BERLIN. Millionen Eltern betreuen ihre Kinder derzeit zuhause. Viele fühlen sich von der Politik allein gelassen, weil Geschäfte und Schulen öffnen, aber Kitas dicht bleiben. Die Familienminister von Bund und Ländern haben beraten – besonders konkret ist das Ergebnis nicht. Die GEW warnt vor einer zu schnellen Öffnung. Auch der VBE fordert “Weitsicht vor Schnelligkeit”.
Die Familienminister von Bund und Ländern sprechen sich in der Corona-Krise für einen «behutsamen» Wiedereinstieg in die Kinder-Tagesbetreuung in vier Phasen aus. Das teilte das Ministerium von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) mit. Die Empfehlung sei, «in den kommenden Wochen und Monaten aus bildungs- und entwicklungspsychologischen Gründen» einen Wiedereinstieg zu ermöglichen – ein konkretes Zieldatum für die Wiederaufnahme des Kita-Betriebs wurde aber nicht genannt. Die vier Phasen umfassen demnach die aktuelle Notbetreuung, eine erweitere Notbetreuung, einen eingeschränkten Regelbetrieb und die Rückkehr zum Normalbetrieb.
Viele Eltern kleiner Kinder fühlen sich im Stich gelassen
Der Beschluss soll in die Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten an diesem Donnerstag einfließen. Weitreichende Entscheidungen werden bei dem Gespräch aber nicht erwartet, sondern erst in einer weiteren Runde am 6. Mai. Letztlich liegt die Entscheidung bei den einzelnen Bundesländern und Kommunen.
Viele Eltern kleiner Kinder fühlen sich derzeit von der Politik alleine gelassen, weil zwar Geschäfte und Schulen nach und nach wieder öffnen, es aber bei Kitas und Kindergärten noch keine Perspektive über die Notbetreuung hinaus gibt. Notbetreut werden vor allem Kinder, deren Eltern dringend am Arbeitsplatz gebraucht werden, etwa im Gesundheitswesen. Die Notbetreuung war zuletzt erweitert worden, in vielen Ländern zum Beispiel auf Alleinerziehende.
Die Minister schlagen zudem vor, die Öffnung von Spielplätzen zu überprüfen und die Erlaubnis «familiärer Betreuungsformen» in Betracht zu ziehen, um Kindern soziale Kontakte zu ermöglichen und ihre Eltern zu entlasten. Giffey nannte den Beschluss ein «wichtiges und gutes Signal» für Familien. «Die Familien erwarten nun zeitnah konkretere Aussagen darüber, wann die nächsten Schritte erfolgen können», sagte sie.
“Belange der Kinder und Bedarfe der Eltern stärker berücksichtigen”
Oberstes Ziel sei unverändert, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen und Infektionsketten zu unterbrechen, um schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden und das Gesundheitssystem nicht zu überlasten, hieß es in der Mitteilung. «Dennoch müssen die Belange der Kinder, gerade der Kleinkinder, und die Bedarfe der Eltern stärker berücksichtigt werden.» Die Ministerinnen und Minister seien sich einig, «dass die gegenwärtigen Beschränkungen einen schweren Einschnitt für die Kinder darstellen.»
Konkret raten die Fachminister dazu, nach jedem Erweiterungsschritt zunächst mindestens zwei Wochen lang das Infektionsgeschehen zu beobachten, bevor ein weiterer Schritt gegangen wird. Die Öffnung sollte von «breit angelegten Studien» begleitet werden, die nicht nur medizinische, sondern auch soziale Fragen in den Blick nehmen. Giffeys Ministerium will das Robert-Koch-Institut und das Deutsche Jugendinstitut beauftragen.
Besondere Beachtung gilt demnach Kindern, deren Betreuung aus Kindeswohl-Gründen erforderlich ist, die einen besonderen Förderbedarf haben und Vorschulkinder. Weil die sonst empfohlenen Abstandsregeln in der Arbeit mit kleinen Kindern nicht umsetzbar seien, müsse dies «durch Hygienepläne sowie Reinigungs- und Desinfektionspläne» so gut wie möglich ausgeglichen werden. dpa
BERLIN. „Ein lokales Herangehen lässt den Trägern Spielraum, um mit Blick auf räumliche Möglichkeiten oder die Personalsituation vor Ort passgenaue Lösungen mit den Verantwortlichen in Ländern und Kommunen abzusprechen“, sagt Björn Köhler, GEW-Vorstandsmitglied für Jugendhilfe und Sozialarbeit . und er fordert: „Träger und Kitapersonal brauchen ausreichend Vorlaufzeit, um sich auf die Öffnungen vorzubereiten. Mehr Kinder in dieser Situation heißt, dass es eine gute Planung geben muss. Räume umzugestalten, Möbel zu entfernen, Spielsachen neu aufzuteilen und den Personaleinsatz zu planen, geht nicht von heute auf morgen!“
Zuerst müsse die Zahl der Kinder an die räumlichen Gegebenheiten angepasst werden. So könnten Aufenthaltsbereiche entzerrt und auch Kleinstgruppen mit Abstand arbeiten.
Köhler appellierte an Länder und Kommunen, Träger und Personal nicht zu überfordern, sondern aktiv zu unterstützen: „Bevor eine Kita wieder mehr Kinder aufnimmt, muss klar sein, wie diese sicher und pädagogisch sinnvoll betreut werden können. Dazu braucht es Absprachen im Team und mit den Gesundheitsbehörden. Schnellschüsse sind nicht zielführend.“ Für die Zahl der Kinder in einer Kita solle es Zielbeschreibungen geben, an denen man sich orientieren kann. Zudem seien klare Vorgaben für Hygiene- und Schutzmaßnahmen notwendig. „Die Sicherheit von Kindern, Familien und Beschäftigten muss an erster Stelle stehen. Niemandem ist damit gedient, wenn eine Kita nach ein paar Tagen wegen Corona-Verdachtsfällen oder Personalmangel wieder schließen muss.”
Schutz der Kinder und der pädagogischen Fachkräfte
Der VBE schlägt in die gleiche Kerbe. „Oberste Maxime bei allen konkreten Entscheidungen zur Frage, wann, wie und in welchem Umfang Kitas wieder geöffnet werden können, muss die Gesundheit und der Schutz der Kinder und pädagogischen Fachkräfte an Kita haben. Dieser Grundsatz ist, bei allen Bestrebungen in Richtung einer schnellen Lockerung, unverhandelbar“, sagt der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. „Wir begrüßen, dass hier mit Augenmaß vorgegangen werden soll. Entscheidend ist aber, wie das Grundkonzept konkret umgesetzt werden soll.“
Mit Blick auf die zentralen Fragen, die durch die Politik vor der schrittweisen Wiedereröffnung von Kitas beantwortet werden müssen, erläutert der Verbandschef: „Dies muss zuvorderst aus hygienewissenschaftlicher Sicht eindeutig zu verantworten sein. Es ist beispielsweise klar, dass ein Kita-Kind die immer wieder betonten anderthalb Meter Abstand nicht wird einhalten können, noch wäre dies zu verantworten, da soziale Nähe und Fürsorge für diese Kinder entwicklungspsychologisch essenziell sind.” Weiter betont er: „Auf keinen Fall darf die Verantwortung der Ausgestaltung durch schwammige oder nicht realisierbare Vorgaben auf die Beschäftigten in den Kitas abgewälzt werden. Wir brauchen bundeseinheitliche Rahmenvorgaben, die von den Ländern konkretisiert und von den Kommunen und Trägern als klare Fahrpläne an die Kitas ausgegeben werden.“
Familienminister dämpft Hoffnungen darauf, dass Kitas bald wieder vollständig öffnen
Das Jugendamt der Stadt Beckum zwingt ab Mai die Beschäftigten in systemrelevanten Berufen dazu, ihre Dienstpläne vorzulegen und damit den Nachweis zu erbringen, dass beide Elternteile gleichzeitig arbeiten oder gearbeitet haben.
Sollte ein Elternteil zu Hause sein, zum Beispiel auch nach einem Nachtdienst oder einem 8 Stunden Dienst mit nachfolgendem 16 stündigen Bereitschaftsdienst, so darf man sein Kind nicht in die KITA geben !
Wir haben das Problem, dass wie unserem Fall und bei Kolleginnen derzeit regelhaft üblich, die teilzeitbeschäftigten Krankenschwestern und Ehefrau sich bereithält, um notfallmäßig für ausfallende Kolleginnen nachts oder am Tag einzuspringen.
Die KITA muss nun an Hand unserer Nachweise dem Jugendamt Beckum dezidiert für jeden Tag rückwirkend nachweisen, dass eine Betreuung in der KITA gerechtfertigt war.
Begründet wird diese Maßnahme damit, dass Eltern aus systemrelevanten Berufen die Regelungen freizügig genutzt hätten, um für sich persönliche Vorteile zu verschaffen.
Wir haben hier die Situation, dass wir als Eltern abwechselnd unseren Nachtdienst ableisten zum Beispiel jetzt auch in den folgenden drei Tagen. Da kann man sich dann nach dem Nachtdienst gemeinsam mit den Kinder richtig schön erholen und sich so auf den nächsten Nachtdienst vorbereiten.
Wahrscheinlich müssen wir uns jetzt auch noch dafür rechtfertigen, dass wir nach einem Nachtdienst eines der Kinder in die KITA gebracht haben.
Auskünfte zu dieser Vorgehensweise erteilt sicherlich Herr Matuschek als Leiter des Jugendamtes Beckum.
Man muss derartige Vorgehensweisen und Probleme öffentlich ansprechen, denn schließlich befinden wir uns nicht in der Volksrepublik China, wo kritisch Fragende in vorbeugende Schutzhaft genommen werden.