„A13 für alle“: Lehrer in NRW und Bremen demonstrieren

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DÜSSELDORF. Während in Berlin die rot-rot-grüne Landesregierung plant, Grundschullehrkräfte ab dem Schuljahr 2017/2018 nach A13 zu besolden, kämpfen Lehrervertreter in anderen Bundesländern noch, um genau dieses Ziel zu erreichen. Zu diesem Zweck hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft am Mittwoch, 23. November 2016, in Nordrhein-Westfalen und Bremen zu Protestaktionen aufgerufen.

In Bremen setzten sich der GEW zufolge etwa 100 Lehrkräfte vor der Bürgerschaft für eine bessere Bezahlung ein. Foto: GEW
In Bremen setzten sich der GEW zufolge etwa 100 Lehrkräfte vor der Bürgerschaft für eine bessere Bezahlung ein. Foto: GEW

Nach Gewerkschaftsinformationen zogen etwa 100 Lehrkräfte aus Bremerhaven und Bremen vom Bremer Hauptbahnhof vor die Bremische Bürgerschaft. In NRW demonstrierten sie in verschiedenen Städten, unter anderem Köln, Düsseldorf, Detmold und Arnsberg. Ihr gemeinsames Ziel: eine höhere Besoldung für Grundschullehrer nach A13, die der der Lehrkräfte an weiterführenden Schulen mit Sekundarstufe II entspricht. Derzeit erhalten sie aufgrund der niedrigeren Einstufung monatlich 500 bis 600 Euro weniger.

Aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) besteht für die Ungleichbehandlung keine rechtliche Grundlage. Beide Lehrervertretungen stützen sich auf bestehende Rechtsgutachten, um ihre Position zu stärken. Diese verweisen unter anderem auf die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen von Lehrkräften, die sich angeglichen haben. In Bremen und NRW studieren angehende Lehrkräfte beispielsweise zehn Semester bis zum Masterabschluss und absolvieren anschließend einen 18-monatigen Vorbereitungsdienst – unabhängig von der Schulform, in der sie später arbeiten wollen.

Gutachten kritisieren ungleiche Bezahlung 
Rechtsprofessor Ralf Brinktine von der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg kommt daher in seinem Rechtsgutachten für die GEW NRW auch zu dem folgenden Fazit: Die Ungleichbehandlung der Lehrkräfte in NRW ist „in mehrfacher Hinsicht mit dem Grundgesetz nicht vereinbar“. Sie widerspreche zwei Vorschriften: dem Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) und dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Im Gutachten heißt es: Es lasse sich kein sachlicher Grund mehr finden, „der eine niedrigere Einstufung von Grund-, Haupt- und Realschullehrerinnen und Lehrern im Vergleich zu Lehrerinnen und Lehrern an Gymnasien und Gesamtschulen rechtfertigen kann“. Stattdessen würden die gestiegenen beruflichen Anforderungen alle Lehrer betreffen, wie die Inklusion und die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund. Gleichzeitig seien zudem allgemeine Erziehungsaufgaben und die Vermittlung kultureller und sozialer Kompetenzen grundsätzlich in den Vordergrund gerückt. „Wie bereits im Rahmen der Aufgabenanalyse ausführlich aufgezeigt, sind die von den Lehrkräften der verschiedenen Schulformen in Nordrhein-Westfalen zu erfüllenden allgemeinen Aufgaben vollkommen identisch. Unterschiede zeigen sich nur noch mit Blick auf die zu vermittelnden Bildungsinhalte als spezifische Aufgaben.“ Die „reine Wissensvermittlung“ habe allerdings „quantitativ und qualitativ gegenüber anderen Aufgaben erheblich an Bedeutung verloren“. Darüber hinaus, so Brinktine, sei die Regelung nicht mit der Verfassung von NRW vereinbar, die in Artikel 24 Absatz 2 unter anderem festlegt: „Für gleiche Tätigkeit und gleiche Leistung besteht Anspruch auf gleichen Lohn.“

will, dass sich der Bund bei der Finanzierung der Schulen einbringt. Foto: VBE
VBE-Chef Udo Beckmann fordert gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Foto: VBE

Darauf weist auch der nordrhein-westfälische VBE-Vorsitzende Udo Beckmann in einer Pressemitteilung hin: „Schon im Jahr 2011 hat der Verfassungsrechtler Prof. Christoph Gusy in seinem Gutachten für den VBE festgestellt, dass sich der Artikel 24 Abs. 2 S. 2 in der Verfassung von NRW nicht allein auf die gleiche Entlohnung von Männern und Frauen bezieht, sondern grundsätzlich auf Personen, die einer gleichen Tätigkeit nachgehen. Dies trifft auf alle Lehrkräfte in NRW zu. Somit verstößt das Land NRW durch die ungleiche Bezahlung von Lehrerinnen und Lehrern fortgesetzt gegen die eigene Verfassung.“

Die GEW-Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Dorothea Schäfer, erinnert in einem Schreiben darüber hinaus an das Rechtsgutachten, das Prof. Dr. Eva Kocher, Dr. Stefanie Porsche und Dr. Johanna Wenckebach im Auftrag der GEW erstellt haben und demzufolge die schlechtere Bezahlung der Grundschullehrer eine mittelbare Diskriminierung von Frauen darstelle, „da an Grundschulen rund 90 Prozent der Lehrkräfte Frauen sind“. Schäfer fordert: „Damit muss endlich Schluss sein!“

In Bremen appellierte Bernd Winkelmann, GEW-Landesvorstandssprecher, vor der in der Bürgerschaft tagenden Bildungsdeputation direkt an die amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und Bremer Senatorin für Kinder und Bildung, Claudia Bogedan: „Wir fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Wenn Sie die Aufwertung der benachteiligten Lehrkräfte einleiten und die mittelbare Diskriminierung der Grundschullehrkräfte beenden, können Sie als KMK-Präsidentin in die Geschichte eingehen.“ Der GEW zufolge erwiderte die Senatorin, dass sie wisse, „welche Arbeit in den Grundschulen geleistet wird. Es wird aber ein langer Weg dahin sein.“ Agentur für Bildungsjournalismus

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