Lehrermangel: Feller streicht Klassenarbeiten und verspricht „Helfer“ (Verbände: nett, aber…)

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DÜSSELDORF. Kurz vor dem Start des neuen Schuljahrs in Nordrhein-Westfalen hat NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) Entlastung für Lehrkräfte angekündigt. Grundschulen sollen im neuen Schuljahr besondere personelle Unterstützung erhalten – sogenannte Alltagshelfer. In der Sekundarstufe I werden Klassenarbeiten gestrichen. Lehrerverbände begrüßen die Maßnahmen zwar, betonen aber: Das seien allenfalls kleine Schritte. Um den Lehrermangel zu bekämpfen, bedürfe es weitaus mehr.

„Freiräume für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts“: NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU). Foto: Bezirksregierung Münster

Um die Lehrkräfte von organisatorischem Aufwand zu entlasten, werden die ersten rund 400 sogenannten Alltagshelfer eingestellt. Das kündigte NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) am Freitag in Düsseldorf an. Außerdem soll bei den bisher umfangreichen Dokumentationspflichten und langwierigen Konzeptarbeiten entbürokratisiert werden.

Angesichts der knappen Personaldecke dort solle es Unterstützung auch für die weiterführenden Schulen geben – in Form von Entlastung. In den Klassen 7 und 8 kann im neuen Schuljahr auf jeweils eine Klassenarbeit in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch verzichtet werden. Diese Maßnahme schaffe unmittelbar Freiräume für eine bessere Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, erklärte Feller. Ein weiterer Punkt, der bereits im vergangenen Schuljahr festgelegt worden war, soll fortgeschrieben werden: Aufgrund der zentralen Prüfungen in Mathematik, Englisch und Deutsch kann weiterhin je eine Klassenarbeit im 10. Jahrgang der weiterführenden Schulen entfallen.

„Es braucht den Mut, die Lehrpläne auf ihre Aktualität mit dem Ziel zu prüfen, was in der heutigen Zeit wesentlich ist“

„450 Alltagshelfer*innen sind sicherlich eine große Hilfe, reichen aber bei weitem nicht aus. Auch wenn der Lehrkräftemangel in manchen Regionen gravierender ist, ist er ein flächendeckendes Phänomen. So gesehen braucht es Alltagshelfer*innen nicht nur an den ganz gebeutelten Schulen“, erklärte GEW-Landeschefin Ayla Çelik.Die Konsequenz muss eine umfassende Entlastung sein. Die Reduzierung von Klassenarbeiten haben wir gefordert und ist eine sinnvolle Maßnahme, um schnelle Entlastung vor Ort zu schaffen. Doch hätten wir uns gewünscht, dass die Ministerin mutiger vorangegangen wäre und statt um eine Klassenarbeit um zwei reduziert hätte. Ebenso braucht es den Mut, die Lehrpläne auf ihre Aktualität mit dem Ziel zu prüfen, was in der heutigen Zeit wesentlich ist.“

Die größte Herausforderung sei nun mal der Lehrkräftemangel. „Und deshalb braucht es Maßnahmen, die diesen Beruf attraktiver machen. Diese haben wir völlig vermisst“, so Çelik. Die Erschwerung von Teilzeit und die Abordnungen von Lehrkräften, wie praktiziert, seien hingegen kontraproduktiv.

„Trotz intensiver und gründlicher Vorbereitung in den Schulen stehen die Planungen der Kolleginnen und Kollegen auf wackligen Füßen, denn der Personalmangel ist überall spürbar“

Das meint auch der Verband „lehrer nrw“. „Die Beschneidung von Teilzeitmöglichkeiten ist ein fatales Signal, gerade im Hinblick auf junge Menschen, die ihre Berufswahlentscheidung eben auch von guten Arbeitsbedingungen abhängig machen“, sagte Vorsitzender Sven Christoffer. Er betonte: „Kleinere Klassen, eine zeitgemäße Ausstattung von Klassen- und Lehrerzimmern, weniger Bürokratismus und eine geringere Unterrichtsverpflichtung vor allem an den Schulformen der Sekundarstufe – das wären wirksame Instrumente.“

Der VBE schlägt in die gleiche Kerbe. „Trotz intensiver und gründlicher Vorbereitung in den Schulen stehen die Planungen der Kolleginnen und Kollegen auf wackligen Füßen, denn der Personalmangel ist überall spürbar. Die Stundenpläne sind bereits auf Kante genäht, und jeder zusätzliche Personalausfall oder eine weitere Abordnung lässt die Nähte reißen. Zu viele Kollegien sind zudem auf sich alleine gestellt, weil Schulleitungen fehlen“, sagte Landesvorsitzende Anne Deimel.

Co-Vorsitzender Stefan Behlau ergänzte: „Zeit ist die Schlüsselressource, um gute Bildungsarbeit abliefern zu können. Zeit, um mit den Schülerinnen und Schülern arbeiten zu können, sie angemessen zu unterrichten, individuell zu fördern und auf sie eingehen zu können. Diese Zeit lässt sich aber nur über ausreichendes und ausgebildetes pädagogisches Personal generieren. Dieses Personal fehlt in unseren Bildungsinstitutionen an allen Ecken und Enden. Hier ist die Landesregierung weiter in der Pflicht, geschaffene Stellen auch mit qualifiziertem Personal zu besetzen, beziehungsweise gelingende Qualifizierungsmaßnahmen für neues Personal zu schaffen“. News4teachers / mit Material der dpa

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Rainer Zufall
8 Monate zuvor

Zahlt den Herlferinnen und Helfern ein Lehrergehalt! Wir wollen doch nicht, dass der Beruf schleichend ausgehölt wird, hm?
Wie undenkbar peinlich wäre es denn, am Ende unausgebildeten Kräften die Klassenaufsicht zuzuschieben? 😀

Vierblättriges Kleeblatt
8 Monate zuvor

Die Zahl der Klassenarbeiten zu reduzieren, ist ein sinnvoller Schritt. Er entlastet Kinder, Eltern, Lehrer und nicht zuletzt die Schulleitungen, die Klassenarbeiten genehmigen, also vorher durchsehen müssen. Es ist ja auch ein Irrglaube, das Leistungsvermögen könne nur mittels einer Klassenarbeit festgestellt werden. Warum werden andere Leistungskontrollen so geringgeschätzt?

In Berlin ist man derzeit leider unter der neuen CDU-Bildungssenatorin Günther-Wünsch den genau entgegengesetzten Weg gegangen. Kurz vor den Ferien wurden verschiedene Änderungen in der Grundschulverordnung bekanntgegeben, darunter die Erhöhung der Zahl der Klassenarbeiten. Das ist der absolute Irrsinn und Irrweg.

Sowas kriegt die Bildungsverwaltung in Berlin hin; auf den für Februar angekündigten Nachteilsausgleich und die versprochenen Verbesserungen desselben warten wir in Berlin immer noch.

Cecilia Fabelhaft
8 Monate zuvor

Da kann man wirklich nur noch mit dem Kopf schütteln!!!

Iri-Hor
8 Monate zuvor

Das ärgert mich wirklich sehr. Ich hatte andere Erwartungen an die neue Bildungssenatorin von der CDU.

Georg
8 Monate zuvor

Heißt weniger Konzeptarbeit weniger Lehrplanänderungen und keine Qualitätsanalyse mehr? Daran habe ich meine Zweifel…

Last edited 8 Monate zuvor by Georg
Fräulein Rottenmeier
8 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Ganz sicher heißt es das nicht. Die QA hat ja gerade wieder angefangen, die Schulen zu beehren, leicht verändert zwar, aber bestimmt nicht weniger aufwändig für die Schulen. Und für die Grundschulen gilt ja gerade erst der neue Lehrplan für alle Fächer. Gerade heute ist der letzte schulinterne Lehrplan bei uns daran fertiggestellt worden. Da haben wir jetzt gut 1,5 Jahre dran gearbeitet….und jetzt schließen wir das Kapitel für 4 Jahre! Wehe, da kommt noch irgendwas neues…..

Hans Malz
8 Monate zuvor

Große Teile des Lehrplans schreibt GPT. Seitenlange unsinnige Texte. Sollen die den Mist doch lesen. Der wahre Lehrplan passt auf 2 DinA4 Seiten. Die kriegen von mir jetzt so viel Zeug, dass die das eh nicht alles lesen können. Viele Kollegen machens genauso.

Walter Hasenbrot
8 Monate zuvor
Antwortet  Hans Malz

Ich habe das mit chatgpt gerade mal ausprobiert. Einen sinnvollen und vorschriftsmäßigen schulinternen Lehrplan bingt die KI leider nicht zustande.

Marie
8 Monate zuvor

Kommt doch schon, die neue „Lesezeit“ muss doch mal eben eingearbeitet werden. Mich würde ja interessieren, welche Dokumentationspflichten jetzt genau gestrichen werden sollen.

Alex
8 Monate zuvor

Wie genau sorgen denn jetzt Alltagshelfer dafür, den Personalmangel zu beheben? Sie sollen ja eben nicht unterrichten, sondern sind für die vollkommen unselbstständigen Kiddies da, die noch nicht mal die Toilette finden. Da allerdings bräuchte man für fast jede Grundschulklasse jemanden.

Walter Hasenbrot
8 Monate zuvor

Weniger Klassenarbeiten in der siebten und achten Klasse sind zwar ganz schön, aber die wesentliche Arbeitsbelastung sind an Gymansien die Klausuren in der Oberstufe. Wer viel in der Oberstufe unterrichtet, aber nicht in der 7 und 8, hat von der Entlastung gar nichts.

In der Oberstufe kann man zwar schwerlich Klausuren streichen, aber die Ministerin könnte Anrechnungsstunden für Oberstufenklausuren bereitstellen. Das wäre dann wirklich eine Entlastung.

Canishine
8 Monate zuvor

Aus gymnasialer Perspektive: Die Reduktion der Anzahl der Klassenarbeit entlastet tatsächlich etwas von den Korrekturen. Allerdings verpflichtet man gleichzeitig zu zentralen Prüfungen am Ende der 10. Diese können zwar eine Klassenarbeit ersetzen, müssen aber zweitkorrigiert werden. Außerdem sollen in zusätzlichen Abiturfächern Auswahlmöglichkeiten für die SuS bestehen und diese schon bei vorangehenden Klausuren geübt werden. Das erhöht den Konzeptions- und auch den Korrekturaufwand.

dickebank
8 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Die Reduktion auf 2 Arbeiten im Quartal bedeutet, dass die Arbeiten zwei Unterrichtseinheiten abdecken müssen. Die SuS wird’s freuen, die haben nämlich schon bei monothematischen Arbeiten ihre Probleme.
Pro Quartal stehen im Fach Mathe mindestens 3 Unterrichtseinheiten an, die laut Stoffverteilungsplan durchgenommen werden müssen. Mit drei Arbeiten ließ sich das schülergerecht umsetzen. Die durchschnittliche Stoffmenge bezog sich auf die letzten 6 Wochen. Gemäß Fellers Anweisung deckt eine Klassenarbeit jetzt den zeitlichen und inhaltlichen Unterrichtsumfang von 9 Wochen ab. Die SuS werden ihren Spaß damit haben.

Aber so ein Blödsinn ist natürlich schneller in die Welt gesetzt als eine Überarbeitung der Kernrichtlinien für alle Fächer, die mit Streichungen der Inhalte einhergehen müssten.

Canishine
8 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

Noch besteht die Möglichkeit, in der Fachkonferenz den Spielraum bei der Zahl der Klassenarbeiten zu „nutzen“ und die Anzahl beizubehalten …

dickebank
8 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Der Endeffekt ist doch folgender, bei drei Arbeiten im Halbjahr kann man eine verhauen. Bsp.; 2; 5; 3 ==> schriftliche Note 3,3, also schwach befriedigend.
Bei zwei Arbeiten – eine 2 und eine 5 – liegt das Mittel bei 3,5, also bestenfalls voll ausreichen (4+).
Ausgleich erfolgt dann durch die SoMiNo (sonstige Mitarbeit) mit der Tendenz mündlich zu schriftlich mit mindestens 60% zu 40% zu gewichten, damit es nicht ewige Diskussionen in Fachkonferenzen und vor allem bei den zeugniskonferenzen gibt.

Und wie gerichtsfest eine SoMiNo ist, darüber gibt es keine Zweifel. Diese Notenfindung lässt sich im Widerspruchsverfahrenn und erst recht vor Gericht super auseinanderpflücken. Bleibt nur die Ausweitung der Dokumentationsverpflichtungen …

Also lieber 3 Arbeiten je Halbjahr.

Canishine
8 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

Ich kann nur explizit zustimmen, dass eine Kürzung der Anzahl der Klassenarbeiten wegen unerwünschter „Nebeneffekte“ sicherlich nicht „mal eben so“ erfolgen kann. Und genau das werden die Fachgruppen auch bedenken, wenn sie über die Neuerung beraten. Jede/r in einer Schule Arbeitende weiß (hoffentlich), dass Schule ein komplexes System ist.

Egvina
8 Monate zuvor

Irgendwie fehlen mir die Entlastungen für die Grundschulen

Fräulein Rottenmeier
8 Monate zuvor
Antwortet  Egvina

Ach was, 400 Alltagshelfer müssen genug sein…..ansonsten gibts nur Arbeit obendrauf. Das zeitnah von jeder Schule zu erstellende Schutzkonzept (Umfang etwa 50 detaillierte Seiten) und die sehr anspruchsvollen neuen Lehrpläne sprechen da eine sehr deutliche Sprache…..