Uni Hamburg bildet künftig keine Türkischlehrer mehr aus – ein Rückschritt

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HAMBURG. Die Universität Hamburg (UHH) wird keine Türkischlehrer mehr ausbilden. Nach 20 Jahren wird der Studiengang eingestellt. Das geht laut „Hamburger Abendblatt“ aus der Antwort des Hamburger Senats auf eine Kleine Anfrage aus Reihen der Grünen hervor. „Seit circa einem Jahr gibt es innerhalb der UHH intensive Erörterungen zur Zukunft dieses Faches“, so heißt es. Der Grund für die Streichung liege in der geringen Nachfrage nach Studienanfängerplätzen und den daraus folgenden geringen Studierendenzahlen.

Die Uni Hamburg wird künftig keine Türkisch-Lehrer mehr ausbilden. Foto: Jeremy Vandel / Flickr (CC BY 2.0)
Die Uni Hamburg wird künftig keine Türkisch-Lehrer mehr ausbilden. Foto: Jeremy Vandel / Flickr (CC BY 2.0)

„Die Nachfrage und die Studierendenzahlen sind in diesem Fach sehr gering“, so bestätigt die Pressestelle der UHH gegenüber der „taz“ und nennt die Anfängerzahlen für das Lehramt Gymnasium: Nur fünf in den Jahren 2010 bis 2012. Wenn allerdings die Studierenden für das Lehramt Primarstufe und Sekundarstufe I hinzugezählt würden, so heißt es in dem Bericht, summiere sich die Zahl auf knapp 100.

In Hamburg gibt es 30 Schulen, an denen Türkisch unterrichtet wird. Die Schulbehörde betonte, dass das Unterrichtsfach an den Hamburger Schulen trotz dieser Entscheidung unverändert weitergeführt werde. „Veränderungen sind auf schulischer Seite nicht geplant“, sagte ein Sprecher gegenüber dem „Abendblatt“ – und verwies auf die Ausbildung andernorts: „Die Hamburger Schulen decken ihren geringen Bedarf an Lehrkräften auch weiterhin bundesweit ab.“ So bietet auch die Uni Duisburg/Essen Türkisch auf Lehramt an; dort werden 240 Studierende verzeichnet.

Professor Yavuz Köse, der am Institut für Turkologie die Studierenden betreut, sagte gegenüber der „taz“, dass die Ausstattung an der Fakultät viel zu knapp sei – und daher die Probleme rührten. Mit nur einer Professur und einer derzeit vakanten Juniorprofessur würden gleich zwei Studiengänge betreut: Turkologie und Lehramt Türkisch. Den didaktischen Teil übernehme die Fakultät für Erziehungswissenschaften. Doch auch dort gebe nur eine Lehrkraft auf einer halben Stelle, die nur Russisch und kein Türkisch spricht. Nun habe seine Fakultät „die Reißleine gezogen“.

Der Frage, ob die Schließung mit der Schulbehörde abgesprochen ist, weicht diese dem Bericht zufolge aus. Ihr Sprecher verweist auf die Wissenschaftsbehörde, die wiederum auf die Autonomie der Uni verweist.

Hamburg werbe bei türkischen Einwanderern für den Lehrerberuf, um mehr Migranten an die Schulen zu bringen. Das passe mit dem Streichungsplan nicht zusammen, meint der türkische Elternbund Hamburg, wie der NDR berichtet. Die türkische Gemeinde plant dem Bericht zufolge für Freitag eine Protestkundgebung. Türkisch sei nach Deutsch die meist gesprochene Sprache im Land, sagte Bilge Yörenc, Vorsitzende des Türkischen Lehrervereins Hamburg, gegenüber der „taz“. Es gebe in Hamburg durchaus genügend Interessenten für das Fach, sagt Yörenc. Doch weil die Stadt als Studienort so beliebt sei, liege der Numerus clausus für Erziehungswissenschaft bei 1,5. Dabei seien Abiturienten mit Notenschnitt 2 bis 2,5 sehr wohl geeignet. Ausnahmen bei der Zulassung, wie es sie bei Musik und Kunst ja auch gebe, müssten her, forderte Yörenc. Sie sieht in der Entscheidung eine Abwertung des Türkischen, welche sich gerade zu einer „Bildungssprache“ entwickele. News4teachers.

Zum Kommentar: Türkisch auf Lehramt? Wir brauchen mehr Angebote, nicht weniger

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