Andreas Stoch: Ein Jurist ist jetzt Kultusminister in Stuttgart

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STUTTGART. Es ist die erste Kabinettsumbildung unter Grün-Rot in Baden-Württemberg: Andreas Stoch (SPD) hat sein neues Amt als Kultusminister angetreten. Auf ihn warten zahlreiche Baustellen und Streitthemen.

Nachfolger von Gabriele Warminski-Leitheußer, die von der eigenen Fraktion fallengelassen worden war: Andreas Stoch. Foto: SPD-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg
Nachfolger von Gabriele Warminski-Leitheußer, die von der eigenen Fraktion fallengelassen worden war: Andreas Stoch. Foto: SPD-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg

Nein, ihm schlotterten nicht die Knie, beteuerte Andreas Stoch vor dem Amtsantritt. Vielmehr komme er sich vor wie ein Marathonläufer, der vor der Startlinie steht und darauf wartet, dass es endlich losgeht. Jetzt fiel der Startschuss: Im Landtag wurde der 43-Jährige zum neuen Kultusminister vereidigt. Der SPD-Politiker tritt die Nachfolge von Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) an, die nach einer Reihe eigener Verfehlungen und massiver Kritik aus der SPD-Fraktion Anfang Januar von ihrem Amt zurückgetreten war.

Der Erwartungsdruck ist immens: Mit dem Bildungsressort übernimmt Stoch eines der wichtigsten Aufgabenfelder der Landesregierung. In kaum einen anderen Bereich streben SPD und Grüne so schnell so viele Veränderungen im Vergleich zur schwarz-gelben Vorgängerregierung an wie hier. Einführung von Gemeinschaftsschulen, Einbeziehung behinderter Kinder in den regulären Schulunterricht (Inklusion), Ausbau von Ganztagsschulen: Das sind nur einige Aufgaben, die auf den in Heidenheim geborenen Politiker warten. Bildungspolitik betrifft viele Menschen – und wird von vielen kritisch verfolgt.

Vor allem soll es endlich mit der regionalen Schulentwicklung vorangehen. Weil die Schülerzahlen zurückgehen, müssen Schulen zusammengelegt oder ganz geschlossen werden. Damit die Regionen planen und umsetzen können, muss das Ministerium Vorgaben machen. Ein Konzept sollte eigentlich schon längst auf dem Tisch liegen. Damit steht bei Stoch gleich zu Beginn ein heikles Thema an. In den ersten Tagen will der neue Minister erst einmal viele Gespräche führen – mit den eigenen Mitarbeitern und Vertretern von Verbänden, mit denen Grün-Rot in der Bildungspolitik zum Teil heftig über Kreuz liegt.

Hoffnungen, mit dem Ministerwechsel könnten auch die Einsparungen im Bildungsressort korrigiert werden, hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) aber bereits eine Absage erteilt: Es bleibe bei dem geplanten Abbau von 11.600 Lehrerstellen bis 2020. Die Gewerkschaft GEW fürchtet, dass darunter die Bildungsvorhaben leiden werden. Vorwürfe, Grün-Rot päppele die Gemeinschaftsschulen vor allem zulasten von Gymnasien und Berufsschulen, wies Stoch kurz nach Amtsantritt scharf zurück. Er lässt keinen Zweifel daran, dass er den Kurs fortsetzen wird, den Grün-Rot eingeschlagen hat.

Stoch war parlamentarischer Geschäftsführer

Stoch hat seit 2009 ein Landtagsmandat – seit Mai 2011 war er parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion und machte sich als Obmann seiner Partei im EnBW-Untersuchungsausschuss einen Namen. Von politischen Weggefährten wird er als ehrgeizig und strukturiert beschrieben. Ihm wird eine schnelle Auffassungsgabe nachgesagt – bei Journalisten ist er für seine pointierten Statements bekannt.

Der Jurist Stoch hat vier schulpflichtige Kinder – seine Frau ist Sonderschullehrerin. Dass er kein Bildungsexperte ist, wird in der Regierung nicht als Problem gesehen. Die neue Staatssekretärin im Bildungsministerium, die bisherige DGB-Landesvize Marion von Wartenberg (SPD), könnte dieses Defizit ausgleichen. Im Gegensatz zu Warminski-Leitheußer, die kein Landtagsmandat hatte und aus Mannheim nach Stuttgart gekommen war, hat Stoch den Rückhalt seiner Fraktion.

Eine Schonfrist hat der neue Minister nicht: Schon morgen gibt er seine erste Pressekonferenz im neuen Amt. Thema ist dann, welche weiteren Gymnasien im Südwesten vom acht- zum neunjährigen Abitur zurückkehren dürfen. Städtetag und Landeselternbeirat fordern, die neunjährigen Gymnasialzüge deutlich auszubauen – eine Forderung, die auch SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel erhoben hat, der sich damit aber gegen die Grünen nicht durchsetzen konnte. Bleiben wird es bei insgesamt 44 G9-Schulen im Rahmen eines Schulversuchs. BETTINA GRACHTRUP; dpa

(23.1.2013)

Zum Bericht: „Ministersturz soll Befreiungsschlag für Kretschmanns Koalition werden“

 

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