BERLIN. Seit Monaten begehren vor allem junge Menschen gegen die Klimapolitik auf. Am Freitag sind in Berlin gleich eine ganze Reihe teils spektakulärer Aktionen geplant.
Berlin steht im Zeichen des Klimastreiks: Mit Demonstrationen, Fahrrad- und Schiffskorsos, einem Party-Protestzug und Straßenblockaden wollen am Freitag Tausende Menschen in der Hauptstadt für mehr Klimaschutz eintreten. Einem Aufruf der von Schülern und Studenten getragenen Bewegung Fridays for Future haben sich zahlreiche andere Initiativen angeschlossen, darunter Wissenschaftler, Kirchen und Gewerkschaften. Auch rund 100 Berliner Unternehmer unterstützen die Aktion und haben ihren Angestellten frei gegeben. Die Beschäftigten der Verwaltung dürfen ebenfalls am Klimastreik teilnehmen, wenn sie die Fehlzeit nacharbeiten oder Urlaub nehmen.
Gerechnet wird mit 10.000 Teilnehmern – ein Großteil davon Schüler
Die voraussichtlich größte Demonstration verschiedener Bündnisse führt unter dem Motto «Alle fürs Klima» vom Brandenburger Tor unter anderem durch die Behrenstraße, die Glinkastraße, über die Spree zur Reinhardtstraße und zurück zum Brandenburger Tor. Die Veranstalter hoffen auf 10.000 Teilnehmer. Parallel sollen auf der Spree im Regierungsviertel Boote mit Protestierern unterwegs sein. Außerdem sind bereits ab dem Morgen mindestens fünf weitere Demonstrationen geplant. Bündnisse wie «Ungehorsam für alle» und Extinction Rebellion wollen mit Straßenblockaden Teile des Autoverkehrs lahmlegen.
Bundesweit sind am Freitag nach Angaben von Fridays for Future mehr als 530 Demonstrationen geplant, auch in zahlreichen anderen Staaten gibt es Streik- und Protestaufrufe. Das Klimakabinett, ein Ausschuss der Bundesregierung, will an dem Tag seine Strategie für mehr Klimaschutz vorlegen. In einem noch nicht abschließend abgestimmten Entwurf sind nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Zulassungsquote für Elektroautos und ein Verbot neuer Ölheizungen ab 2030 verankert.
«Wir werden morgen ein paar Schwierigkeiten haben hier auf den Straßen, weil sich einige Leute entschlossen haben, uns nochmal Rückendeckung und Motivation zu geben, die Klimaziele auch wirklich konzentriert anzugehen», sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit Blick auf die Klimaproteste. Die Berliner Polizei teilte mit, sie sei vorbereitet auf die Vielzahl von Veranstaltungen und auch auf spontane Aktionen. Die Zahl der eingesetzten Polizisten soll am Freitagvormittag bekanntgegeben werden.
Unterdessen kündigten rund 1400 Wissenschaftler aus Berlin und Brandenburg an, künftig bei Dienstreisen bis 1000 Kilometer auf Flüge zu verzichten. Damit wollen sie einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten, wie die Initiatorin der Initiative, Professorin Martina Schäfer, am Donnerstag mitteilte. «Jeder muss das letztlich für sich selbst entscheiden. Aber uns geht es darum, einen Denkprozess anzustoßen», sagte die Geschäftsführerin des Zentrums Technik und Gesellschaft der TU Berlin.
Nahe dem Kanzleramt begann am Donnerstag der Aufbau eines Protestcamps aus Zelten. Wie schon im Juni wollen dort einige Hundert junge Leute eine Woche lang gegen die Klimapolitik protestieren und Workshops zum Thema abhalten.
Die Berliner Bezirksämter gehen trotz der Teilnahme von Mitarbeitern am Klimastreik davon aus, dass Behörden mit Publikumsverkehr wie die Bürgerämter normal arbeiten. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Lehrer, Feuerwehrleute, Polizisten oder Mitarbeiter der Verkehrslenkung dürfen nicht ohne weiteres ihrer Arbeit fernbleiben.
GEW: “Schulleitungen sollen von Sanktionen gegen Schüler absehen”
Viele Schüler werden wie schon öfters für das Klima streiken – obwohl für sie Schulpflicht besteht und womöglich ein Fehltag im Zeugnis vermerkt wird. Eine zentrale Vorgabe, wie Schulen damit umgehen sollen, gibt es nicht. «Frau Scheeres soll den aktiven Schüler*innen und Pädagog*innen den Rücken stärken und dafür sorgen, dass die Schulleitungen von Sanktionen absehen», forderte die Landesvorsitzende der Gewerkschaft GEW, Doreen Siebernik, von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD).
«Es ist ausdrücklich das Ziel der politischen Bildung an Berliner Schulen, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, gesellschaftliche und politische Sachverhalte nicht nur zu analysieren, sondern sie auch zu bewerten und daraus Schlüsse für ihr praktisches Handeln zu ziehen», erklärte der Sprecher der Bildungsverwaltung. «An vielen Schulen wird es Unterricht geben und das Thema Klimaschutz in einzelnen Stunden aufgegriffen und erörtert. Einige Schulen haben auch einen Projekttag zum Thema für den Freitag vorbereitet.» dpa
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