Flüchtlingskinder: Gebauer will die Ferien für Sprachunterricht nutzen – und wieder mehr Vorbereitungsklassen einrichten

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DÜSSELDORF. Nordrhein-Westfalens neue Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hat vorgeschlagen, die Ferienzeiten verstärkt für Sprachunterricht von Flüchtlingskindern zu nutzen. Sie wolle „Anreize für Lehrer setzen, dort in den Computerräumen freiwillig für Schülerinnen und Schüler mit Flucht-Hintergrund Sprachkurse zu geben“ – entsprechende digitale Sprachprogramme gebe es zur Genüge. „Das könnten auch Lehramtsstudenten machen“, sagte Gebauer. Der VBE zeigte sich skeptisch. Der Verband „lehrer nrw“ befand, der Vorschlag „ist unkonventionell, weist aber in die richtige Richtung“.

"Unkonventioneller Vorschlag": NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Foto: FDP
„Unkonventioneller Vorschlag“: NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Foto: FDP

„Rot-Grün hat entschieden, alle Kinder nur dem Alter entsprechend ohne Deutschkenntnisse sofort in die Regelklassen hineinzugegeben. Das ist in meinen Augen der völlig falsche Ansatz von Integration. Um dem Unterricht folgen zu können, braucht man einen Grundstock an Deutschkenntnissen Die Kinder sitzen sonst da, verstehen und lernen nichts“, sagte Gebauer gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und kündigte an: „Wir werden die Vorbereitungsklassen wieder stärken. Die deutsche Sprache ist und bleibt der Schlüssel zur Integration. Ohne Deutsch geht es nicht.“

„Anspruch nicht aufgeben“

„Ich stimme Schulministerin Gebauer zu, dass das Erlernen der deutschen Sprache elementar ist, um dem Unterricht zu folgen“, sagte Udo Beckmann, Bundes- und Landesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). „Allerdings muss für das Erlernen der deutschen Sprache das Gleiche gelten, wie bei der Inklusion:  Qualität geht vor Quantität und Schnelligkeit.“ (Entsprechend hatte sich Gebauer im Interview zur Inklusion geäußert).  Nach Auffassung des VBE reicht es nicht, ein paar Computer und Lehramtsstudenten in den Ferien bereitzustellen, um Kindern erfolgreich die deutsche Sprache beizubringen. Bisher sei großen Wert darauf gelegt worden, dass Sprachkurse in der Regel von speziell für „Deutsch als Fremdsprache“ ausgebildeten Lehrkräften durchgeführt werden. „Diesen Anspruch sollten wir nicht aufgeben“, mahnte Beckmann.

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Auch die Bildung von Auffangklassen seien keineswegs ein allein funktionierendes Erfolgsrezept für aussichtsreiche Integration. Beckmann betonte: „In dieser Frage sollte man das sprichwörtliche Kind nicht mit dem Bade ausschütten und den Schulen Entscheidungsspielraum lassen. Denn Schulen haben mittlerweile – je nach Bedarf – Integrationskonzepte entwickelt, die vor Ort funktionieren.“ Habe eine Schule nur fünf Flüchtlingskinder, mache es wenig Sinn, dafür eine separate Auffangklasse zu bilden. Darüber hinaus spreche viel dafür, unnötige Schulwechsel zu vermeiden. Flüchtlingskinder sollten daher dem VBE –Chef zufolge möglichst auch schon für das Deutsch lernen direkt an dem Schulort untergebracht werden, an dem sie später auch verbleiben sollen.

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„Das Erlernen der deutschen Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Hier müssen wir auch ungewöhnliche Wege gehen. Dafür mit entsprechenden Anreizen auf freiwilliger Basis Lehrkräfte, Pensionäre oder Lehramtsstudenten zu gewinnen, um das Ferienangebot zu ermöglichen, ist ein guter Ansatz“, meinte hingegen die „lehrer nrw“-Vorsitzende Brigitte Balbach. Sie betonte: „Grundsätzlich erfordert die schulische Integration von Flüchtlingskindern vielfältige Lösungswege. Eine völlige Separierung hilft ebenso wenig wie der Ansatz der rot-grünen Vorgänger-Regierung, Flüchtlingskinder möglichst sofort in die Regelklassen zu schicken.“

Ihr Verband plädiere für Vorbereitungsklassen oder -gruppen, in denen neu zugewanderte Kinder insbesondere mit gezielter Förderung zum Erwerb der deutschen Sprache auf den Unterricht in Regelklassen vorbereitet und dann Schritt für Schritt in den Regelschulbetrieb integriert werden. Balbach: „Das geflüchtete Kind muss im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen. Wir sollten ohne ideologische Schranken denken lernen.“ bibo / Agentur für Bildungsjournalismus

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