Der „Marzipan-Erpresser“ aus Kiel will Unternehmen Coop schädigen – Polizei räumte drei Schulen

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KIEL. Polizei-Großeinsatz in Kiel: Nach Drohungen eines Erpressers werden drei Schulen geräumt und durchsucht. Bereits zuvor waren vergiftete Marzipanherzen gefunden worden. Ziel ist die Handelskette Coop.

Der Schultag beginnt so wie immer: Die ersten Lehrer sind da, langsam trudeln an diesem sonnigen Morgen auch einige Schüler ein – und plötzlich müssen alle raus. Die Polizei lässt blitzschnell drei Schulen in Kiel räumen. Jemand erpresst die in der Landeshauptstadt angesiedelte Einzelhandelskette Coop. Unbekannte drohten damit, weiterhin manipulierte Lebensmittel rund um Kieler Schulen zu verteilen, teilt das Unternehmen am Freitag mit. Die Polizei nimmt das Ganze sehr ernst.

Spürhunde und Sprengstoffexperten durchsuchen am Morgen erst die Muhliusschule; danach sind die Käthe-Kollwitz-Schule und die Hebbelschule dran. Am Nachmittag kommt Entwarnung für diese Schulen.

Auch die neunjährige Lena und ihr drei Jahre jüngerer Bruder Ben stehen am Morgen vor verschlossenen Türen. Weil ihre Muhliusschule gesperrt ist, nimmt die Mutter die beiden Kinder kurzerhand mit ins Büro. «Ich glaube, das ist ein ganz mieser Schülerstreich», glaubt Janett Stephan zu diesem Zeitpunkt noch.

Die Polizei nahm den mutmaßlichen Täter fest. Foto: Marco / flickr (CC BY 2.0)
Die Polizei riet zur Vorsicht bei gefundenen Lebensmitteln vor den Schulen. Foto: Marco / flickr (CC BY 2.0)

Der mysteriöse Fall hatte in der Nacht zum Dienstag begonnen: Die Reventlouschule bekommt eine Mail mit dem Hinweis, auf dem Hof seien vergiftete Lebensmittel ausgelegt worden. Es sind Marzipanherzen. Experten finden heraus, dass die Süßigkeiten mit einer Substanz versetzt worden sind, also vergiftet. Die von der Polizei nicht benannte Substanz, kann gesundheitliche Beschwerden auslösen, je nach körperlicher Verfassung. Schwere Folgen oder gar Lebensgefahr schließen Experten aber aus.

An der Muhlius- und der Hebbelschule werden verdächtige Gegenstände gefunden. Polizisten rücken mit sechs Spürhunden an. Die Polizei sperrt die Straßen rund um die Schule mit Flatterband ab. Auch der Kampfmittelräumdienst kommt. Ein Experte betritt das Gebäude im Schutzanzug. Dann gibt es Entwarnung. Die verdächtige Gegenstände stellen sich als ungefährlich heraus. «Alles wieder gut!», heißt es mittags auf der Homepage der Muhliusschule. «Alles lief entspannt und ohne Angst und Tränen ab.» Bildungsstaatssekretär Dirk Loßack ist zufrieden: «Die Evakuierung der Schulen hat gut geklappt.» Die Zusammenarbeit mit den Eltern sei gut gewesen.

An der Hebbelschule mit 640 Schülern und 53 Lehrern stehen am Vormittag noch ein paar Lehrer Kaffee trinkend vor dem rot-weißen Flatterband, mit dem die Polizei das Schulgelände abgesperrt hat. «Zunächst war alles wie immer», sagt der stellvertretende Schulleiter Michael Bremer. «Ich habe noch einen Schnack mit dem Hausmeister gehalten.» Dann der Alarm. Nur wenige Schüler waren schon da und mussten das Gebäude schnell verlassen. Schulleiterin Annegret Wilms lobt die Professionalität und Besonnenheit von Polizei und eigenen Kollegen. «Ist das echt?», fragte lachend eine vorbeiradelnde Frau. Es ist echt.

Was hinter Drohungen und manipulierten Marzipanherzen steckt, bleibt zunächst unklar. «Der Tathintergrund wird noch ermittelt», sagt ein Polizeisprecher zu dem in Kiel nun schon als «Marzipan-Erpressung» bekannten Fall. Wolfgang Schmidt und André Klohn, dpa

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