Alarmierende Statistik: Lehramtsstudium nicht mehr erste Wahl

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MÜNCHEN. Der Fachkräftemangel an den Schulen bringt für alle Lehramtsstudenten eine Jobgarantie mit sich. Eine aktuelle Statistik aus Bayern zeigt aber einen völlig anderen Trend bei der Auswahl des Studiengangs.

Lehramt? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Von den bayerischen Abiturientinnen und Abiturienten entscheiden sich trotz bester Jobaussichten immer weniger für ein Lehramtsstudium im Freistaat. 2022 schrieben sich von den 38.410 Absolventinnen und Absolventen gerade einmal 6,8 Prozent direkt im Anschluss für ein Lehramtsstudium an einer bayerischen Hochschule ein – in der Summe waren dies 2.623 Studienanfängerinnen und Anfänger. Das geht aus einer Antwort des Kultusministeriums auf eine Anfrage der SPD im Landtag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zum Vergleich: 2013 hatte der Anteil noch bei 14,8 Prozent gelegen, 6081 der 41.120 Abiturientinnen und Abiturienten wählten damals den Weg.

Beim Vergleich der Zahlen muss aber berücksichtigt werden, dass laut Ministerium der 2022er-Wert noch deutlich steigen kann, da sich erfahrungsgemäß auch viele Abiturienten erst teils Jahre nach ihrem Schulabschluss an einer Hochschule einschreiben. Als Gründe werden in der Antwort unter anderem Teilnahmen an einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) oder an einem Auslandsjahr genannt. Auch Personen, die eine andere Art der Hochschulzugangsberechtigung erworben haben (Fachhochschulreife oder fachgebundene Hochschulreife), wurden nicht in der Auswertung berücksichtigt.

Ferner vermeldet das Ministerium in der Antwort für 2022, dass sich an den Hochschulen im Freistaat noch 1.066 Studienanfängerinnen und Anfänger für ein Lehramtsstudium angemeldet haben, deren Abitur aber aus einem anderen Bundesland stammt.

Die SPD warnte angesichts der Zahlen vor einem «dramatischen» Lehrermangel. Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Simone Strohmayr, fordert eine bessere Personalplanung für Bayerns Schulen, besonders für die Mittelschulen.

Bei den neuen Lehramtsstudierenden aus Bayern zeigt sich in der Antwort zudem eine interessante Differenzierung hinsichtlich der Schulform. So entschieden sich 2022 von den insgesamt 6.539 Studienanfängerinnen und -anfängern mit Bayern-Abitur 2704 für das Gymnasium, 1962 für die Grundschulen, 931 für die Realschulen und 378 für die Sonderpädagogik. Auf dem vorletzten Platz landen die Mittelschulen (368), gefolgt von den Beruflichen Schulen (195). Zum Vergleich: 2013 lag die Gesamtzahl mit 6.845 nur leicht höher, damals entschieden sich sogar 3.161 für das Gymnasium, bei den Grundschulen waren es mit 1.470 deutlich weniger, bei den Mittelschulen mit 738 aber mehr als doppelt so viele.

Um die Lage an den Mittelschulen zu stabilisieren, sprach sich Strohmayr für mehr Motivation für Schulartwechsel sowie mehr und gut begleiteten Quer- und Seiteneinstieg aus. Zudem müssten Lehrkräfte stärker von Verwaltungsaufgaben entlastet werden.

Bayernweit gibt es seit Jahren an vielen Schulen und an praktisch allen Schulformen einen akuten Lehrermangel. Dem versucht die Staatsregierung unter anderem mit Werbekampagnen, auch in anderen Bundesländern, entgegenzuwirken. Im Umkehrschluss bedeutet der Mangel aber auch, dass alle, die das Studium erfolgreich abschließen, sehr gute Aussichten auf eine Anstellung haben.

Wie aus der Antwort des Ministeriums hervorgeht, steigt unter den staatlichen Lehrkräften in Bayern aber dennoch seit Jahren die Zahl der nur befristet Angestellten. 2023 waren es demnach 8,3 Prozent (9.554 Personen), 2013 hatte der Anteil noch bei nur 5,4 Prozent gelegen (5.462). Auch der Anteil der verbeamteten Lehrer war 2023 mit 89,1 Prozent so niedrig wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht. Landesweit gab es im vergangenen Jahr 114.459 Lehrer in Bayern, was wiederum ein Höchststand im langjährigen Vergleich war.

2013 hatte es nur 100.362 Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat gegeben, davon waren 90,6 Prozent verbeamtet. Prozentual wurde der Höchststand an verbeamteten Lehrern 2020 mit 91,7 Prozent erreicht – 96.671 der 105.409 Lehrkräfte waren damals verbeamtet. News4teachers / mit Material der dpa

Woher kommt der Lehrermangel? Fast die Hälfte der Lehramtsstudierenden geht auf dem Weg in den Beruf verloren

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Realist
1 Monat zuvor

Wen überrascht das?

Die heutigen Abiturienten sind halt dank Internet top informiert, was Arbeitsbedingungen und Karriere“perspektiven“ im Lehramt betrifft. Außerdem haben sie 12 oder 13 Jahre ausgebrannte Lehrkräfte und baufällige Gebäude live erleben können. Hat heutzutage eben keiner mehr Lust darauf, wegen „Work-Life-Balance“ und so.

Außerdem schreckt es ab, bei einer Vollzeitstelle keine Chance auf Homeoffice zu haben (nein, nach einem 7-8 Stunden Tag IN der Schule nochmal abends drei Stunden am heimischen Schreibtisch zu verbringen ist KEIN Homeoffice). Und die Aussicht, der LETZTE Bereich zu sein, in dem die 4-Tage-Woche eingeführt wird, ist auch nicht so prickelnd (50er-Jahre des letzten Jahrhunderts: Metallindustrie führt die 5-Tage-Woche ein, Mitte der 70er-Jahre waren dann auch die Lehrer dran: Abschaffung des Samstags-Unterrichts), Geschichte wiederholt sich bekanntermaßen.

Personalführung und Strukturen aus dem vorletzten(!) Jahrhundert sind auch nicht mehr das, was gesucht wird.

Und drei oder mehr Kinder zu haben (NUR DANN lohnt sich der Beamtenstatus noch!) wollen auch die wenigsten. Und wer die nicht haben will, wird als „Dank“ (neben dem DEUTLICH geringeren Netto-Gehalt) in den bayrischen Wald versetzt, da keine „familiären“ Gründe dagegen sprechen, und darf dort die „kulturellen Angebote“ (Schützenverein, freiwillige Feuerwehr, Bierkrug-Weitwurf, …) für den Rest seines Lebens genießen…

Gen Z: … (ihr wisst schon)

GAME OVER!

Realistin
1 Monat zuvor
Antwortet  Realist

Sie sind da durchaus sehr realistisch, obwohl es sehr traurig ist.
Schwierige Bedingungen, zu wenig Kohle und kein Homeoffice.
Ich verstehe zb. nicht, warum es keine 4-Tage Woche gibt für Lehrkräfte.

Irgendwo muss doch mal ein Bonbon versteckt sein, verstehen Sie?

Schotti
1 Monat zuvor
Antwortet  Realistin

Es würde ja für den Anfang ausreichen die Arbeitsbedingungen auf halbwegs erträgliche Weise zu verbessern. Ein Stundendeputat von 28 oder 29 Wochenstunden ist ungesund, man wird zwangsläufig krank. Das ganze Deputatsmodell ist eigentlich völlig absurd bescheuert. Kann man auch niemanden erklären, der selbst kein Lehrer ist. Es gibt halt zwei Stellschrauben, an denen man drehen kann. Die eine sind die Arbeitsbedingungen und die andere eben Geld. Bedeutet, entweder verändert sich etwas in den nächsten Jahren oder Lehrern werden in Zukunft enorm hohe Summen gezahlt werden müssen, damit sich noch jemand freiwillig in eine Schule mit Ausnahme des Gymnasiums stellt. Man sieht es ja jetzt schon, dass der Bedarf nur noch mit Zwangsmaßnahmen in Form von Kaskadenabordnungen gedeckt werden kann. Kurzfristig mag das zumindest auf dem Papier helfen, langfristig macht es den Beruf natürlich noch uninteressanter für den Nachwuchs. Und auch Quereinsteiger werden sich nicht mehr für eine E11 begeistern lassen.

Jupp
1 Monat zuvor
Antwortet  Realist

Homeoffice gibt es immerhin in der unterrichtsfreien Zeit. Und da ohne Termine oder andere Druckfaktoren. Das ist eigentlich schon ziemlich gut.
Alternative wäre auch in den Ferien 3 Tage in die Schule gehen (die meisten Unternehmen haben eine 60/40 Regel).
Wäre ne Option aber dann wird der Aufschrei noch größer sein.

Realist
1 Monat zuvor
Antwortet  Jupp

Ach wenn die Welt so einfach wäre. Nur einmal eine kleine Rechenübung:

Das Jahr hat 52 Wochen. Davon hat der durchschnittliche Arbeitnehmer 30 Urlaubstage. Dazu kommen noch gesetzliche Feiertage, die i.d.R. in der Ferien liegen. Bleiben 45 Wochen Arbeitszeit. Das durchschnittliche Schuljahr hat 40 Wochen. Im IG Metall-Tarif haben sie 35 Wochenstunden. 35 * 45 / 40 = 39,4 Stunden pro Woche. Die schaffen Sie als Lehrkraft während der Nicht-Ferienzeit locker. Wenn Sie dann noch 32 Stunden ansetzen (Forderungen der IGM) sieht es beim Lehrerberuf noch ungünstiger aus. Selbst bei einer 40 Stunden Woche (40 * 45 / 40 = 45 Stunden pro Woche), die es praktisch nur noch im öffentlichen Dienst oder Berufen mit formal niedriger Qualifikation gibt, kommen Sie je nach Fächerkombination locker auf 45 Arbeitsstunden pro Schulwoche. Und dann müssten Sie in den Ferien NICHTS aber auch gar nichts tun, um mit der „freien“ Wirtschaft gleichzuziehen. Und von einer 4-Tage-Woche oder echtem Homeoffice (= ganzen Tag zuhause) dürfen Sie als Lehrlkraft mit einer Vollzeitstelle sowieso nur träumen.

Der Mythos von der vielen freien Zeit beim Lehrer-Beruf ist nur eines: Ein Mythos für Leute, die nicht rechnen können. Gen Z ist mittlerweile aufgeklärt und weiß Bescheid.

^Tabeus
1 Monat zuvor
Antwortet  Realist

Glaube auch, die Zeiten sind vorbei

Die offenen Worte von Realist treffen die Gesamtlage.
Mit 5 Tagen vor Ort und Pendelei, um am Abend oder in der Nacht zu korrigieren ist Gen Z und schon gar keiner Mutti mehr geholfen.

Wenn sie schreiben 40% Homeofficeanteil, irgendwo zwischen 2-3 Tagen zuhause ist das Komfort.

Bla
1 Monat zuvor
Antwortet  Jupp

Wenn man dann ein (eigenes) Dienstbüro mit (sehr) guter Ausstattung zur Verfügung hat. Dazu das (veraltete) Deputatssystem abschafft. Und zusätzlich auch noch einen Großteil des Urlaubs wirklich selbst wählen darf … Warum nicht.
Zum Vergleich mit den „meisten“ Unternehmen bei/mit dem Anforderungsprofil des Berufes und dem akademischen Lauf/Voraussetzungen … Müssten wir dann allerdings von 35 Std./Woche sprechen. Dazu Dienstlaptop/Handy und paar „Work Zuckerlies“ wie bspw. Massage/Trainingsraum/kostenloses bis stark subventioniertes (Kantine-)Essen/Gutscheine usw.
Überstunden auch als solche handhaben. Klassenfahrten und Ausflüge mit Sonderbezügen. Konferenzen und Besprechungen usw. gelten selbstverständlich als Dienstzeit. Über Wochenendarbeit )+Feiertage) müsste man dann mal über einen Zuschlag nachdenken.

Klingt für mich eigentlich recht attraktiv.

Jupp
1 Monat zuvor
Antwortet  Bla

Warum nicht? Eine Neustrukturierung des Schuljahres wäre ein Anfang. Alle (Lehrer und Schüler) können 6 Wochen Urlaub/Ferien nach Gusto nehmen. Am Anfang des Jahres gibt es eine Planung Lehrer vertreten sich (also richtiges vertreten mit Unterricht), Schüler müssen den Stoff nachlernen. Das vermeidet die Stoffverdichtung zwischen den Ferien und alle sollten ein entspannteres Leben haben.
Wie ist der Dienstweg für diese Neuausrichtung?

Inselbegabung
1 Monat zuvor

Trotz Verbeamtung. Die sollte doch alles retten. Mindestens im Osten Deutschlands.

JoS
1 Monat zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Hat das jemand behauptet? Eine notwendige ist noch lange keine hinreichende Bedingung.

dickebank
1 Monat zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Die Verbeamtung der Neueinsteiger sollte eine Abwanderung in andere BL verhindern.
Dass die verbeamtung kein Allheilmittel ist, um sich gegen die Anziehungskräfte der freien Marktwirtschaft zu stellen, ist doch eine ganz andere Thematik.

Wir kommen zu der Erkenntnis, dass die Parteien, die „Privat vor Staat“ gerufen und umgesetzt haben, heute ihr eigenes Konzept auf die Füße fällt. Bei Bahnen und Postdienstleistern kann man doch sehen, wohin die Privatisierung geführt hat. Um Geld zu sparen, hieß es ehedem, dass diese staatlichen Anbieter nicht ausschließlich der Daseinsvorsorge dienen sollten. Heute in Zeiten, in denen es in diesen Bereichen großen Arbeitskräftemangel gibt und die Gewerkschaften ihre Tarifforderungen mittels Streiks einfordern, sollen Streiks in kritischen Bereichen, die der Daseinsvorsorge dienen, unterbunden werden. Ich lach mich schlapp.

Wer die vormalige Bundesbahn in über 300 eigenständige Unternehmungen im Zuständigkeitsbereich der DB AG aufteilt, muss eben auch für diese Unternehmungen eigenständige Tarifverhandlungen mit unterschiedlichen Partnern führen. Daran ändert auch das Tarifeinheitsgesetz nichts, da sich dieses ja nicht auf die DB AG als Holding bezieht.
Dasselbe sehen wir doch ebenfalls bei der Lufthansa Group. Die (Markt-)Revolution frisst ihre Kinder.

Wutbürger
1 Monat zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Schon wieder? Ja, mittlerweile hat es jeder verstanden: Sie wollen keine Verbeamtung.

Dejott
1 Monat zuvor

Warum sollte man sich für ein Einbahnstraßenstudium wie das Lehramt entscheiden-wenn man zur Not auch über den Quereinstieg gehen kann.

Egvina
1 Monat zuvor

Upps, jetzt bin ich aber überrascht!

447
1 Monat zuvor

…und das ist gut so.

Nur so wird“oben“ gelernt.

anka
1 Monat zuvor
Antwortet  447

Nur ist deren Lernkurve seeeeeehr flach. Wie die Niederlande.

447
1 Monat zuvor
Antwortet  anka

Irgendwann haben die Deiche gebaut…wer weiß, vielleicht sind die Lehrer und Schulleiter in 100 Jahren dankbar für unsere historischen Irrwege. 😉

Mittelschullehrer
1 Monat zuvor

„Um die Lage an den Mittelschulen zu stabilisieren, sprach sich Strohmayr für mehr Motivation für Schulartwechsel sowie mehr und gut begleiteten Quer- und Seiteneinstieg aus. Zudem müssten Lehrkräfte stärker von Verwaltungsaufgaben entlastet werden.“

Stabilisiert das die Lage oder verschlechtert das die Lage?

Wenn ich leichter wechseln kann, studiere ich als Abiturient doch lieber erst Gymnasium, Realschule oder mache einen Bachelor mit Auslandssemester.
Weniger Verwaltungsaufgaben? Wird das wirklich die neue Generation dazu bewegen dann auf einmal doch Mittelschule zu studieren? Bei der Konkurrenz?
Die Mittelschule scheint verloren…

Mondmatt
1 Monat zuvor

Sehen wir es positiv,
Die Entscheidung gegen ein Lehramtsstudium zeigt doch deutlich, dass die viel gescholtener, junge Generation einen sehr deutlichen Blick für gesellschaftliche Realitäten hat und zukünftige Entwicklungen relativ klar abschätzen kann..

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Mondmatt

Ich sehe da auch nichts zu kritisieren. Das machen die jungen Leute schon richtig.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

Ich wollte Lehrer werden, weil ich während eines Praktikums in einer Sonderschule des Landkreises – und der Landkreis hat Geld! – sah, wie Schule aussehen kann.

Mit meiner Schullaufbahn davor habe ich nur sehr wenige Anreize gehabt, den Beruf positiv zu betrachten

Dil Uhlenspiegel
1 Monat zuvor

Vernünftig.

Riesenzwerg
1 Monat zuvor

Ob diese (abzusehende) Entwicklung wohl jemand Verantwortlichen ins Nachdenken bringt ?

Grübel, grübel….

Nein!

Dieser Bericht ist ein stummer Impuls, der auf …. nichts trifft.

Die Studierenden stimmen mit den Füßen ab – sie laufen mit festen, schnellen Schritten in die richtige Richtung!

Riesenzwerg
1 Monat zuvor

W E N genau soll das denn alarmieren?

Gähn, …