Volksantrag geplant: Elterninitiative will „Turbo-Abi“ an Gymnasien abschaffen

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ine Elterninitiative startet am Samstag die Sammlung von Unterschriften für einen Volksantrag für die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) in Baden-Württemberg. Dies teilten Corinna Fellner und Anja Plesch-Krubner von der Initiative «G9 jetzt» am Freitag in Stuttgart mit. Sie wollen, dass künftig das Abitur wieder generell nach neun Jahren abgelegt wird. Um die Schüler international wettbewerbsfähiger zu machen, wurde die Zeit bis zum Abitur einst auf zwölf Jahre verkürzt (G8).

Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in Baden-Württemberg sind in der Regel (noch) schneller unterwegs. Illustration: Shutterstock

Ein Sprecher des Landtags sagte im Vorfeld, der Beginn der Unterschriftensammlung sei angezeigt worden. Damit über den Gesetzentwurf im Plenum beraten wird, braucht die Elterninitiative innerhalb eines Jahres die Unterschriften von 0,5 Prozent aller Wahlberechtigten. In Baden-Württemberg wären das rund 39 000 Unterschriften.

Fellner und Grubner verwiesen darauf, dass in vielen Bundesländern bereits zum Abitur nach 13 Schuljahren zurückgekehrt worden sei. «Wir wollen in Baden-Württemberg keine G8-Enklave sein», sagte Plesch Krubner. Beide Elternvertreter erklärten weiter, dass die Kinder durch die verkürzte Schulzeit unter einem starken Leistungsdruck stünden und wenig Freizeit hätten. Und Michael Mattig-Gerlach von der Arbeitsgemeinschaft gymnasialer Elternvertreter im Regierungsbezirk Stuttgart meinte, dass unter der verkürzten Schulzeit auch die Qualität der vermittelten Bildungsinhalte leide. Man müsse aufpassen, dass man nicht in die Zweite Liga absteige.

G9 gibt es nur noch als Modellprojekt an insgesamt 44 staatlichen Schulen im Land und an einigen Privatschulen. Grün-Schwarz hatte sich auf eine Beibehaltung von G8 als Regelform verständigt. In vielen Bundesländern (in Westdeutschland) wurde G8 hingegen schon wieder abgeschafft – Initiativen von Eltern und Lehrkräften setzten sich durch. News4teachers / mit Material der dpa

Schnelleres Aus für G8: Schon die künftigen Sechstklässler bekommen längere Schulzeit

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Mika
1 Jahr zuvor

Als in der DDR aufgewachsener Mensch, der sein Abi in 12 Jahren abgelegt hat, habe ich früher immer gesagt: kein Problem, 12 Jahre reichen. Allerdings war ich verwöhnt durch die Schülerschaft früher: an die EOS (entsprach den Gymnasien) wurden nur die 2 leistungsstärksten SuS jeder Klasse zugelassen, und so hatte man dort lernwillige und – fähige SuS. Heute denke ich, in Brandenburg unterrichtend, welches immer noch das 12jährige Abitur hat, dass wir unbedingt zum 13jährigen Abi zurückkehren sollten: die Verdichtung des Abiturstoffs auf 12 Jahre überfordert die meisten SuS zusehends. Es macht keinen Sinn, darauf zu pochen, dass sie mehr arbeiten müssten: viele können das eben nicht, sind heillos überfordert mit allen dazugehörenden Folgen. Das kann keiner wollen. Entweder begrenzen wir also den Zugang zum Gymnasium auf die 20 Prozent Leistungsstärksten, die in der Lage sind, den Abiturstoff in zwei Jahren gut zu bewältigen, oder wir lassen ihnen mehr Zeit und gehen zu den 3 Jahren zurück.

Nick
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mika

Auch ich habe in der ehemaligen DDR die EOS besucht im heutigen Brandenburg. Die Zeit habe ich noch gut in Erinnerung. Das (dortige) Abitur war Voraussetzung für meinen späteren beruflichen Werdegang… Ihr letzter Satz zeigt das Dilemma auf. Entweder gehen auf die Gymnasien nur die Leistungsstarken (und ja, dann reicht G8 aus) oder auf die Gymnasien gehen nahezu alle Bewerber für diese Schulform und dann reicht wohl nicht mal ein G9.

Mo3
1 Jahr zuvor

Was meinen den die betroffenen G8-Schüler dazu? Ist es wirklich so schlimm, oder malen die Eltern die Situation nur schwarz und wollen ihre Kinder in Watte packen? Mit der Forderung einher geht ja auch bei Eltern häufig die Annahme oder Forderung, dass dann der Ganztag wieder zurückgefahren werden kann. Das wird nach der Erfahrung in NRW aber eher nicht so kommen. Ganztagsschulen werden eher Ganztagsschulen bleiben.
Wenn natürlich von Schulen und Lehrern der Wunsch kommt, wieder auf G9 umzustellen, weil …, dann ist das natürlich ernstzunehmen und diskussionswürdig. Gibt es eine Evaluation zu den Modellprojekten?
Und warum ist das in Ostdeutschland nie ein Thema gewesen? Hier ist der Bildungsföderalismus doch wirklich absurd, dass jedes Land sein G8 selber neu erfinden musste und dann feststellt, dass es einem eigentlich nicht gefällt. Warum hat man hier nicht auf die jahrelange Erfahrung aus den östlichen Bundesländern gesetzt? Außerdem wird die Umstellung den Lehrermangel noch einmal verschärfen, denn wer kann denn damit rechnen, dass es 8 Jahre später auf einmal einen ganzen Jahrgang mehr an Gymnasien geben wird?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mo3

G8 wurde ursprünglich von den Nazis eingeführt und dann in der DDR beibehalten, wohl weil das auch dem „großen Bruder“ gefiel. Das Volk wurde damals natürlich nicht gefragt. Wenn es eine solche Tradition aber erstmal gibt, dann läuft das eben auch anders als wenn es eine andere Tradition gibt. Dafür hatte man in der DDR eine längere Wehrpflicht, also das Argument mit dem Alter der Absolventen ist in Wahrheit keines. Und jetzt haben wir gar keine Wehrpflicht mehr, also ist das Argument mit dem Alter erst recht nicht stichhaltig. Jetzt heißt es oft, viele G8-Abiturienten seien zu unreif fürs Studieren und müssten erstmal ein Jahr „rumhängen“ zwecks Selbstfindung. DAS gab’s in der DDR wohl nicht, oder? Da hatte jeder zu funktionieren, und Weltreisen waren schon aus anderen Gründen verboten.

Nick
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Also, die DDR gibt es seit mehr als 30 Jahren nicht mehr. Der Nazi-Vergleich ist für die Neuzeit deplatziert. In der DDR schloss sich regelmäßig die Armee-Zeit an, oft 3 Jahre. Da war nicht viel mit „rumhängen“ gewesen. Was machen Sie eigentlich, wenn in der heutigen Zeit auch das G9 nicht zur Entwicklung aller Schüler auf den Gymnasien ausreicht?

Carsten60
1 Jahr zuvor

Wie kommt es nur, dass G8 erst von hochrangigen Wissenschaftlern (und auch von Bertelsmann; Wikipedia behauptet es) empfohlen wurde und jetzt so unbeliebt geworden ist? In NRW gab’s auch solch eine Initiative. Aber noch bevor es zu einer endgültigen Abstimmung kam, lenkte die Landesregierung ein. Hauptpunkt bei der Initiative waren die überlangen Schultage, teilweise bis zur 9. Stunde.
Nicht vergessen: Es gab mal G9-Gymnasien mit 35 Wochenstunden, je 6 Mo-Fr und 5 am Samstag. Niemand hat damals gesagt, das kostet zu viel Geld (offenbar auch Bertelsmann nicht), die 5-Tage-Woche wurde aus anderen Gründen eingeführt. Gegenüber diesem Stand ist sowieso alles „abgespeckt“ und gleichzeitig die Gymnasialquote erheblich erhöht. Aber es wird tapfer geleugnet, dass das irgendwelche negativen Auswirkungen hatte. Nein, alles bestens, weiter so in der Bildungsrepublik. Und IQB-Tests für Oberstufenschüler? Nein, das wäre des Teufels, dann gäbe es ja Diskussionen wie jetzt über die Grundschule, und die KuMis stünden noch schlechter da. Die sind ja jetzt schon aufgescheucht wegen des letzten IQB-Bildungstrends, so als hätten sie die letzten 10 Jahre nichts mitbekommen:
https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/in-nordrhein-westfalen-sinken-die-leistungen-der-schulen-18448838.html?printPagedArticle-true#pageindex_2

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Tja, VORHER sieht das immer anders aus als HINTERHER. Es hängt ja auch mit der Art der Umsetzung durch unsere super-effizienten Schulministerien zusammen, warum hat man denn ausgerechnet die „schwierigen“ Jahrgangsstufen 7-10 auf 7-9 zusammengequetscht? Man hätte auch 5-7 auf 5-6 zusammenfassen können oder 10-13 auf 10-12. Ich finde aber, besser man gibt Fehler zu als sie jahrzehntelang zu perpetuieren. Dabei habe ich hier schon öfter geschrieben, dass für die wirklich guten Leute (also ca. 10 % wie damals in der DDR) G8 kein Problem darstellen sollte. Aber das zu kombinieren mit abenteuerlich hohen Gymnasialanteilen, das hat sich halt nicht bewährt. Das hat sogar der „Ober-Schulreformer“ Jürgen Zöllner (SPD) in einem Interview zugegeben.
@ Redaktion: Haben Sie jemals andere als ökonomische Gründe FÜR G8 gehört? Ich nicht. Bei der Inklusion hat man genau andersherum argumentiert: pädagogische Argumente gehen vor ökonomische, Menschenrechte gehen vor Rendite.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Bildung ist erst einmal unökonomisch. Carsten60 meinte mit ökonomisch die rein kapitalistischen Interessen der Wirtschaft nach jungen und billigen Arbeitskräften. Jetzt haben sie sie bekommen, nur können die nichts.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Schlechte(s) Kopfrechnen, Rechtschreibung, Durchhaltevermögen, Aufmerksamkeit usw. werden doch von allen Seiten aus beklagt.

Die älteren, ja, Männer hatten es drauf, die Technik für den heutigen Wohlstand zu entwickeln, über ihre Produktivität zu finanzieren und die heutigen Auswüchse, die eine Genderideologie zur Folge hatten, ermöglichen. Ein Fehler war natürlich, diese Auswüchse zugelassen zu haben.

Sissi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

🙂 schöner Kommentar
Dankeschön dafür

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Sie haben sich Ihre Mitarbeiter auch selbst ausgesucht. Im Handwerk sieht das ganz anders aus, was sich überall am Fachkräftemangel bemerkbar macht. Das alles wissen Sie auch. Ebenso wissen Sie, dass die Genderideologie weit mehr möchte als der erste Welle Feminismus, entstanden in der Zeit als Frauen ohne Zustimmung des Gatten nicht arbeiten oder ein Girokonto eröffnen durften.

Indra Rupp
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

🙂

Nick
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Woher wissen Sie was Carsten60 meint? Können Sie dafür die Hand ins Feuer legen?

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Im übrigen: bis vor 100 Jahren genügten 3 Schuljahre vor dem G9-Gymnasium, dann waren es zusammen 12. Wenn man beim Gymnasium ein Jahr einsparen konnte, warum nicht auch bei der Grundschule? Einfach durch Konzentration auf die Kernthemen und durch Ausforsten dessen, was nicht unbedingt nötig ist. So wie beim G8-Gymnasium. Und wer das Tempo nicht mitgehen kann, der wiederholt einfach ein Jahr, das gibt’s doch jetzt auch, dass Kinder in der 2-jährigen Schuleingangsphase 3 Jahre lang „verweilen“. Sitzenbleiben dagegen ist viel zu teuer, das können wir uns ökonomisch gar nicht leisten. 🙂
Überhaupt: möglichst schnell durch die Schule durchschleusen, das ist vom Standpunkt der Bildungsökonomie vermutlich das beste Verfahren., weil dadurch die „Rendite des Humankapitals“ maximiert wird. Das sind originale Vokabeln aus der Wissenschaft, siehe Wikipedia unter „Humankapital“.
Will da jemand widersprechen? 🙂

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

Bis zur Wende benötigten Schüler in der DDR ebenfalls nur 12 Schuljahre bis zum Abitur. Bis in die 80er Jahre Übergang zur Erweiterten Oberschule nach der 8. Klasse, dann nach der 10.

Mo3
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten60

„Hauptpunkt bei der Initiative waren die überlangen Schultage, teilweise bis zur 9. Stunde.“
Die gibt es in NRW immer noch – es bleibt halt beim Ganztag, wobei es auch G8-Gymnasien ohne Ganztag gab und die Anmeldezahlen, zumindest an unserem Gymnasium bewegen sich im normalen Schwankungsbereich ohne dass es einen erkennbaren Unterschied zwischen G8 oder G9 geben würde. In gut vier Jahren gibt es die ersten G9-Abiturienten in NRW, ab da müsste es dann ja wieder aufwärts gehen 😉