Ausspionieren verboten: Deutschlands Datenschützer wollen die Schüler vor ihren Lehren schützen

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SCHWERIN. Immer öfter lernen Schüler auf Lernplattformen online – eine  Entwicklung, die jetzt Deutschlands Datenschützer auf den Plan ruft. Sie wollen die Kinder und Jugendlichen vor den Zugriffen von Lehrern schützen, die online mehr Informationen sammeln könnten als im herkömmlichen Unterricht.  

Die schöne neue Computerwelt - birgt auch Gefahren. Illustration: Gerd Altmann / pixelio.de
Die schöne neue Computerwelt – birgt auch Gefahren. Illustration: Gerd Altmann / pixelio.de

Bei der Nutzung von Online-Lernportalen im Schulunterricht sollen nach dem Willen der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern personenbezogene Daten so weit wie möglich ausgeklammert werden. Fotos oder Angaben zu Hobbys oder Links zur eigenen Internetpräsenz von Lehrern und Schülern böten Möglichkeiten zum Datenmissbrauch und seien zudem verzichtbar. «Es sollen nur Daten erfasst und ausgetauscht werden, die auch zur Aufgabenerfüllung der Schule nötig sind», sagte der Thüringer Datenschutzbeauftragte Lutz Hasse am Mittwoch am Rande der Behördenleitertagung in Schwerin.

Unter Hasses Federführung war eine 16-seitige Orientierungshilfe für Schulen erarbeitet worden, die den Datenschutzbeauftragten auf ihrer zweitägigen Konferenz zur Beratung und Beschlussfassung vorliegt. «Immer mehr Schulen nutzen bei der Wissensvermittlung und zum Festigen des Stoffes Internet-Plattformen, die sie zum Teil selbst entwickelt haben. Lehrer können damit sehr individuell auf einzelne Schüler eingehen», erklärte Hasse.

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Dabei würden auch enorm viele Daten fließen, von Aufgabenstellungen, über entsprechende Antworten bis hin zu Bewertungen. Diese Daten dürften aber nicht «ungeschützt gesammelt und gespeichert und zum Erstellen von Schülerprofilen genutzt werden», betonte Hasse. Bildung sei zwar Ländersache, doch solle das nun vorliegende Papier zur Durchsetzung bundesweit einheitlicher Datenschutz-Standards auch an Schulen dienen. «Auf den Lernplattformen ist mehr möglich, als für den Schulunterricht nötig. Deshalb sind klare Richtlinien und Verhaltensregeln so wichtig», sagte Hasse.

Dem pflichtete auch sein Amtskollege aus Mecklenburg-Vorpommern, Reinhard Dankert, bei. So müsse auch verhindert werden, dass der Besuch der Portale durch Schüler von Lehrern erfasst und ohne deren Wissen zur Leistungsbewertung genutzt wird. «Der Fleiß eines Schülers sollte nicht daran gemessen werden, wie oft er die Plattform aufruft», erklärte Dankert.

Bei ihrem Treffen in Schwerin wollten sich die Datenschützer unter anderem auch mit dem Schutz von Gesundheitsdaten beim Einsatz sogenannter Wearables und Gesundheits-Apps sowie der künftigen Umsetzung der EU-Datenschutzverordnung in Deutschland befassen. Über die Ergebnisse der Tagung wollen sie am Donnerstag die Öffentlichkeit informieren. dpa

 

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7 Kommentare
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rfalio
7 Jahre zuvor

Darf ich dann auch keine Strichliste über nicht erstellte Hausaufgaben führen?
Ganz brav mit Papier und Bleistift?
Vor 20 Jahren hat eimal einer meinerSchulleiter über die Lautsprecherdurchsage Wiederholer belobigt, die im Februar des Wiederholungsjahres alle Noten besser als 4 hatten mit dem Erfolg, dass die anderen Wiederholer sich so anstrengten, dass sie auch das Jahr geschafft haben.
Heute: Unmöglich wegen Datenschutz!
Anderes Beispiel: Ich habe eine 8. Klasse und vermute, dass 2-3 von 27 das Jahrgangsziel nicht erreichen. Aber auf die Daten der Klasse darüber habe ich keinen Zugriff, da ich sie nicht unterrichte. Möchte ich jetzt irgendwie für das nächste Schuljahr vorplanen, ist es mir nicht möglich, da ich nicht einmal annähernd weiß, wie viele Schüler ich nächstes Jahr habe.
Ich brauche als Lehrer eine gewisse Informationsbasis, um meinen Schülerinnen und Schülern zu helfen!Und wenn ich gegensteuern soll, wenn sich einer radikalisiert, dann brauche ich Informationen.
Datenschutz okay, aber bitte nicht als Heilige Kuh.
rfalio

ysnp
7 Jahre zuvor

Die Überschrift ist schon reißerisch. Man kann alles negativ sehen und den „Feind“ Lehrer unter Generalverdacht stellen. Ich kenne mich zwar nicht in den beiden oben erwähnten Bundesländern aus, aber ich finde, dass sich die beiden Datenschützer in ihren Vorverurteilungen weit aus dem Fenster lehnen. Lehrer wollen den Schülern etwas beibringen und nicht Daten über eine häufige Internetanwesenheit zur Einschätzung des Lernfleißes der Schüler sammeln. Dazu fehlt erstens die Zeit und zweitens haben Lehrer etwas Wichtigeres zu tun. Letztendlich zählen zur Notenfindung ganz andere Qualitäten bzw. Leistungen. Lernplattformen werden Lehrern als Unterstützungsform angeboten, weil es dadurch eben möglich ist, individuelle zugeschnittene Aufgaben zu bearbeiten. Das ist eine gute Sache. Wenn das dann eingeschränkt wird, dann ist das eher zum Nachteil der Schüler, denn wenn ich etwas nicht gut nützen kann, setze ich das als Lehrer auch nicht ein. Nebenbei: Andere sg. Experten beklagen dann wieder die geringe Medienkompetenz der Lehrer.

GriasDi
7 Jahre zuvor
Antwortet  ysnp

Unternehmen haben sicherlich viel Interesse an solchen Daten.

Palim
7 Jahre zuvor

Es ist schon interessant, dass Lehrer nun wieder unter Generalverdacht gestellt werden. Wie sieht es denn mit Verlagen aus, die Plattformen zur Verfügung stellen und seit Jahren munter dort Daten sammeln?
Im übrigen: wenn es ginge würde ich mir ansehen, wann oder wie lange meine SchülerInnen in den Plattformen arbeiten. Das geht aber bei den von mir genutzten Plattformen gar nicht, die Daten werden nicht mehr den Lehrern angeboten. Dennoch sieht man, wer in allerkürzester Zeit extreme Leistungen bringt … und ja, ich gehe in Elterngesprächen darauf ein, dass Kinder mit 6 oder 7 Jahren besser Radfahren lernen, als Nachmittage lang vor der Flimmerkiste zu hängen.
Da nun die Frage danach zu erwarten ist, ob Kinder in dem Alter bereits an digitalen Programmen üben sollten: ja, sollten sie. Da stimme ich ysnp zu: die Kinder werden an Medien herangeführt und die Programme bieten einen erheblichen Nutzen hinischtlich der überaus wichtigen Differenzierung.

GriasDi
7 Jahre zuvor

Verschiedenste Firmen haben in den USA schon Interesse an solchen Daten bekundet. Die Schüler, die ihre Aufgaben am besten und schnellsten erledigen stehen dann sicher bald auf deren Gehaltsliste. Von wegen Bildungsgerechtigkeit durch Online-Angebote.

ysnp
7 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Ich habe nichts gegen Datenschutz und ich finde diesen auch wichtig eben aus solchen Gründen, die Sie erwähnen, aber gegen das, was die Überschrift aussagt. Lernplattformen müssen nicht öffentlich im Internet zugänglich sein und können z.B. wie die Plattformen der Westermann-Gruppe (Antolin, Zahlenzorro, Grundschuldiagonose usw.) geschützt sein.

Tina
7 Jahre zuvor

Ich finde es etwas seltsam, was Lehrer alles können sollen. Ich weiß von meinen Schülern nicht, wann sie am PC sitzen und wenn sie Lernprogramme nutzen würden, wäre das doch positiv, egal wie kurz oder lang sie dies tun. Aber ich nutze auch kein Programm mit allen Kindern, sondern stelle ihnen einzelne Programme vor und stelle es ihnen frei, welches sie gut finden. Ich wüsste auch nicht, dass die Programme Daten sammeln. Das fände cih auch unbrauchbar. Ich erkläre meinen Schülern die Nachteile von Facebook und anderen Datensammelmaschinen und sage dann, dass das Physiklernprogramm toll ist, obwohl es lauter Daten sammelt…
Was mich etwas nachdenklich machte war der Umgang mit Antolin. Meine Kinder arbeiten in der Schule mit Antolin und sollen dies auch zu Hause fortführen. Der Rechner ist mein Arbeitsrechner und wenn ich nciht arbeite, dann will cih nicht mit meinen Kinder davor hocken und Fragen zu „Milli muss aufs Klo“ beantworten. Da ich aber jetzt nicht bereit bin mit meinen Kindern diesen Quark zu machen, bekomme ich auf dem Elternsprechtag zu hören, meine Kinder würden zu wenig lesen (was nicht stimmt. Und sie lesen auch sehr gut und sinnentnehmend, nur sie lösen keine Quatschfragen bei Antolin) Da denke ich, fängt der Datenschutz schon an. Und da fängt auch die Ungleichbehandlung an von Kindern, die einen PC haben und diesen nutzen dürfen (mindestens für Antolin) gegenüber Kindern, die keinen PC haben oder diesen nur selten nutzen dürfen (und dies dann eventuell nicht für Antolin nutzen. Meine Kinder recherschieren sehr gern über Sachunterrichtsthemen oder lesen Artikel auf Hanisauland und Blindekuh, wenn sie PC-Zeit haben)