Hamburgs Ziel steht fest: Eine Erzieherin für maximal vier unter Dreijährige – ab 2020

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HAMBURG. Nach Protesten von Eltern und Erziehern haben sich Politik und Verbände auf einen besseren Betreuungsschlüssel in Krippen und Kitas verständigt. SPD-Fraktionschef Andreas Dressel und Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) legten eine Vereinbarung mit den Trägerverbänden vor, wonach spätestens von 2020 an eine Erzieherin nur noch maximal vier Kinder im Alter von bis zu drei Jahren betreuen soll. Bislang muss sie sich laut einer Bertelsmann-Studie im Schnitt um 5,4 Mädchen und Jungen kümmern. Das ist der schlechteste Wert aller westdeutschen Länder.

Sieht nett aus - ist aber tatsächlich harte Arbeit: der Erzieherinnen-Alltag. Foto: Thomas Pompernigg/Flickr (CC BY-SA 2.0)
Hamburg will den Betreuungschlüssel in seinen Krippen und Kitas schon ab 2015 verbessern. Foto: Thomas Pompernigg/Flickr (CC BY-SA 2.0)

Zunächst sollen zum 1. April 2015 für Kinder bis zwei Jahren zehn Prozent mehr Erzieher eingestellt werden. Danach soll zum 1. August 2017 für die bis zu Dreijährigen ebenfalls zehn Prozent mehr Personal zur Verfügung stehen, sagte Dressel. Abgeschlossen sein soll der Erzieherzuwachs dann am 1. August 2019, so dass dann spätestens 2020 das Ziel eines Betreuungsschlüssels von eins zu vier erreicht ist. Im Elementarbereich – also bei den Drei- bis Sechsjährigen – soll spätestens 2025/2026 ein Schlüssel von eins zu zehn gelten. Derzeit gebe es in Hamburg rund 12.000 Kita- und Krippenerzieher, am Ende sollen es mehr als 13.000 sein.

Die Gesamtkosten bezifferte Dressel auf bis zu 120 Millionen Euro pro Jahr, welche zu einem Drittel von den Verbänden und zu zwei Dritteln vom Land übernommen würden. Bereits im Doppelhaushalt 2015/16, den die Bürgerschaft in der Woche vom 15. bis zum 21. Dezember verabschieden will, seien zusätzlich rund 6,5 Millionen Euro eingeplant. Um den Haushalt der Hansestadt nicht über Gebühr zu belasten, wollen SPD-Fraktion und Senat auch den Bund in die Pflicht nehmen. Aus Dressels Sicht kämen dabei etwa das Betreuungsgeld, der Länderfinanzausgleich oder der Solidarpakt infrage. Gebührenerhöhungen schloss er aus: „Wir haben die Gebühren gesenkt, wir haben die Beitragsfreiheit hergestellt. Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, das wieder einzusammeln.“

Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) – ein Zusammenschluss der Spitzenverbände – begrüßte den Einstieg zu einer besseren Betreuung der Kitakinder. „Uns war bei den Verhandlungen wichtig, endlich zu konkreten Ergebnissen zu kommen, die einerseits zügig in der Praxis umgesetzt werden und gleichzeitig nachhaltig wirken“, sagte AGFW-Geschäftsführer Jens Stappenbeck. Etwas zurückhaltender gab sich die Geschäftsführerin des Alternativen Wohlfahrtsverbands Soal, Sabine Kümmerle: „Die Zielsetzung stimmt, wir hätten uns aber ein Mehr und das schneller gewünscht.“

Der Landeselternausschuss (LEA) kritisierte, dass der geplante Personalschlüssel von eins zu vier eine nur rechnerische Größe sei, da Fehl- und Krankheitszeiten nicht berücksichtigt würden. Zudem hätten sich die Eltern gewünscht, an den Verhandlungen beteiligt zu werden. Schließlich übernähmen sie durch ihre Eigenanteile „einen erheblichen Anteil zur Finanzierung des Kita-Systems“.

Die Grünen-Bürgerschaftsfraktion forderte erneuert schon vom kommenden Sommer aufwachsend 700 neue Erzieher. Die Vereinbarung selbst nannte die Grünen-Sozialexpertin und Parteichefin Katharina Fegebank „ein zweifelhaftes Wahlkampfmanöver der SPD“. Rund zwei Monate vor der Bürgerschaftswahl kündige die SPD Verbesserungen bereits für den übernächsten Wahlkampf 2019 an. dpa

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