Trotz Urteil des Verfassungsgerichts: Berliner SPD hält an Kopftuchverbot für Lehrerinnen fest

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BERLIN. In weltanschaulichen Fragen sind sich die Berliner Koalitionspartner SPD und CDU nicht oft einig. An der Beibehaltung des Kopftuchverbots für Lehrerinnen scheiden sich die Geister offenbar nicht – überraschend, nachdem das Bundesverfassungsgericht ein generelles Verbot unlängst zurückgewiesen hatte.

Junge Frau mit Kopftuch - «Namentlich ein Kopftuch ist nicht aus sich heraus religiöses Symbol.», befanden die Karlsruher Richter. Anders als ein Kruzifix an Schulwänden, stelle es daher auch keine Identifizierung des Staates mit einem bestimmten Glauben dar. Foto: wahyucurug / pixabay (CC0)
«Namentlich ein Kopftuch ist nicht aus sich heraus religiöses Symbol.», befanden die Karlsruher Richter. Anders als ein Kruzifix an Schulwänden, stelle es daher auch keine Identifizierung des Staates mit einem bestimmten Glauben dar. Foto: wahyucurug / pixabay (CC0)

Die Berliner SPD-Spitze will laut einem Bericht der «Berliner Morgenpost» an dem Kopftuchverbot für Lehrerinnen, Polizistinnen und Richterinnen in Berlin festhalten. Darin seien sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller, SPD-Chef Jan Stöß und SPD-Fraktionschef Raed Saleh einig. Deshalb sähen sie keine Notwendigkeit, das seit 2005 geltende Berliner Neutralitätsgesetz nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu ändern. Die Berliner SPD befragt dazu gerade ihre rund 17 000 Mitglieder mit Blick auf das kommende Wahlprogramm. Eine von zwölf Fragen dreht sich um die Beibehaltung des Kopftuchverbotes.

Die Innenverwaltung von Innensenator Frank Henkel (CDU) prüft seit längerem, ob das Berliner Gesetz geändert werden muss. Henkel werde dem Senat am Dienstag eine Vorlage dazu präsentieren, hatte sein Staatssekretär Bernd Krömer vor kurzem angekündigt.

Das höchste deutsche Gericht hatte in einem Einzelfall zweier klagender muslimischer Pädagoginnen aus Nordrhein-Westfalen ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen gekippt. Ein pauschales Verbot verstoße gegen die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit der Frauen, urteilten die Karlsruher Richter im Januar.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ist ein pauschales Kopftuch-Verbot nicht zulässig, wenn die betreffende Lehrkraft «nachvollziehbar ein als verpflichtend empfundenes Glaubensgebot» geltend macht und «nur eine abstrakte, aber nicht eine konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die religiöse Neutralität des Staates vorliegt», urteilten im Juli auch Gutachter des Berliner Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes.

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Sie empfahlen deshalb eine Änderung des Berliner Neutralitätsgesetzes. Es sei in seiner jetzigen Fassung verfassungswidrig, da es ein pauschales Verbot enthalte, religiöse Symbole oder Kleidungsstücke in Schulen, Gerichten oder bei der Polizei zu tragen, hieß es.

Regierungschef Müller sagte der Zeitung, Berlin habe ein Neutralitätsgesetz, kein Anti-Kopftuchgesetz. Der Staat müsse sich im Gerichtssaal, im Streifenwagen und auch in der Schule neutral verhalten. Daran halte er fest, betonte Müller.

Nach Ansicht von SPD-Chef Stöß – selbst Richter – muss sich der Staat überall dort weltanschaulich neutral verhalten, wo er hoheitliche Aufgaben wahrnimmt. «Gerade in einer Zeit, in der Menschen ganz unterschiedlicher Religionen zu uns kommen, ist es wichtig, dass der Staat seine neutrale und friedensstiftende Funktion wahrnimmt», sagte Stöß der «Berliner Morgenpost». Religion sei Privatsache des einzelnen.
SPD-Fraktionschef Saleh – selbst Muslim – teilt diese Auffassung, obwohl er sich in Klassenräumen mehr Vielfalt vorstellen kann. «Aber Polizisten und Richter repräsentieren den neutralen hoheitlichen Staat.» dpa

Zum Bericht: Gutachten: Pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen nicht erlaubt – auch Berlin muss Gesetz wohl nun ändern

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