Gibt es nun ein G9 oder nicht? Opposition nimmt CSU wegen Verzögerungen der Entscheidung unter Beschuss

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MÜNCHEN. Wegen der Verzögerungen vor einer Entscheidung über die künftige Dauer des Gymnasiums hat die Opposition CSU und Staatsregierung im Landtag ins Kreuzfeuer genommen. SPD, Freie Wähler und Grüne forderten Ministerpräsident Horst Seehofer, Kultusminister Ludwig Spaenle und die CSU-Landtagsfraktion am Donnerstag auf, endlich Position zu beziehen und die Rückkehr zu einem neunjährigen Gymnasium als Regelfall zu beschließen. Dies sei heute der mehrheitliche Wunsch von Eltern, Lehrern, Schülern und Kommunen.

SPD und Grüne forderten Spaenle auf, über einen Rücktritt nachzudenken. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann sagte in der teilweise turbulenten Debatte: «Machen Sie sich Gedanken, ob Sie der richtige Minister für dieses Ministerium sind.» Martin Güll (SPD) spottete, wenn sich die Spieler schon vor den Trainer stellen müssten wie jetzt bei der CSU und Spaenle, dann sei es «Zeit, dass man Konsequenzen zieht». Und Michael Piazolo (Freie Wähler) kritisierte, Seehofer und seine Mannschaft seien «nur noch bedingt regierungsfähig». Dabei seien jetzt dringend Entscheidungen nötig.

Spaenle versprach eine «durchkomponierte Strategie zu einer Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums». Man brauche ein langfristig tragfähiges Konzept mit einer hohen gesellschaftlichen Akzeptanz. Sorgfalt gehe vor Schnelligkeit, betonte Spaenle. Vorwürfe, er sei völlig konzeptlos, wies der Minister mit den Worten zurück: «Über eine Strategie redet man nicht – die hat man.»

Zur Gesamtschule "verkommmen"? Die Schulform Gymnasium. Foto: twicepix / flickr (CC BY-SA 2.0)
Die Schulform Gymnasium kommt nicht zur Ruhe. Foto: twicepix / flickr (CC BY-SA 2.0)

Spaenle hatte sich am Mittwoch nach langer Zurückhaltung erstmals in größerem Kreis für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) ausgesprochen. In einer CSU-Fraktionssitzung plädierte er für «ein grundständiges G9». Es solle allerdings die Möglichkeit verankert werden, das Abitur wie derzeit auch schon nach acht Jahren abzulegen.

Die CSU insgesamt lässt aber weiter offen, ob es im Regelfall beim G8 bleibt und es eine einjährige Verlängerungsoption für alle Schüler gibt, die dies wollen – oder ob das G9 wieder zur Regel wird und es dann auf Wunsch eine Art «Überholspur» gibt. Diese Entscheidung soll nach dem neuesten Zeitplan von CSU und Staatsregierung nun vor Ostern getroffen werden – einige Wochen später als eigentlich geplant. Bis dahin sollen die Bildungsexperten der Fraktion und Spaenles Ministerium gemeinsam ein Eckpunktepapier vorlegen. Ein etwaiger Gesetzentwurf soll dann bis spätestens Sommer stehen. Das wurde am Montag bei einem Spitzengespräch in der Staatskanzlei vereinbart. dpa

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Wolfgang Kuert
7 Jahre zuvor

Aus http://www.bpv.de

Bayerisches Gymnasium: Schulgemeinschaft fordert Ende des Zögerns

Verbände zeigen Unverständnis über Zögern der CSU in der G8-G9-Frage und erklären Grundsatzentscheidung für überfällig – Detailfragen im nächsten Schritt klären

Mit großem Unverständnis hat die gymnasiale Schulgemeinschaft auf die Verzögerung der Entscheidung zur Reform des Gymnasiums durch die CSU reagiert. „Eine Grundsatzentscheidung ist möglich, selbst wenn bestimmte Detailfragen noch nicht endgültig geklärt sind.“ Darin sind sich die Landes-Eltern-Vereinigung (LEV), die Bayerische Direktorenvereinigung (BayDV), der Bayerische Philologenverband (bpv) und der Landesschülerrat (LSR) einig.

Eltern, Schüler, Lehrkräfte und Schulleitungen sprechen sich für ein neues neunjähriges Gymnasium aus, wie die vier Vereinigungen in der vergangenen Woche bei einem Gipfeltreffen in der Bayerischen Staatskanzlei erneut deutlich gemacht hatten. Nun gilt es, diesen Wunsch der Schulgemeinschaft sofort politisch umzusetzen.

bpv-Vorsitzender Michael Schwägerl zum geplanten ‚großen Bildungspaket‘: „Das eine tun, das andere nicht lassen“
Die jüngste Diskussion in der Regierungsfraktion, die Reform des Gymnasiums auch auf andere Schularten auszuweiten und ein ‚großes Bildungspaket‘ auf den Weg zu bringen, kommentiert bpv-Vorsitzender Michael Schwägerl mit diesen Worten: „Bayern sollte das eine tun und das andere nicht lassen. Es ist richtig, das bayerische Schulwesen als Ganzes zu betrachten und auch andernorts Probleme in Angriff zu nehmen. Man muss aber zwischen kurz- und langfristigen Entscheidungen differenzieren. Nach den vielen Jahren der Unruhe und den ständigen Reparaturen im achtjährigen Gymnasium ist eine Grundsatzentscheidung an dieser Stelle überfällig.“

BayDV-Vorsitzender Walter Baier: „Jede tragfähige Reform benötigt als Fundament eine Grundsatzentscheidung – vollständige Entscheidungssicherheit gibt es nicht“
Mit Blick auf die von der CSU gewünschte Klärung aller Detailfragen vor der Grundsatzentscheidung betont der Vorsitzende der Direktorenvereinigung Walter Baier: „Eine vollständige Entscheidungssicherheit ist nicht möglich. Das ist angesichts der komplexen Situation normal. Nach der monatelangen Dialogphase mit allen Beteiligten liegen alle Argumente auf dem Tisch. Nun muss endlich ein neues Kapitel bei der Weiterentwicklung des Gymnasiums aufgeschlagen werden, nicht zuletzt aufgrund des neuen kompetenzorientierten Lehrplans, der ab dem nächsten Schuljahr startet. Die Detailfragen sollten in einem nächsten Schritt zeitnah bearbeitet werden. Wir brauchen unbedingt rasch Planungssicherheit auch im Hinblick auf die Neueinschreibung im Mai.“

LEV-Vorsitzende Susanne Arndt: „Wir warten auch auf eine Entscheidung zu den Mittelstufe-Plus-Schulen“
Susanne Arndt, Vorsitzende der LEV, bekräftigt, dass die Eltern endlich Gewissheit haben wollen, wie das bayerische Gymnasium in Zukunft ausgestaltet wird. Annähernd 80 Prozent der bayerischen Gymnasialeltern hatten sich bei einer LEV-Befragung für ein G9 mit einem durchgehenden neuen Lehrplan ausgesprochen. „Das Votum der Eltern ist glasklar. Ich verstehe das Zögern der Regierungsfraktion nicht. Die Entscheidung muss jetzt fallen, auch um den Eltern der Viertklässler, die im Moment für ihre Kinder die weiterführenden Schulen auswählen, ein klares Signal zu geben! Wir warten zudem auf eine Entscheidung, die es den Pilotschulen der Mittelstufe Plus weiterhin ermöglicht, den Eltern vor Ort neun Jahre Lernzeit anzubieten, um den Übergang an diesen Schulen sinnvoll zu gestalten.“

Landesschülersprecherin Acelya Aktas: „Nach der Grundsatzentscheidung über Veränderungen an der Oberstufe sprechen“
Auch die Schüler fordern das Ende der „quälenden Debatte“ und eine Entscheidung für „ein qualitätsvolles und zukunftsfähiges Gymnasium“, dessen „Niveau nicht sinken soll“, wie Acelya Aktas und Matthias Weigl vom Landesschülerrat betonen. Nach der Grundsatzentscheidung für neun Jahre wünschen sie sich vor allem Veränderungen an der Oberstufe, insbesondere mehr Vertiefung und individuelle Profilierungsmöglichkeiten.

Acelya Aktas und Matthias Weigl, Landesschülersprecherin und stellv. Landesschülersprecher für die Gymnasien im Landesschülerrat
Susanne Arndt, Vorsitzende der Landes–Eltern–Vereinigung der Gymnasien in Bayern e.V.
Walter Baier, Vorsitzender der Vereinigung der Direktorinnen & Direktoren der bayerischen Gymnasien
Michael Schwägerl, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbandes