KIEL. Die Gymnasien in Schleswig-Holstein sollen einmalig entscheiden dürfen, ob sie bei G8 bleiben wollen. Der Philologenverband rechnet mit einem deutlichen Ergebnis.
Der Verband der Gymnasiallehrer in Schleswig-Holstein rechnet damit, dass sich die Mehrzahl der bisherigen G8-Gymnasien für eine Rückkehr zu G9 entscheidet. Er gehe davon aus, dass die «überwältigende Mehrheit» in den Schulkonferenzen für eine neunjährige Gymnasialzeit sein wird, sagte der Landesvorsitzende des Philologenverbandes, Helmut Siegmon, auf Anfrage in Kiel. Die Gymnasiallehrer wünschten sich schon lange eine Abkehr vom «Turbo-Abi». Und auch eine deutliche Mehrheit von 75 bis 80 Prozent der Eltern und Schüler sei Umfragen zufolge für G9, sagte Siegmon.
Derzeit gibt es nach Angaben des Bildungsministeriums in Schleswig-Holstein 99 Gymnasien, hinzu kommt ein Abendgymnasium. Davon seien 84 sogenannte G8-Gymnasien, in denen auf die Grundschule eine achtjährige Gymnasialzeit folgt. Elf Schulen böten das Abitur nach insgesamt 13 Schuljahren an. Weitere vier hätten sich für das Y-Modell entschieden, bei dem sowohl G8 als auch G9 angeboten wird.
Nach Ansicht Siegmons dürfe trotz der großen Zustimmung für G9 nicht außer Acht gelassen werden, dass ein gewisses «Verharrungsvermögen» vorhanden sei. Es gebe auch an den Schulen Menschen, die zwar skeptisch gegenüber G8 sind, aber dennoch sagen, es solle nun endlich Ruhe einkehren und nichts verändert werden. Doch um «wirklich zu einer Ruhe zu kommen», sei Veränderung zwingend nötig. Nur so könne «mehr Zeit fürs Lernen, mehr Zeit für Kinder, mehr Zeit für Übungen und vielleicht auch mehr Zeit für Freizeit und ehrenamtliche Tätigkeit» erreicht werden, zeigte sich Siegmon überzeugt. Darüber werde jetzt sicherlich erneut in den Schulen diskutiert werden.
«Wir hätten uns eine andere Regelung gewünscht», sagte Siegmon. Nämlich – ähnlich wie in Bayern – einen generell neunjährigen gymnasialen Bildungsgang und für Schüler, die das Abitur nach acht Jahren ablegen wollen, eine sogenannte «Überholspur». Dass jetzt wieder an den einzelnen Schulen entschieden werde, «sehen wir so ein bisschen problematisch», sagte Siegmon. Die Hürde für einen Verbleib bei G8 sei allerdings sehr hoch.
Laut Koalitionsvertrag zwischen CDU, Grüne und FDP haben die Gymnasien einmalig die Chance, bei ihrem bisherigen G8- oder Y-Modell zu bleiben, wenn die Schulkonferenz dies mit Dreiviertel-Mehrheit beschließt. Es reichten also wenige Personen, die dies nicht wollen, sagte Siegmon.
Der Verbandschef wies darauf hin, dass die künftige Landesregierung per Gesetz oder Verordnung sicherstellen müsse, dass die Entscheidung der Schulkonferenzen rechtsverbindlich ist. Er erinnerte an einen Fall unter schwarz-gelber Regierung, als eine Schule das Y-Modell gegen den Willen des Schulträgers einführen wollte. Die gerichtliche Auseinandersetzung habe der Schulträger gewonnen. «So etwas darf nicht noch mal passieren», mahnte Siegmon. dpa