meist später in das Berufsleben. Das bedeutet aber auch, dass sie in dieser Zeit ohne Einkommen noch keine Rentenansprüche aufbauen können – anders als Handwerker zum Beispiel. Akademiker investieren in ihre Ausbildung. Sie hoffen, dass sich das später durch höhere Gehälter auszahlt. Und so funktioniert ja auch unser System: Man erwirbt Rentenansprüche durch Einzahlungen, nicht einfach durch Berufsjahre.“
Länger im Leben zu arbeiten – das sei wegen der steigenden Lebenserwartung ein Thema für alle, nicht nur für Menschen mit höherer Bildung. „Wir brauchen diese Arbeitskräfte in Zukunft mehr denn je: als Mitarbeiter – und als Beitragszahler für die Rente. Das gilt für Leute mit Realschulabschluss ebenso wie für den Diplom-Ingenieur.“
„Auch viele Jüngere lehnen die Anhebung des Rentenalters doch ab. Kaum jemand mag sich vorstellen, mit 68 oder 69 noch arbeiten zu müssen“, so wendet der Spiegel ein. Zu ergänzen wäre: zumal viele nicht mehr können. Auf zwei Lehrkräfte, die regulär in Ruhestand gehen, kommen inzwischen fünf, die den Schuldienst vorzeitig verlassen. Der Bildungsforscher Prof. Dieter Dohmen spricht von einem dramatischen Trend. Die Gründe seien klar: hohe Belastung, wenig Unterstützung, Dauerstress, große Klassen, heterogene Schülergruppen und ein Arbeitsvolumen, das weit über einer normalen Vollzeitstelle liegt.
Werding dazu: „Wenn es ums Alter geht, haben wir meistens unsere eigenen Eltern im Blick. Das ist eine defizitorientierte Sicht auf das Altern. Jede jüngere Generation lebt aber länger als die eigenen Eltern – und das in aller Regel auch gesünder.“ Der Sachverständigenrat plädiert für eine automatische Anpassung des Renteneintrittsalters an die tatsächliche Entwicklung der Lebenserwartung. „Aktuell hieße das: Das Renteneintrittsalter würde alle zehn Jahre um sechs Monate erhöht. Um das einmal klar einzuordnen: Das viel beschworene Rentenalter 70 würden wir dann in 60 Jahren erreichen. Und das auch nur, falls die Lebenserwartung weiter wie bisher steigt.“
„Wenn Beamte in die Rente einzahlen, erwerben sie damit ja auch Ansprüche“
Dass Bas für eine Bürgerversicherung eintritt, in die auch Beamte und Selbstständige einzahlen müssten, kommentiert Werding so: „Zu den Beamten: Zunächst einmal ist es ein Trugschluss zu glauben, eine Gruppe, die bislang überhaupt nicht am System der gesetzlichen Rente teilnimmt, würde denjenigen innerhalb des Systems etwas vorenthalten. Diese Gruppe zahlt keine Beiträge, erhält aber auch keine Renten.“ Und weiter: „Wenn Beamte in die Rente einzahlen, erwerben sie damit ja auch Ansprüche. Auf lange Frist würden sie das System sogar stärker belasten, weil Beamte im Schnitt besonders lange leben.“
Allerdings müssten auch Reformen bei den Pensionen her. Was Werding damit meint, hatte er früher schon erklärt: Vor allem bei den Lehrkräften sieht der Wirtschaftsweise keinen Grund mehr für eine Verbeamtung: „Wo staatliche Zwangsgewalt ausgeübt wird, sollten Beamte sitzen – also bei der Polizei, in der Justiz, in der Finanzverwaltung. Menschen Steuern aufzuerlegen, Straftäter festzunehmen – das sind Kernaufgaben des Staates.“ Bei Lehrerinnen und Lehrern oder Hochschulprofessoren sei dies nicht der Fall: „Hier sehe ich eigentlich keine hoheitliche Aufgabe.“
So oder so: Dass eine große Reform kommen muss – die zwangsläufig mit Einschnitten verbunden ist –, daran lässt auch Werding keinen Zweifel. Er meint: „Aktuell scheint die Stimmung zu sein: Als Rentner wollen wir so viel Rente wie früher. Gleichzeitig soll der Zeitraum der Rente aber bitte ebenfalls wachsen. Das Ganze wiederum wollen wir bezahlen lassen von einer Generation, die ein Drittel kleiner ist als jene, die sie zu versorgen hat. Da möchte man – in Anlehnung an die Aktivistin Greta Thunberg – schon mal fragen: How dare you? Wie kommt man darauf, das könnte gerecht sein – und ein stabiles System?“ News4teachers









Und Studium plus oft Nebenjob ist keine Arbeit oder wie? Man lebt am Existenzminimum und stellt seinen Grips der Gesellschaft zur Verfügung und soll dafür noch bestraft werden, wenn man alt und krank ist?
Alternative, Studiengebühren einführen und die Studienzeiten wie Erziehungszeiten oder Wehrdienst-/Zivildienstzeiten auf die Beschäftigungszeiten anrechnen.
Wer ein Duales Studium absolviert, das mit dem Bachelor-Degree endet oder wer z.B. bei der Bw studiert hat ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen und zahlt Beiträge an die DRV. Im Fall des Dualen Studiums muss man dann die zwei Jahre bis zum Master-Abschluss zu einem späteren Zeitpunkt nachversichern oder man arbeitet in der Zeit ab Eintritt in die Rentenversicherung neben dem Studium in einem sozialversicherungspflichtigen Minijob. Es geht doch lediglich darum Beitragszeiten zu generieren.
Sich jetzt schon aufzuregen ist viel zu früh. Erst einmal abwarten, welche reformvorschläge denn in dem zukünftigen Referentenentwurf einfließen. Vor allem welche Regelungen bzgl. betrieblicher und privater Altersvorsorge angedacht werden, ist wesentlich interessanter.
Ich glaube kaum dass die jetzigen Jungen Generationen mit 60-70 Jahren fitter sind als die aktuellen. Wir leben mit mehr Krisen. Mehr Stress, mehr psychischen Problemen, Klimawandel und es gibt einige Krankheiten, die nicht weg rationalisiert werden können. Zum Beispiel Organsenkungen, Inkontinenz und Levatoravulsionen bei Müttern. Das wird bleiben und dauerhaft gute Therapien/OPs gibt es in vielen Fällen nicht.
Ganz ehrlich viele glauben doch nicht mal mehr daran, das Rentenalter überhaupt zu erreichen aufgrund globaler Krisen.
Klingt doch super, Abi machen, dann 8-10 Semester Studieren circa 2 Jahre Referendariat, dann fängt man mit 25 Jahren an (wenn man schnell ist) und kann dann mit 70 in Rente. Während die Arbeiter in Ausbildungsberufen mit 63 in Rente gehen. Verbeamten am besten auch nicht mehr…
Was kommt als nächstes? Fortbildungen in den Ferien? 40 Stunden unterrichten pro Woche?
Einen besseren Grund, sich ein jahrelanges Studium, teilweise mit Auslandsaufenthalten, zu sparen und nicht Lehrer zu werden, gab es bislang nicht.
Wer würde denn dann noch studieren und ganz wichtiges Wissen und Fertigkeiten erwerben wollen?
Ach ja, KI können ja bald Kranke heilen, junge Menschen unterrichten und erziehen, KI programmieren und kontrollieren …
Auf solche Dummheiten können echt nur Leute kommen, die von gestern bis max. heute denken.