BERLIN. Fünf Milliarden Euro für digitale Klassenzimmer in den 40.000 deutschen Schulen – das klang nach einer ziemlich guten Idee. Doch aus dem «Digitalpakt»-Plan von Bildungsministerin Wanka ist eine Posse geworden. Denn sie hat das Geld nach derzeitigem Stand gar nicht, wie ein Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bestätigt. Der lässt seine Parteifreundin damit im Regen stehen. Der VBE spricht von einer “Farce”.
Bei Finanzminister Wolfgang Schäuble sind schon viele Bittsteller mit teuren Wünschen abgeblitzt. Seine CDU-Kollegin Johanna Wanka wäre also nicht die erste, die beim obersten Kassenwart scheitert – sagen manche, die es derzeihttps://www.news4teachers.de/2017/08/peinlich-wanka-verspricht-fuenf-milliarden-euro-fuer-digitale-bildung-in-schulen-und-taucht-dann-ab/t nicht so gut meinen mit der Bundesbildungsministerin. Der Vorwurf: Entweder habe sich die Berliner Ressortchefin bei der Finanzierung ihrer Pläne für einen milliardenschweren «DigitalPakt#D» verspekuliert – oder von vornherein geblufft.
Peinlich! Wanka verspricht fünf Milliarden Euro für digitale Bildung in Schulen – und taucht dann ab
So ist die von Wanka im Oktober mit großer Geste ausgerufene, auf fünf Jahre angelegte Bildungsoffensive von Bund und Ländern jetzt zum Top-Streitthema der Bildungspolitik geworden. Das Programm dürfte, wenn überhaupt, ein Projekt für die nächste Wahlperiode sein – mit ungewissem Ausgang. Gerade erst bestätigte ein Schäuble-Sprecher, «dass in der derzeitigen Finanzplanung für dieses Thema keine Vorsorge getroffen wurde. Das ist der Stand».
Fest eingeplant
Konkret geht es um die Ausstattung aller 40 000 Schulen in Deutschland mit digitalen Endgeräten, um ihre Vernetzung, WLAN-Verbindungen in den Klassenräumen und sichere Cloud-Lösungen. Dafür soll der Bund nach Wankas Wünschen fünf Milliarden Euro bereitstellen – manche Länder haben ihren Anteil schon fest eingeplant. Zudem müssen computerkompetente Lehrer her für Schüler, die oft kaum etwas Sinnvolles mit ihren Smartphones und Laptops anstellen – die pädagogische Basis wäre Ländersache.
Der «Digitalpakt»-Start soll 2018 sein, die Zeit wird also knapp. Zwar hatte Wanka bereits bei der Präsentation ihrer Idee, mit der sie die Kultusminister-Kollegen vor neun Monaten freundlich lächelnd überrumpelte, von einer Umsetzung erst nach der Bundestagswahl gesprochen. Bund und Länder sollten sich aber 2017 «soweit verständigen, dass man in neuen Koalitionsverhandlungen die entsprechenden Mittel für einen Digitalpakt einwerben kann», sagte sie auf Anfrage. Denn ohne Grundkonsens habe man schlechte Karten beim Bundesfinanzminister.
Der Optimismus auf beiden Seiten war nach ersten Gesprächen im Januar freilich groß, dass das Projekt schnell finanzierungsreif sein könnte. Inzwischen sehen viele Bildungspolitiker Wankas Prestigeprogramm vor dem Aus. «Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, dann ist der Digitalpakt gescheitert», sagte Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) der «Süddeutschen Zeitung». Auch die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Susanne Eisenmann (CDU), gibt sich skeptisch: «Natürlich steht die Sorge im Raum, dass der Digitalpakt nicht zustande kommt.»
“Abruptes Abbremsen”
Die 16 Länder hatten im Juni Eckpunkte für ihre Digitalisierungsoffensive an den Schulen vorgestellt – nach einem Treffen, an dem Wanka kurzfristig nicht teilnehmen konnte, was für viel Unmut sorgte. Eisenmann forderte ihre Berliner Parteifreundin wenig später auf, Farbe zu bekennen. Bisher ohne Ergebnis – ein gemeinsames Konzept mit finanziellen Absicherungen des Bundes steht weiterhin aus. «Ich habe für das abrupte Abbremsen von Frau Wanka keine Erklärung», sagte die KMK-Chefin.
Die Bundesbildungsministerin spürt nun wohl, dass sich während ihres Urlaubs und im anziehenden Wahlkampf etwas gegen sie zusammenbraut. Wanka will am kommenden Montag mit Eisenmann telefonieren, und sie versichert: «Der Digitalpakt Schule wird kommen. Bund und Länder sind auf einem erfolgreichen Weg und haben gute Zwischenergebnisse erzielt.» Ihr Ziel sei, dass eine Bund-Länder-Vereinbarung «bis Ende des Jahres» stehe. Dann sind neue Koalitionsverhandlungen aber vermutlich längst gelaufen.
In puncto Finanzierung fordert Wanka jetzt «Respekt vor dem neu gewählten Parlament als Haushaltsgesetzgeber». Sie schiebt die konkrete Umsetzung des Pakts also den nächsten Bundesministern für Finanzen und Bildung/Forschung zu. Ob sie selbst und der hartleibige Schäuble dann noch am Tisch sitzen: völlig offen.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, über viele Jahre einer der wichtigsten Bildungspolitiker seiner Partei, will Wanka damit nicht durchkommen lassen. Im Wahlkampfmodus nimmt er gleich auch noch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit aufs Korn. «Es ist unfassbar, dass unseren Schulen durch das Unvermögen von Frau Wanka nun die versprochenen fünf Milliarden Euro für die digitale Bildung fehlen», sagte Heil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. «Unsere Kinder müssen jetzt ausbaden, dass Frau Merkels Bildungsversager ihre Arbeit nicht machen.» Von Werner Herpell, dpa
„Im Oktober 2016 fünf Milliarden in Aussicht stellen, aber sich im Sommer 2017 nicht einmal zum gemeinsam mit der KMK erarbeiteten Eckpunktepapier bekennen zu können, ist eine Farce. Erst einen Frühstart hinlegen, sich dann aber verstecken: so gewinnt man weder Sprint noch Marathon. Wir erwarten ein klares Bekenntnis zum Digitalpakt Schule“, so kommentiert Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), die Medienberichte über stockende Verhandlungen.
Die versprochenen fünf Milliarden sind im vorläufigen Haushaltsplan nicht vorgesehen, allerdings verwies Bundesbildungsministerin Wanka darauf, dass die Förderung erst bereitgestellt werde, wenn durch eine Bund-Länder-Vereinbarung klar umrissen sei, wofür sie gebraucht werde. „Das ist eine zutiefst unbefriedigende Situation. Man hat das Gefühl, dass Wanka das Thema bis zur Bundestagswahl aussitzen will. Sie sollte aber ihr Amt nutzen, um die Verhandlungen so weit voranzubringen, dass auch eine zukünftige Regierung nicht mehr hinter die Ergebnisse zurück kann. Politischer Druck, nicht heiße Luft, bringt die Bildung in der digitalen Welt voran“, mahnt Beckmann.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dem Thema selbst durch ihr Erscheinen bei dem Digitalgipfel hohe Bedeutung gegeben. „Vor diesem Hintergrund erwarten wir, dass sie für Klarheit und Verlässlichkeit sorgt“, sagt Beckmann. Und: „Den Sonntagsreden der Politik über die Notwendigkeit von mehr digitaler Bildung in den Schulen müssen endlich Taten folgen.“
Ich finde, das ist nicht dringend.
Oder um mit einem anderen Beispiel zu sprechen: Bevor alle Klassenräume mit Digitaltafeln (“Smartboards”) ausgestattet werden, sollten erst einmal genügend Lehrer eingestellt werden, um die Unterrichtsversorgung abzusichern. Die kosten nämlich auch enorm viel Geld.
Die Tafeln sind aber billiger. Die gibt es (pro Stück) für schätzungsweise ein Lehrermonatseinkommen. Selbst wenn es zwei wären, ist man mit zwei Lehrerjahreseinkommen fertig.
Stimmt, und wenn die ferngesteuert sind und alle Kinder hübsch brav, braucht man dann keinen Lehrer mehr. Nur ca. 1 x pro Woche muss ein Techniker vorbeikommen, um neu zu kalibrieren, updates zu machen usw. Die Kinder sitzen davor, hören aufmerksam zu, schreiben sich das Wichtigste mit und wechseln sich mit interaktiven Übungen am Board ab. War das so gedacht?
Das sehe ich auch so! Das ist folgende Wortspiel ist gemein: w – wa – wan – wank – wankeln = Wank-.
Ehrlich? 10% der Schüler müssen sprachintegriert werden, 20% der Lehrerschaft haben höchstens Jahresverträge, die Krankheitsreserve ist jetzt schon fest im Plan eingeplant, Krankheiten schlagen also voll durch, Elternzeiten müssen irgendwie übervrückt werden, Neuerungen erfährt man nur noch über die Presse und nicht mehr über den Dienstweg, die Inklusion entwickelt sich zu einem Desaster was die Personalversorgung angeht.
Die sollen mal die digitalen Wundertüten nochmals in den Keller tragen, das Tagesgeschäft den Schulen ermöglichen, dass man auch mal den Kopf frei hat und auch Zeit, mal wieder mit heßer Nadel gestricktes einzuführen.
“Bundesbildungsministerin” – ein Titel ohne Mittel.
ja. es gibt kaum ein Bundesministerium mit weniger Einfluss. Föderalismus sei dank.