Hohe Dunkelziffer? Thüringer Schulen meldeten im Vorjahr 23 rechtsextreme Vorfälle

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ERFURT. Ein Hakenkreuz an der Tafel, SS-Runen im Schulheft – auch um Schulen macht Rechtsextremismus keinen Bogen. Die Zahl der offiziell gemeldeten einschlägigen Vorfälle ist allerdings gering.

Schmierereien von Neonazis im sächsischen Limbach-Oberfrohna. Foto: indymedia.org (CC BY-SA 2.0)
Schmierereien von Neonazis im sächsischen Limbach-Oberfrohna. Foto: indymedia.org (CC BY-SA 2.0)

Aus den rund 900 Schulen in Thüringen sind im vergangenen Jahr 23 rechtsextreme Vorfälle gemeldet worden. Nach Angaben des Bildungsministeriums wurden bei Schülern unter anderem Neonazi-Schmierereien in den Schulheften oder an der Tafel und Szene-Symbole auf der Kleidung entdeckt. Außerdem konfiszierten die Schulen vorübergehend Handys mit einschlägiger Musik und Videos. In drei Fällen erstatteten sie Anzeige gegen Schüler wegen des Verdachts der Volksverhetzung, wie ein Ministeriumssprecher sagte.

2011 hatten die Schulen ebenfalls 23 rechtsextreme Vorfälle gemeldet und zwei Anzeigen wegen Volksverhetzung erstattet. Nach Einschätzung des Ministeriums zeigen diese Zahlen, dass Vorfälle mit rechtsextremem Hintergrund zu den Ausnahmesituationen an Thüringer Schulen zählen. Die Schulen seien verpflichtet, derartige Vorfälle an die Schulämter und weiter an das Ministerium zu melden, sagte Sprecher Gerd Schwinger. «Und das tun sie auch.»

„Rechtsextremes Denken weit verbreitet“

Dagegen geht das Thüringer Netzwerk Demokratie und Courage, das landesweit an Schulen Bildungsarbeit gegen Rechtsextremismus leistet, von einer Dunkelziffer aus. «Oft wollen Eltern nicht, dass solche Vorfälle nach außen getragen und gemeldet werden», sagte Projektleiterin Doreen Breuer. Rechtsextremes Denken sei unter vielen Schülern verbreitet – unabhängig von der Schulform.

«Auch an Gymnasien finden wir teilweise erschütternde menschenverachtende Haltungen», sagte Breuer. Vor allem gegen Einwanderer brächten viele Schüler «verhärtete Vorurteile» von zu Hause mit in die Schule. Das vom Bildungs- und Wirtschaftsministerium finanziell unterstützte Netzwerk, ein Zusammenschluss von Jugendverbänden und Bildungsträgern, veranstaltet Projekttage gegen Rassismus an Schulen und Berufsschulen. Die 70 ehrenamtlichen Mitarbeiter schulen auch Lehrer, zum Beispiel im Umgang mit rechter Szenekleidung und rechten Codes und Symbolen.

In den Jahren 2011 und 2012 wurden an Schulen außerdem insgesamt 25 Vorfälle mit unbekannten Verursachern registriert, etwa Hakenkreuzschmierereien an der Fassade der Gebäude. Diese kamen häufig nachts oder am Wochenende zustande. Das Ministerium geht deshalb davon aus, dass sie nicht in einem direkten Zusammenhang mit dem Schulalltag stehen. dpa

(18.4.2013)

Zum Bericht: „Geschichte fünf: Jeder zweite Schüler hält NS-Staat für keine Diktatur“

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