Digitalisierung der Schulen: Kretschmann nimmt die Kommunen in die Pflicht

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STUTTGART. Städte und Gemeinden müssen die Schulen digital ausrüsten. Das ist aber teuer und aufwendig. In Baden-Württemberg kocht ein Streit nun hoch: Nach den bereits investierten Milliardenbeträgen fordern sie vom Land weitere Investitionen. Das will Ministerpräsident Kretschmann aber nicht einfach akzeptieren.

Will nicht bezahlen: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Foto: Staatsministerium Baden-Württemberg

Bei der Bewältigung von Herausforderungen wie der Digitalisierung an den Schulen hat der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Kommunen mit deutlichen Worten in die Pflicht genommen. «Es macht keinen Sinn, wenn die eine Ebene denkt, sie kann Geld von der anderen holen, die unter ähnlichen fiskalischen Zwängen steht», sagte der Regierungschef am Dienstag. «Das ist erstmal Aufgabe der Kommune.» Während das Land für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern verantwortlich sei, seien die Kommunen bei der «sächlichen Einrichtung» mit einer modernen digitalen Infrastruktur gefragt.

In früheren Zeiten sei diese Finanzierung einfacher gewesen: «Früher war es die Tafel, die war natürlich billig», sagte Kretschmann. «Die hat man alle 30 Jahre streichen müssen, dann hat man Kreide und Schwämme tauschen müssen und das Wasser ist nicht ins Gewicht gefallen.» Die Situation sei heute völlig anders. «Und jetzt kommen natürlich die Kommunen und sagen, das Land muss jetzt blechen», kritisierte der Ministerpräsident und betonte: «Das Land muss überhaupt nicht blechen. Erstmal müssen die Kommunen blechen, das ist deren Aufgabe.»

«Aber wir müssen bei solch einem dramatischen Strukturwandel alle unsere Hausaufgaben machen. Jeder muss sich da nach der Decke strecken»

Baden-württembergische Städte und Gemeinden hatten zuletzt nach den bereits investierten Milliardenbeträgen weitere Investitionen gefordert, um die Digitalisierung der Schulen voranzutreiben. Für die Ausstattung der 130 000 Lehrkräfte mit Geräten wie Laptops sei eine seriöse Finanzierung notwendig. Ein noch größerer Brocken seien die Geräte für 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler im Land.

Kretschmann erwartet nach eigener Aussage harte Debatten mit Städten und Gemeinden über die Mittel. «Das wird zu munteren Debatten in der gemeinsamen Finanzkommission führen», sagte er. «Aber wir müssen bei solch einem dramatischen Strukturwandel alle unsere Hausaufgaben machen. Jeder muss sich da nach der Decke strecken. Jede Gebietskörperschaft muss ihre Prioritäten setzen.» Kommunen müssten darauf eingestimmt werden, «dass sie auch selber gefragt sind und wir nicht einfach Geld zur Verfügung stellen können».

Natürlich werde verhandelt, wie das Land bei der Modernisierung helfen könne, ergänzte der Regierungschef. «Aber zu glauben, dass wir wie in einem eingefahrenen Gewohnheitsrecht für alles Mögliche Lehrerdeputate zur Verfügung gestellt haben, um Aufgaben zu machen, die originäre Aufgaben der Kommune sind, das kann unter den Verhältnissen eines dramatischen Lehrkräftemangels einfach nicht mehr so angehen.» News4teachers / mit Material der dpa

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Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

„Früher war es die Tafel, die war natürlich billig», sagte Kretschmann. «Die hat man alle 30 Jahre streichen müssen“. Digitale Technik heute streicht man hingegen schon nach wenigen Jahren.

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Die Tafel nach 30 Jahren zu streichen und nach 40 oder mehr Jahren zu ersetzen, das war mehr als grüne Nachhaltigkeit – vor allem bei einer grünen Tafel.

Die Active-Boards und Digitalen Tafeln halten nur knapp fünf und maximal zehn Jahre durch. Dann sind sie veraltet, nicht mehr updatefähig, heruntergeschrubbt, etc. Unsere Kisten (84 Zoll) laufen mit Android 8 in abgespeckter Version ohne Google-Dienst. So manche Seite kann nach über einem Jahr nicht mehr dargestellt werden. Browser zu alt. Update? Fehlanzeige, kein Personal.

Da kann ich Dil Uhlenspiegel nur zustimmen! Nach 5 Jahren grün anstreichen mit Tafelfarbe! Vorher aufrauhen – ach ja aufrauen. Das h zeigt, wie alt ich wirklich bin. Sch… Oder muss ich jetzt aufrauen noch gendern. frauen steckt ja drin. Ich schweife ab.

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor

Aufmännern…jaja….fair muss sein….in beide Richtungen gendern…

Alt?
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Wie konnte ich ohne digitale Technik nur Abitur machen? Ein völliges Rätsel. Wie haben wir nur Leben können? Heute steht der Spion Alexa im Grundschulkinderzimmer…

Marion
1 Jahr zuvor
Antwortet  Alt?

„Wie konnte ich ohne digitale Technik nur Abitur machen?“
Wie konnten wir ohne digitale Technik nur Feiern organisieren?
Wie konnten wir mit unseren Freunden kommunizieren? Wie haben wir es überhaupt geschafft, mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben?
Wie haben wir nur unser Familienleben organisiert?
Wie war es möglich, trotz des Fehlens digitaler Technik, über aktuelle Ereignisse informiert zu sein? Wie war ein Überleben ohne Interneteinkauf möglich?
Wie waren wir nur in der Lage unsere Bankgeschäfte zu erledigen?
Wie kann es nur sein, daß wir uns üüüüüberhaupt nicht abgeschnitten fühlten vom Rest der Welt, obwohl wir alle kein Handy hatten?
Wie haben wir nur die Diashowabende von Onkel Herberts und Tante Uschis letzten Sommerurlaub überlebt, die wir ertragen mußten, weil es noch nicht möglich war, Fotos über Whatsapp zu verschicken?
Wie war es uns möglich, ohne youtube-video einen Nagel verletzungsfrei in die Wand zu schlagen?
Wie gelang es uns, unsere Mitschüler ganz ohne die Hilfe sozialer Medien, zu mobben?
Wie haben wir es geschafft, uns Wissen anzueignen, ohne Mr.Google fragen zu können?
Wie war es möglich, Gebilde wie den Eiffelturm oder den Kölner Dom zu bauen?
Wie haben wir es ganz grundsätzlich geschafft, uns von der Höhle bis zu unserem heutigen Stand fortzuentwickeln, ohne das uns eine künstliche Intelligenz dabei geholfen hätte?
Fragen über Fragen.
Was mir Sorgen macht, ist die Tatsache, daß wir heute zu all dem, ohne digitale Technik, nicht mehr in der Lage wären.
Angenommen es käme zu einem Zusammenbruch unserer digitalen Systeme, wir wären komplett aufgeschmissen, weil NICHTS, GAR NICHTS mehr funktionieren würde.
Vielleicht wäre es nicht verkehrt, die ein oder andere Kreidetafel mal vorsichtshalber hängen zu lassen. Nur so, zur Sicherheit.. 😉

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Oder man streicht die digitale Technik bereits bevor sie überhaupt angeschafft wird…

Studienrat
1 Jahr zuvor

Dafür ist eben kein Geld da, denn wie sagte Kretschmanns Parteikollege Habeck gestern so schön?

„Sollten ukrainische Fabrikgebäude zerstört werden – etwa durch Raketenangriffe – garantiert oder haftet der deutsche Staat. Das machen wir normalerweise nicht, aber in diesem Fall machen wir das.“

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Studienrat

Bildung gehört in meinen Augen zur strategisch kritischen Infrastruktur. Nur wenn wir nachhaltig gut ausgebildete Leute haben, floriert das Land. Von daher bin ich (als Nichtlehrer) zu 100% dafür den Lehrerberuf noch besser zu bezahlen und zu fördern, und gleichzeitig aber auch leistungsbasiert Personal zu bewerten und ggf. entlassen zu können. Da müssen wir dann irgendwie an den Beamtenstatus mal ran, wobei der ja grundsätzlich bleiben kann, aber eine Leistungsmessung mit Konsequenzen muss möglich sein.

Johann F.
1 Jahr zuvor

Warum fällt Herrn Kretschmann diese augenscheinlich stimmige Tatsache erst jetzt ein und nicht bereits bei seinem Amtsantritt 2011?

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Johann F.

Ignorance is bliss. So musste er 12 Jahre nix machen.

Studienrat
1 Jahr zuvor

880 000 000 000 EUR Steuereinnahmen aus 2022 sind da. Dieses Jahr werden es durch Inflation etc. wohl eine Billionen Euro. Muss man halt nur sinnvoller nutzen und weniger in alle Welt verteilen.

Ceterum Censeo
1 Jahr zuvor

Recht hat er der Kretsche… Ein digitale Lernplattform, welche Millionen Euros gekostet hat und nix bringt bzw. von keinem genutzt wird, das bekommen die finanzklammen Kommunen sicher auch jeder für sich hin…
Wo kann ich hier den Affen mit den zuhaltenden Augen, Ohren und Mund hinzufügen…
Ceterum censeo alle Kultusminister nur noch von Fachkräften besetzen…

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor

Armer Herr Kretschmann,
mit der einen Hand die Kommunen ermahnen und zur Sparsamkeit anhalten,
mit der anderen Hand Finanzhilfen des Bundes abweisen müssen – immerhin ist ja das Land für Bildung zuständig…