Lehrermangel: Bildungsminister will Lehrer in Teilzeit zu mehr Stunden animieren

13

LEIPZIG. In Sachsen herrscht – wie in den meisten anderen Bundesländern auch – akuter Lehrermangel. Der Bildungsminister setzt nun darauf, dass Teilzeitkräfte mehr arbeiten. Die Bildungsgewerkschaft GEW hält wenig von dem Vorschlag.

Darfs ein bisschen mehr sein? Sachsens Kultusminister Christian Piwarz. Foto: Sächsisches Kultusministerium / Ronald Bonss

Zur Eindämmung des dramatischen Lehrermangels in Sachsen will Bildungsminister Christian Piwarz Teilzeitkräfte bitten, mehr Stunden zu arbeiten. In Sachsen arbeite ein Drittel der Lehrerinnen und Lehrer in Teilzeit, das seien immerhin mehr als 10.000, sagte der CDU-Politiker in einem Interview der «Leipziger Volkszeitung». Mit diesen Lehrkräften müsse man sprechen. Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisiert den Vorstoß.

«Ich hoffe, dass sich möglichst viele dafür entscheiden, vielleicht zwei, drei oder auch vier Stunden pro Woche mehr zu unterrichten», sagte Piwarz. «Nur als Vergleich: Wenn alle voll arbeiten würden, entspräche das rund 2500 Stellen. Aber mir ist auch klar, dass es gute Gründe gibt, in Teilzeit beschäftigt zu sein und das stellen wir auch nicht in Frage.»

GEW-Chefin Uschi Kruse kritisierte Piwarz‘ Vorschlag. Die Lehrkräfte seien in Teilzeit, weil sie so mit der Belastung besser umgehen könnten, erklärte Kruse. Es gebe häufig auch persönliche Gründe, weswegen ein Lehrer oder eine Lehrerin die Stundenzahl reduziert habe.

«Es wird die kommenden zwei bis drei Jahre bei einer angespannten Situation bleiben»

In Sachsen fehlen – wie auch bundesweit – Bewerberinnen und Bewerber für freie Lehrerstellen. Zum Schuljahresbeginn konnte laut Piwarz ein Drittel der 1500 Stellen nicht besetzt werden. Dazu kämen Lücken, die schon in den Vorjahren entstanden sind. Unterrichtsausfall ist die Folge. «Es wird die kommenden zwei bis drei Jahre bei einer angespannten Situation bleiben», sagte der Bildungsminister. «Danach könnte es eine leichte Entspannung geben, doch eine echte Verbesserung ist wahrscheinlich erst ab 2030 zu erwarten.»

Die Gewerkschaft GEW und der Sächsische Lehrerverband (SLV) wollen am Mittwoch vor dem Landtag in Dresden gegen den «Bildungsnotstand» protestieren. Das System stehe kurz vor dem Kollaps, erklärte der Lehrerverband. Zu der Demo sind Beschäftigte von Schulen und Kitas sowie Eltern aufgerufen.

Die GEW wirft der Landesregierung zudem einen fehlenden politischen Willen vor, das Problem zu lösen. So seien im neuen Haushaltsentwurf unterm Strich 49 Stellen weniger an den Oberschulen eingeplant, obwohl absehbar rund 3000 Kinder dazukommen werden, sagte GEW-Sprecher Matthes Blank. Auch im Kita-Bereich seien keine personellen Verbesserungen in Sicht, obwohl die Regierungsparteien dies im Koalitionsvertrag zugesagt hatten. News4teachers / mit Material der dpa

Mehr Abordnungen, höhere Unterrichtsverpflichtung: Was der Rechnungshof gegen den Lehrermangel vorschlägt

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

13 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Doppel A15
1 Jahr zuvor

Da braucht man nichts zu kritisieren. Man sagt einfach Nein und gut.

SekII-Lehrer
1 Jahr zuvor
Antwortet  Doppel A15

Nicht in Bayern: Da wird der jährlich zu stellende Teilzeit-Antrag dann einfach nicht bewilligt.

Hirschlgruber
1 Jahr zuvor
Antwortet  SekII-Lehrer

Eine ganz einfache Lösung, wenn der Teilzeit-Antrag nicht bewilligt wird: Wegen Überlastung sich krank melden. Dann folgt logischer Weise nach einigen Wochen der Amtsarzt, dort auf die Überlastung hinweisen. Dieser wird zur Erhaltung der Dienstfähigkeit das Deputat kürzen. Positiver Nebeneffekt, sofern es in Bayern gleich läuft wie im Nachbarland, ist das höhere Endgehalt. Wird jemand von Amts wegen in seinen Deputatsstunden zwangsreduziert, hat er meines Wissens Anrecht auf die Hälfte des Gehalts der zwangsreduzierten Stunden.
Lassen sich genügend Lehrer die Nicht-Bewilligung nicht mehr gefallen, entstehen dadurch Kosten für den Staat und Teilzeitanträge werden künftig wieder anstandslos akzeptiert.

Karen Blümchen
1 Jahr zuvor

Mal eine ganz verrückte Idee: mehr Studienplätze, mehr Referendariatsstellen.

Bla
1 Jahr zuvor
Antwortet  Karen Blümchen

Eine noch verrücktere Idee:
Sinnvolles Studium und Referendariat … Dort mangelt es an manchen Stellen (gewaltig).

Student
1 Jahr zuvor
Antwortet  Karen Blümchen

Eine noch verrücktere Idee: Das Studium um manche exorbitante Anforderungen kürzen, die absolut nichts mit der späteren Lehrtätigkeit zu tun haben, aber das Studium enorm verlängern oder gar zum Abbruch oder einem Wechsel führen.

Student
1 Jahr zuvor
Antwortet  Student

Was gibt es denn am Beitrag auszusetzen?
Ich ergänze: Reduktion des 2-Fach auf 1-Fach-Bachelor/Master/Referendariat. Auch das kann dazu führen, dass sich das Studium verlängert oder gar abgebrochen werden muss, wenn man in dem einen Fach gut ist, sich aber durch das andere Fach quält oder deshalb abbrechen muss. Wieso ist das Studium in dem besseren Fach nur erst dann was wert, wenn man das andere Fach auch abgeschlossen ist?
Wieso muss man beide Fächer abschließen? Wieso muss man das Referendariat in beiden Fächern absolvieren? Warum nicht in nur einem Fach? Ist das eine Fach nicht bestanden, dann ist das ganze Studium und Ref hinüber. Das ist doch Sch**** und eindeutig eine Fehlkonstruktion!

Martin
1 Jahr zuvor

Das Problem: Ich arbeite in Teilzeit, weil ich mit meinen Fächern und meiner Kurs- und Stundenzuteilung (fast immer Abitur, Klassenleitung, viel Oberstufe) mit einer 3/4-Stelle gerade noch ein Leben neben Schule habe …

Christabel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Martin

Ich habe auch jahrzehntelang sonntags und in den Ferien korrigiert (2 Sprachen SEK II), jetzt reicht es mir einfach. Habe so reduziert, dass ich es mir noch für die Rente leisten kann und lebe besser damit. Dennoch bleibt die Korrekturbelastung zu hoch, es muss in diesem System einfach eine Möglichkeit geben, Korrekturen bei der Stundenverteilung zu berücksichtigen, anders ist die Arbeit nicht mehr zu schaffen! Und weil das so ist, arbeiten halt immer mehr in Teilzeit, ist mehr ein Überleben!

Karen Blümchen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Christabel

Geht mir auch so. Habe drei Deutschklassen mit 30 und 31 SuS in Jg. 9 und 10. Dazu zwei Oberstufenkurse mit jeweils 18 und 21 SuS. Ich sehe kein Land mehr…wir brauchen, nicht nur wegen der Korrekturen, kleinere Lerngruppen.

Jana
1 Jahr zuvor

Ach die guten realitätsfernen Kultusminister… warum arbeiten denn so viele Lehrer Teilzeit? Weil sie das Geld nicht wollen? Wohl eher weil man familiäre Verpflichtungen hat oder Personen pflegt und das bei voller Stelle nicht zu Händeln ist. Viele meiner Kolleginnen und mir wäre auch die Zeit qualitativen Unterricht vor- und nachzubereiten zu gering – in 5 Sprachen übersetzen, 6fach Differenzierung benötigt halt seine Zeit oder aber auch die ganzen zusätzlichen Aufgaben, die Lehrkräfte alle stemmen müssen – wäre das nicht, würden einige Stunden aufstocken. Jemanden dazu zu zwingen bringt jedenfalls gar nichts, außer eine kurzfristige Entlastung und langfristig eine höhere Krankmeldungs- und Burn-Out-Zahl…

GSinSH
1 Jahr zuvor
Antwortet  Jana

An GS kommt allerdings dazu, dass nur wenige Vollzeitstellen angeboten werden können, da es sonst weniger Köpfe als Klassen gäbe.

Katinka
1 Jahr zuvor

Mir wurde an meiner Schule mal klipp und klar gesagt: Wenn ich es schaffen will, meine Kinder rechtzeitig abzuholen und mein Stundenplan nicht länger als 15:30 Uhr sein soll, muss ich entsprechend weniger arbeiten. Punkt.
Die Kita-Öffnungszeiten hierzulande decken leider nicht meine Arbeitszeiten ab (Omas o. andere Verwandte haben wir hier nicht).

Mehr Unterricht geben könnte man außerdem dann, wenn die Zusatzaufgaben nicht so viele wären bzw. nicht stetig zunehmen würden. Dann könnte man sich mal wieder auf den Unterricht konzentrieren…