Volksbegehren in Sicht: Hamburg vor der Rückkehr zu G9?

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HAMBURG. Die Initiative «G9-Jetzt-HH» zur Wiedereinführung des Abiturs nach neun Jahren hat in einem ersten Schritt fast 17.000 Unterschriften zusammenbekommen – wohl genug, um ein Volksbegehren zu erzwingen. Für Empörung sorgt aktuell der Befund, dass an fast jedem zweiten Hamburger Gymnasium in der Mittelstunde die Obergrenze von 34 Wochenstunden überschritten wird.

Homepage der Initiative «G9-Jetzt-HH», Screenshot.
Homepage der Initiative «G9-Jetzt-HH», Screenshot.

Insgesamt hätten 16.730 Hamburger unterzeichnet, sagte die Initiativensprecherin Mareile Kirsch bei der Übergabe der Listen im Rathaus. Nach Angaben der Senatskanzlei werden diese nun innerhalb eines Monats vom Bezirksamt Wandsbek auf ihre Gültigkeit geprüft. Die Initiative will erreichen, dass nicht nur an den Stadtteilschulen, sondern auch an den Gymnasien das Abitur nach neun Jahren abgelegt werden kann. Bislang müssen die Schüler an den gut 70 Gymnasien ihre Hochschulreife bereits nach acht Jahren nachweisen.

Die Initiative sei keine Fortsetzung der Initiative «Wir wollen lernen», die in einem Volksentscheid 2010 Primarschule gekippt hatte, betonte Kirsch. «Was uns vereint, ist die Sorge um Bildung und Kindheit.» Denn beim in Hamburg vor elf Jahren eingeführten G8-«Turbo-Abi» kämen beide zu kurz, zeigten sich die Initiatoren überzeugt. Die Initiative will deshalb an allen Hamburger Gymnasien ähnlich wie in Schleswig-Holstein, Hessen und Baden-Württemberg grundsätzlich zum G9-Abitur zurückkehren und das G8-Abitur nur noch auf Wunsch von Eltern und Schüler anbieten.

Sollte die Initiative die notwendigen 10.000 gültigen Unterschriften zusammenbekommen haben, muss sich die Bürgerschaft innerhalb von vier Monaten entscheiden, ob sie das Anliegen übernimmt. Sollte dem nicht so sein, kann die Initiative ein Volksbegehren starten. Um dabei erfolgreich zu sein, muss die Initiative innerhalb von drei Wochen rund 62.000 Unterschriften zusammenbekommen. Will das Landesparlament dann nimmer noch nicht den Vorstellungen der Initiative folgen, kann sie einen Volksentscheid erzwingen. Dieser könnte nach Angaben der Initiative nach der Bürgerschaftswahl 2015 stattfinden.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) warnte davor, alle vier Jahre das gesamte Schulsystem umzukrempeln und Kinder, Eltern und Lehrer schon wieder mit einer neuen Riesenreform zu belasten. «Unsere Gymnasien brauchen jetzt auch mal Ruhe, um sich auf guten Unterricht und gute Schule zu konzentrieren», erklärte Rabe. Die FDP-Schulexpertin Anna von Treuenfels forderte den Senator dagegen auf, endlich aktiv zu werden, «um den Druck aus den acht Jahren bis zum Abitur zu nehmen».

Die Grünen sprachen von einem Warnschuss in Richtung Senat. «Die Unzufriedenheit bei Eltern und Jugendlichen mit der Situation an den Gymnasien ist groß. Der Senat weiß das, handelt aber nicht», klagte die Grünen-Schulexpertin Stefanie von Berg. Die CDU-Schulexpertin Karin Prien betonte, ihre Fraktion werde bei Gesprächen mit der Initiative auch die Interessen der Stadtteilschulen und der G8-Befürworter im Blick behalten.

Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn erinnerte daran, dass die Stadtteilschulen das Abitur nach neun Jahren anböten. Sollte das G9 also wieder an Gymnasien eingeführt werden, gäbe es «keinen Grund mehr, die künstliche Trennung zwischen Stadtteilschulen und Gymnasien mit all ihren negativen Folgen aufrechtzuerhalten».

Wie das „Hamburger Abendblatt“ berichtet, ist die Belastung der Hamburger Gymnasiasten in der Mittelstufe noch deutlich größer als bisher bekannt. Nicht nur an einigen wenigen Gymnasien werde die Obergrenze von 34 Wochenstunden überschritten, sondern an fast der Hälfte dieser Schulen, wie eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Anna von Treuenfels zutage gefördert habe.

Der Senat liste in seiner Antwort genau auf, wie viele Stunden an den Gymnasien im Einzelnen unterrichtet werden. So blieben in den fünften und sechsten Klassenstufen alle Schulen unter 34 Wochenstunden (meist 30 bis 32). Auch in der siebten Klasse werde zumeist weniger unterrichtet – nur an zwei Gymnasien müssten die Schüler wöchentlich bereits 35 Stunden im Unterricht sitzen. In den achten Jahrgängen würden an sechs Gymnasien mehr als 34 Stunden unterrichtet (an einem Gymnasium gar 36 Stunden), in der neunten Klasse gar an zwölf Schulen. Im zehnten Jahrgang schließlich säßen die Schüler an 25 der insgesamt 56 aufgelisteten Gymnasien mehr als 34 Wochenstunden im Unterricht. Maximal seien es 36 Wochenstunden. Eine Änderung der Regelungen zu den Wochenstunden während des laufenden Schuljahrs sei nicht möglich, sagte ein Behördensprecher dem Blatt. News4teachers / mit Material der dpa

Zum Bericht: Nach der Hessen Wahl: G9-Initiative sieht sich im Aufwind

 

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