„Pflichtübung ohne Glanz und Freude“: Was ein Didaktik-Professor (und Vater) der Schule ins Stammbuch schreibt

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DARMSTADT. PISA-Chef Andreas Schleicher hat unlängst eine Bildungsdebatte auf News4teachers angestoßen, in dem er die Lehrpläne in Deutschland als zu voll kritisierte. „Weniger Stoff in größerer Tiefe vermitteln, das wäre wichtig“, so erklärte der OECD-Bildungsdirektor im Interview. Es müsse mehr darum gehen, Schülerinnen und Schülern Zusammenhänge, letztlich Lernfreude, zu vermitteln. Unser Gastautor Prof. Ralf Tenberg hat als studierter Lehrer, Technikdidaktiker und Vater eine eigene Sicht auf das Thema, die er in folgendem Beitrag darlegt. 

Gelingt es der Schule, Kinder fürs Lernen zu begeistern? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

… heute Nachmittag kommt mein Sohn, 7. Klasse Gymnasium zu mir: Bio abfragen. Thema: Verdauung des Menschen. Magen, Darm, Enzyme, Kohlehydrate, Fette, Proteine, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse, usw. Nach zwei Runden sitzt alles. Er kann: auswendig alles aufzählen, die Stoffwechselprozesse erklären, er weiß sogar, warum man eine möglichst große Dünndarmfläche braucht. Er wird eine Eins schreiben und dann – in allerspätestens 2 Monaten – alles wieder vergessen haben.

Was ich gerne getan hätte: mich mit ihm über folgende Themen unterhalten: Gesunde Ernährung, Sporternährung, ernährungsbedingte Krankheiten, Zellstoffwechsel, usw. Warum habe ich das nicht getan? Weil ich die Antwort kenne: „Das ist alles sehr interessant Papa, aber es stört das, was ich gelernt habe. Wenn ich das jetzt mit Dir bespreche, vergesse ich wieder einen Teil des Gelernten oder es besteht die Gefahr, dass ich hier Dinge verwechsle“.

Also belaste ich mein Kind nicht damit, nutzlos und sinnfrei gelernte Beliebigkeiten mit Leben zu erfüllen, mit ihm zu besprechen, warum das alles sehr interessant und relevant ist und vor allem, wo sich hier weitere Anschlusspunkte für anderes Wissen bzw. Handlungsmöglichkeiten ergeben, um sein zentrales Ziel – gute Noten – nicht zu gefährden. Er weiß genau, was ich damit meine, und versteht auch meinen Anspruch hier, aber er hat mir sehr deutlich klar gemacht, dass ihm für die nächsten Schritte in seinem Leben, nämlich Studium und Berufseinstieg, entsprechende Noten deutlich mehr bringen als ein komplexes Weltverständnis.

„Die Lehrer sieht mein Sohn differenziert, manche sind für ihn selbst Opfer, manche sind ‚ganz ok‘, manche sind indiskutabel“

Er wird das schaffen, in allen Fächern über die Stöckchen springen, die man ihm hinhält, genau herausfinden – Test für Test – was er abspulen soll und sich so am Unterricht beteiligen, dass auch die Epochalnote stimmt. Er wird auch ein komplexes Weltverständnis entwickeln, nicht aber durch die Schule, sondern trotz ihr, vor allem aus unserer Familie heraus und seinen außerschulischen Kontexten. Spaß macht ihm das nicht und sein Bild von Schule ist nüchtern.

Die Lehrer sieht er differenziert, manche sind für ihn selbst Opfer, manche sind „ganz ok“, manche sind indiskutabel. Morgen wird er wieder seinen überfüllten Rucksack schnappen und losgehen, um 16.30 nach Hause kommen, sein Zeug lernen und danach dann das tun, was ihm Spaß macht, Sport oder Spiel. So ist das in unserem Schulsystem für die Guten und Erfolgreichen, eine akzeptierte Pflichtübung ohne Glanz und Freude. Für die weniger Erfolgreichen kommt noch Frust, Angst und Versagen dazu. „Vielen Dank für Nichts“ an alle, die dafür verantwortlich sind.

… jetzt doch noch ein wenig Wissenschaft hinterher.

  1. Selbst auf eine Einzelperson bezogen ist Lernförderung eine große Herausforderung, da Menschen hier situativ, thematisch und zielbezogen inkonsistent sind. Das heißt, dass wir je nach Thema und spezifischer Stunden-, Tages- oder Gesamtmotivation im Hinblick auf die Instrumentalität eines zu erreichenden Ziels unterschiedlich an einen Lernprozess herangehen, diesen handhaben und schließlich abschließen. Für die Lehrperson ist es kaum möglich, das jeweils auszuloten und dem dann auch gerecht zu werden, sogar der Lernende selbst ist hier in seinen Möglichkeiten begrenzt. Methodik bedeutet hier gezielte Annäherung an individuelle Dispositionen in möglichst reflexiver Regulation. Gute Nachhilfeunterricht sieht so aus.
  2. Da es schon bezogen auf ein einzelnes Individuum sehr schwierig ist, wird Lernförderung in einem Gruppenszenario noch komplexer. Hier kann keine individualisierte Methodik zum Einsatz kommen, hier muss man auch eine Angebots-Methodik ausweichen. D.h. die Lernenden müssen in die Lage versetzt werden, sich aus einem Methodenrepertoire das auszuwählen, was für sie am besten passt. Für die Lehrperson steigt damit der Vorbereitungsaufwand erheblich, im Unterricht selbst muss sie versuchen, möglichst genau die einzelnen Lernprozesse zu verfolgen, um zu beraten, unterstützen, intervenieren.
  3. Je mehr ein Lernziel über das einfache Repetieren hinausgeht, desto anspruchsvoller und komplexer wird die Methodik. Umgekehrt verhält es sich mit der Lernmotivation: Je mehr Sinn ein Lernender im Zu Lernenden erkennt, desto lieber wird er sich damit auseinandersetzen und desto mehr wird er das Gelernte verinnerlichen. D.h. wer Motivation und Wirkung will, muss Aufwand betrieben, wem das egal ist, der beschränkt sich auf die Instruktion und deren Kontroll-Formate.
  4. Bildung beginnt erst dort, wo ein Mensch eine Beziehung zwischen sich, den anderen und dem Gelernten herstellt. Bildung ist der (lange und unsichere) Weg zur Mündigkeit, sie hängt mit einem komplexen Weltverständnis aber auch mit zentralen Werten zusammen. Das, was in PISA also unter Literacy verstanden wird, birgt in sich ein verkürztes Bildungsverständnis. Ein Beispiel: Wenn ich die Industrielle Revolution tiefer verstehen will, muss ich über ein integriertes Wissen über Technologien (Dampfmaschine, Bergbau, Stahlproduktion, Eisenbahn, …), Politik (Monarchien, Imperialismus, …), Wirtschaft (Adam Smith, …), Arbeitsorganisation (Winslow Taylor, …), Soziologie (Klassengesellschaften, Verstädterung, …) verfügen. Dies ist in unseren aktuellen Fächerstrukturen weder möglich noch erwünscht.
  5. Nach Klafki soll Bildung sowohl auf die Gegenwart als auf die Zukunft ausgerichtet sein. Dies ist durch die Digitalisierung – schon auf die Gegenwart bezogen – deutlich ins Hintertreffen geraten, bezogen auf eine Zukunft mit artificial intelligence, Quantencomputern, blockchain, human enhancement etc. sind wir VÖLLIG BLANK! Ein Kollege hat uns in einem Vortrag vor Kurzem als entmündigte Cyborgs charakterisiert, als teil-technisierte Organsimen, die sich und ihre technologische Einbettung nicht verstehen können und ihr damit ausgeliefert sind. Wer das nicht glaubt, kann es im Selbstversuch sehr einfach testen: verbringen Sie 1 Woche ohne ihr eigenes oder fremdes Smartphone, Computer oder Tablet.

Zusammengefasst: Das, was mein Sohn aktuell als Unterricht erlebt, ist der Abgesang an eine auslaufende Epoche. Alle Lehrer, die das so praktizieren, sind so ausgebildet worden und auch sozialisiert – sie könnten es ein wenig verbessern, wären aber trotzdem gefangen in einem Gesamtsystem, das auf Informieren – Speichern – Wiedergeben – Löschen setzt. Wir trainieren also unsere nachkommende Generation genau in dem, was die Maschinen inzwischen millionenfach besser und schneller können. Ein totes Rennen.

Anstatt mit den Maschinen wettzueifern, müssen die Menschen sie verstehen und handhaben können – Generation für Generation. Technik muss dringend den Stellenwert in der Bildung erhalten, der ihrer gesellschaftlichen Bedeutung gerecht wird. Alle Fächer und der Unterricht müssen darauf ausgerichtet sein, dass komplexe Zusammenhänge, Prozesse, Systeme verstanden werden, nur so können wir unsere Stärken gegenüber Computern in Kreativität, Emotionalität, Ethik, Zusammenarbeit und Flexibilität entwickeln und ausbauen. News4teachers

Der Autor, Dr. Ralf Tenberg, ist Professor für Technikdidaktik und Geschäftsführer des pädagogischen Instituts der Universität Darmstadt. Er ist Gutachter in universitären Berufungsverfahren, nationalen und internationalen Förderlinien, Mitbegründer und Herausgeber des International Journal of Technical Education (JOTED) und Redakteur der Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik (ZBW).

„Weniger Stoff in größerer Tiefe vermitteln – das wäre wichtig!“ PISA-Chef Schleicher im News4teachers-Interview

 

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Lisa
1 Monat zuvor

Ja, das ist oft so. Gymnasiasten vertröste ich da auf das Studium und verspreche ihnen, dass es besser werden wird. Daher behagt mir die Verschulung seit den Bologna Reformen wenig.

MB aus NRW
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

Wir es das? Bei mir war das nicht wirklich so…aber da war es ja auch schon Bologna…

Der Zauberlehrling
1 Monat zuvor
Antwortet  MB aus NRW

Früher konnte man das Vorlesungsverzeichnis bei der Buchhandlung nebenan kaufen und dann seinen Studienplan selbst nach der Prüfungsordnung zusammenstellen – so mit den Erfahrungen der höheren Semester als Leitgedanke („bloß den Prof nicht“).

Ist das heute noch so?

Sina
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

Das sind leere Versprechungen. Universität ist heutzutage nur eine Verlängerung der Schulzeit. Auswendiglernen, Anwesenheitspflicht, bloß nix hinterfragen.

Palim
1 Monat zuvor
Antwortet  Sina

Das war früher zum Teil auch so,
aber man hatte mehr Freiheiten zum Wählen und damit die Auswahl, wie man studieren wollte.

Pete
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

Das ist einerseits traurig, dass man sowas seinen Schülern und Schülerinnen sagt, andererseits auch nicht unbedingt richtig, wenn man sich viele Studiengänge anschaut, in denen Bulimielernen an der Tagesordnung steht.

Alx
1 Monat zuvor

Wenn man es als Didaktiker nicht schafft, beim eigenen Kind ein tieferes Interesse zu wecken, ist es meiner Meinung nach etwas vermessen die Schule oder die Lehrer zu verurteilen weil sie es nicht bei 24 fremden Kindern schaffen.

Wer hindert Sie ein heilsbringendes didaktisches Konzept zu erarbeiten und auszurollen?

Fangen Sie doch bei ihrem Kind an und lassen Sie die Erfolge für sich sprechen.

uwe
1 Monat zuvor
Antwortet  Alx

Vielleicht einfach mal den Artikel lesen: Er hat da (gut begründet) beschrieben warum sein Sohn genau das nicht will.

Alx
1 Monat zuvor
Antwortet  uwe

Der Sohn drückt eben sehr höflich aus, dass ihn das nicht interessiert.

Mein Sohn kann auch sehr charmant erklären, warum er sein Zimmer nicht aufräumen will.

Bevor ich jetzt anderen vorschreibe, wie das mit der Erziehung zur Ordentlichkeit zu laufen hat, sollte ich zunächst meinen eigenen Sohn verlässlich dazu motivieren können, sein Zimmer aufzuräumen.

Sonst mache ich mich als Erziehungsexperte unglaubwürdig.

Uwe
1 Monat zuvor
Antwortet  Alx

Nein der Sohn begründet warum es ihn (im Sinne einer erfolgreichen Schullaufbahn) nicht interessieren kann.

Alx
1 Monat zuvor
Antwortet  Uwe

Durch zusätzliches Interesse an einem Thema und tiefere Auseinandersetzung werden Sie unweigerlich kompetenter. Sie verlieren dadurch kein Wissen sondern betten es besser ein und machen es besser verfügbar.

Genau das argumentiert Tenberg doch.

Zitat: „wer Motivation und Wirkung will, muss Aufwand betrieben, wem das egal ist, der beschränkt sich auf die Instruktion und deren Kontroll-Formate.“

Warum denn dann nicht selbst bei den eigenen Kindern probieren, bei denen es offensichtlich nicht egal sein kann?

Zitat: „Bildung beginnt erst dort, wo ein Mensch eine Beziehung zwischen sich, den anderen und dem Gelernten herstellt.“

Das gilt dann freilich auch außerhalb des Unterrichts.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Alx

Stimme zu, dass Lernangebote und Leistungsmessungen verbessert werden sollten – Grüße an chatgpt.
Aber das Büffeln, oft viel zu kurz, unmotiviert, verständnislos und nur von kurzer Dauer, kommt mir doch bekannt vor.

Realist
1 Monat zuvor

„Technik muss dringend den Stellenwert in der Bildung erhalten, der ihrer gesellschaftlichen Bedeutung gerecht wird.“

Zuerst einmal sollte Bildung den Stellenwert erhalten, der ihrer gesellschaftlichen Bedeutung gerecht wird. Aber das wird nicht passieren, denn das würde zuerst einmal bedeuten, den Beruf des Lehrers wieder gesellschaftlich und finanziell so aufzuwerten, wie er einmal war. Stattdessen werden die Ressourcen ja bekanntermaßen seit Jahrzehnten für „dringendere“ Projekte gebraucht. Und das wird nicht besser werden, wenn es überall sichtbar abwärts geht.

Man hätte die Weichen spätestens vor 10-15 Jahren auf politischer Ebener stellen müssen. Jetzt ist es zu spät. Da helfen auch keine zusätzlichen Forderungen an die sowieso schon überlasteten Lehrkräfte. Die sind froh, wenn sie den Job noch IRGENDWIE schaffen.

Katze
1 Monat zuvor
Antwortet  Realist

So ist es. Wir sind froh, wenn wir den Job nach 30 Dienstjahren noch IREGENDWIE schaffen.
Ich unterrichte zwei Mint-Fächer, welche in der Sekundarstufe 1 mit einer oder zwei Wochenstunden in der Stundentafel laufen.
In Vollzeit (26 Wochenstunden) könnte ich also locker 16 Klassen mit 25 oder mehr Schülern unterrichten (müssen).

Für unten stehenden Anspruch müsste ich übermenschliche Fähigkeiten entwickeln oder zwei Labor-Assistenten und einen Schulsozialarbeiter nur für meinen Unterricht (dann mit Glanz und Freude) beantragen. Und da gibt es ja noch viele weitere derzeit schon auf dem „Zahnfleisch kriechende“ KuK.

Also leider wieder ein wohlklingender Elfenbeinturm und ein Wunschtraum- Wolkenkuckucksheim.

„D.h. die Lernenden müssen in die Lage versetzt werden, sich aus einem Methodenrepertoire das auszuwählen, was für sie am besten passt. Für die Lehrperson steigt damit der Vorbereitungsaufwand erheblich, im Unterricht selbst muss sie versuchen, möglichst genau die einzelnen Lernprozesse zu verfolgen, um zu beraten, unterstützen, intervenieren.“

Was wir nicht alles müssen und sollen!

Uni und Lehrbetrieb bieten dann hoffentlich auch ein Methodenrepertoire zur Auswahl an, damit die Weiterlernenden ihre intrinsische Motivation nicht verlieren und weiterhin geneigt sind, Leistung zu erbringen.

SEKII-Lehrer
1 Monat zuvor
Antwortet  Katze

Alles völlig richtig. Das Problem besteht, weil die Arbeitszeit nicht erfasst wird.

uesdW
1 Monat zuvor
Antwortet  Katze

Nun ja, wenn ich mir die Bilder mancher Vorlesungen an der Uni ansehe, dann gehe auch davon aus, dass hier ein Methodenrepertoire für die Studenten zur Auswahl angeboten wird.

Katze
1 Monat zuvor
Antwortet  uesdW

Vielleicht in einigen Geschwätzwissenschaften. In Mathematik, Chemie und Biochemie, Physik, Medizin usw. zum Glück noch nicht. Deshalb scheitern „krachend“ dann in diesen Studiengängen viele der zuvor im Schulbetrieb „weichgespülten“ von Maximalaufwand betreibenden Lehrern nur zu lustbetonter Lern- und Arbeitsweise (muss ja Spaß machen und mich brennend interessieren) animierten, nur bei Belohnung durch Supi-Noten anstrengungsbereiten und fachlich immer minimalistischer (darf nicht anstrengen) geforderten Studierenden.

Da fällt mir doch gleich wieder der Fachkräftemangel ein.

Hans Hoffmann
1 Monat zuvor
Antwortet  Realist

Aufwerten? Wie er einmal war? Ungefähr so? http://www.heimatgeschichte-kirchfarrnbach.de/Schule/q2a.htm

Realist
1 Monat zuvor
Antwortet  Hans Hoffmann

Ooh, wir leben nicht mehr im 18. Jahrhundert, oder?

Lehrkräfte müssen zufrieden damit sein, nicht mehr wie im 18. Jahrhundert leben und arbeiten zu müssen? Sie arbeitn im Ministerium, stimmt’s?

Ich glaube, da ist bei Ihnen eine Menge an gesellschaftlicher und ökonomischer Entwicklung vorbeigegangen. Zeit, wach zu werden!

Inselbegabung
1 Monat zuvor

Hm, er wirbt damit, studierter Lehrer zu sein und DESHALB die bessere Ahnung zu haben? Nicht jeder studierte Lehrer ist dann auch ein praktizierender Lehrer. Es liegt der Verdacht nahe, dass Dr. Ralf Tenberg denn doch nach dem Studium (2. Staatsexamen oder schon vorher?) in die Forschung gegangen ist und nun den praktizierenden Lehrern sagt, was sie alles falsch machen und was sie alles anders machen müssten. Oder?

LaoShi
1 Monat zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Kurz mal gegoogelt, demnach heißt es: … das zweite Staatsexamen schloss er als Jahrgangsbester ab, danach ging es mit der Unilaufbahn los. […]

Für einen Didaktiker also immerhin etwas Schulerfahrung …

Verwendete Quelle: https://www.steiner-verlag.de/person/Ralf-Tenberg-276714

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  LaoShi

Ich finde es … keine Ahnung, unangenehm, die Menschen dauernd zu googlen. War auch zuletzt bei einem Schulleiter.

Da wird dann eine Meinung – der manche nicht zustimmen – gegen deren beruflichen Werdegang abgewogen =\

Wasserzeichen
1 Monat zuvor
Antwortet  LaoShi

Wenn ich heute bedenke, wie ich im Referendariat unterrichtete, läuft es mit eiskalt den Rücken hinunter. Oder wie man sagt: Die Jüngeren sind schneller, aber die Älteren kennen die Abkürzung!

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Den will ich mit seinem „Lernfreude-Klafki“-Unfug (normatives Weltbild gegen jede Lebensrealität) mal vor ganz normalen Klassen an ganz normalen Schulen (nicht Brennpunkt, nicht Professorensohn-Gymmi) sehen.

Die Freude wird uns leider nicht vergönnt sein.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  447

Die sehr erschwerenden Umstände würden ihm ja nicht widersprechen, viel mehr seinen Wunsch nach Modernisierung stärken, oder?

uwe
1 Monat zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Ja natürlich ist ein Ad Hominem Angriff immer ein sehr gut durchdachtes Argument wenn man keine Lust hat sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen. Das es dafür 16 Daumen nach oben gibt: Wirft ein gutes Licht auf die Kolleg*innen.

Wasserzeichen
1 Monat zuvor
Antwortet  uwe

Ich glaube, viele von uns haben einfach die Nase voll von all den klugen Tipps und Ratschlägen jener, die selbst nicht gemacht haben und nicht machen müssen, was sie da vorschlagen.

Uwe
1 Monat zuvor
Antwortet  Wasserzeichen

Ad Hominem ist einfach kein Argument, ganz egal wie es begründet wird. Wenn man kein Bock auf inhaltliche Auseinandersetzung hat braucht man ja den Artikel nicht zu lesen.

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Uwe

Doch.

Weil solche Leute sonst weiterhin die Deutungshoheit beanspruchen.

447
1 Monat zuvor
Antwortet  uwe

Falsch.

Ad hominem wäre es, ihn pauschal als Person zu beleidigen.

Über einen „theoretischen Physiker“, der vom Elfenbeiturm aus dem Baggertrupp im Schlamm die hehren Gesetze der Hydrodynamik erklären will (was in der Situation erstens irrelevant ist und zweitens NULL an der Menge zu schaufelnden Schlamms ändert) darf zu Recht gelacht werden.

Vor allem, wenn Mister Elfenbeinturm selbst Kardinalfehler bar jeder Logik begeht – wie etwa Lehrkäfte für die inneren Emotionen seines Kindes verantwortlich machen!

Bernhard
1 Monat zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Leider macht Erfahrung nicht per se klug – häufig sogar eher dumm.

Aus Erfahrungen werden gerne ‚alltagspsychologische‘ Weisheiten abgeleitet, deren Nutzen und Wirksamkeit in der Praxis gegen Null gehen. Die hier immer wieder so hoch gehaltene Erfahrung, Stichwort praktizierender Lehrer, finde ich wenig überzeugend und ein wenig hilfreiches Mindset. Viel wichtiger wäre es in meinen Augen eigene Interpretationen von Erfahrungen infrage zu stellen, gerade wenn Wissenschaftler sehr verständlich komplexe Zusammenhänge darstellen wie im gegebenen Text.

P.S.: ich bin 55 Jahre alt… Beste Grüße in die Runde

Wasserzeichen
1 Monat zuvor
Antwortet  Bernhard

Gleiche Erfahrungen führen bei unterschiedlichen Menschen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Dennoch ist Erfahrung immer noch der beste Koch. Keine Erfahrung zu haben und daraus Tipps zu generieren ist zu reden wie der Blinde von der Farbe.

Bernhard
1 Monat zuvor
Antwortet  Wasserzeichen

Es geht in meinen Augen darum, Erfahrung und wissenschaftlich orientierte Reflexion zu verbinden. Allein auf Erfahrung zu bauen ist schön einfach: ich habe ja die Erfahrung, nur leider ist die Welt komplex und Erfahrung ist überhaupt kein Garant dafür erfolgreich und nachhaltig Probleme zu lösen… Wer nur auf Erfahrung setzt dürfte ähnlich blind sein, wie der der nur auf Reflexion setzt.

Im Übrigen gibt es unfassbar viele Lehrer, die über keinerlei berufliche Erfahrung in ihren Fächern verfügen, diese nur aus der Theorie kennen!

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Bernhard

Also sollten wir aufgrund Ihrer Erfahrung nicht auf Sie hören?? =/

Bernhard
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Wenn es nur Erfahrung wäre, dann hätten sie recht =/

Bonito
1 Monat zuvor

„.. um sein zentrales Ziel – gute Noten – nicht zu gefährden. Er weiß genau, was ich damit meine, und versteht auch meinen Anspruch hier, aber er hat mir sehr deutlich klar gemacht, dass ihm für die nächsten Schritte in seinem Leben, nämlich Studium und Berufseinstieg, entsprechende Noten deutlich mehr bringen als ein komplexes Weltverständnis. .. “

Um aus dieser ewigen Mühle rauszukommen müssten Noten zumindest teilweise abgeschafft werden. Oder man nimmt sie einfach nicht so ernst. Aber was kann an ihre Stelle treten? Immerhin stellen sie einen bedeutenden, sagen wir “ Anreiz “ her, in der Schule zu tun, was in der Schule eben getan werden soll. Welche Ziele sind überhaupt erstrebenswert?

Schulmeister
1 Monat zuvor

Herr Tenberg möchte, dass sein Sohn versteht, was Sache ist und merkt, dass der Lerngegenstand für ihn persönlich Bedeutung hat, sein Sohn möchte bei der anstehenden Klassenarbeit möglichst gut abschneiden, sich darauf konzentrieren, alles andere würde ihn nur verwirren.
Ein klassischer Zwiespalt und eine Illustration des Themas Wofür lernen wir eigentlich?
Traditionell hat das Aufnehmen – und ggf. Das Abspulen -.von Sachwissen auf Knopfdruck in der Schule eine große Rolle gespielt und leider auch viel zu oft die Verknüpfung / Vernetzung des Gelernten mit dem eigenen Erfahrungsbereich erschwert.
Wenn Sachwissen nur aufgenommen wird, um es bei Bedarf wieder abzugeben und auch das nur, weil es dafür gute Noten gibt, greift da sicher zu kurz.
Andererseits habe ich in meiner Tätigkeit als Lehrer gerade in den letzten Jahren vermehrt die Erfahrung gemacht, dass ich bei vielen meiner Schüler auf Sachwissen nicht zurückgreifen konnte – möglicherweise weil es wieder vergessen – aus dem Speicher entfernt – wurde, um Platz für Neues zu schaffen.
Das wiederum hat aber dazu geführt, dass sie weniger – oder gar keine – Möglichkeiten zu Vernetzung mehr hatten, das gerade erworbene Wissen nicht in Strukturen einbauen konnten, die ihnen bekannt waren.
Aus meiner Sicht braucht es Beides, Sachwissen und die Perspektive, das Gelernte nun wirklich auch anwenden zu können – beides auch in entsprechender Ausführlichkeit.
Aber genau dafür braucht es etwas, was wir im Schulalltag immer weniger zu haben scheinen, nämlich Zeit.

AvL
1 Monat zuvor
Antwortet  Schulmeister

Die Forschungsergebnisse der medizischen
Psycholgieder vergangen 50 Jahre,
siehe vor allem Stanislas Dehaene,
haben valide Ergebnisse geliefert zur Entwicklung
dessen Denkmodell zur Arbeitsweise des
menschlichen Gehirn.
Der sequentiell arbeitende Arbeitsspeicher
des Gehirn ist in der Lage in Abhängigkeit von
der Konzentrationsfähigkeit sich ca. 8 Inhalte
auf einmal, z.B. 8 Englischvokabeln, zu merken.

Um diese Vokabeln langfristig im parallel arbeitenden
Langzeitspeicher abzuspeichern, ist es erforderlich,
dass diese Vokabeln an mehreren Tagen hintereinander
wiederholt werden.
Die Abstände der Wiederholung sollten in Tagen
gerechnet zunehmend weiter auseinanderliegen,
und die Lernphasen der Wiederholung sollten
maximal 7 bis 10 Minuten betragen.
Mit jeder Wiederholung werden die synaptischen
Verbindungen enger verknüpft.

Was im Langzeitspeicher synaptisch hinterlegt ist,
bleibt dort für immer.
Deshalb werden Fehler auch immer wieder getätigt,
wenn diese im Langzeitspeicher einmal hinterlegt sind.

Biene
1 Monat zuvor
Antwortet  Schulmeister

Das Anwenden des Wissens lässt sich über entsprechende Aufgabenstellungen auch in Leistungsnachweisen erreichen. Die Bewertung dieser ist nur anspruchsvoller als das reine Faktenwissen abfragen. Leistungsnachweise ab Klasse 9. (Schulform egal) sollten durch aus eine oder zwei solcher Aufgaben enthalten.

vhh
1 Monat zuvor

Interessanter Artikel mit ein paar offenen Fragen.
Wie schaffen wir es denn, trotz der Gewohnheiten einer digital sozialisierten Generation die neuen Ziele zu erreichen? Unsere Schüler sind mit Spielen aufgewachsen, die emotionale Hochs und Tiefs in Häppchen von 30 Sekunden verteilen, ständiger Adrenalinrausch, Endorphine. Wie kann ein noch so guter Unterricht, ein noch so spannender Kontext lange genug für Aufmerksamkeit sorgen, wenn nicht die nächste Lootbox den Thrill liefert? Wenn die Belohnung ’nur‘ eine emotionale oder intellektuelle Weiterentwicklung ist? Das Verständnis von komplexen Zusammenhängen ist Arbeit, in der Schule für die meisten Schüler sogar Zwangsarbeit. Komplexe Probleme, die ein Computer nicht besser lösen kann, werden nach meiner Erfahrung schlicht ignoriert, bis eine Lösung präsentiert wird. Wer hat schon einmal gefragt, ob noch jemand Puzzle oder Rätsel löst? Wie komplex sind die beliebtesten Games?
Es ist kein Problem das sich durch anders ausgebildete Lehrer lösen ließe. Die wünschenswerte umfassende Bildung (die nahezu alle LuL sich auch wünschen) ist nicht notwendig und deshalb ein Ziel, sie bringt in der heutigen Gesellschaft weder Vorteile noch Anerkennung.

Sepp
1 Monat zuvor

Für einen Didaktiker ist das eine sehr begrenzte Sichtweise:

Ich kann keine Sprache beherrschen, ohne Grundbegriffe (Vokabeln) und Zusammenhänge (Grammatik) zu kennen. Da hilft es mir auch nicht, dass ich doch online Zugriff auf jede Vokabel habe.
Oder möchte Herr Tenberg behaupten, dass er bspw. eine politische Diskussion auf Japanisch führen könnte, nur weil er jede Vokabel nachlesen kann?

Ebenso kann man sich nicht ernsthaft mit gesunder Ernährung befassen, ohne zumindest eine Grundvorstellung von Nährstoffklassen zu haben, ihre Verdauung und Verwendung zu kennen. Danach kann man sich bspw. damit auseinandersetzen, wann es sinnvoll ist, Einfachzucker zu essen und wann man eher Vielfachzucker zu sich nimmt.

Natürlich werden auch gesunde Ernährung, ernährungsbedingte Krankheiten und (grob) Zellstoffwechsel behandelt, das steht übrigens auch alles im KC und wird auch so unterrichtet. Aber dafür braucht es nunmal Grundlagen.

Wenn es aber bei den Klassenarbeiten des Sohnes reicht, einfach Fakten auswendig gelernt zu haben, dann läuft im Unterricht tatsächlich einiges falsch:
Reine Reproduktions-Aufgaben sollten ca. 35% ausmachen, Transfer-Aufgaben ca. 50% und Problemlöse-Aufgaben ca. 15%.

Man darf bei der Diskussion aber auch nicht vergessen, dass Schüler unterschiedlich leistungsstark sind und sich z.T. mit den Reproduktionsaufgaben zumindest Punkte sammeln können. Insofern kann man nicht nur höhere Anforderungsbereiche abfragen.

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Sepp

Wenn Sie einen Didaktiker mal richtig erschrecken wollen (z.B. zu Halo-ween 🙂 ) bauen Sie in 1-3 Nebensätze das Wort „nateriales Bildungsverständnis“ und/oder „Elemente des enzyklopädischen Bildungsmodells sind unerlässlich“ ein.

Buuuuh! 🙂

Währendessen in China und Indien:

https://m.youtube.com/watch?time_continue=5&v=FgFEckm-rRA&embeds_referring_origin=https%3A%2F%2Fmashable.com&source_ve_path=Mjg2NjY&feature=emb_logo

Gleichzeitig in Bubuland:
Didaktik-Prof so: … Ach, lassen wir das lieber.

Canishine
1 Monat zuvor

Ich habe eine Verständnisschwierigkeit, aber vielleicht liegt das daran, dass ich (hier) so viel über moderne Pädagogik und Didaktik gelesen habe, dass es vorherig Verstandenes schon wieder verdrängt hat:
Der Kontext der gesunden Ernährung usw. sollte doch eigentlich das Verständnis des Stoffwechsels vertiefen und nachhaltiger machen, das suggerieren auch die Lehrpläne und das ist für mich auch einsichtig. Also soll ich als Lehrer das Wissen über den Stoffwechsel anreichern mit Lebenswirklichkeit. Aber warum sollte es dem Lehrer da anders ergehen, wenn er dies mit seinen Schülern besprechen möchte, als dem Papa? Ist ja ganz interessant, aber was muss ich für den Test wissen? Ist der Test das Übel oder die Maßgabe, den Stoffwechsel verstanden zu haben? Und ist dann das vorgebliche Verdrängen von schon Gelerntem durch Kontext nicht eher eine Ausrede (wofür auch immer), denn Kontext und Lebenswirklichkeit vertiefen doch eigentlich das Verständnis?
An einem anderen Punkt stockt es bei mir auch:
„Alle Fächer und der Unterricht müssen darauf ausgerichtet sein, dass komplexe Zusammenhänge, Prozesse, Systeme verstanden werden, nur so können wir unsere Stärken gegenüber Computern in Kreativität, Emotionalität, Ethik, Zusammenarbeit und Flexibilität entwickeln und ausbauen.“
Abgesehen davon, dass hier der Techniker spricht (wie zuvor schon der Wirtschaftswissenschaftler, der Steuerberater, der Ersthelfer, der Umweltschützer, …): die Entwicklung von Ethik, gesunder Emotionalität, Kooperation und Flexibilität ist unabhängig von technischem Verständnis, aber gepaart mit diesem können komplexe Zusammenhänge, Prozesse, Systeme entsprechend gestaltet werden. Wir sollten also vornehmlich unsere ethischen usw. Fähigkeiten entwickeln, um dann technische, komplexe Prozesse und Systeme zu gestalten.

DerechteNorden
1 Monat zuvor

Nicht der Schule sollte er das ins Stammbuch schreiben, sondern der Politik.
Letztendlich kann eine Veränderung des Systems nur ermöglicht werden, wenn Politik Schulen anders organisiert:

  • kleinere Systeme (weniger S*S pro Quadratmeter)
  • kleinere Gruppen
  • niedrigere Stundenanzahl bei Vollzeit

Was viele „Fachleute“ einfach nicht verstehen wollen, ist die Tatsache, dass das System, das wir haben, dadurch zustande kommt, dass wir möglichst große Gruppen beschulen sollen.

Wie soll ich denn eine heterogene Lerngruppe mit 25 Kids so beschulen, wie der Autor das gern hätte?
Warum ist der Mann eigentlich kein Lehrer mehr?

Achin
1 Monat zuvor

Herr Professor, darf ich um die Beantwortung von zwei W-Fragen bitten:

Warum.schicken Sie Ihren Sohn auf eine Ganztagsschule („bis 16.30 Uhr“)?

Welche konkreten räumlichen, personellen und finanziellen Ressourcen bräuchte alle Schulen eines Bundeslandes Ihrer Wahl, um Ihre Träume, bitte um Entschuldigung, will sagen, ihre Analyse, in die Tat umzusetzen?

447
1 Monat zuvor

„Didaktik-Professor“ 😀

Aber gut, zu früh am Morgen laut lachen stört die Nachbarschaft.

Kleiner wake-up-call für Herrn Professor:
Ja, ganz recht, so ist das für 90% der Schüler und so wird es immer sein. Weil Lernen ARBEIT ist und Klafki Unfug ist.

Schule kann Erfolgserlebnisse und (langfristig) Freude und/oder Selbstbewusstsein stärken…“Spaß“ kann Schule per Definition schon nicht liefern, das schafft jedes Handyklickspiel besser.
Traurig, dass man das Professoren regelmässig erklären muß.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  447

Man bemerkt kaum den Neid, der zwischen Ihren Wörtern hervorquillt.
Aber ich schätze, Professor zu sein, war Provokation genug.
Dann schrieb er noch von Klafki – wer auch immer das ist – UND traf Ihre Meinung über Lernmotivation nicht. Welch Bösewicht!

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Nö, kein Bösewicht.

Halt nur ein Gefälligkeitsschwätzer.

Und ja, natürlich ist Professor sein nice.
Von daher verstehe ich sogar, warum er das tut.

Heisst nur nicht, dass ich ihm deswegen zustimme.

MB aus NRW
1 Monat zuvor

Ein Kommentar, der das Problem schön auf den Punkt bringt.

Noten – in der siebten Klasse (!) – sind offensichtlich das Wichtigste, da kann oder will selbst der Didaktik-Professor beim eigenen, anscheinend intelligenten Kind offensichtlich nichts dran ändern. Wie gesagt, in der siebten Klasse.

Wir Lehrer sitzen dann da mit 33 Kindern, von denen mindestens 10 völlig unterfordert sind und einfach lernen und ihre „1“ (oder – ganz schlimm und dann gibt es Tränen, eine „2“) abholen und mit denen man viel, viel mehr und sinnvolleren Unterricht machen könnte, 10, die so mitschwimmen, sich die Hälfte merken, so eine 3-4 bekommen und dem Rest, der eigentlich auf einer guten Realschule, gäbe es die noch, viel, viel besser aufgehoben wären, sich so viele Dinge in so kurzer Zeit nicht merken können und den Test in den Sand setzen.

Aber wir Lehrer sollen natürlich im viel zu engem Raum mit wieder einmal ausgefallener Technik und parallel dazu, dass wir auch das soziale Lernen fördern sollen und die Flüchtlingskinder alphabetisieren und die Inklusion wuppen, ohne zusätzliche Ressourcen den großen Bogen spannen und in die Tiefe gehen – wie gesagt, mit 20 von 30 Kindern, die dazu gar nicht in der Lage sind und sagen wir mal mindestens 5 von 10, die es wären, die aber nur ihre gute Note abholen wollen und gar keine Lust haben, über gesunde Ernährung zu reden.

P.S.: Wenn man daraus, wie in pubertierendes Kind seine Lehrer sieht, etwas ableiten möchte, sollte man vielleicht aber auch einmal fragen, wie ein Student seine Professoren sieht – meiner Erinnerung nach hätten da gerade die Didaktik-Professoren irrwitzig schlecht abgeschnitten.

Mariechen
1 Monat zuvor

„Vielen Dank für Nichts“ an alle, die dafür verantwortlich sind…“
Das System kritisieren ist richtig und wichtig. Aber dann bitte auch Ross und Reiter nennen. Wer ist verantwortlich? Warum nennt er die Verantwortlichen nicht beim Namen? Er verteidigt zwar die Lehrperson:“Für die Lehrperson ist es kaum möglich…Vorbereitungsaufwand erheblich… usw….“ Nein! Es ist nicht kaum möglich und der Aufwand ist auch nicht nur erheblich. Es ist unmöglich! Die Gruppen sind viel zu heterogen und es gibt kein Fachpersonal. Also wer hat es verbockt? Ich hasse Klischees, aber Herr Tenberg und Herr Schleicher sitzen sowas von im Elfenbeinturm… schauen Sie sich die Realität im Klassenzimmer mal an.

MisterBruns
1 Monat zuvor

Ich hoffe, der Professor für Didaktik meint Didaktik, wenn er Methodik sagt. „Angebotsmethodik“, dass man dieses Wort als „Lehrer“ überhaupt in den Mund nimmt…

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

Eine Kritik, die man aushalten muss und annehmen sollte. Wobei ich nicht überall zustimmen möchte.
Ist es denn die Grundannahme, dass alles Wissen und jedes Thema zu 100% auswendig gelernt werden soll? Es geht ja um das (exemplarische) Erarbeiten und ein Verständnis für Zusammenhänge.

Mündliche Prüfungen im Studium waren mir auch immer am liebsten, man konnte sich bestenfalls über ein Thema einfach unterhalten.

Aber in Deutschland braucht es Papier -___-
Vielleicht auch nicht zu unrecht, immerhin entscheiden die (auch heute) viel zu angreifbaren Noten über einen (von zu wenigen) Ausbildungs-/ Studienplätzen

Realistin
1 Monat zuvor

Mehr selbstständiges Arbeiten und Gruppenarbeitsphasen einbauen.
Bei dem Lehrermangel ist es hilfreich und Lehrkräfte kriegen bessere Arbeitsbedingungen und ihre 4-Tage Woche

Bruni Zensi Löbel
1 Monat zuvor
Antwortet  Realistin

Klar- selbstständiges Arbeiten heißt dann wohl, man gibt ein Thema und die Kids machen dann allein ein Plakat, eine Präsentation. Und in Gruppenarbeitsphasen ebenso. Und ich kann mich als Lehrkraft gemütlich zurücklehnen.
Das hat vielleicht vor 30 Jahren funktioniert- oder im Kopf von Leuten, die keine Ahnung von schulischer Realität haben.
Die Kinder können auch mal alleine spielen.

Sepp
1 Monat zuvor
Antwortet  Realistin

Bei der 4-Tage Woche sind wir sehr unterschiedlicher Meinung. Eine reine 5-Tage-Woche ohne Korrekturen usw. am Wochenende würde mir schon reichen.

Selbstständiges oder selbstorganisiertes Lernen finde ich toll, das setzt aber zumindest ein gewisses Maß an Selbstständigkeit voraus. Da muss man die Kinder auch erst hinbekommen…

Ein Problem bei uns ist auch, dass es den Kindern immer schwieriger fällt, einen Text sinnentnehmemd zu lesen. Ohne diese Grundlage ist es echt schwierig, bspw. individualisierte Lernpläne zu bearbeiten.

wolfgang Endemann
1 Monat zuvor

Ein paar grundsätzliche Anmerkungen:
Bildung kann ein natürlicher und ein künstlicher, kultureller Vorgang sein. Sie ist Strukturierung, sie kann zeitlich abgeschlossen oder offen sein. Sie realisiert sich in Routinen, Kompetenzen, Kreativität. Die Gesellschaft, Kollektive und jeder Einzelne hat mehr oder weniger Interessen an und Lust auf Bildung. Das Interesse, die Lust kann man explizit und durch geeignete Maßnahmen implizit fördern. Der Mensch ist als hochkommunikative und -kooperative Art prädestiniert zu fortgesetzter Bildung.
Es ist nicht zu fragen, wie bekommen wir mehr Bildung zustande, sondern, warum ist Bildung so blockiert?

Christabel
1 Monat zuvor

Weil wir zu viele Klassenarbeiten schreiben müssen und die SuS nur noch dafür planen. Alles andere ist uninteressant, weil es nicht benotet wird.

GriasDi
1 Monat zuvor

Zitat:
„Was ich gerne getan hätte: mich mit ihm über folgende Themen unterhalten: Gesunde Ernährung, Sporternährung, ernährungsbedingte Krankheiten, Zellstoffwechsel, usw.“

Nehmen wir mal an die Lehrkraft würde in den nächsten Stunden diese Themen aufgreifen, dann würde sie sicher die Ergebnisse festhalten. Falls diese Erkenntnisse dann abgefragt würden, wäre eine Abfrage dazu wieder ein sinnfreies Lernen?
Man kann es halt nie recht machen.

Übrigens: die sinnlosesten meiner Vorlesungen in der Uni und die, die am wenigsten mit der Schule zu tun hatten waren die Didaktik- und Pädagogikvorlesungen. Ich hoffe das hat sich inzwischen wenigstens etwas verbessert.

Peter Lustig
1 Monat zuvor

„Also belaste ich mein Kind nicht … um sein zentrales Ziel – gute Noten – nicht zu gefährden.“
Die Frage ist doch: Woher kommt dieses Ziel? Von dem tollen Vater eingetrichtert? Oder von der Schule? Kinder, die wirklich was lernen wollen, tun das auch. Aber es sind sicher nicht die Lehrer Schuld, dass man in der Schule nicht mehr sinnvoll lernen kann. Sondern die Schulpolitiker – allen voran die KMK, die Bildungspläne aufstellen, in denen seit 20 Jahren immer noch mehr Inhalte reingepresst werden – trotz Kürzung von G9 auf G8. Als Lehrer hat man nur noch die Wahl, auf 30-50% der Inhalte zu verzichten und sich später zu rechtfertigen, warum Inhalte für zentrale Prüfungen nicht vermittelt wurden. Oder eben wie im Artikel beschrieben alles mehr oder weniger sinnfrei aneinanderzureihen.

wolfgang Endemann
1 Monat zuvor
Antwortet  Peter Lustig

Das ist eine gute Frage: woher kommt dieses Ziel? Man muß sie ergänzen: worauf zielt das Ausbildungssystem, wenn man diese Art „Wissen“ in Schulnoten/Zeugnissen honoriert? Ein Lernen ohne Freude und ohne Nachhaltigkeit. Es wird eine (Selbst-)Dressurleistung gefordert und zur Grundlage der Berufskarriere gemacht. Ein immer umfangreicherer Lernstoff soll bewältigt werden, das Verstehen, das ist doch wohl das, was der Beitrag mit „in die Tiefe gehen“ anspricht, bleibt auf der Strecke. Dabei ist das „in die Tiefe gehen“ genau das, was es ermöglicht, einen umfangreicheren Lernstoff mit denselben jeweils gegebenen individuellen Kapazitäten zu bewältigen. Wir können im Wesentlichen nur mehr in unserer Kognition erfassen, wenn wir es besser ordnen, systematisieren, „begreifen“ können. Kumulatives Wissen und operative Intelligenz bedingen sich wechselseitig. Heutzutage wird zu viel Wert auf ersteres gelegt, letzteres vernachlässigt. Würde sich das durch andere Lehrpläne, ein größeres Problembewußtsein bei der Lehrerschaft und einer besseren Mitarbeit der Eltern ändern, würde sich die unvermeidliche Zwangssozialisation der utilitaristischen Gesellschaft zu dressierten menschlichen Leistungsrobotern, die nicht einmal leistet, was sie anstrebt, also die von Tenberg geschilderte Situation, nicht so verheerend auswirken. Natürlich braucht man dafür eher mehr als weniger Zeit. In einer älter und komplexer werdenden Gesellschaft ist der Übergang von G9 zu G8 widersinnig.
Den Satz des Pythagoras können heute alle Schüler lernen, nicht weil sie mehr büffeln als in früheren Zeiten, sondern weil es eine bessere Didaktik der operativen Intelligenz gibt, weil wir besser Geometrie „verstehen“.

SEKII-Lehrer
1 Monat zuvor

Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte.

AlexB
1 Monat zuvor

Es sind sicherlich einige valide Punkte, die Herr Tenberg hier anspricht. Aber nur in einem isolierten Kotext und gepaart mit einer persönlichen Bitterkeit, die leider den Bilck auf das Ganze verwehrt und in einer solchen Analyse nichts zu suchen hat. Dementsprechend entwertet der Satz „„Vielen Dank für Nichts“ an alle, die dafür verantwortlich sind“ den Beitrag nicht unerheblich, zumal keine Adressaten genannt werden.

Ich maße mir nicht an, in dieser kurzen Antwort den gesamten „Kontext“ in den eine solche Analyse hineingehört, umfassend zu beleuchten. Aber einige Punkte, die dazugehören, sollten sein:
Wer trägt Verantwortung für den Zustand des Bildunsgsystems und der Art und Weise, wie Schule „gemacht“ wird? Kleiner Tipp: Lehrkräfte (nicht nur männliche Lehrer) erfüllen zunächst den Bildungsauftrag in dem Rahmen, der ihnen von Politik und Gesellschaft mittels Ausbildung, Lehrplänen und lokalen Ressourcen vorgegeben wird. Einen Unterricht *gegen* diesen Rahmen zu machen – auch weil ich als Lehrer vielleicht etwas besser machen will, über das Ziel des Rahmens hinausgehen will – ist sehr schwierig. „Vielen Dank für nichts“ – Erste Adresse: Bildungspolitik und -finanzierung!
Schule geschieht nicht nur in der 7. Klasse des Gymnasiums. Herr Tenbergs Sohn hat schon 6 Jahre vorher Schule erlebt, und davor vermutlich KiTa-Zeit. Außerhäusliche Bildung geschieht schon hier, aber mit anderen Schwerpunkten. Welche Forderungen würde er denn für diese Bildungsbereiche, für die Grundlagen aufstellen? Eine isolierte Betrachtung des Gymnasiums, die aber Forderungen aufstellt, die nach „gesamtes Bildungssystem“ oder „alle Lehrer“ klingen, reicht nicht aus – und eine Finanzierung, ein politischer Wille, eine Änderung der Ausbildung muss auch hier geschehen!
Die Ausbildung der Lehrkräfte selbst – ich las es schon in einem anderen Beitrag – ist oftmals praxisfern. Die Grundlagen der Didaktik waren das fürchterlichste und langweiligste Seminar, das ich als angehender Grundschullehrer vor über 25 Jahren besucht habe, gefolgt von „Grundlagen der Mathematikdidaktik“. Nichtssagende Theorie. Wenn ich junge Kolleginnen frage, die nun in die Schule kommen (Männer sind meist nicht dabei), wie denn das Studium war: Es hat sich fast nichts geändert. Hier wäre Herr Prof. Tenberg wohl am ehesten selbst gefragt und sollte dies unter „Freiheit der Lehre“ auch tun können *und zusätzlich* über Verbindungen verfügen, um Veränderungen der Ausbildung zum Guten anzustoßen. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, Herr Tenberg!
Die lokalen Ressourcen für guten Unterricht schwinden immer weiter, durch zusätzliche Belastungen und Anforderungen, die an die Lehrkräfte gestellt werden. Durch Lehrkräftemangel und fachlich und didaktisch fragwürdigen Seiteneinstieg. Und und und…
Kurzum: Es gibt in jedem System Menschen, die ihre Arbeit nicht gut machen. Die gibt es auch bei „den Lehrern“. Für grundsätzlichen Forderungen sollten diese schwarzen Schafe gerade *nicht* betrachtet werden, sondern der Großteil der Lehrkräfte, und das sind die Engagierten.

Diese grundsätzlichen Forderungen, die aus Herrn Tenbergs Artikel aber hervorgehen, müssen sich zuerst an diejenigen richten, die für das Gesamtsystem verantwortlich sind. So, wie der Artikel „rüberkommt“, – „vielen Dank für Nichts“ – ist er leider wieder eher ein Beispiel für gefühltes Lehrkräfte-Bashing, selbst wenn dies nicht die Intention sein sollte. Und solange es so ist, dass die Ausführenden, die Lehrkräfte, die Schelte für die Bildunsgmisere abbekommen, solange wird sich die Krise verschärfen und es werden die wahren Verantwortlichen in Politik und Verwaltung nicht die Notwendigkeit erkennen, etwas zu ändern.

447
1 Monat zuvor
Antwortet  AlexB

So wie der (scheinbar durchaus kluge) Sohn des Professors die Realität durchschaut (wichtig ist erstmal was objektiv bei rauskommt) – so tut das der Vater auch: Würde er konkret werden, wäre er Forschungsmittel, Reputation und Einladungen in Netzwerke des erweiterten Parteienumfeldes bald los.

Wie der Vater, so der Sohn. 🙂

Ria Maria
1 Monat zuvor

Viele gegenseitige Vorwürfe – leider fehlen Lösungsansätze. Wenn hier alle klugen Menschen Vorschläge für eine Verbesserung des Schulsystem geschrieben hätten, könnte man es der Politik vorlegen und damit etwas voranbringen. Leider wieder eine Chance verpasst.

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Ria Maria

Oh, sweet summer child – glauben Sie das wirklich, oder bin ich gerade gut reingefallen? 😉

Ria Maria
1 Monat zuvor
Antwortet  447

An was zweifeln Sie? Zweifeln Sie, dass hier lauter kluge Menschen geschrieben haben? Oder zweifeln Sie am eigenen Arbeitgeber, dass gute Anregungen nicht umgesetzt werden? Übrigens – wir sind alle Teil dieses Systems!

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Ria Maria

Ich zweifle nicht daran, ich bin mir sicher:
Das ganz große Hauptziel ist Verwahrung (Eltern für die Wirtschaft frei machen), das zweite edutainment (damit die Wähler ruhig und happy bleiben = Eltern & SuS als Besteller, Lehrer als Lieferant).

Wenn UNTERGEORDNET darunter noch Bildung bei rumkommt, gute Ideen – dann wird das wohlwollend betrachtet.
Sofern diese
a) nix kosten
b) nix brauchen (z.B. Stunden)
c) Eltern und SuS gefallen

Ralf Tenberg
29 Tage zuvor

Nun, da die Kommentar-Welle abebbt, ein paar Anmerkungen meinerseits.

Ich wusste nichts über den Titel dieses Artikels und finde ihn unglücklich, denn ich wollte sicher nichts „der Schule ins Stammbuch“ schreiben. Die beiden hier verarbeiteten Postings aus LinkedIN sind leider aus dem Zusammenhang gerissen worden. In LinkedIN ist deutlich erkennbar, dass ich in keiner Weise Lehrer angreifen will, sondern systematisch unser Bildungssystem kritisiere und hier insbesondere die Bildungspolitiker. In den Leserbriefgen fand ich sehr viele interessante und differenzierte Rückmeldungen von klugen und engagierten Lehrerinnen und Lehrern, die mir sehr wertvoll sind und mich in diesen Zusammenhängen weiterbringen. Geschützt hinter Pseudonymen kamen aber auch Äußerungen, die mir gezeigt haben, dass diese Thematik bei Lehrern auch Aggressionen auslösen kann. Klar, gerade die Hardliner in Sachen Auswendiglernen fühlen sich hier diskreditiert. Als Lehrer sollten sie aber wissen, dass das, was und wie sie hier schreiben auch von Schülern gelesen wird und sie sich und dem Lehrberuf kein gutes Zeugnis in Sachen „konstruktiver Dialog“ ausstellen.
Mit über 10.000 Reads hier und über 45.000 Klicks auf linkedIN sehe ich letztlich eine umfassende Bestätigung, dass sich hier ein Problem unserer Schulen abzeichnet, das vielen klar ist und auch von vielen bedauert wird. Wenn man nach Schuldigen sucht, findet man sie auf allen Ebenen des Bildungssystems, ganz oben zuerst, denn dort werden die Bedingungen für die Ebenen darunter generiert und konserviert. Trotzdem hat jeder Lehrer hier auch Spielräume und ich weiß, dass diese sehr unterschiedlich gehandhabt werden.
Worin liegt das Problem genau? Indem wir primär die Merkfähigkeit der Kinder messen und bewerten entwerten wir Verständnis und Kontextualisierung. Nachdem in unserer Gesellschaft Chancen zentral über Bildungsabschlüsse verteilt werden, ist es nur zu verständlich, dass Schüler und Eltern in erster Linie die Noten im Auge haben. Wenn wir hier also etwas ändern wollen, müssen Noten zukünftig komplexer vergeben werden, was jedoch enorme Rückwirkungen auf die Tests und auch auf den Unterricht nach sich zieht. In letzter Konsequenz gerät man damit auch schnell an die Grenzen der Fächer, denn z.B. die Epoche der Romantik kann nicht komplett aus einer historischen perspektive verstanden werden, dazu gehört sicher auch die deutsche Literatur, die Bildende Kunst, die Musik, Ethik und die Philosophie. Kurzum: die Fächer sind ebenso überholt wie überaltert, sie tragen in sich eine nicht mehr haltbare Verwissenschaftlichung unseres Schulbetriebs und erzeugen ein Silodenken, das schon im vergangenen Jahrhundert kontraproduktiv war. Wie viele Fächer muss man bemühen, um den Klimawandel komplex zu begreifen und umgekehrt: was nützt es für das Verständnis der Klimawandels, wenn man in Chemie ein wenig über CO2 erfährt, in Erdkunde ein wenig über das globale Klima und in Biologie etwas über die Regenwälder? Dass Schule ohne Lernen und Merken nicht sinnvoll ist, steht damit außer Zweifel. Um rechnen zu können, benötigt man die Grundrechnungsarten, um Sprachen zu sprechen, benötigt man Vokabeln. Dies sind aber nicht mehr und nicht weniger als die Grundelemente dessen, was sich erst im individuellen Verständnis und einer Integration mit der Fülle dieser Welt – die immer noch zunimmt – zu Bildung zusammenfügt.
Man kann dieses verstehende Zusammenfügen und in Beziehung zur Realität setzen schulischen Wissens nach wie vor den Eltern und der Zeit nach der Schule überlassen, man könnte Schule aber auch zu einem Ort machen, der hier überzeugend, interessierend, motivierend, inspirierend und darüber hinaus – wirksam – ist.