Ansehen der Schulen im Sinkflug, Bürger wollen mehr Investitionen in Bildung

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MÜNCHEN. Die Qualität der Schulen hat den Deutschen zufolge nachgelassen. Nur 27 Prozent der Befragten erteilen den Schulen noch die Note 1 oder 2. Diese beiden Noten hatten im Jahr 2014 noch 38 Prozent vergeben. 79 Prozent sind der Meinung, dass sich die Qualität der Schulbildung durch die Corona-Pandemie verschlechtert hat  – wie sich aus dem heute vorgelegten repräsentativen ifo Bildungsbarometer ergibt. „Das sind alarmierende Befunde“, sagt Prof. Ludger Wößmann, Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik. „Wir müssen dringend die Probleme der Schulen lösen, und die Deutschen sind auch bereit dazu.“ Der VBE sieht die Politik in der Pflicht.

Die Zufriedenheit der Deutschen mit den Schulen ist auf einem Tiefstand. Foto: Shutterstock
Für ein ernsthaftes Problem halten 77 Prozent der Deutschen den Lehrkräftemangel, 68 Prozent fehlendes Geld für die Schulen, 66 Prozent die Trägheit des Systems, durch die Veränderungen zu lange dauern, und 61 Prozent Lernrückstände durch Corona. Nicht ausreichend sanierte Schulgebäude finden 57 Prozent problematisch.Den Lehrkräftemangel bekämpfen soll nach Meinung der Deutschen vor allem die Nachqualifizierung von Lehrkräften für den Unterricht in Mangelfächern (79 Prozent).
Auch der Einsatz von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern in Mangelfächern erhält mit 64 Prozent eine hohe Zustimmung. Eine Vergrößerung von Klassen dagegen lehnen 81 Prozent der Befragten ab. „Die Bereitschaft der Deutschen zur Finanzierung von Bildung ist weiterhin hoch: 74 Prozent denken, dass der Staat mehr für Bildung ausgeben sollte – das ist der mit Abstand höchste Wert unter den Staatsausgaben“, fügt Wößmann hinzu. Höhere Ausgaben für Verteidigung befürworten zum Beispiel 38 Prozent, gestiegen von nur 9 Prozent im Jahre 2014.

Vier von fünf Bürger sind dafür, dass alle Schulen einheitliche Jahresberichte veröffentlichen müssen, zum Beispiel zu Schulabbruchsquoten und ausgefallenen Unterrichtsstunden

68 Prozent der Befragten befürworten deutschlandweit einheitliche Vergleichstests in Mathematik und Deutsch, die eine Klassenarbeit ersetzen. Diese hohe Zustimmung zu einheitlichen Tests zeigt sich in ähnlicher Form bereits seit 2015. Auch deutschlandweit einheitliche Abiturprüfungen treffen auf hohe Zustimmung (86 Prozent).

Große Mehrheiten sprechen sich gegen die Abschaffung von Schulnoten (73 Prozent) und für die Klassenwiederholung von Schülerinnen und Schüler mit schlechten Leistungen (78 Prozent) aus. 76 Prozent der Deutschen sind dafür, die Qualität von weiterführenden Schulen unter anderem anhand der Zufriedenheit der Schülerinnen und Schüler zu messen. 78 Prozent sind dafür, dass alle Schulen einheitliche Jahresberichte veröffentlichen müssen, zum Beispiel zu Schulabbruchsquoten und ausgefallenen Unterrichtsstunden, um die Qualität der Schulen deutschlandweit zu vergleichen.

49 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass es durch die Digitalisierung mehr Gewinner als Verlierer gibt. Dieses Stimmungsbild fällt zuversichtlicher aus als im Jahr 2017, als es nur 43 Prozent waren. Große Mehrheiten gibt es jeweils dafür, dass der Bund alle Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen mit Computern oder Laptops ausstattet (65 Prozent) und dass sich Lehrkräfte jährlich zu Digitalkompetenzen fortbilden müssen (81 Prozent).

Die Offenheit der Deutschen dafür, dass sich Schülerinnen und Schüler Unterrichtsstoff selbständig am Computer erarbeiten, war zwischen 2014 und 2017 gestiegen, ist 2023 aber wieder rückläufig. Die Mehrheit der Deutschen lehnt es ab, den Umgang mit künstlicher Intelligenz und Chatbots im Unterricht zu lehren (54 Prozent), und sie befürwortet Prüfungsformen, die die Verwendung dieser digitalen Hilfsmittel verhindern (55 Prozent).

Bei schulischen Projekten außerhalb des regulären Unterrichts unterstützen die Deutschen insbesondere Zuschüsse für Schulkantinen, um gesünderes Mittagessen zu günstigen Preisen anbieten zu können (84 Prozent), Kurse zur Drogenprävention (81 Prozent) und Ernährungsberatung (73 Prozent). Für das ifo Bildungsbarometer wurden über 5.500 Erwachsene befragt.

„Der Lehrkräftemangel konnte lange durch das hohe Engagement der Lehrkräfte vor Ort kaschiert werden, tritt aber mittlerweile schonungslos zutage“, sagt Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). „Die Gesellschaft sieht, dass das Bildungswesen in Gefahr ist, und fällt ein entsprechendes Urteil. Dabei darf nicht vergessen werden, dass jede Lehrkraft unter den gegebenen Bedingungen versucht, ihr Bestes zu geben und die Kinder und Jugendlichen zu fördern und zu fordern. Doch das Fass läuft längst über, und die Politik gibt immer noch mehr Aufgaben an die Schulen, ohne für Entlastung zu sorgen und ohne die angemessenen Ressourcen bereitzustellen. So kann das nicht funktionieren. Den subjektiven Eindruck des Qualitätsverlusts hat daher die Politik zu verantworten.“ News4teachers

Hier lassen sich die Umfrageergebnisse vollständig herunterladen.

Umfrage: Hälfte der Eltern sorgt sich um die Schulbildung in Deutschland

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23 Kommentare
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Janosch Muschmann
7 Monate zuvor

Die Qualität der Schulen hat den Deutschen zufolge nachgelassen. Nur 27 Prozent der Befragten erteilen den Schulen noch die Note 1 oder 2.“

Auweia – über 1/4 der Befragten vergeben den deutschen Schulen die Note 1 oder 2? Mich würde mal interessieren, was die Lehrkräfte an den deutschen Schulen für Noten vergeben würden. Vermutlich fallen diese weitaus schlechter aus, weil diese wissen, was hier so wirklich abgeht…

Ragnar Danneskjoeld
7 Monate zuvor

Mich würde noch eher interessieren, wie Eltern schulpflichtiger Kinder die Sache sehen.

Cami
7 Monate zuvor

Auch bei offensichtlichen Sachen ist es schön, wenn die mal in einer Unfrage bestätigt werden.

Rainer Zufall
7 Monate zuvor
Antwortet  Cami

Eben! Ich hatte schon Sorge, die Beführworter des Lehrkräftemangels wären in der Überzahl. (Ich schätze, dass ist dieser eine Typ, der immer behauptet, in der freien Wirtschaft wäre das GANZ anders gelaufen)

Canishine
7 Monate zuvor

Den Lehrkräftemangel bekämpfen soll nach Meinung der Deutschen vor allem die Nachqualifizierung von Lehrkräften für den Unterricht in Mangelfächern (79 Prozent).“
Damit ließe sich auch der Fachkräftemangel in anderen Bereichen beheben: Einfach Lehrer nachschulen.

Neben der etwas fragwürdigen sachlichen Aussagekraft einer solchen Umfrage besteht dennoch ein handfestes Problem: Je schlechter das Ansehen von Schule, desto schwieriger wird Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern (und anderen Beschäftigten).

Tanja
7 Monate zuvor

die Produktrivität hat allgemein nachgelassen.
Wenn Eltern montags und freitags homeoffice machen und dabei Cocktails trinken bzw Pakete annehmen oder kochen ist das auch nicht gerade förderlich.

Die Kinder bewegen sich immerhin noch aus dem Haus raus und pendeln zur Schule hin.

Norddeutsche Primel
7 Monate zuvor
Antwortet  Tanja

Das Gehalt erstmal an die Inflation anpassen und Inflationsprämie auszahlen.

Fast 17 % Miese beim Lehrkraftgehalt.
Sonst gehen die Mathefachschaften noch in die Wirtschaft 🙁

Rainer Zufall
7 Monate zuvor
Antwortet  Tanja

Haben Sie belastbare Zahlen dazu? Oder gehören Sie zu den „faulen Lehrern“, die Vormittags recht und Nachmittags frei haben?

Rolf
7 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Sie haben die 3000 Euro Inflationsprämie vergessen.
Wann kommt die?

Seit wann haben Lehrer nachmittags frei? Da sind Stunden, Konferenzen, Telefonate etc.
Belgien hat die vier Tage Woche schon; auch in Schulen mit Lehrern.

Depression
7 Monate zuvor
Antwortet  Rolf

Wenn man nie aus der Schul-Studium-Schul-Blase raus gekommen ist, kann man sich natürlich einreden und gegenseitig bestärken, wie viel man zu tun hat.
Trotzdem würde ich nicht mit einem Lehrer tauschen wollen, außer Mathe, Physik ab Klasse 9, Gym.

447
7 Monate zuvor
Antwortet  Depression

Ist halt so.

Nur weil Sie ihre persönliche Schülerperspektive mit dem BERUF des Lehrers verwechseln wie er heute ist werden Ihre Aussagen nicht richtiger.
Und wenn es der übliche Gehalts-/Bildungsbeid ist: Mehr hustle, weniger jammern.

Schöne Grüße, ebenfalls NICHT Schule-Uni-Schule Laufbahn.

Freiya
7 Monate zuvor
Antwortet  Depression

Es gibt viele Lehrer, die durchaus auch noch Anderes als Schule gemacht haben und das durchaus einschätzen können. Lehrersein kann niemand nachvollziehen, der das nicht mal drei Jahre lang gemacht hat, mit Klassenleitung bitte!
Trotzdem unterstütze ich Ihren Wink mit dem Zaunpfahl: Man kann nicht auf das Leben vorbereiten, wenn man das Leben nicht kennt. Es täte jedem Lehrer gut, vor dem Lehramtsstudium – oder auch danach – aber vor Diensteintritt in der Schule – einen anderen, nicht schulaffinen Beruf ausgeübt zu haben! Allerdings könnte es dann sein, dass Eltern fürbass erstaunt sind wieso diese Lehrer auf einmal wieder auf „Kardinaltugenden“ Wert legen und tatsächlich Leistung einfordern statt alles beliebig zu halten…. Außerhalb des geschützten Raumes von Schule weht nämlich ein rauherer Wind!

Christabel
7 Monate zuvor
Antwortet  Depression

Tun Sie es nicht! Bleiben Sie in Ihrer Blase! Was sollen wir mit Leuten, die nur ans Gymnasium wollen und in ausgesuchte Fächer? Was machen wir mit allen anderen SuS?
Und was die Arbeitsbedingungen angeht: ich habe vor meiner Karriere als Lehrerin viele Jahre in der sogenannten Wirtschaft gearbeitet, glauben Sie mir, das war wesentlich weniger belastend. Aber hey, kommen Sie zu uns ans BK, wir brauchen immer wieder mal ausgesuchte Idealisten! Ich arbeite übrigens sehr gerne da!

Depri
7 Monate zuvor
Antwortet  Rolf

17 Prozent Verlust bei gleicher bzw. steigender Arbeit 🙁

5-Tage Woche mit Wochenendarbeit

oh je

Bla
7 Monate zuvor
Antwortet  Tanja

Das ist Quatsch. Homeoffice stellt in vielen Bereichen sogar eine erhöhte Produktivität dar. Quellen? Schicke ich gerne, wenn Sie Ihre Quellen für die Quatschaussage schicken. Dann wird es interessanter zumindest.

Bla Bla
7 Monate zuvor
Antwortet  Bla

bei manchen, dennoch kann man zuhause alles mögliche machen 😉

Lehrer im homeoffice müssen nicht hinfahren, können die Zeit anders nutzen und habenn nicht die Lautstärke.
Da sind doch auch home office Vorteile

Rainer Zufall
7 Monate zuvor

Coole Umfrage. Wusste gar nicht, dass 79% der Menschen in Deutschland Eltern sind und entsprechende Erfahrungen während Corona hatten.
Wurde auch gefragt, ob die Menschen z.B. 0,01% Ihrer Gehälter für Bildung aufgeben würden? 😀

Gelbe Tulpe
7 Monate zuvor

Man braucht nicht unbedingt mehr Geld. Wichtiger wären guter Unterricht gerade in Mathe, Physik etc., wo die Unterrichtsqualität doch oft sehr bescheiden ist. Und ggf. bessere Lehrbücher, wenn der Unterricht nicht ausreichen sollte.

Emcy
7 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Jemand, der wirklich gut in Mathe oder Physik ist, wird wohl eher in die Wirtschaft gehen.

MCPIC
7 Monate zuvor
Antwortet  Emcy

vermutlich, ca. 2,5 Prozent bei der Inflation und dann kaum Veränderungen.
Woanders gibt es schon Arbeit aus dem Ausland usw
oder zuhause arbeiten

Canishine
7 Monate zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Ich frage mich gerade, welcher Hintergrund solche Aussagen statistisch aussagekräftig macht. Sehr viele eigene Kinder? Fachleitung Physik und Mathematik (dann gäbe es Arbeit)? Wandermäuschen im Klassenschrank?
(Grübel, denk) … Ich komm‘ nicht drauf …

Heinz Baumann
7 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Bei der Userin „Gelbe Tulpe“ gibt es ständig irgendwelche (aus meiner Sicht: wirren) Behauptungen ohne Quellenangabe – von daher kann man diese Meinungen getrost ignorieren.

Senkrechtstarter
7 Monate zuvor

Wenn die „Allgemeinheit“ hier mitlesen sollte, wäre es zumindest nicht verwunderlich, dass das Ansehen der Schulen sinkt.