Gewerkschaftskongress: GEW will 40 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung

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DÜSSELDORF. Gute Bildung ist teuer. Im Bundestagswahljahr macht die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft eine Rechnung auf: Sie fordert 40 Milliarden Euro mehr für Bildung – pro Jahr.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert, jährlich 40 Milliarden Euro zusätzlich in Bildung zu investieren. Das Geld sei nötig, um von der Politik selbst formulierte Aufgaben wie Ganztagsschulen, kleinere Klassen und gemeinsames Lernen mit Behinderten umzusetzen, sagte der bisherige GEW-Bundesvorsitzende Ulrich Thöne beim Gewerkschaftskongress in Düsseldorf. Mehrausgaben für bessere Bildung könnten aus Steuererhöhungen für Reiche zweckgebunden in die Bildung fließen.

Quer durch alle Schulformen habe Deutschland im europäischen Vergleich mit durchschnittlich 17 Schülern pro Lehrer die schlechteste Unterrichtssituation, kritisierte der Gewerkschafter. Frankreich habe nur etwa 14 Schüler pro Lehrer, die Niederlande im Schnitt 16. «Wenn die Bundesrepublik den Anschluss an das europäische Spitzenniveau schaffen will, müssen die öffentlichen Ausgaben für Bildung auf sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen», forderte Thöne. Bislang seien es nur 5,3 Prozent.

Das Steuerkonzept der GEW hat große Schnittmengen mit den Kernforderungen von SPD und Grünen. Eine Parteien-Empfehlung zur Bundestagswahl werde die rund eine Viertelmillion Mitglieder starke Gewerkschaft aber nicht abgeben, sagte Thöne. Bis zum Sonntag werden Spitzenpolitiker aller im Bundestag vertretenen Parteien vor den rund 430 Delegierten reden.

In Berliner Schulen wird in der kommenden Woche wieder gestreikt . Foto: GEW
Die GEW fordert unter anderem einen bundeseinheitliche Bezahlung für alle angestellten Lehrer. Foto: GEW

Thöne forderte, das Kooperationsverbot vollständig abzuschaffen, das Bund und Ländern seit 2006 eine Zusammenarbeit in der Bildung verfassungsrechtlich untersagt. Zwar sind sich alle Parteien im Bundestag einig, das Verbot nach der Bundestagswahl zu lockern. Strittig ist jedoch, ob es dann zu einer kleinen Lösung nur für die Hochschulen kommt.

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Dies wäre unzureichend, betonte Thöne. Schon zum Jahresende laufe etwa eine Kofinanzierung des Bundes für 3000 Schulsozialarbeiter aus. «Wie das weiter finanziert wird, hängt in der Luft.» Auch in solchen Bereichen seien Lösungen nötig.

Ein weiteres Thema des Gewerkschaftskongresses ist der bislang vergebliche Kampf um eine bundeseinheitliche Bezahlung und einen Tarifvertrag für die rund 200 000 angestellten Lehrer in Deutschland. Thöne äußerte sich skeptisch, «den tariflosen Zustand in kurzer Zeit überwinden zu können».

Auch bei der Forderung nach einem Streikrecht für Beamte warnte Thöne vor übertriebenen Erwartungen. «Das kann man beschließen – was umsetzbar ist, steht auf einem anderen Blatt Papier.» Die GEW hatte nach Angaben ihres Sprechers bereits im vergangenen Jahr Klage gegen das Streikverbot für Beamte beim Bundesverfassungsgericht eingereicht.

Thöne war acht Jahre lang Vorsitzender der GEW. Für die Neuwahlen des Vorstands trat der 62-Jährige nicht mehr an. Er sehe die Kampfkandidaturen um seinen Posten nicht mit einem Richtungsstreit in der GEW verbunden, sagte Thöne. Die GEW trifft sich alle vier Jahre zu einem mehrtägigen Bundeskongress mit Vorstandswahlen. dpa

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Sophia St.
10 Jahre zuvor

Ob 40 Milliarden Euro an mehr Geld der Bildung helfen, ist fraglich. Sie helfen nur, wenn die Inhalte und Konzepte stimmen. Stimmen sie nicht, werden mit dem Geld nur falsche Wege ausgebaut.

Ursula Prasuhn
10 Jahre zuvor

@Sophia
Es ist, wie Sie sagen. Mehr Geld sorgt nicht automatisch für bessere Bildung, es kann – wie die Vergangenheit zeigt – sogar weiteren Zerfall bedeuten, wenn es wieder nur in das gesteckt wird, was Josef Kraus (Präsident des Deutschen Lehrerverbandes) „eine Politik mit der Abrissbirne“ nennt. „Was gestern noch Gebot der Stunde war, wird morgen munter umstrukturiert, umbenannt und umgestoßen.“
Und das kostet Geld.
Für diese Politik weitere Milliarden auszugeben, ist verrückt, zumal mit ihr regelmäßig massive Steuererhöhungen begründet werden. „Mehr Geld für Bildung“ heißt es nicht erst heute und kaum jemand fragt, warum die Bildung nicht längst aus dem Tal der Tränen herausgekommen ist.
In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder die Grande Dame der deutschen Politik ein, die kluge, ehrenhafte und charakterstarke Dr. Hildegard Hamm-Brücher. Sie sagte über den Stellenwert der Bildung im Politbetrieb folgendes: „Eine starke Strömung ist der Ansicht, allzu viel Bildung schadet nur. Die Leute könnten ja wirklich kritisch werden.“
http://www.zitate.de/autor/Hamm-Br%C3%BCcher,+Hildegard/
http://www.literarische.de/11-2/hamm-.htm