Tarifrunde 2023 – Gewerkschaften fordern „10,5 Prozent, mindestens 500 Euro mehr Gehalt für Beschäftigte“

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BERLIN. Die Gewerkschaften fordern in der 2023er-Tarifrunde 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro mehr Gehalt monatlich für die im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen Beschäftigten. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit von einem Jahr haben. Das teilten die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) am Dienstag in Berlin mit.

500 Euro – mindestens. Foto: Shutterstock

„Wir brauchen spürbare Gehaltserhöhungen. Alles wird teurer. Im Supermarkt, an der Tankstelle, beim Bäcker: Auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst spüren die Inflation in ihrem Geldbeutel“, sagte GEW-Vorsitzende Maike Finnern am Dienstag während der Pressekonferenz der Gewerkschaften zur kommenden Tarifrunde. „Sie sind hoch motiviert und engagiert. Gerade in Krisensituationen zeigt sich, welche Bedeutung ihre tägliche Arbeit für unsere Gesellschaft hat. Kitas, Jugendhilfe und Sozialarbeit sind wichtige Stützen. Sie sorgen dafür, dass die Menschen Beruf und Familie auch in diesen schwierigen Zeiten miteinander vereinbaren können. Sie sind Profis – und sie brauchen mehr.“

Finnern appellierte an die Verantwortung der öffentlichen Arbeitgeber den engagierten Beschäftigten gegenüber: „Die historisch hohe Inflation frisst die Gehälter auf – deshalb müssen die Löhne kräftig rauf!“

„Hinzu kommt, dass auch die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst enorme finanzielle Mehrbelastungen schultern müssen“

Der Bundesvorsitzende des VBE, Udo Beckmann, bekräftigt : „Die Forderung nach 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Einkommen ist absolut angemessen. Erst recht, wenn man sich vor Augen führt, dass der frühkindliche Bildungsbereich von eklatantem Fachkräftemangel, enormen Herausforderungen im Kontext von Corona-Pandemie, Integration, Inklusion und künftigen Mehrbelastungen durch Ganztagsangebote geprägt ist. Hinzu kommt, dass auch die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst enorme finanzielle Mehrbelastungen schultern müssen. Dem muss eine deutliche finanzielle Wertschätzung entgegengebracht werden. Ein Reallohnverlust ist in jedem Fall zu vermeiden. Mehr noch, der Beruf muss für die im System engagierten Beschäftigten und künftig dringend benötigten Fachkräfte attraktiver werden. Die Arbeitgeber müssen in der Einkommensrunde ein glasklares und angemessenes Zeichen in Richtung der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst setzen, welches zeigt: Wir haben verstanden.“

Beckmann weiter: „Die Personalunterdeckung im frühkindlichen Bildungsbereich ist alarmierend, wie uns die vom VBE mit herausgegebene DKLK-Studie schwarz auf weiß vor Augen führt (News4teachers berichtete). Danach haben 9.000 Kitas in Deutschland im zurückliegenden Jahr in über der Hälfte der Zeit in aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung gearbeitet. Das ist nicht nur ein Skandal, es zeigt auch: Wenn sich die öffentlichen Arbeitgeber den angemessenen Forderungen der Gewerkschaften verweigern, wird der Bildungs- und Erziehungsauftrag im frühkindlichen Bildungsbereich nicht mehr zu erfüllen sein.“

Hintergrund: Für die Tarifrunde im öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen sind drei Verhandlungsrunden geplant. Hier die Termine: 24. Januar 2023, 22./23. Februar 2023 und 27. bis 29. März 2023. Die Gewerkschaften verhandeln für rund 2,5 Millionen Beschäftigte, darunter im Sozial- und Erziehungsbereich, beispielsweise für Erzieherinnen und Erzieher sowie Sozialarbeiterinnen und -arbeiter.

Ver.di hat die Verhandlungsführerschaft für die Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Der VBE vertritt die Interessen der Kolleginnen und Kollegen durch seine Mitglieder in der Bundestarifkommission seines Dachverbands, dem dbb beamtenbund und tarifunion. News4teachers

Tarifstreit: Arbeitgeber lehnen pauschale Höhergruppierung von Kita-Fachkräften ab

 

 

 

 

 

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fabianBLN
1 Jahr zuvor

Tarifrunde 2023 – Gewerkschaften fordern „10,5 Prozent, mindestens 500 Euro mehr Gehalt für Beschäftigte“

Richtig so! Macht mit, wenn es darum geht, darum zu kämpfen.
(Ach ja, stimmt ja, ihr wollte alle lieber verbeamtet werden und dann dürft ihr ja nicht dafür kämpfen. Dann machen es eben „die anderen für euch“, oder?)

Quacksalber
1 Jahr zuvor
Antwortet  fabianBLN

Recht haben Sie. Leider !!

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  fabianBLN

Betrifft nur die Lehrer nicht. Als realistischen Abschluss erwarte ich bestenfalls die Größenordnung +5% in Stufen bei einer Laufzeit von mindestens zwei Jahren. Am schlimmsten daran finde ich, dass sich die Gewerkschaft dafür feiern wird.

Scheinio
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Die verkaufen es als ein SIEG an die Leute… ich finde Gewerkschaften sind noch noch SCHEIN!

Carabas
1 Jahr zuvor
Antwortet  Scheinio

Wobei man nicht die Gewerkschaften in einen Topf werfen sollte. Es gibt zahlreiche positive Beispiele. Die Bildungsgewerkschaften und solche mit Schwerpunkt im öffentlichen Dienst sind halt eine Katastrophe.

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  fabianBLN

Holla, ich wusste gar nicht, dass nur alle Angestellten oder Freiberufler sich gewerkschaftlich organisieren dürfen, damit sich die Gewerkschaften für die Arbeitenden einsetzen. Oder ist Ihr Kommentar so gemeint, dass alle Angestellten und Freiberufler alleine ohne Gewerkschaft für ihre Rechte kämpfen?
Ich verstehe Ihren Post nicht und bitte um Erklärung!

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  fabianBLN

Lesen bis zum Schluss (oder auch mal breiter informieren) hätte hier weitergeholfen: der Deutsche Beamtenbund ist mit dabei.
Mit freundlichen Grüßen, Mika

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  fabianBLN

PS: Sie haben aber schon auf dem Schirm, dass Lehrkräfte im Regelfall weder beim Bund noch den Kommunen, sondern beim Land angestellt/beschäftigt sind? Und dass es im Artikel um den Tarifvertrag für Beschäftigte bei Bund und Kommunen geht? Sie wollen Lehrer sein und dreschen immer wieder zusammenhangslos auf KollegInnen ein – merkwürdiges Berufsethos, was Sie hier vertreten.

Aleidis, von edlem Wesen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Wie schon unten geschrieben, haben solche Abschlüsse doch eine Signalwirkung auf andere und deshalb ist es nicht egal, was da erreicht wird.

Angelika Mauel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Was bedeutet eigentlich „Berufsethos“? Manchmal kommt es mir so vor, als habe es sich etabliert, den Begriff dahingehend misszuverstehen, dass ein Angehöriger eines Berufes nichts sagen oder tun dürfe, was den finanziellen Interessen oder dem „Image“ der Berufsgruppe schaden könnte. – Aus moralischer Sicht ein fragwürdige Erweiterung. Zweckdienlich, um mal wieder etwas durch den Weichspüler zu ziehen. Mittlerweile hört man auch den Begriff „Zivilcourage“ öfter als nur „Courage“.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  fabianBLN

Ich verstehe das nicht – ich, verbeamtet – gehe eher und selbstverständlicher auf die Straße zum Demonstrieren, als die Nichtbeamten, deutlich jüngeren Lehrys. Die dürfen übrigens auch streiken.

Und ja – auch für EuEs. Da gibt es auch nicht mehr so viele von.

Selbst in meiner Familie wird über einen Berufswechsel und früherer Ruhestand nachgedacht. Wer kann es ihnen verübeln?!

Für mich liest sich das wie Spott und Hähme, aber auch Neid.

Last edited 1 Jahr zuvor by Riesenzwerg
potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Ich glaube, genau das meinte Fabian. Die Lehrer und Erzieher gehen zu wenig auf die Straße für ihre Rechte und Mitglied in einer Gewerkschaft sind nur wenige (meine Erfahrungen hier in Berlin). Da wird das auch nichts mit den gewünschten Verbesserungen. Da müssten viel mehr ihren A… hochkriegen und nicht nur jammern.

Realist
1 Jahr zuvor

Selbst wenn diese Forderungen durchkommen sollten: Das wird den Beschäftigten der Länder (und damit auch den Lehrkräften) nichts nützen, da nächstes Jahr die Inflationsrate wahrscheinlich etwas zurückgehen wird. Und dann darf man durch den TV-L doch nicht die „böse“ „Lohn-Preis-Spirale“ wieder anheizen. Das wird dann auch Verdi wieder so sehen und übrig bleibt ein Einkommensverlust von mindestens 15 Prozent über die dann letzten drei Jahre gesehen…

Nunu
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Na dann in die Gewerkschaft mit dir und allen anderen, damit das nicht passiert.

Alex
1 Jahr zuvor
Antwortet  Nunu

@ realist
Aber zurückgehen der Inflation heisst noch lange keine Deflation. Wenn es dieses Jahr 9% sind und 2023 nur noch 4%, dann sind es schon 13% die ausgeglichen werden müssen im TV-L. Die Nullrunden vorher noch gar nicht berücksichtigt.

@nunu
Verdi ist so lächerlich schwach. Ohne die baldige Angleichung auf A13 würde mir noch übler aufstossen für 2023

Last edited 1 Jahr zuvor by Alex
Nunu
1 Jahr zuvor

10,5% wird gefordert? Wer verhandeln möchte, fordert weit mehr als sein ursprüngliches Ziel. Das wissen sogar die Azubis bevor sie Ihre Prüfungen abgelegt haben und sich Gedanken über Ihre Gehaltsvorstellungen machen.

10,5% in den Medien heißt, dass wir wahrscheinlich 6-8% sehen werden.
12% Lohnerhöhung mit 3000€ Einmalzahlung ist eine Forderung und alles weitere ist nur Schein für die Kollegen!

Ich kriege einfach nur WUT auf unsere „Vertreter“!
Man muss nicht ein Psychologe sein, um zu sehen, wie hinterhältig diese Menschen die Verhandlungen abschließen!
WANN wurde zuletzt gestreikt? Ich möchte Warnstreiks sehen, bei dem Unterricht ausfallen muss! Wer nicht hört, muss spüren!

Quacksalber
1 Jahr zuvor
Antwortet  Nunu

In Berlin wurde mehrfach gestreikt. Nur ging keiner hin. Machte keiner mit. Naja, fast keiner.

Anne
1 Jahr zuvor
Antwortet  Nunu

6 bis 8 %?? Nie im Leben. Das wird laufen wie derzeit bei den Metallern: Ansage der Arbeitgeber ( kein Geld da, gibt ´ne Nullrunde), großes Jammern, um dann wieder nur einen 1,x – Abschluss als großen Gewinn zu feiern…

Mika
1 Jahr zuvor
Antwortet  Nunu

Nun ja, die Lehrer sind im Regelfall beim Land beschäftigt. Dies ist jedoch die Tarifrunde für Bund und Kommunen. Da können Sie naturgemäß keine Warnstreiks sehen, bei denen Unterricht ausfällt.

Aleidis, von edlem Wesen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Es weiß doch jeder, dass solche Abschlüsse auch für andere Signalwirkung haben !!!!!!!!!

Mika
1 Jahr zuvor

Das ändert nichts daran, dass beim Land Beschäftigte nun mal nicht streiken können, wenn es um den Tarifvertrag für Bund und Kommunen geht. Es ist also sinnfrei, Lehrer in diesem Fall zum Streik aufzufordern. Zwei verschiedene Arbeitgeber, Sie verstehen? Es sei denn, Sie fänden es normal, wenn die Lokführer streiken, während die Metaller in Tarifverhandlungen sind, einfach um die Metaller zu unterstützen.

Scheinio
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Ich fordere die LuL zum streiken nicht jetzt sondern für die nächsten Verhandlungen auf!

Anne
1 Jahr zuvor

Och, ich fände es ganz prima, wenn der Pilotenabschluss mal Signalwirkung für den ÖD hätte.

Marc
1 Jahr zuvor

Ich kann das ewige Gemecker in den sozialen Medien nicht mehr hören. Gerade die Angestellten im öffentlichen Dienst, darunter auch die Erzieher, sehen sich überdurchschnittlich vielen Problemen gegenüber: Arbeitsverdichtung, extremer Personalmangel, hoher Grad an gesundheitlicher Gefährdung.

Wer meint, wir sollten verzichten und wurden mehr als genug verdienen, darf sich gern in meinem Familienzentrum bewerben. Das Glück ist ja anscheinend nur ein paar Textzeilen entfernt. Trau dich!

gehtsnoch
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Lohn-Preis-Spirale

Mal bedacht(?):

  • 200 Mrd. Energiehilfe wären 2.439 € Neuverschuldung je Bundesbürger,
  • mit 100 Mrd. Bundeswehrhaushaltsaufstockung dann 3.659 €
  • rund 2,5 Millionen Beschäftigte x 500 € mtl. = 1,25 Mrd. € mtl. und 15 Mrd. p.a zzgl. Lohnnebenkosten

(pro Kopf Verschuldung in D lag 2021 bei 27.922 € und bis 10/2022 + 13,1 %)

Inflationsrate oder Rezession, Kompensierung der Ausgaben ???

Vielleicht stehen die drei Fragezeichen ja auch nicht nur für die Ampel.

Last edited 1 Jahr zuvor by gehtsnoch
Marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  gehtsnoch

Und? Das heißt, dass man still Opfer politischer Entscheidungen werden muss?

Wenn die IGM und andere Höhe Abschlüsse erstreiken dürfen, werden wir das auch. Klar, erwirtschaftet die Kita und die Schule nichts im finanziellen Sinn. Wenn das aber der angelegte Maßstab für Bezahlung ist und nicht mehr die geleistete Arbeit/Belastung, dann versorgt doch eure Kinder selbst.
Denn mit der Einstellung läuft es genau darauf hinaus. Geliefert wie bestellt.

gehtsnoch
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Eine schwelende Unzufriedenheit mag ja nachvollziehbar sein, mich stört das aufgezeigte Geld-Ego.
Man könnte eine mögliche Anspruchshaltung (Grandiosität)/ Versorgungsmentalität (Ihr letzter Satz) überdenken:
Frage nicht, was dein Land für dich tun kannfrage, was du für dein Land tun kannst.“ (frei nach John F. Kennedy)
„Land“ kann auch durch „Arbeitgeber“ ersetzt sein.

Frage mich schon, ob Sie denn bei ¼ mehr dann endlich zufrieden wären.

Marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  gehtsnoch

Ich verkaufe meine Arbeitskraft, nicht mein Leben.
Von meiner 40h/Woche habe ich mich vor vielen Monaten verabschiedet und durfte mich mit einer 48-50h/Woche + Elterngespräche + Vorbereitungszeit in meiner Freizeit zufrieden geben. Meine Überstunden werde ich nie abbauen können, weil: Beruf wegen dem Verhältnis Bezahlung zu Belastung einfach unattraktiv ist.

Und jetzt soll ich noch mehr für den AG tun? Vielleicht sogar Lohnverzicht in Zeiten der Inflation? Wir könnten auch auf ehrenamtliche Arbeit umsteigen.

Fraglich mir, wie viel Betreuung und Bildung Sie dafür geboten bekommen.

Frei nach dem Prinzip „Angebot und Nachfrage“. Mich und meines Gleichen gibt es noch Jahre lang viel zu wenig. Die Lage spitzt sich immer weiter zu. Dementsprechend wächst die Belastung um ein Vielfaches (mittlerweile 22 Kinder 9 Std. täglich allein betreuen).

Dafür verlange ich einen finanziellen Ausgleich. Die Alternative würde den Eltern in der freien Wirtschaft noch viel weniger gut tun. Ohne Betreuung, kein Job.

Nur so geht die Rechnung auf.

Walter
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Da kann man froh sein, die Knechtschaft wurde abgeschafft.

Walter
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Und schon dreht sich munter die Lohn-Preis-Spirale. Erst wenn auch die Löhne anfangen mitzugalloppieren, gewinnt die Inflation so richtig an Fahrt.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich habe Verständnis für alle Arbeitnehmer und Gewerkschaften, die mit ihren Lohnforderungen wenigstens einen Inflationsausgleich haben wollen. Das Dumme ist nur, dass dadurch die Geldentwertung massiv zunimmt.

Sollte die Inflation zurückgehen, werden die Löhne zumindest gleich bleiben.
In der Vergangenheit gab es jedenfalls nie Lohnabschlüsse mit Minuszeichen. Sie sind einfach nicht durchsetzbar.

Unsere Geld-Zukunft wird leider auf eine Weise spannend bleiben, die mich beunruhigt.

Marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

Ich kann die Inflationsargumention nicht mehr hören, genauso wie die Mär der Lohn-Preis-Spirale. Die entsteht nämlich nicht durch höheren Verdienst im (angeblich unwirtschaftlichen) ÖD.

Außerdem geht keiner auf meine Argumente ein: jeder redet von der „Wirtschaft“. Die „Wirtschaft“ lebt aber von Angebot und Nachfrage.

Wenn wir nicht entsprechend entlohnt werden für die Mehrarbeit, die Zusatzbelastung und die immer höheren Ansprüche ZUSÄTZLICH zur Inflation, die mich genauso trifft wie Sie, wird es bald keinen erfüllbaren Erziehungs- und Betreuungsauftrag mehr geben können.
Und was macht die tolle Wirtschaft dann? Wenn ein Großteil der Eltern ihren Job aufgeben müssen, weil aus Gründen der Personalflucht Kitas und Schulen nicht mehr besetzt werden können? Woher nimmt die Wirtschaft dann die Arbeitskräfte heute und in Zukunft?
Die Personalflucht ist im vollen Gange und jeder hebt nur mahnend die Finger, statt wirklich zu helfen.

Bessere Arbeitsbedingungen durften wir dieses Jahr nicht erstreiken weil nicht möglich. Nächstes Jahr sollen wir auf höheres Gehalt verzichten. Was Sie in Aussicht stellen ist ein Zusammenbruch des gesamten Berufsstandes. Aber das will keiner hören.

Walter
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Mal ein einmonatiges (auch gerne bezahltes) Praktikum in einem Wirtschaftsunternehmen mit Produktion an z. B. einem Gußofen oder in der Galvanik ohne Teeküche und bezahlte Rauchpause machen. Danach weiß der Praktikant es vielleicht erst zu schätzen, wie gut er es doch mit seinem „unterbezahlten“ Job beim ausbeutenden AG angetroffen hat …
Oder argumentieren Sie doch mal mit Menschen die nichts außer Kettenarbeitsverträge bekommen.

Ökonomie muss glücklicherweise auch nicht Jedermann/-frau verstehen.

Marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

Teeküche und bezahlte Raucherpause? Sie haben absolut keine Ahnung, wie es im Kitabetrieb aussieht. Ich habe seit April verkürzte Pause, weil mich niemand länger als 15 Minuten vertreten kann. Ich teile mir die Aufsicht mit mir selbst – passiert einem Kind etwas, bin ich schuld. Und selbst, wenn ich argumentieren würde, dass ich nicht allein für 22 Kinder zuständig sein darf, bringt dass es dem Kind und den Eltern des geschädigten Kindes nichts.

Strebe ich aber an, dass der (schon sehr grenzwertige, aber immer noch halbwegs vernünftige) Personalschlüssel eingehalten wird, betreue ich plötzlich nur noch die Hälfte der Kinder, während die Eltern der anderen elf Kinder ihre Arbeitskraft der freien Wirtschaft nicht mehr zur Verfügung stellen können. Ist das dann besser?

Auch meine (sehr ungeliebte) Leistung von bis zu 40 Überstunden pro MONAT könnte ich einfach bleiben lassen. Auch da würde die freie Wirtschaft blöd aus der Röhre gucken.

Ohne mich, meine Kollegen und unsere endlose Liste an Zusatzbelastungen für die freie Wirtschaft wäre das ganze System nicht mehr zu retten. Und statt uns dafür zu entlohnen und den Beruf endlich attraktiver zu machen, klagen Menschen wie Sie uns nur an und bringen uns in keiner Hinsicht Wertschätzung entgegen (uns im ÖD geht es ja so gut). 330.000 fehlende Erzieher allein bis 2030, Tendenz wegen Arbeitsflucht steigend. Ist dieser „so bequeme“ Teil des ÖD weg, werden Sie sich noch wundern,was für Probleme sich dann auftun – und daran tragen Sie dann aktiv Schuld mit.

Im übrigen tragen wir diese Mehrbelastung seit Jahren und nicht, so wie Sie, erst seit Beginn dieses Desasters im Februar. Einfach auch Mal darüber nachdenken, falls möglich.

Sapperlot
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Lieber Marc, die Arbeitsbedingungen, die sie schildern, hören sich gar gruselig an. Es ist übrigens Kindeswohlgefährdung und Aufsichtspflichtverletzung, wenn sie sich bereiterklären 22 Kinder alleine zu betreuen. Und das tun sie ,ihrer Argumentation zufolge ,um der freien Wirtschaft Arbeitskräfte zur Verfügung stellen zu können???? Vielleicht zuallererst einmal an die Kinder denken , eine Überlastungsanzeige stellen und sich endlich weigern so weiterzuarbeiten wäre m.E. der bessere Weg. Berufsflucht passiert im Übrigen auch wegen Kollegen, die alles mit sich machen lassen um nur ja niemanden zu verprellen, anstatt für die eigenen Bedürfnisse und die der Kinder einzutreten. Sorry.

Boomerin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

Was genau hat das mit dem Thema zu tun? Wenn ich in der Produktion arbeiten wollte, hätte ich mir da einen Job gesucht. Ich habe aber 2 Staatsexamen gemacht, um in der Schule zu arbeiten.
Von einer „Teeküche“, die diesen Namen verdient, kann ich nur träumen, Raucherpausen muss ich zwangsläufig machen (nennt sich Aufsicht), und solange meine Überstunden nicht wirklich irgendwo erfasst werden, ist die Grenze zur Ausbeutung erkennbar. Ach übrigens, ich war lange Jahre in der Wirtschaft, da musste ich meine Arbeitsmaterialien nicht bezahlen, sondern bekam diese gestellt.
Im Moment ist soviel von „Respekt für Arbeit“ die Rede, den fordere ich auch für meine Arbeit ein, und das bedeutet unter anderem, als Akademikerin keine blödsinnigen Diskussionen über angemessene Bezahlung führen zu müssen.

Boomerin
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marc

Sie haben vollkommen Recht, es kann nicht sein, dass alle Berufsstände, die (noch) mit Menschen arbeiten, unterschwellig dazu aufgefordert werden, einfach einen Teil der Arbeitszeit unentgeltlich zu leisten. Meine Kinder bekommen jede Minute in der freien Wirtschaft bezahlt, so kenne ich das auch noch aus der Zeit, bevor ich Lehrerin wurde, und ich erwarte einfach BEZAHLUNG für meine Arbeit, kein „das muss dir doch Spaß machen“ oder ähnlichen Schwachsinn.
Nur Bares ist Wahres!

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

Ja, dann verzichten die TVöD-Beschäftigten eben klaglos und kürzen Zahlungen an Vermieter und Lieferanten von Primärenergie, damit mehr Netto vom Brutto übrig bleibt.

Scheinio
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

Sollen doch die Unternehmen Ihre Gewinne runterfahren! Warum müssen wieder die Bürger dafür halten?
Ich muss also für die Scheißpolitik mein Wohlstand aufgeben, aber die EU-Politiker erhöhen ihre Diäten? Seid ihr alle noch dicht?

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Scheinio

Ihre Forderung, die Unternehmen sollen ihre Gewinne runterfahren ist nachvollziehbar, nur wird dies nicht geschehen. Unternehmen und Investoren werden im Zweifel ihre Unternehmen woanders hin verlagern, wenn es sich für diese hier nicht mehr lohnt. Und das kann ganz schnell gehen (nicht überall gibt es eine solche Investorenfeindliche Bürokratie wie bei uns). Die meisten Arbeitnehmer sind aber nicht so flexibel wie das Kapital… Damit ziehen Arbeitnehmer den kürzeren…

DerDip
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

Die bisherige Inflation ist hauptsächlich durch Energiekosten und die Abwertung des Euro getrieben. Und natürlich haben Sie recht, dass es durch höhere Lohnerhöhungen zu einer Lohn-Preis Spirale kommen wird. Ich denke jedoch, dass die Abschlüsse in den einzelnen Branchen sehr unterschiedlich sein werden. Es wird Branchen geben, für die es keinen Verhandlungsspielraum geben wird und solche, die richtig viel rausholen können. Hier sehe ich für den Öffentlichen Dienst aktuell tatsächlich die Chance, höhere Abschlüsse als in anderen Wirtschaftsbereichen durchzusetzen, da mit steigender Inflation auch die Steuereinnahmen entsprechend zunehmen. Dafür müssen die Arbeitnehmer aber auch bereit sein, die Gunst der Stunde zu nutzen. Wie das funktioniert, sieht man aktuell in Frankreich, wo mitten in de größten Energiekrise die meisten Raffinerien des Landes bestreikt werden.

Ron
1 Jahr zuvor

Die Kollegen sollten sich von solchen Forderungen nicht zu viel versprechen. Aus der Forderung über 10 Prozent wird bei Verdi dann wieder 8 Prozent, verteilt auf zwei Jahre, wobei die zweiten 4 Prozent eine Einmalzahlung darstellen.

Walter
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Angemessen!?
„Die Forderung nach 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Einkommen ist absolut angemessen.“

Grundgehalt: 3.500 € brutto + 10,5 % (367,50 €)
bei 4.761,90 € + 10,5 % (500,- €) wären erst die geforderten 10,5 % mehr erreicht.

angenommen: 3.500 € + 500€ wären dann bereits +14,29 %

Glücklicherweise liegt beim Minijob der Mindestlohn nun bei 12,- €/Std. (60 Min) und 520,- € Verdienstgrenze (hier gab es ja schon +14,83 % zum 01.10.2022)

Ron
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

Sie verwechseln Forderungen mit tatsächlichen Tarifergebnissen. Meist versucht Verdi seinen Ruf dahingehend zu wahren, dass die Forderungshöhe um 1/3 runterverhandelt wird (das wären dann 6,5 Prozent), gleichzeitig aber die Laufzeit über die 12 Monate hinaus verlängert wird. Bei einer Laufzeit von wieder 2 Jahren, werden aus besagten 6,5 Prozent dann 3,25 Prozent jährlich. Diese dann noch mit der höheren Progression versteuert, ergeben dann 3 Prozent in 2023 und 3 Prozent in 2024. Das dürfte bei 10 Prozent Inflation wieder ein krasser Reallohnverlust werden.

Generation 0
1 Jahr zuvor

In eine Tarifrunde mit der Forderung zu gehen „10,5%“ mehr ist angesichts des neuaufgesetzten Bürgergeld mit allen weiteren vorzügen ehr lachhaft.
Die Bildung der Generation X+Y und Z hat im Vergleich zu Schülern der 80er oder 90er so stark nachgelassen das ein guter Hauptschüler der 90er heutzutage mühelos beim Abitur mitschreiben könnte. Wen wundert es wenn selbst Schulen die Schüler annimieren am Freitag lieber an FFF-Demos teilzunehmen als Unterricht zu halten. Bei den Ausfällen der letzten 2 Jahre und dem ständigen Fächerausfall wegen Lehrermangel ist das Bildungsniveau der oben benannten X+Y und Z Gen. wohl dem Durchschnitt eines Bürger aus dem Mittelalter angepasst.
Wer Prozentrechnung beherrscht weiß auch das die Inflation von
2020 0,5%, + 2021 3,1% + 2022 10% = nicht 13,6% sein kann, da sich diese Werte immer auf den Vorjahreswert beziehen.
Die Bundesregierung erwartet für 2023 einen Inflationswert von 7% und jetzt rechnet gerne nach welchen Kaufkraftverlust wir in den letzten 3 Jahren hatten + nächstes Jahr zu erwarten haben ggü. dem Gehalt.

Wer neue Ideen finden möchte der soll in alten Büchern lesen, wenn man noch lesen kann.

gehtsnoch
1 Jahr zuvor

Stand am 30. März 2023:
Aktuell sind die Tarifverhandlungen für 2.400.000 Beschäftigte im ÖD gescheitert, da 8 % mehr, mindestens 300 € + Einmalzahlung 3.000 € unakzeptabel sind.

Die als „eher realistisch titulierten“ Erwartungen einiger Foristen in diesem mittlerweile älteren Titelbeitrag wurde nun mit dem agbgelehnten AG-Angebot übertroffen.