HANNOVER. Bald werden auch an Niedersachsens Schulen die Halbjahreszeugnis verteilt. Doch wie steht es dort um den Unterricht – in Zeiten des Lehrkräftemangels? Der Landesschülerrat und der Philologenverband finden deutliche Worte.
Nach Ansicht des Landesschülerrats und des Philologenverbands ist die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen nach wie vor zu gering. «Die Unterrichtsversorgung ist weiterhin schlecht an den niedersächsischen Schulen», sagte die kommissarische Schülerrats-Vorsitzende, Louisa Basner, auf Anfrage. Am Mittwoch will Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) zu Beginn des zweiten Schulhalbjahres über den Stand der Unterrichtsversorgung informieren.
Es habe keine Veränderung der kritischen Situation an den niedersächsischen Schulen gegeben, resümierte der Landesschülerrat. «Wir fordern die Landesregierung dazu auf, endlich zu handeln und weitere Schritte zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels einzuleiten», sagte Basner. Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer stünden unter Dauerstress.
Basner zufolge kämen zur angespannten Lage krankheitsbedingte Personalausfälle hinzu. Die größten Lücken bei der Unterrichtsversorgung seien in den Grund-, Förder-, Ober-, Real- und Hauptschulen zu beobachten. Je nach Schulform variiere es, in welchen Schulfächern es die meisten Probleme gebe.
Die Unterrichtsversorgung ist im Bundesland auf dem niedrigsten Niveau seit Beginn der Statistik vor 20 Jahren. Zum Stichtag 8. September 2022 lag der aus dem Verhältnis von Schülern und Lehrerstunden ermittelte Wert bei 96,3 Prozent (Vorjahr: 97,4 Prozent).
Die Statistik gibt wieder, ob an den jeweiligen Schulen für die errechnete Zahl an Unterrichtsstunden auch genügend Lehrerinnen und Lehrer vorhanden sind. Werte von über 100 Prozent ergeben sich, wenn über das Pflichtangebot hinaus Lehrer für weitere Angebote oder etwa Vertretungsstunden zur Verfügung stehen.
Wichtig ist es dem Schülerrat zufolge, dass der Lehrberuf attraktiver gemacht wird. «Die aktuell hohe Belastung von Lehrkräften ist dabei natürlich eine Abschreckung», sagte Basner. So müsse beispielsweise den Lehrerinnen und Lehrern das Arbeiten in Teilzeit ermöglicht werden. Zudem müsse das Lehramtsstudium weiterentwickelt werden. So solle beispielsweise der Praxisbezug eher im Studium eingeführt werden.
Auch der Philologenverband Niedersachsen kritisierte den Stand der Unterrichtsversorgung. Das Kultusministerium habe sich im letzten Jahr zu wenig bemüht, gegen den Lehrkräftemangel vorzugehen, sagte der Vorsitzende des Verbands, Christoph Rabbow. Das Werben um Quereinsteiger sowie das Zurückholen von Lehrern aus dem Ruhestand sei nicht zielführend gewesen, um den Mangel zu decken. Der Philologenverband Niedersachsen ist eine Berufsvertretung der Gymnasiallehrer und Studienreferendare und hat mehr als 8000 Mitglieder.
«Um Krankheiten und Ausfälle in den Kollegien zu kompensieren, bräuchten wir eine Unterrichtsversorgung von mindestens 110 Prozent», sagte Rabbow. Davon sei man zur Zeit meilenweit entfernt. Ein massiver Unterrichtsausfall sei im nächsten Schulhalbjahr vorprogrammiert. Von der anfänglichen Aufbruchsstimmung der Ministerin sei nur noch wenig zu spüren. News4teachers / mit Material der dpa
Noch immer sind fast 300 Lehrerstellen in Niedersachsen vakant, Wirtschaft murrt
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Unterrichtsversorgung sich in diesem Jahr verbessert hat. Aber der Ministerin Untätigkeit vorzuwerfen finde ich auch fragwürdig und auch nicht fair. Wie sehr haben die Lehrkräfte für A13 gekämpft – in erster Linie mit dem Argument den Beruf auf diesem Wege attraktiver zu machen. Nun ist klar A13 für alle Lehrkräfte kommt und trotzdem wird ihr von Seiten der Lehrerverbände Untätigkeit vorgeworfen – völlig unverständlich.
Was mich wirklich stört ist die Fokussierung der Debatte auf Auswirkungen des Fackräftemangels auf die Lehrkräfte – was ist mit den Auswirkungen auf die Schüler und vor allem wie kann man diesen Auswirkungen entgegenwirken?
Die Landesregierung hat die Einführung eines Sozialindexes zum nächsten Schuljahr angekündigt, an dessen Umsetzung derzeit gearbeitet wird. Darauf bin ich sehr gespannt. Ich hoffe sehr, dass dieser Sozialindex in ganz Niedersachsen eingeführt wird und sich nicht nur auf die Mittel aus dem Start Chancen Paket der Bundesregierung bezieht. Dann könnten nicht alle Schulen in Niedersachsen einbezogen werden und außerdem wäre es dann wieder nur ein Projekt, weil die Mittel auf 10 Jahre befristet wären. Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.
Vielleicht können die anderen Lehrkräfte in Niedersachsen mitdenken.
Ich nehme meine Kultusministerin überhaupt nicht wahr. Ist die überhaupt noch da???
Manche wünschen sich ja eine unsichtbare Chefin. Ich eher nicht so, da wäre nämlich einiges zu tun…
Ich empfinde es auch so, dass bei der Kommunikation nach Außen noch viel verbessert werden kann. Sobald die Kultusministerin persönlich auftritt, merkt man deutlich dass sie in der Lage ist auf die Menschen zuzugehen, zuzuhören und schlussendlich auch darzulegen was sie tun will oder warum bestimmte Dinge noch nicht passiert sind…. Es wäre gut, wenn das den Sprechern des Ministeriums auch gelingen würde.
Wenn Lehrkräfte in Niedersachsen mit dem Frei Day Programm auf eine 4-Tage Woche kommen und montags homeschooling machen können, ist der Beruf bald attraktiver für junge Neueinsteiger in den Lehrberuf
Bezahlung am Gym mit Abi zu schlecht im Vgl. zu den Erneuerungen woanders!
Das nehmen viele Kollegen in meinem Umfeld genau so wahr. Völlig abgetaucht, die Dame. Nach dem kleinen Debakel um die Berufsorientierung und ihre unrühmliche Rolle darin ist sie ganz still geworden. Vermutlich merkt sie nun, dass außer Schaumschlagen ihre weiteren Handlungsoptionen mit gaaaaanz viel Arbeit verbunden sind. Und das war ja bislang nicht ihre Stärke. Also Meinungen mit Leistungen zu hinterlegen.
@Anika von Bose
Es ist schön, dass sie die Ministerin nett finden. Für uns Lehrkräfte wäre es toll, wenn sie mit Kompetenzen und Maßnahmen überzeugen würde. Davon hat sie allerdings viel vermissen lassen. In ihrem Themenfeld, der Inklusion, erleben unsere Schulen ein Debakel nach dem anderen. Reaktion von oben? Keine. Frau Hamburg spielt U-Boot und fordert hier und da die Abschaffung von Noten bis Klasse 10.