Schulschließungen haben Mütter und Väter gleichermaßen betroffen (bei den Arbeitszeiten jedenfalls)

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NÜRNBERG/KÖLN. Die Anforderungen an Eltern, ihre Kinder während des Lockdowns 2020 zuhause zu betreuen, wirkte sich direkt auf ihre Arbeitszeiten aus. Dabei waren überraschenderweise erwerbstätige Mütter und Väter gleichermaßen betroffen – bei den Arbeitszeiten jedenfalls. Dies zeigt eine aktuelle Studie.

Die Corona-Krise hat Eltern belastet. Foto: Shutterstock

Die Corona-Pandemie hat insbesondere im Frühjahr 2020 drastische Maßnahmen hervorgerufen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Eine davon war die vollständige Schließung von Schulen und Kindertagesstätten. Dies hatte zur Folge, dass Eltern gezwungen waren, zu Hause zu bleiben, um sich um ihre Kinder zu kümmern, die aufgrund der Schließungen nicht zur Schule oder in den Kindergarten gehen konnten.

Eltern und unter ihnen besonders diejenigen, die nicht Berufe tätig waren, die als „systemrelevant“ galten, waren in der Corona-Pandemie mithin besonderen Belastungen ausgesetzt. Wie groß die Auswirkungen tatsächlich waren, ist gemeinhin wenig untersucht, zumal eine vergleichende Quantifizierung schwierig erscheint.

Eine aktuelle Studie des Instituts für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität zu Köln und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg hat nun die Auswirkungen der Öffnung von Schulen nach dem Lockdown im März und April 2020 auf die Arbeitszeiten von Eltern untersucht. Anhand des Wiederanstiegs der elterlichen Arbeitszeiten zeigte sich im Umkehrschluss, welche Auswirkungen die Schließung von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen in Deutschland während der Corona-Pandemie tatsächlich auf die Beschäftigung von Eltern hatte. Eltern, deren Kinder zumindest teilweise Zugang zu Betreuung oder Beschulung in Präsenz hatten, arbeiteten demnach rund eineinhalb bis zwei Stunden pro Woche mehr als Eltern, die teilweise noch vollständig auf Betreuung oder Präsenzunterricht verzichten mussten. Dabei stellten die Forscherinnen und Forscher keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern fest.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um den Bonner Bildungsforscher Lukas Fervers verglichen in ihrer Studie die Arbeitszeit von Eltern anhand der unterschiedlichen Schul- und Kinderbetreuungspolitiken der Bundesländer, die sie je nach Wohnort unterschiedlichen Beschränkungen bezüglich der Kinderbetreuung ausgesetzt hatten. Ziel der Studie war es herauszufinden, ob und inwiefern die erneute Öffnung der Einrichtungen eine Entlastung von Eltern darstellten und sie ihre Arbeitszeit wieder erhöhen konnten.

Dabei überprüfte das Forschungsteam zwei gegensätzliche Prämissen. Erstens: Die allgemein beobachtete Reduzierung der Arbeitszeit ging tatsächlich (auch) auf die Schulschließungen zurück, da Eltern Betreuungsverpflichtungen wahrnehmen mussten. Zweitens: Wenn Arbeitgeber ohnehin aufgrund des Lockdowns die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten – mit oder ohne Kindern – reduziert und im Zuge der Lockerungen wieder aufgestockt haben, sollten die Öffnung von Schulen und Kindergärten zu keiner zusätzlichen Erhöhung der Arbeitszeit von Eltern führen.

„Die Ergebnisse unserer Studie bestätigen die erste Prämisse und legen nahe, dass Kinderbetreuungs- und Schulpolitik über andere Pandemieentwicklungen hinaus von Bedeutung zu sein scheinen“, so Studienmitautorin Marita Jacob. Der Effekt, dass Eltern, deren Kinder zumindest teilweise Zugang zu Betreuung oder Beschulung in Präsenz hatten, etwa 1,5 bis 2 Stunden pro Woche mehr gearbeitet hätten als Eltern, die teilweise noch vollständig auf Betreuung bzw. Präsenzunterricht verzichten mussten, hätte sich dabei im Übrigen bereinigt um andere Einflussfaktoren gezeigt, die womöglich mit der Schulschließung einhergingen, betont die ISS-Soziologin.

Etwas überrascht zeigten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon, dass der Öffnungseffekt für Mütter nicht größer gewesen sei als für Väter, da Mütter oft einen größeren Anteil der Kinderbetreuungspflichten trügen. Lukas Fervers: „Dieser Befund passt jedoch zu früheren Untersuchungen für Deutschland, die feststellen, dass die Arbeitsmarkteffekte der Pandemie für erwerbstätige Frauen und Mütter im Allgemeinen nicht stärker waren als für Männer und Väter.“

Die Studie sei eine der ersten, die die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen von Eindämmungs- und Schließungspolitiken zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 quantifiziere. Die Forscherinnen und Forscher betonen dabei, dass bei der Auswahl der Corona-Maßnahmen zurecht gesundheitliche Überlegungen im Vordergrund stünden.

Dennoch sollte nach Meinung des Teams bedacht werden, wie ein effektiver Gesundheitsschutz mit möglichst geringen Nebenwirkungen erreicht werden könne. Die Studie könne somit als erster Schritt zu einer Grundlage für die Zusammenstellung eines möglichst effektiven und effizienten Maßnahmenpaketes in vergleichbaren Situationen gesehen werden. Für solche Maßnahmepakete müssten dann selbstverständlich auch die Ergebnisse andere Studien berücksichtigt werden, vor allem zu den Auswirkungen auf Kinder und Heranwachsende. (zab, pm)

Studie: Mütter fühlen sich derzeit besonders belastet (weil Väter sich zurückhalten)

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