DGB-Report: Viele Azubis fühlen sich schlecht auf die Digitalisierung vorbereitet

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BERLIN. Wenn Azubis digitale Geräte zur Ausbildung selbst mitbringen müssen, kann es mit der Digitalisierung in der Lehre nicht weit her sein. Ein Report des Gewerkschaftsbundes zeigt Lücken.

Digital fit? Geht so. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die Ausbildung in Deutschland hat nach einer DGB-Studie Nachholbedarf bei der Digitalisierung. So bewerten vier von zehn Auszubildenden die digitale Ausstattung ihrer Berufsschule nur als ausreichend oder mangelhaft. Nur knapp jede und jeder zweite Azubi fühlt sich durch die Ausbildung sehr gut oder gut auf die digitalen Anforderung im künftigen Beruf vorbereitet, wie aus dem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Ausbildungsreport 2023 der DGB-Jugend weiter hervorgeht. Insgesamt haben Schülerinnen und Schüler nach einem Stimmungstief in der Corona-Pandemie einer weiteren Umfrage zufolge wieder einen optimistischeren Blick auf die Ausbildungsperspektiven.

Laut dem DGB-Report mit knapp 10.000 Befragten bewerten die betroffenen jungen Leute den «bisher erreichten Stand bei der Anpassung der Ausbildung an die Herausforderungen des digitalen Wandels» weit kritischer als Unternehmen und Schulpersonal. So hält nur ein gutes Drittel der Befragten die Digital-Ausstattung der Berufsschulen für gut oder sehr gut.

Kritik an Ausstattung der Berufsschulen

Knapp 40 Prozent der Auszubildenden geben an, von ihren Ausbildungsbetrieben nur «selten» oder sogar «nie» die benötigten technischen Geräte für eine digitale Ausbildung zu erhalten. «Viele Berufsschulen sind nicht zeitgemäß ausgestattet, und viele Betriebe sind offenbar zu geizig, ihre Auszubildenden angemessen und modern auszustatten», sagte DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker.

Dabei schwankt die digitale Qualität zwischen den Ausbildungsberufen stark. So sagen drei von vier der angehenden Fachinformatikerinnen und -informatikern, dass sie sehr gut oder gut auf die digitale Berufswelt vorbereitet würden. Über 60 Prozent liegen die Werte auch bei den Kaufleuten für Büromanagement, bei den Bank- und Industriekaufleuten und den Mechatronikern. Azubis in einer Gärtnerei, Tischlerei oder als Köchin oder Koch finden die digitale Vorbereitung nur zu 20 bis 30 Prozent gut oder sehr gut.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) entgegnete: «Es ist selbstverständlich, dass Fachinformatiker oder Kaufleute für Büromanagement eine umfassendere digitale Vorbereitung erhalten als etwa Tischler oder Köche.» Was die Berufsschulen angehe, gebe es ähnliche Rückmeldungen aus den Betrieben.

Mehrheit der Azubis zufrieden

Insgesamt sind 71 Prozent der befragten Auszubildenden mit ihrer Ausbildung sehr zufrieden oder zufrieden, knapp 3 Punkte weniger als im Vorjahr. Jeder Sechste würde die Ausbildung im eigenen Ausbildungsbetrieb nicht weiterempfehlen. Knapp ein Drittel der befragten Auszubildenden muss regelmäßig Überstunden machen. 929 Euro beträgt dabei die durchschnittliche Vergütung der befragten Auszubildenden über alle Ausbildungsjahre und Berufe hinweg. Insgesamt 13 Prozent der befragten Auszubildenden müssen laut dem DGB-Report «immer» oder «häufig» ausbildungsfremde Tätigkeiten erledigen. Der DGB forderte Investitionen in die berufliche Bildung.

Schülerinnen und Schülern sehen ihre Ausbildungschancen einer weiteren Umfrage zufolge überwiegend positiv. Mehr als drei Viertel der knapp 1700 Befragten schätzen ihre Chance auf eine Lehrstelle als gut oder sogar sehr gut ein. Das Institut iconkids & youth hatte sie im Juni im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung befragt. Damit sei eine Trendwende erreicht, nachdem in den vergangenen Jahren viele junge Menschen ihre Perspektiven auf dem Ausbildungsmarkt negativ bewertet hätten, teilte die Stiftung am Mittwoch mit.

Viele Lehrstellen unbesetzt

Aus Sicht der Wirtschaft jedoch ist die Lage weiter angespannt: Zehntausende Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt, weil es weniger Schulabgängerinnen und -abgänger gibt als noch vor zehn Jahren. «Bei mehr als 30 000 Betrieben kam im letzten Jahr noch nicht einmal eine einzige Bewerbung an», hieß es bei der DIHK – betroffen demnach vor allem Gastronomie, Industrie und Handel.

Nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vom Juli sind aktuell noch 228.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. 2022 hatte es ein leichtes Vorjahresplus von 0,8 Prozent auf rund 470 000 neue Ausbildungsverträge gegeben. Dies waren aber acht Prozent weniger als im Corona-Vorkrisenjahr 2019.

Unter Jugendlichen mit niedriger Schulbildung sei nach wie vor der Eindruck weit verbreitet, schlechte oder eher schlechte Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu haben: In dieser Gruppe blicken immerhin 26 Prozent der Befragten pessimistisch auf das Ausbildungsgeschehen. Von Basil Wegener und Florentine Dame, dpa

Duale Ausbildung ist out! Mehr Berufsorientierung an Schulen soll’s richten

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Berufspädagoge
7 Monate zuvor

Digitalisierung an Berufsschule in Sachsen-Anhalt: Azubis fotografieren die Kreidebilder von der grünen Tafel und die Lehrer/innen streiten sich um die wenigen Beamer. Noch Fragen?

Ureinwohner Nordost
7 Monate zuvor
Antwortet  Berufspädagoge

?

Wat is los bei Euch ana Elbe?

Ich streike gegen „Elektrifizierung“ der Visualisierungseinrichtungen in „meinem“ Chemie-Raum .
Kreidetafel als Erstes. …First 🙂

vhh
7 Monate zuvor

Viel Glück…
Außerhalb der NW-Räume begreift kaum jemand, dass Skizze, Versuchsergebnisse und Schlussfolgerungen nebst offenen Fragen auf einer einzige Schreibfläche stehen (müssen). Kann man doch auch auf fünf Seiten Digitalboard schreiben und jeweils hin und her wechseln. Nebenbei kann man das Tafelbild so schön an alle schicken, damit die armen Kleinen statt mitschreiben besser aufpassen können. Leider nur ‚könnten’…
Einfache Logik: Digital = toll, fortschrittlich, Kreide = igitt, altmodisch, und zwar ohne Argumente über Sinn und Unsinn je nach Anwendungssituation überhaupt zu erwägen.

Berufspädagoge
7 Monate zuvor

Ich schätze für den Unterricht auch meine grüne Tafel. Sie hat für Vieles ihre Vorteile. Aber eine Animation oder ein kurzes Video über einen technologischen Prozess bzw. die Funktionsweise einer Maschine kann sie nicht zeigen … Wir haben eher ein typisch deutsches Vorgehen: Alles Alte (auch Bewährte) muss weg, um unsere besondere Vorschrittlichkeit zu zeigen! So werden wir zukünftig überall mit virtuellen Stiften auf modernen Tafeln schreiben und den Azubis immer noch den Rücken zudrehen. Ich würde gern das Neue neben (nicht anstatt) dem Bewährten nutzen. Aber leider hören die Entscheider nicht auf die Betroffenen.

Realist
7 Monate zuvor

Wenn ein Staat nur 4,7% seines BIPs in Bildung und Wissenschaft investieren will (Schweden: 7%), dann hat das seinen Preis.

Und die Wirtschaft ist daran nicht unschuldig, die will ja auch lieber Subventionen haben als Steuern zahlen (nicht alle, aber viele und immer mehr).

Sven A.
7 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Ich kann das Positivbeispiel Schweden echt nicht mehr hören. Da verlassen wesentlich mehr Kinder/Jugendliche die Schule ohne jeden Abschluss als in Deutschland. Wahrscheinlich wird im Gegenzug dann in schwedischen Medien Deutschland als Positivbeispiel präsentiert.

447
7 Monate zuvor
Antwortet  Sven A.

Skandinavien wird deswegen so gerne rausgekramt, weil nur ein Promillebereich der Lehrkräfte dem entstellten Unsinn reale Gegenerfahrungen entgegensetzen kann.
Kurz: Es wird geframed bis die Schwarte kracht.

Nur ein Beispiel von vielen: Die „hyggelige“ soziale Kuschelatmosphäre in z.B. dänischen Schulen.

Ja, die gibt es sehr oft.

Was man Ihnen aber natürlich NICHT erzählt (damit die Lehrer in der BRD nicht auf dumme Grdanken kommen): Beleidigen Sie mal ernsthaft ihren Lehrer – die Polizei verfrachtet sie nach Hause, meist am gleichen Tag noch steht Jugendamt im Wohnzimmer.

Und so geht das bei vielen Sachen – um Druck auf die LuL aufzubauen wird das positive Zeug betont, die VORAUSSETZUNGEN dazu aber (weil politisch unbeliebt oder teurer für den Staat) sauber weg-geframed.

Einer
7 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Wir haben doch alle gesehen wie es endet, wenn sich der Staat, sprich der Bund, bei der Bildung finanziell beteiligen will. Da springen dich sofort die 16 Könige auf und schreien „Ländersache! Föderalismus!“. Dann wird ein Konzept erstellt, welches die Schulen zwingt 50 Seiten Antrag auszufüllen und erstmal ein eigenes Konzept zu erstellen. Am Ende passiert kaum etwas und das Geld versauert.

Melissentee
7 Monate zuvor

Hat man uns nicht immer gepredigt, dass seien die digital natives, die schon mit der Muttermilch alles Digitale aufgesogen haben?

447
7 Monate zuvor
Antwortet  Melissentee

Wie so oft hilft der Todfeind des Schule-Uni-Schule oder auch Hippielehrers und der Erzschurke sowie Nemesis des „Bildungsforschers“ weiter: Der gesunde Menschenverstand…

1. Lobby/Produktmarketing („Ipad-Klassen“ – da steckt die Werbung schon im Namen): Industrie züchtet Kunden, Politiker erhoffen sich die Quersubventionierung der Hard/Software aus der Industrie.

2. Was -ja, was wohl? – begeistert Teenager an digitalen Geräten? Genaaaaauuuu, games, Musik, Nacktbildchen & Stunts (Jungs), Anerkennung fischen (social media, Mädchen).
Sobald die SuS merken, dass die Lehrkraft auch den GROSSEN MÖGLICHKEITEN digitaler Technik angemessene RESULTATE fordert…da ist es ganz schnell vorbei mit der „Begeisterung“! Denn dann ist es ja doch wieder „blödes Lernen“.

3. Schereneffekt hoch zwo: Je mehr und je bessere Werkzeuge sie in sozial heterogene Gruppen geben, um so weiter geht die Schere auf. Vodka-Victor und Rummelplatz-Rudi brennen sich mit Gangsterrap & Tiktok noch die letzten Restsynapsen weg – Anna-Lisa und Malte-Thorben haben sich mit Lernvideos und Zettelkasten-Apps schon ins nächste Halbjahr katapultiert oder erbringen die x-te Zusatzleistung.

Ich bin btw pro Digitalisierung und sehe da große Chancen.
Aber nicht so.