Tschentscher kann seinen – erfolgreichen – Kurs in der Bildungspolitik fortsetzen

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HAMBURG. Trotz einer möglichen Mehrheit zur Fortsetzung von Rot-Grün nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg sieht Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz einen Anspruch seiner CDU auf eine Regierungsbeteiligung im Rathaus. Die CDU habe ein „großartiges Wahlergebnis erzielt“, sagte er nach einem Treffen mit Spitzenkandidat Dennis Thering in Berlin. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher hielt die Frage nach dem künftigen Koalitionspartner dagegen auch am Tag nach der Wahl weiter offen. Aus Sicht der Schulen erfreulich: Die – durchaus erfolgreiche – Bildungspolitik kann bruchlos fortgesetzt werden.

Geht doch! Hamburgs Bürgermeistzer Peter Tschentscher. Foto: Shutterstock / photocosmos1

„Wir sind froh, dass wir jetzt zwei Koalitionsoptionen haben, sowohl mit den Grünen wie auch mit der CDU“, sagte Tschentscher nach Beratungen des SPD-Präsidiums in Berlin. Rechnerisch seien mit beiden Parteien Mehrheiten möglich. Deshalb werde man auch mit der CDU reden. „Wir blicken das auch nicht nur aus den Augenwinkeln an“, sagte Tschentscher.

Rot-Grün hat für Tschentscher weiter Priorität

Wie schon im Wahlkampf gelte aber auch nach der Wahl: „Unsere erste Priorität ist die Fortsetzung der rot-grünen Koalition in Hamburg, denn wir haben eine große Zustimmung in der Bevölkerung zu den Inhalten und zu der Art und Weise unserer Arbeit.“ Zudem habe ihm auch „vieles nicht gefallen“, was die Union in den Wochen vor der Bundestagswahl in der Migrationspolitik getan habe, sagte der Bürgermeister.

Merz verwies darauf, dass die CDU ihr Ergebnis in Hamburg im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren fast verdoppelt habe – damals hatte sie allerdings auch ihr historisch schlechtestes Ergebnis erzielt. „Wir freuen uns darüber, dass die CDU erneut bewiesen hat, dass sie Großstadt kann“, sagte Merz, dessen Union erst eine Woche zuvor die Bundestagswahl gewonnen hatte. „Daraus erwächst natürlich auch der Anspruch, mit der amtierenden Regierung in Hamburg Gespräche über eine Regierungsbeteiligung zu führen.“

„Rot-grün kann fortgesetzt werden“, konstatierte der Bundesvorsitzende der Grünen, Felix Banaszak, der Spitzenkandidatin Katharina Fegebank am Tag danach in der Berliner Parteizentrale empfing. „Zum einen, weil die Menschen in Hamburg zum dritten Mal in Folge eine klare Mehrheit für Rot-Grün gewählt haben“, sagte die Zweite Bürgermeisterin. Zum anderen wollten die Hamburgerinnen und Hamburger, „dass dieses Erfolgsmodell weiter unsere Stadt regiert.“

Bildung spielte im Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle. Danach (in einer Umfrage der „tagesschau”) gefragt, welches Thema für sie bei der Wahlentscheidung maßgeblich sei, lagen „Sicherheit und Ordnung“ (23 Prozent Nennungen), „Wohnen“ (18), „Wirtschaftswachstum“ (17) und „Klima“ (12) vorne – „Bildung“ wurde nur von elf Prozent der Befragten genannt. Gleichwohl meinten 33 Prozent, dass sich die Schulpolitik in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert habe. Relativ gehört die Hansestadt zu den Aufsteigern in der Bildungspolitik: Hamburg hat sich in den vergangenen Jahren in Vergleichen der Schülerleistungen in den Bundesländern stetig nach oben gearbeitet, bis auf Platz drei im „Bildungsmonitor“ (hinter den Flächenländern Sachsen und Bayern, News4teachers berichtete).

In der neuen Bürgerschaft sind wie bisher insgesamt fünf Parteien vertreten – allen voran die SPD mit 33,5 Prozent, gefolgt von der CDU mit 19,8 Prozent und den Grünen mit 18,5 Prozent. Die Linke steigerte sich nach den noch vorläufigen Zahlen auf 11,2 Prozent, die AfD von 5,3 auf 7,5 Prozent. Die FDP scheiterte mit 2,3 Prozent wie schon 2020 an der Fünf-Prozent-Hürde – diesmal noch klarer.

DGB-Chefin: „Auf diese aktive Zivilgesellschaft können wir stolz sein“

„Hamburg habe hanseatisch gewählt, war der Tenor vieler Journalist*innen gestern Abend. ‚Hanseatisch‘ steht für Nüchternheit, Pragmatismus, Weltoffenheit, Toleranz und Liberalität. Als Gewerkschaften machen wir uns dafür stark, dass ‚hanseatisch‘ zukünftig auch für gute Arbeit, Beschäftigungssicherung, gute Bildung und Ausbildung, bezahlbaren Wohnraum, einen starken ÖPNV und soziale Sicherheit steht. Das ist auch das Signal, dass die Hamburger*innen mit ihrer Wahl für Parteien der Mitte und links der Mitte gesetzt haben“, erklärte Hamburgs DGB-Vorsitzende Tanja Chawla.

Und weiter: „Dass die AfD verhältnismäßig schlecht abgeschnitten hat, ist auch der Verdienst der vielen Tausend Hamburger*innen, die immer wieder für Demokratie und Zusammenhalt auf die Straße gegangen sind. Auf diese aktive Zivilgesellschaft können wir stolz sein.“ News4teachers / mit Material der dpa

Vorbild Hamburg: Wie haben Sie es geschafft, die Schulen der Hansestadt nach oben zu bringen, Herr Rabe?

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ed840
1 Monat zuvor

Platz 3 beim Bildungsmonitor-2024 hat aber wenig mit der Schulpolitik in HH zu tun. Bei den Kriterien Schulqualität und Bildungsarmut rangiert HH auf Rang 10, bei den relativen Bildungsausgaben an allgemeinbildenden Schulen auf Rang 9.

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  Redaktion

Wer sich auf den Bildungsmonitor beruft, braucht sich nicht beschweren, wenn auch die Kriterien daraus genannt werden, die mit Schule zu tun haben. Bei IQB-2022 haben sich die Punktzahlen in Deutsch der Hamburger Schüler*innen im Vergleich zu 2015 auch verschlechtert, nicht verbessert. Trotzdem ist HH auch beim Bildungsmonitor das Bundesland, wo sich beim Kriterium Schulqualität hinter Bayern die Punktzahlen zumindest noch am wenigsten verschlechtert haben.

Spirale
1 Monat zuvor
Antwortet  Redaktion

Achso, BW ist jetzt der Maßstab? Wusste ich noch gar nicht.

Hamburg hat unattraktive Arbeitsbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer und profitiert von seiner Attraktivität als Stadtstaat. Mein Beispiel ist immer, dass sich Beamte der Hansestadt immer öfter Wohnungen in Randlagen suchen müssen, weil die Mieten zu hoch sind. Damit ist eigentlich alles dazu gesagt.

Und Hamburg ist im Vergleich zu Sachsen oder Bayern einfach schwach. Das ist der Maßstab. Nicht BW.

ed840
1 Monat zuvor
Antwortet  Redaktion

Hamburg hat nach Abfluss der 106 Mio in den Finanzkraftausgleich eine Landeshaushalt von 21 Mrd für 1,9 Mio Einwohner, Bayern bleiben nach dem Abfluss der 9,77 Mrd noch 74 Mrd für 13,3 Mio Einwohner. Deshalb liegt Bayern bei den relativen Bildungsausgaben laut Bildungsmonitor auch auf Rang 2 hinter Thüringen, während HH auf Rang 9 liegt. Absolut liegt Bayern hinter Berlin und HH nur auf Rang 3. Bei der Quote an Schüler*innen ohne Abschluss wies die bayerische Millionenstadt München laut Bertelsmann-Studie eine Quote von 5,4% auf, in HH lag die Quote bei 7,2%. Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund in München = ca. 50%, in HH = ca. 40%.

Anika von Bose
1 Monat zuvor

Daraus erwächst natürlich auch der Anspruch, mit der amtierenden Regierung in Hamburg Gespräche über eine Regierungsbeteiligung zu führen.“

Die Tonalität der Union unter Friedrich Merz hat mir schon zu Zeiten der alten Bundesregierung, während des kurzen Wahlkampfes und jetzt nach Wahl nicht gefallen – für mich unwählbar. Die Union nach Bundeskanzlerin Angela Merkel hat so viel Porzellan zerschlagen – der jetzt aus ihrem Wahlergebnis in Hamburg abgeleitete Anspruch, auf Gespräche über eine Regierungsbeteiligung, macht es nicht besser. Das ist alleine die Entscheidung der SPD.

Ich hoffe, dass die Union und die SPD auf Bundesebene es jetzt schaffen eine gut kooperierende Koalition einzugehen, die auf Augenhöhe zusammenarbeitet und bestehende Herausforderungen meistert. Aber dafür muss sprachlich jetzt abgerüstet werden und das Miteinander und Füreinander in den Mittelpunkt der Zusammenarbeit rücken.