Immer mehr verhaltensauffällige Azubis: Berufsschulen in Not

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BAD KISSINGEN. Weil es in manchen Branchen zu wenige Lehrlinge gibt, setzen Ausbildungsbetriebe immer öfter auf die zweite oder dritte Wahl: Jugendliche, die noch viel lernen müssen. In den Berufsschulen brauchen sie meist eine Sonderbehandlung. Doch dafür fehlt Personal.

Gute Aussichten: Für Auszubildende sieht der Markt derzeit gut aus. Foto: Foto: Karl-Heinz Laube  / pixelio.de
Gute Aussichten: Für Auszubildende sieht der Markt derzeit gut aus. Foto: Foto: Karl-Heinz Laube / pixelio.de

Der Nachwuchsmangel in manchen Ausbildungsberufen macht den Berufsschulen zu schaffen. Einige Schüler hätten immer mehr Schwierigkeiten, dem Unterricht zu folgen, sagte der Landesvorsitzende des Verbandes der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern (VLB), Jürgen Wunderlich.

Bevor Hotels, Gaststätten oder Einzelhändler gar keine Lehrlinge hätten, stellten manche von ihnen lieber weniger geeignete Kandidaten ein. «Die haben jedoch meist nicht nur fachliche Defizite, sondern auch Defizite im Verhalten.» Diese und die guten Schüler auf einem hohen Niveau bis zu den Prüfungen zu führen, sei für die Pädagogen eine große Herausforderung. Deshalb sei es nötig, mehr Lehrer, Sozialarbeiter und Schulpsychologen an den Berufsschulen zu beschäftigen. Nur dann könnten kleinere Klassen eingerichtet werden.

Notwendig: Individuelle Förderung

«Und nur dann können wir Förderunterricht anbieten, damit auch diese Schüler die Anforderungen und das Niveau der Abschlussprüfung in ihrem Ausbildungsberuf schaffen», sagte er. «Man muss sich diesen Schülern individuell widmen können – auch außerhalb des Unterrichts.» In rund 40 Prozent der Berufsschulklassen lernen Abiturienten, Förderschüler und Jugendliche ohne jeden Abschluss zusammen. «Bei den Prüfungen wird nicht nach Schulabschluss differenziert – da legen alle die gleiche Prüfung ab», sagte der Verbandsvorsitzende.

Ohne mehr Personal und zusätzliche Förderung könnten die Berufsschulen im schlimmsten Fall das Niveau der dualen Ausbildung nicht mehr halten. «Und eine Absenkung der Hürden bei den Prüfungen kann ja keine Lösung sein.» Wunderlich kritisierte, die Berufsschulen würden bei der Personalausstattung im Vergleich zu den Mittelschulen und Gymnasien benachteiligt. «Wir fallen oft hinten ‚runter, weil uns zum Beispiel die Lobby der Eltern fehlt.»

In Bayern gibt es dem VLB zufolge etwa 1550 berufliche Schulen – von der Berufsschule über die Fachoberschule und der Fachakademie bis zum Telekolleg. Rund 433 500 Schüler werden dort von gut 19 100 Lehrern unterrichtet. Am Samstag wollten sich rund 500 Lehrer auf dem Berufsbildungskongress der Berufsschulen in Bad Kissingen treffen und über Fragen der beruflichen Bildung diskutieren. CHRISTIAN GLÄSER; dpa

Zum Bericht: „Fehlende soziale Reife“: Jeder vierte Auszubildende bricht die Lehre ab

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