Fach Religion immer unbeliebter: Statistik (des Kultusministeriums) stärkt Kritik an CSU-Veto

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MÜNCHEN. Die CSU hat den Religionsunterricht an den Grundschulen vor Kürzungen verteidigt – gegen ihren Junior-Koalitionspartner Freie Wähler. Eine aktuelle Statistik des bayerischen Kultusministeriums unter der Leitung von Anna Stolz (Freie Wähler) lässt nun allerdings noch einmal verstärkt die Frage aufkommen, wie sinnvoll das harte „Nein“ der Christdemokraten in diesem Fall war.

Absturz: Der aktuelle IQB-Viertklässler-Test ist schlechter ausgefallen als der von 2011. Illustration: Shutterstock
Der Statistik des bayerischen Kultusministeriums zufolge sinkt die Beliebtheit des Religionsunterrichts. Illustration: Shutterstock

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte als Reaktion auf die schlechten deutschen Pisa-Ergebnisse angekündigt, die Fächer Deutsch und Mathematik an Grundschulen stärken zu wollen. Gleichzeitig sollte die Stundenzahl insgesamt aber nicht steigen. Die daraufhin von Kultusministerin Stolz ausgearbeiteten Umverteilungspläne stießen bei der CSU allerdings auf wenig Gegenliebe. Der Grund: Es sollten auch Abstriche im Fach Religion, das in den Klassen drei und vier mit jeweils drei Wochenstunden unterrichtet wird, möglich sein. Das Veto der Christdemokraten kam prompt – und setzte sich durch (News4teachers berichtete). Dem aktuellen Beschluss des bayerischen Kabinetts folgend müssen Schulen stattdessen bei Kunst, Musik, Werken oder dem Englischunterricht kürzen.

Nur noch zwei von drei Kindern besuchen den Religionsunterricht

Kultusministerin Stolz erklärte, sie respektiere den Kabinettsbeschluss, betonte allerdings auch, dass sie sich persönlich hätte gut vorstellen können, den Schulen bei den drei Stunden Religion Spielräume zu geben, «zumal diese drei Stunden auch bundesweit einmalig sind». Kritik kam unter anderem vom Deutschen Musikrat und den Grünen im bayerischen Landtag. Eine neue Statistik aus dem Kultusministerium von Stolz dürfte diese nun verstärken: Demnach nehmen in Bayern nämlich immer weniger Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen am Religionsunterricht teil, wie die «Augsburger Allgemeine» berichtet.

Laut der Statistik sank die Beteiligung am katholischen Religionsunterricht seit dem Schuljahr 2018/2019 von rund 51 Prozent auf nun rund 45 Prozent und beim evangelischen Unterricht von etwa 23 Prozent auf 20 Prozent. Insgesamt besuchen im Schuljahr 2023/2024 nur noch zwei von drei Kindern den katholischen oder evangelischen Religionsunterricht. Wachsender Beliebtheit erfreue sich hingegen das Schulfach Ethik. Den Daten zufolge nehmen daran im aktuellen Schuljahr 31 Prozent der Schülerinnen und Schüler teil. News4teachers / mit Material der dpa

GEW: Religionsunterricht ist nicht mehr zeitgemäß (und bindet zu viele Ressourcen)

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Der Zauberlehrling
1 Monat zuvor

Eine klare und saubere Trennung von Kirche und Staat sollte man herbeiführen.

Das Grundgesetz schafft die Grundlage für den Relgionsunterricht in Art. 7 (3). Vielleicht auch etwas, das geändert werden sollte.

Die Auswüchse des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 gehören auch auf den Scheiterhaufen der Geschichte. Warum berufen sich die Kirchen immer noch auf etwas, dass mehr als zwei Jahrhunderte zurückliegt? Weil es Geld in die Kassen spült.

Wenn ein Kardinal Marx 500.000 EUR aus seinem Privatvermögen spenden kann, ist es mit der Armut und Demut vor Gott nicht weit her. Ora et labora …

uesdW
1 Monat zuvor

Weil es nun mal gültige Verträge sind und es die Politik seit Jahrzehnten versäumt hat, diese abzuwickeln?
Manche Besitzverhältnisse reichen auch weit in Vergangenheit zurück, wurden von damaligen Herschern großzügig für bestimmte Gefälligkeiten vergeben und haben heute noch Bestand. Wie sieht es dann damit aus?

Immerhin spendet Marx 500.000 Euro. Er kann es und er tut es. Nun ja, dass er betet und arbeitet, glaube ich schon.

ulschmitz
1 Monat zuvor
Antwortet  uesdW

Den Job möchte nicht jeder haben – allein die Korrespondenzen mit den Hartgesottenen in Rom…
Die FRage wäre aber zu klären, wie diese Verträge zustande gekommen sind und was dem voausging, so ab 800. Vor allem die Zeit der Kreuzzüge wäre genau zu begucken und die anschließenden Land- Immobilien- und Münzvermögen vieler Klöster und Diözesen…

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

Am Ende hat der Staat auch einen Hebel bei der Religion. Derzeit verzweifeln nicht wenige am Einfluss der Türkei, wenn es um islamischen (?) Religionsunterricht geht.

Fühle mich da bei den, in Deutschland ausgebildeten Immanen doch eher beruhigt…

uesdW
1 Monat zuvor

Wenn man die Statistik schon in dieser Richtung bemüht, dann bitte doch auch eine Analyse, wie sich die 31% Ethik ergeben. Ich gehe mal davon aus, dass es sich dabei auch um Schüler handelt, die nicht den beiden großen Kirchen angehören. Daraus abzuleiten, das Ethik beliebter wird, halte ich daher nicht schlüssig.

Biene
1 Monat zuvor
Antwortet  uesdW

Stimmt. Ethik wird zumeist von den SuS besucht, die entweder keiner der beiden Konfessionen angehören, weil sie einer anderen Religion angehören, oder nicht getauft sind. Der Rest sitzt in evang. oder r.-k. Religionslehreunterricht. Was auch vorkommen kann, Ungetraufte sitzen im konfessionellen RU drin, weil die Eltern das so wünschen.
Und nu?

Lisa
1 Monat zuvor
Antwortet  Biene

Ungetaufte sitzen auch im Religionsunterricht, weil das oft eine sichere “ Eins,“ ist und den Zeugnisschnitt hebt. Sie dürfen sich sogar aussuchen, ob sie lieber den evangelischen oder katholischen Unterricht besuchen.

Biene
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

Komisch, dann mache ich wohl nicht den RU, den sich die Eltern/SuS für die „sichere Eins“ wünschen. Die gibt es bei mir nicht ohne dafür entsprechend etwas zu tun.

RSDWeng
1 Monat zuvor
Antwortet  Biene

So muss es sein.!!

RSDWeng
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

Das mit der sicheren Eins stimmt nicht. In meiner aktiven Zeit sind einige Schüler wegen Religion sitzengeblieben – in beiden christlichen Religionen. Einer musste sogar deswegen die Schule verlassen, weil bereits m Vorjahr das Klassenziel nicht erreicht hatte. Dass im Fach Religion die Eins der Normalfall war,, kenne ich nur aus meiner eigenen Schülerzeit – und auch nur bei einem Pfarrer.
Ich habe einige Religionslehrer schätzen gelernt, weil sie fachlich sehr anspruchsvollen Unterricht erteilten, ebensolche Leistungen einforderten und auch die affektiven Lernziele sehr gut berücksichtigen. Gerade sie werden immer wichtiger.

Unfassbar
1 Monat zuvor
Antwortet  uesdW

Sehe ich auch so. Die Schüler müssen ja entweder eine der beiden christlichen Religionen oder Ethik (oder praktische Philosophie) belegen.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  uesdW

Behauptete niemand jemals….Als Atheist-Agnostiker freue ich mich aber über Ethik 😀

rfalio
1 Monat zuvor

Zu den 3 Stunden in 3 und 4.
Sie stammen noch aus der Zeit, als in 3 die Erstkommunion und in 4 die Firmung war. In so fern wäre eine Kürzung um je 1 Stunde durchaus machbar.
Moderner Religionsunterricht ist allerdings viel breiter angelegt als viele denken. Es geht auch um Gefühle, künstlerischen Ausdruck, Begegnung mit der Natur, Erleben von Gemeinschaft und…
Bei einer kompletten Streichung würde viel fehlen; vor allem würde man den Kindern auch eine Möglichkeit nehmen, Glaubensmöglichkeiten kennen zu lernen.

GS in SH
1 Monat zuvor
Antwortet  rfalio

Bei uns melden auch Eltern aus Freikirchen ihre Kinder vom Religionsunterricht ab, da sie ihn für viel zu „beliebig“ erachten, nicht religiös genug.
Die Kinder besuchen die Sonntagsschule und den Ethikunterricht.
Wir haben- aufgrund des Mangels an Religionslehrern – nur noch eine Stunde Religion und eine Stunde Klassenrat die Woche.

ulschmitz
1 Monat zuvor
Antwortet  GS in SH

Naja, die Freikirchler, die jedes Wort der Bibel wörtlich nehmen, schätzen es nicht, wenn Textkritik im Zusammenhang mit der Bibel als Thema ansteht. „Und die Bibel hat doch Recht…“ das war einmal, gute Lektüre dazu „Keine Posaunen vor Jericho“ von einem der wichtigsten Archäologen Israels.

Dil Uhlenspiegel
1 Monat zuvor

Von den Christdemokraten ein hartes „Nein“ und damit Pasta-fari! Bald kommt ja auch schon wieder Garfreitag, mhhh, lecker mit Soße.

https://www.pastafari.eu/2021/04/das-wort-zum-garfreitag-garfreutag/

Biene
1 Monat zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Bitte nicht die Nudeln vergessen, das Spagetti-Monster, macht doch auch glücklich.
Oder doch das unsichtbare, fliegende, rosa Einhorn (extra für die girly-girls).
😉

Schotti
1 Monat zuvor

Die Beliebtheit für das Fach ist doch ziemlich belanglos. Mathe ist seit Jahrzehnten das Fach mit der geringsten Beliebtheit und trotzdem hat man es noch nicht abgeschafft. Davon mal abgesehen sind die christlichen Privatschulen ja immer noch bei vielen Eltern das Traumziel für den eigenen Nachwuchs. Trotz aller Skandale genießen diese einen unangefochtenen tadellosen Ruf und das obwohl man sich dort meistens zur Teilnahme am Religionsunterricht verpflichtet. Das scheint sich auch eher noch austzdehnen. Gerade auf dem platten Land, wo der Staat unheimlich viele Schulen aufgelöst hat, entstehen nun neue christliche Privatschulen und die Leute rennen denen die Bude ein. Das kann es ja auch nicht sein.

Fräulein Rottenmeier
1 Monat zuvor
Antwortet  Schotti

Es ist ein Unterschied ob es Privatschulen sind oder staatlich anerkannte Ersatzschulen in privater bzw kirchlicher Trägerschaft. Zweitere unterliegen dem allgemeinen Fächerkanon, haben dieselben Lehrpläne wie staatliche Schulen und erheben kein Schulgeld, da diese staatlich gefördert werden. Meist handelt es sich dabei um Bekenntnisschulen, wo Religion schon einen Stellenwert einnimmt.
Meiner Einschätzung nach, gibt es simple Gründe, warum diese Schulen gerne gewählt werden. Man entgeht damit einer Vielfalt, die sich an staatlichen Schulen durchaus wiederfindet. Die religiöse Ausrichtung nimmt man dann gerne in Kauf.

Indra Rupp
1 Monat zuvor

Genau so ist es. In unserer Kleinstadt gibt es im Zentrum die Wahl zwischen einer riesigen Grundschule, 5-zügig,mit großen Klassen und hohem Migrations Anteil. Der Anteil nicht integrierter Migranten oder Flüchtlinge verlangsamt speziell wegen der fehlenden Deutsch Kenntnisse das Lerntempo.
Und dann gibt es noch eine katholische Grundschule, die frei wählen darf, aber einen bestimmten Prozentsatz an Nicht-Katholiken aufnehmen muss. Bei dem Prozentsatz kann sie ebenfalls wählen, wen sie da nimmt.
Entsprechend ist die Situation. Die meisten gut situierten Eltern versuchen ihr Kind an der katholischen Schule anzumelden. Andere Eltern versuchen es vielleicht auch, haben aber keine Chance. Manche taufen ihr Kind sogar extra deswegen katholisch!! (So kann man auch Leute rekrutieren)
Wie kann die Politik so blöd sein und durch solche Vorgaben eine Klassengesellschaft einrichten?
Da lobe ich mir unsere Dorf Schulen außerhalb. Da ist einfach die Situation automatisch so, dass es in der Nähe nur die eine Möglichkeit gibt, da alle zusammen kommen. Der Migrations Anteil entspricht etwa dem gesellschaftlichen Durchschnitt und weil alle gut durchmischt sind, keine Probleme mit fehlenden Deutsch Kenntnissen. Alle gut integriert. Türkischer Elternverein organisiert jedes Jahr auf dem Schulhof das internationale Kinderfest. Freundschaften mit sehr gemischten Nationalitäten. Speziell Mädchen mit Migrations Hintergrund fallen mit guten Abschlüssen auf. 8km weiter in der Innenstadt – und das ist ja nicht einmal eine große/mittlere Stadt haben wir dann die offensichtliche Klassengesellschaft.
Die Menschen schaffen sich das selber, wenn die Politik sie lässt. Die Schüler wählen sogar ihren Bus nach Schulart aus, die Gymmis wollen unter sich bleiben und fahren nicht mit dem Bus, in dem die Oberschüler sitzen. Da ich selber seit 30 Jahren fahre, weiß ich, dass das nicht mit deren Verhalten zu tun hat, sondern mit Standesdünkel.
Nur weiter so, fällt uns dann bald alles auf die Füße. Das können die Integrierten von den Dorf Schulen dann auch nicht mehr ausgleichen.

Achin
1 Monat zuvor

Da sich Artikel und Kommentare häufen, welche die Stoßrichtung verfolgen, den Religionsunterricht „abzuschaffen“, wäre meines Erachtens ein klärender und sachlicher Beitrag sinnvoll, der sowohl die verfassungsrechtliche Lage des Bundes als auch jene der Länder beleuchtet.

Auf dieser Grundlage könnten dann Argumente ausgetauscht werden, jenseits des Erregungsgrades der einzelnen Diskursteilnehmer*innen.

Rainer Zufall
1 Monat zuvor
Antwortet  Achin

Niemand hindert Sie daran.
Persönlich bin ich stark für einen politisch finanzierten und kontrollierten Unterricht. Hier sollte niemand sparen!

Es gibt den Kindern einen Einblick in andere Glaubensgemeinschaften und wirkt gegen Radikalisierung

Rainer Zufall
1 Monat zuvor

Ich finde das ehrlichgesagt schwach. Die Mehrheit hatte offenbar kein Problem damit, dann sollte der Lehrkräftemangel nicht die Begründung darstellen müssen.

Bin selbst.. kein Fan, aber diese Debatte sollte nicht (nur) in Zeiten des Mangels geführt werden