Schavan kämpft gegen Entzug des Doktor-Titels – und um ihr Amt

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BERLIN. Heute berieten die 15 Mitglieder des Falkultätsrates der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf. Ergebnis: Ein Verfahren zur Aberkennung des Doktortitels von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wird eingeleitet.  Kann die oberste politische Repräsentantin von Bildung und Forschung in Deutschland jetzt noch unbefangen ihr Amt ausüben – auch angesichts des näher rückenden Bundestagswahlkampfes?

Sie hat das Vertrauen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Bundesbildungsministerin Anette Schavan (CDU): Foto: mueritz / Flickr (CC BY-SA 2.0)
Sie hat das Vertrauen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU): Foto: mueritz / Flickr (CC BY-SA 2.0)

Ihr Fall – darüber herrscht allseits Einvernehmen – ist nicht mit der Plagiatsaffäre des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vergleichbar, der in seiner Doktorarbeit sogar lange Textpassagen aus fremden Federn als Eigenprodukt ausgab. Schavans vermeintliche Quellenfehler gelten dagegen vielen Wissenschaftlern eher als «grenzwertig». Der Streit über ihre Arbeit und das sich hinziehende Prüfverfahren der Universität Düsseldorf spaltet inzwischen die deutsche Hochschul-und Forschungsszene.

Gleichwohl wird es für die 57-jährige Ministerin und enge Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) jetzt kritisch. Es gibt verschiedene Szenarien. Am unwahrscheinlichsten ist ein sofortiger Beschluss über den Verlust des Doktortitels – ebenso wie ein schneller «Freispruch» Schavans. Auch wenn Informationen der «Süddeutschen Zeitung» zutreffen, dass der Promotionsausschuss der Fakultät in seiner vorbereitenden Empfehlung inzwischen nicht mehr von vorsätzlicher Täuschung ausgeht, es bleiben Vorwürfe übrig.

Als 22-jährige Studentin soll Schavan bei ihrer 1980 eingereichten Dissertation an zahlreichen Stellen gegen auch damals gültige Regeln wissenschaftlichen Arbeitens verstoßen haben. Ihre Arbeit «Person und Gewissen – Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung» wurde mit der Note «magna cum laude» (sehr gut) bewertet. Zunächst hatten viele Insider nur mit einer scharfen Rüge und einer deutlichen Abwertung ihrer Note gerechnet – bis im Oktober über Medien das Gutachten des Vorsitzenden der Promotionskommission und Judaistik-Professors Stefan Rohrbacher bekanntwurde. Der als «akribischer Analytiker» charakterisierte Wissenschaftler unterstellt Schavan «leitende Täuschungsabsicht». Zugleich will er «das charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise» ausgemacht haben.

Schavan will erneut für den Bundestag kandidieren

Schavan, die in Reden gern Begriffe wie «Elite» und «Exzellenz» benutzt, hat in der Wissenschaft wie auch in der Union nicht nur Freunde. Die Allianz der führenden Wissenschaftsorganisationen überraschte am Wochenende jedoch mit einer gemeinsamen Erklärung. Vornehm verklausuliert, gleichwohl zwischen den Zeilen erkennbar, wird unverhohlen Kritik am Vorgehen der Uni Düsseldorf geübt und ein faires Verfahren angemahnt.

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Schavan will kämpfen. Am kommenden Freitag will sie von ihrem CDU-Heimatkreisverband Ulm/Alb-Donau erneut für ein Bundestagsmandat nominieren lassen. Ihr CDU-Ortsverband hatte ihr bereits im Oktober ein paar rote Boxhandschuhe geschenkt – zur Verteidigung ihres Doktortitels. Die Ministerin will in jedem Fall wieder in den Bundestag: «Ich trete am 25. Januar an. Das bin ich der Wissenschaft schuldig», sagte die 57-Jährige der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Der Kreisgeschäftsführer in Schavans Bundestagswahlkreis Ulm/Alb-Donau, Thomas Schweizer, sagte: «Sie ist unangefochten Kandidatin für das Mandat.»

Laut «Spiegel» steht auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fest zu ihrer Vertrauten. Die Frage ist: Wie lange noch? dpa

(21.1.2013, aktualisiert am 22.1.)

Zum Bericht: „Plagiatsvorwürfe erhärten sich“

 

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Chris
11 Jahre zuvor

So wenig erfreulich die ganze Angelegenheit ist, muss sich nicht auch die Uni Düsseldorf erklären, warum sie seinerzeit die Dissertation nicht entsprechend begleitet bzw. dann kritisch beleuchtet hat? Auch daa sind offensichtlich Fehler gemacht worden. Auch erscheint es mit merkwürdig, dass erst ein (!) Fachmann bisher die Arbeit in Augenschein genommen haben soll.