Bildungsministerium will Schulverweise auf 20 Tage ausdehnen – Linke: Sinnfrei

14

MAGDEBURG. Das Bildungsministerium Sachsen-Anhalts plant eine Änderung des Schulgesetzes, um die Höchstdauer von Schulverweisen bei Fehlverhalten von Schülern von bisher fünf auf bis zu 20 Unterrichtstage zu erhöhen. Dieser Vorstoß soll Schulen und Behörden mehr Zeit geben, um auf schwerwiegende Vorfälle angemessen reagieren zu können. Scharfe Kritik kommt von den Linken. „Das ist keine Pädagogik mehr, das ist Aus- und Wegsperren, wenn man mit Entwicklungsproblemen nicht mehr klarkommt“, so heißt es.

Bis zu 20 Tage sollen Schülerinnen und Schüler künftig von der Schule ausgeschlossen werden dürfen. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Wie das Ministerium gegenüber dem MDR bestätigte, ist die Änderung ein Ergebnis von Anliegen aus der Schulpraxis. Laut Ministeriumssprecher soll die längere Verweisdauer dazu beitragen, Fehlverhalten differenzierter aufzuarbeiten und notwendige pädagogische Maßnahmen innerhalb der Schule zu prüfen und umzusetzen. Der Gesetzentwurf muss allerdings noch durch den Landtag verabschiedet werden.

Die Zahl der Schulverweise ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Während im Schuljahr 2021/2022 landesweit 359 fünftägige Verweise verhängt wurden, waren es im Schuljahr 2023/2024 bereits 525. Besonders häufig kamen diese Strafen an Sekundarschulen (199 Fälle) und Förderschulen (151 Fälle) vor. Laut Schulgesetz können Schüler vom Unterricht ausgeschlossen werden, wenn sie durch ständiges Stören oder durch Gewalt gegen Mitschüler den regulären Schulbetrieb erheblich beeinträchtigen.

Das Ministerium sieht in der geplanten Änderung einen zusätzlichen Zwischenschritt vor der endgültigen Suspendierung von der Schule. Ziel ist es, Konflikte nachhaltiger zu klären und präventiv auf Fehlverhalten einzugehen.

„Dieses Vorgehen ist genau das Gegenteil davon, was es braucht, um problematischem Verhalten unter Kindern und Jugendlichen in der Schule entgegenzuwirken“, meint hingegen der bildungspolitische Sprecher der Linken-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Thomas Lippmann. „Ein zeitweiliger Ausschluss vom Unterricht für wenige Tage, so wie bisher geregelt, kann helfen, eine eskalierte Situation zu beruhigen und zu entspannen, um auf neuer Grundlage an der Lösung der Probleme zu arbeiten. Ein wochenlanger Ausschluss vom Unterricht dagegen verstärkt die Entwöhnung und Entfremdung vom Lernort Schule, zerstört noch verbliebenes Vertrauen und befördert Schulabstinenz und Schulversagen. So kann der gesetzlichen Schulpflicht keinesfalls ausreichend Rechnung getragen werden.“

„Statt den Verweis- und Strafenkatalog an den Schulen auszuweiten, braucht es endlich Schulsozialarbeit an jeder Schule“

Störungen des Schulbetriebs, delinquentes Jugendverhalten oder Mobbing unter Schülerinnen und Schülern seien Entwicklungsprobleme, denen nur durch pädagogische Maßnahmen und nicht durch das Verweigern des Schulbesuchs begegnet werden könne. „Hintergrund sind meist soziale Probleme, die bei Heranwachsenden immer auftreten und die nicht zuletzt durch den zunehmenden Mangel an Lehrkräften und Pädagogen in den Schulen begünstigt werden. Deshalb braucht es mehr Anstrengungen der Bildungsministerin, ausreichend Personal in den Schulen zu haben, damit die Schüler:innen die Hilfe bekommen, die sie brauchen, auch wenn sie sich abweichend verhalten.“

Lippmann meint: „Statt den Verweis- und Strafenkatalog an den Schulen auszuweiten, braucht es endlich Schulsozialarbeit an jeder Schule in Sachsen-Anhalt, um auf die Bewältigung sozialer, familiärer und individueller Probleme mit sozialpädagogischen Maßnahmen Einfluss zu nehmen. Denn die Gründe für Verhaltensauffälligkeit können sehr vielfältig und individuell sehr verschieden sein. Es besteht daher wenig Aussicht, dass Schüler:innen durch einen mehrwöchigen Ausschluss von der Schule ihr Verhalten grundlegend und dauerhaft ändern. Wer Schüler:innen in zeitweiligen Problemlagen zunehmend von der Schule verweisen will, lässt die Kinder und Jugendlichen mit ihren Verhaltensauffälligkeiten alleine, statt diese mit ihnen aufzuarbeiten und ihnen zu helfen, diese zu beherrschen und zu ändern.“ News4teachers

Sozialverhalten: “Schwierig geworden, eine Klasse zu führen” (in einem Land besonders)

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

14 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
DerechteNorden
26 Tage zuvor

So lange es nicht viel mehr Schulsozialarbeiter*innen gibt (also ca. die nächsten 10-20 Jahre), liebe Die Linke, was? Opfern raten, die Schule zu wechseln?

Walter Hasenbrot
26 Tage zuvor

Es ist fraglich ob ein Aussperren von Schülern in der Länge von 20 Tagen noch mit der grundgesetzlich vorgeschriebenen Schulpflicht vereinbar ist.

PaPo
26 Tage zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Es gibt in Dtld. keine grundgesetzliche Schulpflicht, sondern ‘lediglich’ ein (gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 GG legitimiertes) Recht auf Bildung (im Verfassungsrang), das seitens einer derartigen Ordnungsmaßnahme wahrscheinl. nicht (hinreichend) in seinem Wesensgehalt tangiert wird. Schulpflichten sind Angelegenheiten der Länder (die Länder sind diesbzgl. durch Art. 7 Abs. 1 GG legitimiert), die mittels einfacher Landesgesetze (hier: die Schulgesetze) reglementiert werden. Dgl. gilt für schulische Ordnungsmaßnahmen (die ggf. auch mittels einfacher Verordnungen reglementiert werden könnn).

Walter Hasenbrot
25 Tage zuvor
Antwortet  PaPo

Und dennoch gibt es in Deutschland eine Schulpflicht und ein Recht auf Schule durch die Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention und die EU Menschenrechtscharta. Daran ist auch die Gesetzgebung der Länder gebunden.

Einen Ausschluss von 20 Tagen erachte ich schon als eine Antastung dieses Rechts in seinem Wesensgehalt, da es vielen Schülern nicht möglich sein wird, die Unterrichtsziele des Halbjahrs oder Schuljahrs zu erreichen, wenn sie so lange vom Unterricht ausgeschlossen werden.

Mika
24 Tage zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Das haben viele SuS an Fehltagen, sei es durch tatsächliche oder urlaubszeitraumbedingte Krankheiten.

DienstnachVorschrift
26 Tage zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Außerdem tut man den Schülern damit einen Gefallen. Es ist für die keine Strafe.

potschemutschka
26 Tage zuvor

Manchmal sind aber die Eltern gar nicht “begeistert”, wenn ihr Sprössling plötzlich zu Hause ist, statt gut “verräumt” in der Schule. 🙂

Lisa
26 Tage zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Vielleicht sollte die Schulpflicht zu einer Bildungspflicht mit einem Recht auf Schulbesuch, das aber eingeschränkt werden kann, umgewandelt werden.
Ich hatte solch einen Fall. Eskalierte darin, dass der Schüler irgendwann einer Mitschülerin ein Messer an die Kehle hielt.
Es darf nicht sein, dass ein Schüler über Monate seine Mitschüler in Angst und Schrecken versetzt

Se Länd
24 Tage zuvor
Antwortet  Lisa

Ach du meine Güte. Kommen solche Fälle bei Ihnen an der Schule öfters vor?

PaPo
26 Tage zuvor

Das ist keine Pädagogik mehr, das ist Aus- und Wegsperren, wenn man mit Entwicklungsproblemen nicht mehr klarkommt“
Ja… aus der Außenperspektive erscheint manches gaaanz einfach…
… und aus der Innenperspektive sind manche Kommentare aus der Außenperspektive äußerst realitätsfern.

SoBitter
23 Tage zuvor
Antwortet  PaPo

Allwissend und die unumstößliche Wahrheit gepachtet. Herrlich. Nicht.

PaPo
23 Tage zuvor
Antwortet  SoBitter

Maö abgesehen davon, dass Ihre Reaktion nicht sp wirklich zu meinem Beitrag passt (Kohärenz und so…):
Wenn Sie inhalltlich widersprechen wollen, dann tun Sie es auch. Aber es wird ja seinen Grund haben, dass Ihr komplettes Wirken hier bei N4T aus irgendwelchen belanglosen ad hominem-Einzeilern besteht.

Sepp
26 Tage zuvor

Leider fehlt Herrn Lippmann ein ganz wesentlicher Aspekt, und das sind die Mitschüler:

Wenn sich Schüler massiv daneben benehmen, stören sie ja nicht nur sich selbst und die Lehrkräfte, sondern halten z.T. auch die Mitschüler vom Lernen ab. Insofern finde ich es nicht schlecht, wenn man – situationsabhängig – Maßnahmen wie Schulverweise auch über längere Zeiträume ziehen kann.

Daneben ist das auch ein Signal für andere Schüler, sich vernünftig zu benehmen. Denn wenn es keine deutlichen Maßnahmen für Fehlverhalten gibt bzw. diese nicht durchgezogen werden, kann man sich doch benehmen wie man will. So zumindest scheinen einige Schüler zu denken…

ginny92
26 Tage zuvor

Schulsozialpädagogen und auch Sonderpädagogen sind keine Zauberer, die mal eben sämtliche Probleme lösen können. Zu mal es schlicht auch zu pädagogischen Handeln gehört Grenzen zu setzen, zu wahren und auf zu zeigen ( was sich schwieriger gestaltet als sich so manche Politiker vorstellen können). Heißt selbst wenn man obiges Personal flächendeckend hätte würde sich das Problem trotzdem nicht in Luft auflösen. Das Problem ist nämlich in der Regel das Kinder und Jugendliche, welche der Art auffällig werden, viel größer Probleme haben ( desinteressiertes Elternhaus oder sonstige Prekäre Verhältnisse). Da kann man in der Schule sich auf den Kopf stellen.
Ist das mit der Erhöhung der Tages Anzahl die ultimative Lösung, sicherlich nicht. Aber es verschafft allen mehr Zeit eine Lösung zu finden und da es sich hier um ein hoch bürokratisches System handelt braucht man die alleine schon deswegen.