Corona-Chaos! Lehrerverbände: „Mit geregeltem Schulalltag hat das nichts mehr zu tun“

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MÜNCHEN. Mit großer Sorge beobachten Lehrkräfte in Bayern die derzeitige Situation an Schulen. Der Gesundheitsschutz gegenüber Kindern und Beschäftigten muss angesichts der vierten Pandemiewelle an erster Stelle stehen – meint die GEW-Landesvorsitzende Martina Borgendale. „Wir wollen offene Schulen und Kitas, das ist keine Frage. Wir alle wissen, was fehlende Sozialkontakte und fehlende Tagesstrukturen über einen längeren Zeitraum anrichten können. Die Infektionszahlen sind aber vor allem unter den Kindern besonders hoch und viele Lehrkräfte haben die Booster-Impfung noch nicht erhalten.“ Deshalb fordert sie: vorgezogene Weihnachtsferien – und ein Aussetzen der Präsenzpflicht für Schülerinnen und Schüler.

Immer öfter werden Schülerinnen und Schüler positiv getestet. Foto: Shutterstock

Im Juni hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, dass es in jedem Klassenzimmer und in jedem Kita-Gruppenraum in Bayern bis zum Herbst einen Luftfilter geben werde. „Wir wollen im Herbst nicht wieder bei null anfangen“, twitterte er. Jetzt ist Spätherbst, in der Breite fehlen nach wie vor Luftfilter in den Klassenzimmern sowie in den Kitas – und so wütet auch dort die Pandemie erneut. Vor allem unter den Schülerinnen und Schülern Bei den Sechs- bis Elfjährigen liegt die Inzidenz offiziell bei 1.166, bei den 12- bis 15-Jährigen bei 903. Der Landkreis Weilheim-Schongau verzeichnet eine Inzidenz bei den Fünf- bis 14-Jährigen von 2.179. Die Gesamtinzidenz für Bayern wird mit 539 ausgewiesen.

„Wir befürchten, dass Schulschließungen bald de facto von alleine kommen“

„Wir fordern, dass die Präsenzpflicht an den Schulen ausgesetzt wird. Man kann Eltern nicht dazu zwingen, ihre Kinder in dieser Situation in die Schulen zu bringen“, sagt GEW-Chefin Martina Borgendale. „Wir befürchten, dass Schulschließungen de facto von alleine kommen, nämlich dann, wenn schlicht kein Personal mehr vorhanden ist, um die Betreuung der Kinder sicherzustellen. Dem sollte man in jedem Fall vorbeugen, vor allem weil noch nicht geklärt ist, wie sich die neue Variante ‚Omikron‘ verhalten wird. Vorgezogene Weihnachtsferien würden helfen, die Pandemiewelle zu durchbrechen, und es wäre eine gute Gelegenheit, die ausgefallenen Faschingsferien 2021 zurückzugeben.“

Ihr Kollege Florian Kohl, Mitglied im Hauptpersonalrat und stellvertretender Vorsitzender der GEW Bayern, stellt fest: „Es ist genau wie im letzten Jahr. Der Gesundheitsschutz liegt seit Wochen in der Verantwortung der Lehrkräfte vor Ort. Sie organisieren die Testungen, kontrollieren die Maskenpflicht, halten Lüftungsprotokolle ein, versorgen sich selbst mit FFP2-Masken und informieren spät abends Eltern, wenn ein Pool-Test positiv ausfiel. Nebenbei sollen sie noch Unterricht halten, Lernlücken der letzten beiden Jahre schließen, den Lehrplan erfüllen, Noten einholen, individuelle Förderpläne erstellen, Kinder in Quarantäne mitversorgen und die zahlreichen Krankheitsfälle im Kollegium kompensieren. Das ist in der derzeitigen Situation nicht zu schaffen.“

„Man scheint eine Durchseuchung der Kinder in Kauf zu nehmen und begründet das dann mit dem Kindeswohl“

Der Gewerkschafter betont: „Es tut mir leid, aber mit geregeltem Schulalltag, geschweige denn mit guter Bildung hat das nichts mehr zu tun. Gleichzeitig scheint man eine Durchseuchung der Kinder in Kauf zu nehmen und begründet das dann mit dem Kindeswohl? Das finde ich schon beinahe zynisch.“

Darüber hinaus zeigt sich die GEW besorgt über die Meldungen aus der Landeshauptstadt München. Borgendale: „Bislang galten Schulen vor allem deswegen als relativ sicher, weil Kinder regelmäßig getestet werden. Nun lesen wir aber, dass in München die Labore die Auswertung der Pool-Tests nicht mehr am gleichen Tag schaffen und die Kapazitäten auch im restlichen Bayern an ihre Grenzen stoßen. Wenn die PCR-Tests nicht mehr rechtzeitig ausgewertet werden, befinden wir uns im Blindflug. Das darf nicht geschehen.“

Auch andere Lehrerverbände sehen die Entwicklung mit großer Sorge. „Wir laufen sehenden Auges in die Katastrophe“, meint der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV). Es sorge für Irritation bei Lehrkräften, Eltern und Schülern, „dass in den Corona-Hotspots das Leben quasi zum Stillstand kommt, aber in den Schulen weiterhin Hochbetrieb ist.“ Das gehe nicht zusammen, es brauche dringend klare Entscheidungen und Ansagen der Politik, sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Der Realschullehrerverband (brlv) fordert umgehend Vorbereitungen dafür, dass die Schulen ab kommender Woche in den Distanzunterricht gehen könnten. „Wir haben bereits im Frühjahr gezeigt, dass unsere Realschulen darauf vorbereitet sind und können Unterricht und Bildung auch aus der Ferne gewährleisten“, sagt Vorsitzender Jürgen Böhm. News4teachers

Resignierter Lehrer: „Lemming-Eltern, schickt eure Kinder zu uns. Schulen sind sicher.“

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Momo
2 Jahre zuvor

DIESER Artikel spricht mir sooooooo aus der Seele! Danke!

Rosa
2 Jahre zuvor

Nicht nur in Bayern auch in BW wird Durchseuchung fahrlässig eingesetzt. Der Gesundheitsschutz ist an den Schulen nicht vorhanden. Die Klassenzimmer voll besetzt und keine Luftfiltergeräte eingetroffen. Schulleitungen und Lehrer sind für vieles zuständig und dieser Bereich hat nur noch wenig mit Bildung zu tun. Die Schule wird von den Schulleitungen und Lehrern irgendwie am laufem gehalten.Die Schüler laufen mit großen Lernrückständen und Lernfrust mit. Eine Lernfreude ist an den Schulen nicht vorhanden. Die Mogelpackung vom Rückenwindprogramm sind ohne Inhalt eingetroffen und die Versprechungen auf Aufarbeitung der Defizite bleibt auch in der vierten Welle aus. Die Augenwischerei und Blendwerk lebt man an den letzten in der Reihe aus und haben keine Lobby in unserer Politik. Die Schulpflichtsaufhebung ist in allen Bundesländern überfällig und in BW möchte man erst härtere Maßnahmen ergreifen wenn der Stand von Sachsen erreicht ist. Mit Kindeswohl haben wir es schon lange nicht mehr zu tun an der Schule und Sorgfaltspflicht im Umgang mit Schulen und Kindergarten ist ein reines Durchseuchungsprogramm. Menschenleben oder Krankheitsverlauf spielt keine Rolle. Der Laden muss funktionieren und auf bleiben einer weniger am Leben hat an Bedeutung verloren.https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/tuebingen/tuttlinger-berufsschule-startet-eigene-impfaktionen-100.html Traurig wenn der Tod die Schule besucht und man den Lehrer nicht mehr zurück bekommt. Booster Impfung lange Warteliste und mit viel Geduld im Jahr 2022. Trotz Lehrer und Erzieher warten wie alle in der Schlange. Jeder will eine Booster Impfung und verübeln kann man es keinem Menschen der verschont bleiben will. Frau Schopper wird die letzten drei Tage vor den Ferien an den Schulen impfen und eine Bestätigung welche Schule auserwählt wird, steht in den Sternen. Sicherlich die Gemeinschaftsschulen da ist unsere Frau Schopper als KM großer Fan davon. Nicht nur BAYERN auch BW läuft alles aus dem Ruder. Herr Kretschmann und Frau Schopper sind ein feines Team im Chaos betreiben an Schulen. Andere Personen in Ihrer beruflichen Position dürfen nicht beitragen und ist nicht erwünscht. Lauterbach der beigetragen hat, kriegt von Kretschmann gleich unter die Nase geschoben deine Prognossen waren falsch. Ach Kretschmann und was läuft bei dir alles falsch….erst bitte vor der eigenen Tür kehren bevor man auf andere Leute zeigt. Karl Lauterbach ist hier auf dieser Seite oft erwähnt worden und hat in der Pandemie sehr gute Arbeit geleistet. Nicht nur in einem Bundesland läuft es verkehrt…..es trifft uns alle. Die Pandemie kommt in alle Bundesländer…..

Rosa
2 Jahre zuvor

WHO verkündet und belegt und Schopper behauptet immer noch Kinder sind keine Treiber….und der Leichtsinn spricht.https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-coronavirus-dienstag-261.html#WHO-Meisten-Infektionen-bei-Fuenf–bis-Elfjaehrigen

Dil Uhlenspiegel
2 Jahre zuvor

The last man standing macht bitte’s Licht aus und’s WLAN an
und fertig ist der Plan.

Elly
2 Jahre zuvor

Die Präsenzpflicht auszusetzen ist überfâllig! Die Forderung danach ebenso! In Rheinland Pfalz werden lediglich ungeimpfte Schüler getestet, das hält die Zahlen schon niedrig. Ich kenne mittlerweile so viele doppelt geimpfte Coronafälle, dass ich nur noch empört bin, dass mit den Kindern derart fahrlässig wie derzeit umgegangen wird: Anwesenheitszwang und ohne Test in einer Pandemie! Warum tut man ihnen das an? Unsere Kinder sind doch unsere Zukunft!

Defence
2 Jahre zuvor

Ich finde das immer noch viel zu lasch gefordert. Der Adressat wird nicht genannt, es gibt keine direkte Anrede und es werden keine Konsequenzen angedroht.

So bleibt es leider nur ein Rumgejammere der ach so „privilegierten“ Lehrerinnen und Lehrer.

So was fände ich nicht schlecht:

„Herr Piazzalo, schicken sie die Schulen umgehend in den Distanzunterricht! Sie hatten genug Zeit die Schulen sicher zu machen! Wir machen lang genug Ihren Durchseuchungskurs mit. Sollten sie weiterhin paralysiert in ihrem wohlgelüfteten Zimmer sitzen, werden wir unsere Mitglieder ab Montag zum Boykott aufrufen. Ihr Spielchen mit unserer Gesundheit hat dann endlich ein Ende!“

Was glaubt ihr, wie schnell da eine Reaktion aus dem Elfenbeinturm kommt?

Monika, BY
2 Jahre zuvor
Antwortet  Defence

Boykott

Genau, viel mehr Eltern und viel mehr Lehrer sollen sich zusammentun und zum Boykot aufrufen.

Kinder und Menschen absichtlich krank zu machen sollte sämtliche karitative Organisation, WHO und Unicef auf die Kniee bringen.

Tut es aber nicht! Warum?

Monika, BY
2 Jahre zuvor
Antwortet  Monika, BY

Diese Welt ist ein Koloss auf tönernen Füßen, die gerade brechen.

Mthdnmnn
2 Jahre zuvor
Antwortet  Monika, BY

Ich schätze ihr Engagement hier Monika, aber die Antwort lautet: Weil es in Deutschland nichts bringt, sich gegen diese top-down-Kindeswohlgefährdung aufzulehnen – wie in Nordkorea halt , nur schlechteres Wetter.

Monika, BY
2 Jahre zuvor
Antwortet  Mthdnmnn

Ich kann aber meine Kinder nicht aufgeben. Das kann ich einfach nicht. Offensichtlich sind mir zwei Möglichkeiten geblieben, um die Kinder vom Staat zu schützen. Entweder vor Gericht auftreten oder auswandern.

Maike, Niedersachsen, 37
2 Jahre zuvor

Danke für diesen Artikel. Auch in anderen Bundesländern weit entfernt von normal.
Mein Tag heute: Mit selbst gekaufter FFP2 in die Schule, heute 16 Lehrer von 58 nicht da, weil selber infiziert, krank oder betreuen Kleinkind in Quarantäne.
Stand heute: 14 Coronfälle an der Schule seit gestern. Alle Jahrgänge betroffen.
Heute in zwei fremden Klassen vertreten, keine Aufgaben, improvisiert. Zwei Fünftklässler erklären mir, dass sie keine Maske tragen, weil ihr Papa einen guten Freund hat, der Arzt ist und sie deshalb ein Attest haben. Auf dem Weg zum Lehrerzimmer ermahne ich 14 Schüler/innen, die ihre Maske unterm Kinn tragen.
In meiner Klasse zwei positive Schnelltests, ich erkläre den Eltern am Telefon, wie es jetzt weitergeht und informiere die Schulleitung und die Kollegen per Mail. In der Pause führe ich Aufsicht und erkläre zum gefühlt 10000x die Coronaregeln. Und dann war noch was…was war das noch…ach, ja, Unterricht!

Erasco
2 Jahre zuvor

Dann sind Sie aber gut informiert. Von Coronafällen, weiß hier keiner mehr was. Nur noch Flurfunk. Gesundheitsämter haben ihre Arbeit eingestellt. In Quarantäne geht keiner und wenn die Betroffenen es nicht mitteilen, weiß Schule nichts.

Selma L.
2 Jahre zuvor

Bei uns gehen alle nur noch auf dem Zahnfleisch, zig Kollegen und Schüler sind infiziert, einige mit mittelschwerem Verlauf, ganze Klassen in Quarantäne. Die Schüler sind völlig außer Rand und Band, weil die Einschläge immer näher kommen. Das ist alles so verrückt.

Momo
2 Jahre zuvor
Antwortet  Selma L.

Ja, es ist gerade ganz schlimm in den Klassen. Die Schüler sind total von der Rolle. Im Moment scheint Schule für die Kinder und Jugendlichen eine enorme Belastungsprobe zu sein. Zumindest scheint Schule nicht so gut für die Kinderseele gerade zu sein als immer so behaupten wird.

Monika, BY
2 Jahre zuvor

https://www.tagesschau.de/inland/impfungen-omikron-schutz-studie-101.html

Und wir sind wieder auf 0.

Wenn man ein wenig ziwschen den Zeilen liest, haben wir praktisch wieder Nichts, vielleich nur bißchen, aber die Zahlen zeigen schon jetzt, nicht ausreichend. na, toll.

In Sorge
2 Jahre zuvor
Antwortet  Monika, BY

Ein Artikel mit lauer „könnte, dürfte, sollte, müsste“.
Beruhigend geht anders.
Aber Hauptsache wir müssen nichts unternehmen.