Streikrecht für beamtete Lehrer in Karlsruhe wohl chancenlos

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BERLIN (Mit Kommentar). Das Streikverbot für beamtete Lehrer dürfte vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wohl keine Chance haben, meint der ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio. Ihm zufolge duldet das Beamtenrecht keine Ausnahmen – auch wenn die GEW dies anders sieht.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe - hier ein Foto von 1989 mit dem späteren Bundespräsidenten Roman Herzog (4. v. l.) - dürfte beamteten  Lehrern kaum ein Streikrecht einräumen. Foto: Bundesarchiv / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe – hier ein Foto von 1989 mit dem späteren Bundespräsidenten Roman Herzog (4. v. l.) – dürfte beamteten Lehrern kaum ein Streikrecht einräumen. Foto: Bundesarchiv / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Warnstreik-Aktionen von beamteten Lehrern im Jahr 2010 seien mit den Grundsätzen des Berufsbeamtentums nicht vereinbar und Sanktionen des Dienstherren gegen die Betroffenen deshalb rechtens gewesen, sagte de Fabio. Er legte dazu ein von dbb Beamtenbund und Tarifunion in Auftrag gegebenes Gutachten vor.

Anlass für die Expertise sind Bestrebungen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Beamtenstreiks per Gerichtsbeschluss durchzusetzen. Es geht dabei um Klagen beamteter Lehrer, die sich unter Berufung auf die Europäische Menschenrechtskonvention das Streikrecht erstreiten wollen. Die Entscheidungen fielen in erster Instanz je nach Bundesland unterschiedlich aus, in zweiter Instanz wurde das Streikverbot bestätigt. Nun sollen Bundesverwaltungsgericht und Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden.

GEW will vor den Europäischen Gerichtshof ziehen

Die GEW Schleswig-Holstein will sogar bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen, um «einem Menschenrecht auf Streik auch in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen». Das kündigte die GEW in Kiel an, nachdem das schleswig-holsteinische Verwaltungsgericht die Klagen von sechs Lehrern gegen disziplinarische Verweise des Bildungsministeriums abgewiesen hatte. Anfang Juni 2010 streikten  laut GEW 2000 verbeamtete Lehrer in Schleswig-Holstein für bessere Arbeitsbedingungen. Das Bildungsministerium erteilte daraufhin die Verweis.

«Das negative Urteil haut uns nicht um», sagte seinerzeit der GEW-Landesvorsitzende Matthias Heidn. «Uns war immer klar: Eine endgültige Entscheidung über das Streikrecht für verbeamtete Lehrer wird nicht in Schleswig, sondern in Straßburg fallen.» Das Verwaltungsgericht halte nach Meinung der GEW an einem «unzeitgemäßen und vordemokratischen Streikverbot» fest.  Rückenwind bekam die GEW dagegen vom Verwaltungsgericht Kassel. Beamte dürfen ihm zufolge streiken, sofern sie keine hoheitlichen Aufgaben erfüllen.

Keine zwei Arten von Beamten

Aus Sicht de Fabios kann es entgegen der GEW-Meinung zwei Arten von Berufsbeamten – im Kernbereich hoheitlicher Aufgaben wie bei der Polizei und außerhalb davon wie bei Lehrern – nicht geben. «Der Rechtsstaat ist auf Beamte angewiesen, die nicht gegen den Dienstherren streiken», sagte der Verfassungsjurist. Beide Seiten stünden in wechselseitiger Loyalitätsbeziehung.

dbb-Chef Peter Heesen begrüßte die Klarstellung de Fabios: Jeder Beamte wisse nun, was er zu tun habe. Das Streikverbot für Beamte beeinträchtige seine Organisation in der bevorstehenden Tarifrunde des Öffentlichen Dienstes «überhaupt nicht».

Auch andere Lehrerverbände sehen die Forderung der GEW nach einem Streikrecht für beamtete Lehrer kritisch. Lehrer gewährleisteten die Funktionsfähigkeit eines Staates. „Vor dem Hintergrund der in Deutschland bestehenden Schulpflicht ist das nur in einem Beamtenstatus möglich“, meint etwa Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). Das Interesse des Bürgers, Kinder zu aktiven Teilhabern einer Gesellschaft zu formen, bedürfe eines Apparats, der unabhängig von Arbeitskampfmaßnahmen dauerhaft und lückenlos funktioniere. News4teachers, mit Material von dpa

(31.10.2012)

 

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