SPD sagt dramatischen Lehrermangel voraus – vor allem in MINT-Fächern

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DÜSSELDORF. Die SPD sieht in der Schulpolitik nach fünf Jahren CDU-FDP-Koalition in Nordrhein-Westfalen schwarz. Der Lehrermangel vor allem an Grundschulen und Berufskollegs sei bedrohlich. Mit dem Unterricht in Mathe könne es ohne Umsteuern mancherorts bald schwer werden.

Ist Mathe-Unterricht bald Glückssache? Foto: Shutterstock

Die SPD befürchtet angesichts eines zunehmenden Lehrkräftemangels vor allem an Grundschulen und Berufskollegs gravierende Folgen für das Bildungssystem in NRW. Bis 2030 werde es etwa 320.000 Schülerinnen und Schüler mehr geben, aber drastische Personallücken, sagte SPD-Vize-Fraktionschef Jochen Ott am Mittwoch in Düsseldorf. Schon 2025 sei allein für das Grundschullehramt davon auszugehen, dass 26.300 Absolventen fehlen werden.

Ohne ein entschiedenes Umsteuern könnten die Fächer Mathe, Chemie, Physik und Informatik an weiterführenden Schulen bald nicht mehr flächendeckend unterrichtet werden, warnte der schulpolitische Sprecher. Nach Prognosen würden in diesen MINT-Fächern bis zum Jahr 2030 etwa zwei Drittel der erforderlichen Lehrerkräfte nicht zur Verfügung stehen. Der Einstellungsbedarf könne dann im Durchschnitt nur zu knapp 34 Prozent gedeckt werden.

Werde nicht zügig Abhilfe geschaffen, sehe er zudem das duale Ausbildungssystem ab dem Schuljahr 2027/28 stellenweise in Gefahr. Der Mangel an Lehrpersonal an den Berufskollegs sei enorm. In fast fünf Jahren sei die schwarz-gelbe Regierung bei der Bekämpfung des Lehrkräftemangels gescheitert, kritisierte Ott. Stattdessen gehörten zur Bilanz der NRW-Koalition «massiver Unterrichtsausfall», größere Klassen, ein «Finanzierungswirrwarr» sowie ein «chaotisches und planloses Management» in der Pandemie.

Aus Sicht der Oppositionsfraktion braucht es mehr Studienplätze für das Grundschullehramt und für Sonderpädagogen. Ein «verstärkter Quereinstieg» sei nötig. Für das Lehramt Berufskolleg sollten die Hochschulen für angewandte Wissenschaften eingebunden werden. Der Lehrerberuf müsse auch attraktiver gestaltet werden, etwa mit flexiblen Lebensarbeitszeitkonten. Alle Lehrkräfte sollten – unabhängig von der Schulform – in gleicher Höhe besoldet werden. In puncto Digitalisierung verlangte die SPD-Fraktion zur Entlastung der Lehrer die Einstellung von IT-Fachkräften.

Die Schulfinanzierung solle zwischen Bund, Land, Kommunen und Schulen neu verhandelt und neu aufgestellt werden, mahnte Ott. Bei den Bildungsausgaben je Grundschüler liege NRW rund 1000 Euro unter dem Bundesschnitt, zitierte er Angaben der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Der Investitionsstau an NRW-Schulen werde auf inzwischen rund zehn Milliarden Euro geschätzt. Die Pandemie habe die «Bildungsungerechtigkeit» an den Schulen noch verschärft, sagte Ott. Finanzmittel müssten stärker nach sozialen Kriterien vergeben werden. News4teachers / mit Material der dpa

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Georg
2 Jahre zuvor

Dann sollte man den Lehrerberuf wieder so attraktiv machen, dass ihn auch Naturwissenschaftler ergreifen wollen, insbesondere Quereinsteiger, falls grundständige MINT-Lehrer nicht zur Verfügung stehen. Das wird aber nicht so einfach, weil Naturwissenschaftler sehr gute Arbeitsbedingungen, sehr gute Ausstattung und ein sehr gutes Gehalt fordern. Abseits vom Oberstufenunterricht an leistungsstarken frisch renovierten Gymnasien sind die Arbeitsbedingungen und die Ausstattung eher mittel bis schlecht, je nach Schülerklientel sogar sehr schlecht. Man bedenke, dass sich Naturwissenschaftler oftmals mehr als Wissensvermittler und nicht als Sozialarbeiter sehen.

Mein Name ist Hase
2 Jahre zuvor

Leider vergaß MdL Ott die Leistungen der vorigen Landesregierungen auf diesem Gebiet zu erwähnen. Das zugrundeliegende Problem ist seit Jahrzehnten als „Schweinezyklus“ bekannt, wird aber insbesondere von Oppositionsparteien vor Wahlen immer wieder neu entdeckt.

GriasDi
2 Jahre zuvor

Tja warum gibt es wohl einen Mint-LehrerInnenmangel?
Scheinbar sind die Arbeitsbedingungen im Vergleich zur Wirtschaft zu unattraktiv. Da hilft kein „umsteuern“.
Und auch kein LehrerInnen-Bashing.

Dirk Meier
2 Jahre zuvor

Man sieht mal wieder, dass die SPD von Wirtschaft keine Ahnung hat. Da stellt man fest, dass es viel zu wenige Mathelehrer gibt und fordert dann gleiche Bezahlung für alle Lehrkräfte. Der Lohn als Knappheitsindikator wird außer Kraft gesetzt und stattdessen spielt man wünsch-dir-was und ettikettiert fachfremdes Personal um. An unserer Schule gibt es regelmäßig Praktikanten und Referendare mit den Fächern Politik, Ethik, Religion, Deutsch, Sozialpädagogik und Sport. In Mathe, Informatik oder Physik kam in den letzten 7 Jahren niemand, obwohl der Bedarf vorhanden ist.

Man sollte ab sofort signifikante Zuschläge für jeden MINT Absolventen bezahlen, der in den staatlichen Schuldienst wechselt. Dasselbe gilt für Grundschullehrer und andere Stellen mit Bewerbermangel. Stattdessen möchte die SPD den Niveaulimbo im deutschen Bildungssystem fortsetzen und nun FH-Absolventen in den Schuldienst eintreten lassen. Als nächstes kommt dann bestimmt der Bachelor-Lehrer.

Als Oberstufenlehrer an einem Berufskolleg bin ich jedes Jahr im Abitur und unterrichte fast ausschließlich in einem Hauptfach im gymnasialen Bereich. 50 Stunden Arbeitszeit pro Woche sind das Minimum, häufig ist es noch mehr. Auch Wochenendarbeit in normal. Wenn man den Stundenlohn ausrechnet und dann mit dem bald gültigen Mindestlohn von 12 EUR vergleicht, dann weiß man warum der Nachwuchs fehlt.

Janine
2 Jahre zuvor

Ich (IT-lerin) hatte mir (vor Jahren) mal die Mühe gemacht, auf der Ministeriumsseite nachzulesen, was man für den Quereinstieg braucht. Bin dann am Ende da gelandet, wo sie nach Hochschulstudium plus zusätzlicher Ausbildung über 2 Jahre in Pädagogik (man wird sofort als Lehrer eingesetzt, das läuft am WE und nachmittags) A10 als Gehalt geboten haben. Kann man sich ja ausrechnen, wer dafür den Aufwand auf sich nimmt…

Ach ja, mein Sohn (9. Kl. Gym) hat seit diesem Schuljahr Mathe bei einem pensionierten Schulleiter, Informatik und Physik bei einem Quereinsteiger, der anscheinend keine Pädagogik-Ausbildung erhalten hat.

Chorleiterin
2 Jahre zuvor

Es ist wahrscheinlich Methode, das „tumbe Volk“ dumm zu halten, dann lässt es sich ja auch viel leichter manipulieren.
Anders kann man diese nun schon jahrzehntelange Nachlässigkeit bis Fahrlässigkeit im Bereich Bildung in meinen Augen nicht mehr erklären.
Hinzu kommt eine immer größer werdende Wissenschaftsverächtlichmachung bzw Wissenschaftsfeindlichkeit, das haben wir ja auch in der Coronazeit gesehen.
Es ist cool und sexy, damit zu hausieren, dass man z.B.“ Mathe nie kapiert/ gemocht hat und doch was Tolles aus einem geworden ist.“

Realist
2 Jahre zuvor

Und da der Mangel praktisch jede Schule betreffen wird, dürfen sich diejenigen, die das Abenteuer MINT-Lehrer auf sich nehmen, schon einmal darauf einstellen, als Beamte ganz schlechte Chance auf Versetzung an eine andere Schule (oder ein anderes Bundesland) zu haben, wenn ihnen die aktuelle nicht gefällt, da es keinen Ersatz gibt.

Zudem sollte ihnen klar sein, dass sie als Beamte zu Überstunden mit einer lächerlichen Mehrarbeitsvergütung verpflichtet werden können, wenn sich die Unterrichtsversorgung nicht anders sichern lässt. Möglicherweise wird diese Mehrarbeit auch gar nicht ausgezahlt, sondern es entsteht eine stetig wachsende „Bugwelle“ an Überstunden, die sich bis zur Pension immer weiter aufbaut um dann eventuell ersatzlos zu verfallen (wer in Pension ist, kann ja definitonsgemäß keine Überstunden mehr abbauen).

Carsten60
2 Jahre zuvor

Die SPD entdeckt den Mangel an MINT-Lehrern immer nur in den Ländern, in denen sie nicht regiert. Aber gibt’s den Mangel nicht auch dort, wo die SPD regiert, in B, HH, HB, RP, MV usw.?