Neues Leibniz-Institut soll Bildungspolitik «nachhaltig verändern»

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BAMBERG. Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle sieht «die Stunde der Wahrheit» in der Bildungspolitik gekommen: Das neue LeibnizInstitut in Bamberg will Stärken und Schwächen der deutschen Bildungslandschaft durch ein einzigartiges Forschungsprojekt aufdecken.

 Oberfranken hat sein erstes LeibnizInstitut: Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) und Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) eröffneten in Bamberg das LeibnizInstitut für Bildungsverläufe (LIfBi). Wanka sprach von einem «Forschungsansatz mit ungeahnten Möglichkeiten», Spaenle von einer «revolutionären Idee».

Das LIfBi beobachtet den Lebensweg von 60 000 überwiegend jungen Deutschen über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren. Die Forscher halten dabei viele Lebensgewohnheiten der Testpersonen fest – etwa in welche Sportvereine sie gehen, auf welche Schulen sie wechseln, ob sie Nachhilfe brauchen, welche Berufe und Studiengänge sie wählen. Sie wollen auf diese Weise herausfinden, wie Leben und Lernen miteinander verknüpft sind und wie Menschen bestimmte Fähigkeiten erlangen. «Warum wird ein Kind zum Schulabbrecher, ein anderes aber zum Mathe-Talent. Warum führt der eine Mensch ein glückliches Leben, der andere lebt einsam und unglücklich?», erläuterte LIfBi-Leiter Hans-Günther Roßbach die Fragestellung.

Das Projekt wurde bereits vor fünf Jahren gestartet. Es wurde vom Bundesbildungsministerium finanziert und von der Universität Bamberg durchgeführt. Durch die Gründung eines eigenständigen Leibniz-Instituts an der Uni Bamberg sei die Finanzierung nun langfristig gesichert, sagte Wanka. Bund und Länder würden sich künftig die Kosten teilen. Es handele sich um eine der größten sozialwissenschaftlichen Infrastruktureinrichtungen Deutschlands.

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Teilnehmer der Studie sind Babys, Kindergartenkinder, Schüler, Studenten und Berufstätige. Einmal jährlich werden ihre Fähigkeiten getestet oder die Lebensgewohnheiten per Fragebogen erfasst. Befragt werden außerdem die Eltern, Lehrer und Schulleiter der Testpersonen. Dadurch kommt es zu 100 000 Befragungen jährlich. Aus den Daten erstellen die Bamberger Wissenschaftler das sogenannte «Nationale Bildungspanel» (NEPS) – Forscher auf der ganzen Welt können diese Datenbank für eigene Studien kostenlos nutzen.

«Bei Bildungsforschung denkt man zuerst an die Pisa-Studie», sagte Wanka. Die müsse es auch weiterhin geben. Aber Studien wie Pisa seien nur Momentaufnahmen der Kompetenzen eines bestimmten Jahrgangs. «Diese Momentaufnahmen geben keine Auskunft darüber, wie sich Bildungsbiografien entwickeln, unter welchen Bedingungen es zum Erwerb oder Verlust von Fähigkeiten kommt.» Das neue LeibnizInstitut – es ist das sechste in Bayern – untersuche erstmals Ursache und Wirkung «entlang des gesamten Lebenswegs.»

Spaenle gab sich überzeugt, die Bildungspolitik werde sich «dadurch nachhaltig verändern.» Es würden «viele Ideologien, Vorurteile und Einschätzungen bestätigt, aber wahrscheinlich wird noch viel mehr nicht bestätigt werden», sagte der Minister. «Es kommt die Stunde der Wahrheit.» Spaenle sagte, er freue sich darauf, «die eine oder andere bittere Erkenntnis aus den Bamberger Ergebnissen» politisch umsetzen zu dürfen. dpa

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